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[Seite der Druckausgabe: 9 / Fortsetzung]


III. 'Gleiche Mieten für vergleichbare Wohnqualitäten'


Das auf eine bestimmte Gerechtigkeitsvorstellung zurückzuführende Prinzip des Vergleichsmietensystems läßt sich auf die einfache Formel verkürzen: „Du darfst nicht mehr Miete verlangen als Dein Nachbar!" Dabei gilt es freilich zu beachten, daß es sich um hinsichtlich der fünf Wohnwertmerkmale Art, Größe, Lage, Beschaffenheit und Ausstattung vergleichbare Wohnungen handeln muß. Außerdem sind anders als bei Mieterhöhungen im Bestand bei Neuvermietungen Mietabschlüsse um bis zu 20 vH über der ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig (sog. 'Wesentlichkeitsgrenze' des § 5 WiStG).

Das Verbot läßt sich weiter präzisieren: „Du darfst nicht mehr Miete verlangen, als im Durchschnitt der letzten vier Jahre für vergleichbare Wohnungen erzielt wurde." In die Durchschnittsbildung gehen mithin Neuvertragsmieten wie auch Erhöhungen der Miete in bestehenden Verträgen ein. Nicht erhöhte Bestandsmieten bleiben dagegen außen vor. Der Durchschnitt kann als Zentralwert (je 50 vH der Mieten liegen darüber und darunter) oder als arithmetisches Mittel gebildet werden.

Schließlich hat der Vermieter bei Mieterhöhungen im Bestand noch zwei Einschränkungen zu beachten: Mieterhöhungen sind nur in jährlichem Rhythmus und nur im Rahmen der Kappungsgrenzen zulässig (30 vH in drei

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Jahren, für Wohnungen bis Baujahr 1980 gelten derzeit noch engere Kappungsgrenzen).

Das Verbot der Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete setzt zwingend eine empirische Erhebung der Mietpreisstruktur am Ort voraus. Sonst wäre es für den Richter im Mieterhöhungsprozeß nicht justiziabel. An eine solche Erhebung sind bestimmte methodische Anforderungen zu stellen. Vor allem muß die Repräsentativität gewahrt sein: Die Stichprobe muß die Mietpreisstruktur der Grundgesamtheit (des örtlichen Wohnungsmarktes) richtig wiedergeben. Alle wesentlichen Teilmärkte müssen möglichst mit den gleichen Anteilen wie in der Grundgesamtheit vertreten sein. Dies gilt für die Mieten der organisierten Großvermieter gleichermaßen wie für die der nicht organisierten Kleinvermieter. Es gilt für die Mieten von aus der Preisbindung entlassenen Wohnungen ebenso wie für die Mieten von Genossenschaftswohnungen. Auch die für jüngere Neubauwohnungen gezahlten Mieten dürfen nicht außen vor bleiben.

Die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete kann nur auf der Grundlage einer repräsentativen Datenerhebung bestimmt werden. Es handelt sich um eine empirische Tatsachenfeststellung, die grundsätzlich weder durch eine Festlegung nach billigem Ermessen noch durch Verhandlungen ersetzt werden kann. Der Umfang der Datenerhebung ist für die Repräsentativität nicht maßgeblich. Eine nicht repräsentative Stichprobe kann nicht durch die Hinzufügung weiterer nicht repräsentativer Daten aufgewertet werden. Auch eine besonders genaue Datenerhebung nützt wenig, wenn die Repräsentativität nicht gewahrt ist. Übertriebene Ansprüche in dieser Hinsicht verursachen

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entsprechend hohe Erhebungskosten und können somit einen Mietspiegel verhindern.

Das Verbot wäre schließlich noch nach dem räumlichen Bezug des Vergleichs zu präzisieren. Die Rechtsprechung stellt auf das Gemeindegebiet ab. Ein Mietspiegel für Ortsteile oder für einen Verbund von Gemeinden wird als unzulässig angesehen. Der Mietspiegel einer benachbarten Gemeinde darf nach herrschender Meinung nur herangezogen werden, wenn es sich um eine angrenzende Gemeinde handelt. Der Vertreter vom Institut für Wohnen und Umwelt Darmstadt (IWU) bemerkte dazu, daß diese Abgrenzung nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führe.

Das 'optimale Mietspiegelgebiet' wird in aller Regel nicht mit den Gemeindegrenzen übereinstimmen. Für seine Abgrenzung sind die Substitutionsbeziehungen zwischen den im Mietspiegel erfaßten Teilmärkten maßgeblich. Bei der Abgrenzung nach dem Gemeindegebiet ist eine willkürliche Marktsegmentierung nicht ausgeschlossen. Ökonomisch angemessen wäre etwa ein gemeinsamer Mietspiegel für Mannheim und Ludwigshafen. Auch bei der Abgrenzung der Mietspiegelgebiete in Ostdeutschland wird man sich aus rechtlichen und verwaltungstechnischen Gründen an die administrativen Grenzen halten müssen. Dabei sind die Einwände naheliegend, wenn die Mieten aus einer im komplexen Wohnungsbau errichteten Großwohnsiedlung ('Neustadt') zusammen mit denen aus einem vollständig sanierten Gründerzeitviertel in der 'Altstadt' in ein- und demselben Mietspiegel erfaßt werden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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