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TEILDOKUMENT:


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I. Die ostdeutschen Wohnungsmärkte vor dem Übergang in das Vergleichsmietensystem

Derzeit unterliegt der weit überwiegende Teil der ostdeutschen Mieten noch besonderen Preisbindungen. Diese Bindungen laufen zum 1.1.1998 bzw. zum Teil schon zum 1.7.1997 aus. Beinahe für den gesamten ostdeutschen Mietwohnungsbestand wird dann das Vergleichsmietensystem gelten. Die Überführung eines solch großen Teilbestandes aus der Preisbindung in das Vergleichsmietensystem ist historisch ohne Beispiel. Sie stellt nicht nur besondere Anforderungen an die ostdeutschen Mietspiegel, sondern sie hat wegen der methodischen Unsicherheiten auf beiden Seiten des Wohnungsmarktes Anlaß zu Befürchtungen gegeben.

Die Besorgnisse und Vorbehalte der Mieter gegenüber der Einführung des Vergleichsmietensystems in Ostdeutschland sind darauf zurückzuführen, daß die Mieter auf Grund fehlender Erfahrungen mit dem Vergleichsmietensystem die Auswirkungen seiner Einführung auf die zukünftige Mietpreisentwicklung nicht einschätzen können. Von der Seite der Vermieter wird oft die Befürchtung geäußert, die Rentabilität von vergangenen und zukünftigen Investitionen in den Wohnungsbau könnte durch die Einführung des Vergleichsmietensystems und im besonderen durch die Einbeziehung der derzeit noch preisgebundenen Mieten in die Mietspiegel gefährdet sein. Es stellt sich daher die Frage, ob die gebundenen Mieten in die ersten ostdeutschen Mietspiegel einbezogen werden sollen.

Die bevorstehende flächendeckende Einführung des Vergleichsmietensystems in Ostdeutschland wie auch das 25-jährige Jubiläum der Verkündung des Ersten Wohnraumkündigungschutzgesetztes,

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das bereits alle wesentlichen Regelungen des Vergleichsmietensystems enthielt, sollten zum Anlaß genommen werden, nochmals grundsätzlich die wohnungspolitische Rechtfertigung der Regulierungen des Vergleichsmietensystems anzusprechen. Aus ordnungspolitischer Sicht wird vielfach Kritik an den mit dem Vergleichsmietensystem verbundenen Eingriffen in die freie Mietpreisbildung geäußert.

In der jüngsten Zeit sind von verschiedenen Seiten Vorschläge zur zukünftigen Rolle der Mietspiegel als Begründungsmittel für ein Mieterhöhungsverlangen wie auch als Beweismittel im Mieterhöhungsprozeß gemacht worden. Diese Vorstöße hatten sämtlich das Ziel, den Mietspiegeln eine größere Bedeutung zu verschaffen. Am weitesten geht in dieser Hinsicht die von der Expertenkommission Wohnungspolitik, dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft, dem Deutschen Mieterbund (DMB) sowie von der SPD erhobene Forderung nach einer Mietspiegelpflicht ab einer bestimmten Gemeindegröße. Diese Vorschläge sind Gegenstand einer kritischen Diskussion.

Viele Kommunen haben eine abwehrende Haltung gegenüber der Erstellung von Mietspiegeln eingenommen. Angesichts ihrer Finanznöte wollen sie sich keine neuen Aufgaben aufbürden, deren Kosten für sie schwer absehbar sind. Um dieser Haltung begegnen zu können, sind Vorschläge zur Senkung der Kosten für die Erstellung der ostdeutschen Mietspiegel willkommen. Es liegt nahe, zu erörtern, unter welchen Bedingungen ausgehandelte Mietspiegel als kostengünstige Alternative in den ostdeutschen Gemeinden eingesetzt werden können.

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Eng verbunden mit der Höhe der Kosten sind die Anforderungen an die Differenziertheit des Aufbaus der ersten ostdeutschen Mietspiegel. Maßgeblich für die Komplexität der Mietspiegel ist die beobachtbare Differenzierung der Mietenstruktur unter Einschluß der frei vereinbarten Mieten. Erhebliche Kostenwirkungen gehen insbesondere von der Entscheidung für oder gegen die Berücksichtigung der Wohnlage aus.

Die Erstellung von Mietspiegeln kann nicht vorbehaltlos allen Gemeinden empfohlen werden. Um unnötige Bemühungen und Kosten zu vermeiden, gilt es, Kriterien für die Notwendigkeit von Mietspiegeln zu entwickeln. Es sollte nach Möglichkeit Konsens darüber hergestellt werden, ab welcher Gemeindegröße bzw. bei welchen Strukturmerkmalen des örtlichen Wohnungsmarktes die Erstellung eines Mietspiegels empfohlen werden kann.

Anlaß zu Debatten gibt insbesondere die Festlegung des Mischungsverhältnisses für die Gewichtung der in die Mietspiegel eingehenden Mieten. Anders als in Westdeutschland steht bei der Erstellung der ostdeutschen Mietspiegel nicht das Mischungsverhältnis zwischen erhöhten Bestandsmieten und neu abgeschlossenen Mieten im Vordergrund, sondern das Verhältnis zwischen den derzeit noch preisgebundenen Mieten, den nach der Übergangsvorschrift neu abgeschlossenen Mieten sowie den frei vereinbarten Mieten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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