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[Seite der Druckausgabe: 9]

1. Technologieorientierte Unternehmensgründungen in Ostdeutschland

1.1 Gründungs- und Entwicklungsprobleme technologieorientierter Unternehmen

Technologieorientierte Unternehmensgründungen stärken die lnnovationspotentiale und den industriellen Bereich. Mit ihren neuen Produkten und Verfahren können diese Unternehmen zum Strukturwandel beitragen, den Innovationswettbewerb beleben, die Herausbildung regionaler innovativer Netzwerke unterstützen, Arbeitsplätze schaffen und langfristig den Export stärken. Die Gründung dieser Unternehmen ist jedoch mit Risiken bezüglich der Forschung und Entwicklung (FuE) sowie der Markteinführung verbunden. Der Kapitalbedarf für den Aufbau und die Entwicklung der Unternehmen ist hoch. Die Gründer der Unternehmen sind oft in technischen Angelegenheiten hochqualifizierte Persönlichkeiten, sie besitzen aber nur zu einem geringen Anteil betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Managementerfahrung.

Angesichts der erwarteten volkswirtschaftlichen Bedeutung der Unternehmen und der komplizierten Gründungssituation förderte das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie die Gründung und den Aufbau von Technologieunternehmen in den neuen Bundesländern. Diese Förderung im Rahmen des Modellversuchs TOU-NBL führte zu 348 technologieorientierten Unternehmensgründungen (Pleschak/Werner 1998).

Der Modellversuch belegte, daß in den neuen Bundesländern Gründerpotentiale existieren, diese jedoch nicht immer über die idealen Voraussetzungen für eine Unternehmensgründung verfügen. Das zeigte sich darin, daß den potentiellen Gründern zu einem sehr hohen Anteil betriebswirtschaftliches Wissen und Know-how fehlte und fast 30 Prozent der geförderten Gründer nicht über Unternehmenserfahrungen verfügten. Das behinderte sie bei der Vorbereitung der Unternehmensgründung, der Ausarbeitung der Unternehmenskonzeption, den Verhandlungen mit Kapitalgebern und anderen Umfeldakteuren. Aus dieser Sicht bestätigte sich eine Prämisse des Modellversuchs, die finanzielle Förderung mit einer Betreuung und Beratung der Gründer durch die Projektträger zu verknüpfen. 55 Prozent von 98 befragten Gründern gaben an, daß ihre Unternehmenskonzeption in Verbindung mit der Förderung im Modellversuch ent

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standen ist und 51 Prozent der Gründer betonten, daß die Beratung entscheidende Impulse für die Ausarbeitung der Unternehmenskonzeption und die Unternehmensentwicklung gab bzw. für die Problemlösung wichtig war.

Der Modellversuch hellte einige typische Verhaltensweisen von ostdeutschen Gründern auf. Das sind:

  • hoher Anteil von Teamgründungen,
  • Zurückhaltung gegenüber direkten Beteiligungen am Stammkapital,
  • Scheu vor Wachstum,
  • stärkere Technik- als Marktorientierung.

Die Unternehmenskonzeptionen sahen bei 58 Prozent der geförderten Unternehmen vor, auf europäischen Märkten zu verkaufen, bei 23 Prozent sogar auf außereuropäischen Märkten. Gegen Ende der FuE zeigte sich, daß noch wesentlich mehr Unternehmen (43 Prozent) den Weltmarkt anvisierten. 31 Prozent der Unternehmen beschränkten sich auf den deutschen Markt und darunter nur 2 Prozent auf regionale Märkte. Die internationale Marktorientierung ist ein wichtiges Merkmal von Technologieunternehmen mit hohem Innovationsniveau.

Die geförderten Unternehmen arbeiten zum größeren Teil auf solchen Technologiegebieten, die den Zukunftstechnologien zurechenbar sind und High-Tech-Charakter tragen (z. B. Informations- und Kommunikationstechnik, Verfahrenstechnik, Biotechnologie, Umwelttechnik, Medizintechnik). Daß im Modellversuch geförderte Unternehmen sich fortschrittlicheren Technologiegebieten zuwendeten als der Durchschnitt aller neugegründeten Technologieunternehmen in den neuen Bundesländern, belegten auch Vergleichsuntersuchungen zur Gesamtheit der in Technologie- und Gründerzentren eingemieteten Unternehmen (Pleschak 1995).

Die Orientierung der neugegründeten Technologieunternehmen auf High-Tech-Gebiete führte zu einem hohen Kapitalbedarf der Unternehmen. Ohne Förderung hätten die Unternehmen diesen nicht befriedigen können. Der Kapitalbedarf für den Unternehmensaufbau betrug in der Entwicklungsphase etwa 1,45 Mio. DM. Zur Finanzierung des Fertigungsaufbaus und der Markteinführung waren im Durchschnitt noch einmal etwa 2,0 Mio. DM erforderlich. Es erwies sich als vorteilhaft, dafür ein geschlossenes Finanzierungskonzept unter Nutzung mehrerer Finanzierungsquellen auszuarbeiten. Hierin waren neben

eigenen Erlösen u. a. folgende Finanzierungsquellen eingeordnet: TOU-Darlehen, EKH-, ERP-Darlehen, Beteiligungen, Förderprogramme und Bankkredite. Es bestätigte sich, den gesamten Innovationsprozeß, einschließlich des Fertigungsaufbaus und der Markterschließung, der Finanzplanung bei der Ausarbeitung der Unternehmenskonzeptionen zugrundezulegen.

Der Modellversuch zeigte auch, daß angesichts der Eigenkapitalschwäche der Gründer zur Finanzierung von Technologieunternehmen aufgeschlossene Kapitalgeber notwendig sind. Das in den technologieorientierten Unternehmen objektiv gegebene Risiko führte dazu, daß Kapitalgeber sich nur zurückhaltend in diesen Unternehmen engagierten. Oft verstanden sie nicht die typische Problemlage technologieorientierter Unternehmen. Aber auch die meist noch nicht gefestigte wirtschaftliche Situation der Unternehmen oder das nicht genügend fundierte Vorgehen und Auftreten der Gründer führten zu Problemen bei der Akquisition von Kapitalgebern.

Die im Modellversuch TOU-NBL geförderten Unternehmen entwickelten sich außerordentlich erfolgreich. Im Durchschnitt hatten die Unternehmen nach dem vierten Geschäftsjahr (das ist das zweite Jahr nach Abschluß der geförderten FuE-Phase) einen Umsatz von rund 1,5 Mio. DM. Die Beschäftigtenzahl verdoppelte sich von der Gründung bis dahin auf etwa 15, wobei über 7 Beschäftigte für FuE tätig waren. Von den 348 in der Entwicklungsphase (Förderphase II) geförderten Unternehmen scheiterten bis Ende 1997 lediglich 15. Diese niedrige Scheiterquote resultierte nicht nur aus der finanziellen Förderung, sondern zugleich auch aus dem Innovationsniveau der Produkte und Verfahren, den auf Innovationen ausgerichteten Unternehmenskonzeptionen, dem hohen Engagement der Gründer sowie der im Rahmen der Förderung gewährten Beratung und Betreuung der Unternehmen durch die Projektträger.

Es ist ein wichtiges wirtschaftliches Erfordernis, daß die Technologieunternehmen ihre Wachstumspotentiale ausnutzen und ihr Management so ausgestalten, daß sie möglichst schnell von der Phase der Markteinführung in die Wachstumsphase übergehen.

Auch nach Auslaufen des Modellversuchs TOU-NBL besteht die Notwendigkeit, technologieorientierte Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern zu fördern, um die Innovationslücke gegenüber den alten Bundesländern zu verringern und das Gründungsgeschehen im industriellen Bereich und insbe-

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sondere im High-tech-Bereich zu beleben. Um die Eigenkapitalbasis der Unternehmen zu stärken, den Kapitalbedarf für den Unternehmensaufbau besser abzudecken, die Gründer noch mehr an langfristiges wirtschaftliches Denken heranzuführen sowie günstigere Voraussetzungen für nachfolgende Finanzierungsentscheidungen zu schaffen, erwies es sich als vorteilhaft, Zuschüsse mit stillen Beteiligungen zu kombinieren. Dieses Konzept ist in das 1997 gestartete Programm FUTOUR eingeflossen und findet jetzt mit FUTOUR „plus" seine weitere breite Umsetzung. FUTOUR verbindet - wie Tabelle 1 zeigt - differenziert nach den Lebensjahren von Technologieunternehmen finanzielle Förderung mit Beratung und Unterstützung.


Tabelle 1: FUTOUR-Förderungsphasen

Konzeptionierung

Forschung und Entwicklung

Nachentwicklung

Voraussetzung:

Voraussetzung:

Voraussetzung:

Ideenpapier

Unternehmenskonzept

Fertigungsreifer Prototyp

Nicht rückzuzahlende Zu-

Nicht rückzuzahlende Zu-

Projektbezogene stille Be-

schüsse bis zu 65% der

schüsse bis zu 70% der

teiligung maximal

förderfähigen Ausgaben,

förderfähigen Ausgaben,

500.000 DM

max. 50.000 DM

maximal 800.000 DM



Projektbezogene stille Be-



teiligungen (Zuschuß und



Beteiligung können zu-



sammen maximal 1,5



Mio. DM betragen, höch-



stens 90% der förderfähi-



gen Ausgaben)



Betriebswirtschaftliche und technische Betreuung, Unterstützung und Weiterbildung

Die Bewilligung einer TOU- bzw. FUTOUR-Förderung ist an ein hohes Innovationsniveau der Produkte bzw. Verfahren und an Chancen auf Markterfolg gebunden. Fehlende Innovationshöhe ist das häufigste Problem, das gegen das Zustandekommen einer Förderung spricht. Dennoch sind auch diese Unternehmensgründungen volkswirtschaftlich bedeutsam. Da sie aber mehrheitlich den Anforderungen renditeorientierter Kapitalbeteiligungsgesellschaften nicht entsprechen, sind die Bundesländer angehalten, eigene Wege der Förderung zu gehen. Diese sind beispielsweise in Thüringen mit der Stiftung für Technologie- und Innovationsförderung oder in Sachsen mit dem Business Development Center gegeben.

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1.2 Gründerpotentiale aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen

Hohe Gründerpotentiale für technologieorientierte Unternehmen kommen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Beim BMBF-Modellversuch TOU-NBL hatten über 50 Prozent der aus Ostdeutschland kommenden geförderten Gründer als ehemaligen Arbeitgeber Hochschulen oder Forschungsinstitute. Natürlich gibt es in Abhängigkeit vom regionalen Umfeld Unterschiede in der Gründerherkunft. Im Technologiezentrum Chemnitz kommen z. B. 90 Prozent der neu gegründeten Unternehmen aus Hochschulen oder Forschungseinrichtungen (Tischendorf 1998).

Wie Untersuchungen im Rahmen des Projekts ATHENE („Ausgründungen technologieorientierter Unternehmen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen") zeigten, verdreifachte sich in Deutschland 1996 gegenüber 1990 die jährliche Zahl der Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen. Jeder vierte Wissenschaftler aus diesen Einrichtungen beschäftigt sich mit Gründungsgedanken. Die Zahl der Unternehmensgründungen aus Hochschulen verdoppelte sich von 1996 zu 1990. Nimmt man die erfolgreichsten Hochschulen als Maßstab, könnte sich die Zahl der technologieorientierten Ausgründungen in den kommenden Jahren noch einmal verdoppeln.

Gründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen prägen heute nicht nur die Dynamik technologieorientierter Unternehmensgründungen, sie tragen auch zur schnellen Überführung wissenschaftlichen Know-hows in die Wirtschaft und zur Kommerzialisierung der dort entwickelten Technologien bei. Die Wirtschaftsgeschichte Deutschlands zeigt, daß große Wirtschaftsunternehmen, die den technologischen Fortschritt über viele Jahrzehnte beeinflußten, aus innovativen Unternehmensgründungen von Akademikern hervorgingen. Ein hohes Niveau der Forschung stand dabei keinesfalls im Widerspruch zur unternehmerischen Leistung. Auch international bestätigt sich die Bedeutung akademischer Unternehmensgründungen (ATHENE 1998:15).

Die Förderung von Unternehmensgründungen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gehört zu den traditionellen Aufgabenfeldern der Technologie- und Gründerzentren. Der Anteil der Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft am heutigen Firmenbestand der deutschen Technologie- und Gründerzentren beträgt 49 Prozent. Auf der Grundlage einer

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Befragung von 289 derartigen Unternehmen zeigten sich folgende Merkmale der Gründungssituation (Groß 1998):

  • Das Durchschnittsalter der Gründer betrug 38,4 Jahre, das der ostdeutschen Gründer 41,9 Jahre. Dieses höhere Durchschnittsalter erklärt sich aus dem Nachholprozeß für Gründungen in Ostdeutschland.
  • 51 Prozent der Gründer waren vor der Unternehmensgründung wissenschaftlich-technische Mitarbeiter, 6 Prozent Hochschullehrer und 11 Prozent Studenten. 34 Prozent gründeten sich aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, 6 Prozent aus einem befristeten.
  • Bei 72 Prozent der Gründungen handelte es sich um Teamgründungen mit durchschnittlich 2,8 Gründern je Unternehmen.
  • Hauptmotiv für die Unternehmensgründung war die Erlangung persönlicher Unabhängigkeit (89 Prozent der Gründer), gefolgt von dem Streben, die eigene Produktidee zu verwirklichen (85 Prozent). Die drohende Arbeitslosigkeit war für 44 Prozent der Gründer ein wichtiges Gründungsmotiv, dabei für 60 Prozent der Gründer in den neuen Bundesländern, aber nur für 32 Prozent der Gründer aus den alten Bundesländern.
  • Zwischen dem Hochschulabschluß und der Unternehmensgründung lagen im Durchschnitt 9,8 Jahre (in Ostdeutschland aber 12,8 Jahre).
  • Ein Drittel der gegründeten Unternehmen führte Forschung durch, 74 Prozent betrieben Entwicklung. Eigene Fertigung wiesen 44 Prozent der Unternehmen aus.
  • Die am häufigsten vertretenen Technologiefelder waren: Informations- und Kommunikationstechnologien, Umwelttechnologien, Meßtechnik, Elektronik, Medizintechnik. 61 Prozent der Unternehmen verstanden sich als im High-tech-Bereich tätig.
  • Die Anzahl der Beschäftigten stieg von durchschnittlich 4,1 im ersten Jahr auf 9,9 im fünften Jahr (n=91 Unternehmen). Das Durchschnittsalter von 213 untersuchten Unternehmen lag bei 3,5 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten in den Unternehmen durchschnittlich 8,5 Mitarbeiter. Der jährliche Umsatz betrug 1,23 Mio. DM (alte Bundesländer 1,42 Mio. DM, neue Bundesländer 1,0 Mio. DM).
  • 52 Prozent der Unternehmen waren auf internationalen Märkten aktiv.

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  • Ohne Förderung hätte in 37 Prozent aller Fälle keine Gründung stattgefunden, in 26 Prozent der Fälle wäre eine Gründung entweder im kleineren Rahmen erfolgt oder sie wäre verzögert worden.

Die Herausbildung von Gründungsbereitschaft kann durch folgende Aktivitäten unterstützt werden: regionale und bundesweite Businessplan-Wettbewerbe, Innovationspreise, Existenzgründertraining, Coaching von akademischen Existenzgründern, Projektscreening, Schaffung von Finanzierungsfonds, Erteilung von Nutzungsrechten, Überlassung von Geräten und Ausrüstungsgegenständen, zeitliche Befristung von Stellen, Übernahme von Führungsfunktionen, stärkerer Anwendungsbezug der Forschung.

Im Interesse eines stabilen Prozesses der Erneuerung der Wirtschaft und der Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ist der Nachwuchs für technologieorientierte Unternehmensgründungen systematisch zu entwickeln. In der Region Südwestsachsen dürften beispielsweise auf der Grundlage einer Abschätzung des vorhandenen Industrie-, Wissenschafts- und Wirtschaftspotentials jährlich etwa 200 technologieorientierte Unternehmen neu entstehen. Das entspräche 1 bis 2 Prozent der Gewerbeanmeldungen (Tischendorf 1998). Da der Stau von Unternehmensgründungen nach dem Strukturwandel im wesentlichen abgebaut ist, kommt es nach Auffassung der regionalen Technologieakteure jetzt darauf an, zur Normalität im Gründungsgeschehen überzugehen. Positive öffentliche Berichterstattung helfen dafür genauso wie systematische Konzepte, die - ohne Fördermentalität zu erzeugen - Gründung und Wachstum technologieorientierter Unternehmen dauerhaft stimulieren. Zum zukunftsorientierten Gründungsklima gehört, daß in allen gesellschaftlichen Bereichen, einschließlich der Schulen und Familien, unternehmerisches Wirken voll akzeptiert wird und ein wirtschaftsfreundliches Klima im Sinne eines dauerhaften regionalen Business-Plan-Wettbewerbs besteht. Das regionale Strategiekonzept Südwestsachsens zur Gründung und dem Wachstum technologieorientierter Unternehmen umfaßt

  • Maßnahmen zur Sensibilisierung und Mobilisierung potentieller Existenzgründer,
  • den Aufbau eines regionalen Leitsystems für Existenzgründer
  • modular gestaltete Trainingsbausteine für Jungunternehmer.

Die endogenen Potentiale Südwestsachsens für technologieorientierte Unternehmensgründungen sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

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Tabelle 2: Endogene Potentiale für technologieorientierte Unternehmensgründungen

  • Leistungsfähige, technologieorientierte und industriefreundliche Hochschulen und Universitäten

  • Deutliche Erhöhung der Bereitschaft zur Selbständigkeit aus Hoch- und Fachschulen

  • Erhalt bzw. Ausbau eines größtmöglichen Branchenmix in der Industrie und im produktionsnahen Dienstleistungsbereich

  • Aufbau und Nutzung unternehmensspezifischer FuE mit engen Kontakten zu branchenspezifischen und -fremden Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen

  • Stärkere Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Anschaffung und Nutzung kapitalintensiver Anlagen für FuE und Produktion

  • Konzentrierte Aktivitäten zur schnellen Markteinführung von Innovationen in Zusammenarbeit mit den Hochschulen

Quelle: TCC (Technologiezentrum Chemnitz), ATT e.V.: Tischendorf(1998)

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1.3 Einflußnahme von Hochschulen auf das Gründungsgeschehen

Die Hochschulen haben eine hohe Verantwortung in dem Prozeß, potentielle Gründer zu realen Unternehmensgründern zu führen. Ihre Aufgabe ist es, Erfahrungen und Wissen über die Innovationsprozesse, das Innovationsmanagement und die Unternehmensgründung zu vermitteln und Motivationen dafür zu erzeugen. Gegenwärtig bestehen dabei Defizite. Zu sehr ist die Ausbildung auf ein abhängiges Beschäftigtsein ausgerichtet und zu wenig auf bedarfs- und marktorientierte Gründungen. Es fehlen an den Hochschulen effiziente Organisationsstrukturen für die Gründungsvorbereitung. Gründungsaktivitäten werden nicht als Studienleistungen anerkannt. Diplomarbeiten haben oft einseitig theoretische Überlegungen zum Gegenstand.

Die gründungsbezogene Qualifizierung sollte sich mehr an den Erfordernissen moderner Unternehmen orientieren wie: Systemcharakter von Innovationen, Kundenorientierung, Umweltorientierung, Globalisierung, Zeitmanagement als Wettbewerbsfaktor, Flexibilität. Dies ist mit der Herausbildung von Unternehmerpersönlichkeitseigenschaften zu verbinden. Die Aufgaben der Hochschulen im Gründungsgeschehen veranschaulicht Tabelle 3.

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Tabelle 3: Aufgaben der Universitäten und Hochschulen im Gründungsgeschehen

  1. Motivation der Studierenden, Mitarbeiter und Hochschullehrer zu selbständiger unternehmerischer Tätigkeit
    • Informationsveranstaltungen im Studium Generale
    • Vorträge erfolgreicher Existenzgründer
    • Planspiele
    • Innovations- und Gründerwettbewerbe

  2. Vermittlung der für erfolgreiche Unternehmensgründungen erforderlichen Qualifikation in der Ausbildung bzw. Weiterbildung
    • Fachliche Qualifikation
    • Methodenwissen zur Lösung von Problemen
    • Interdisziplinäre Arbeitsweisen
    • Persönlichkeitsentwicklung
    • Training von Gründungsaktivitäten

  3. Schaffung von Bedingungen für die erfolgreiche Gründung von Unternehmen aus Hochschulen
    • Auffinden attraktiver Geschäftsfelder für die zu gründenden Unternehmen
    • Bereitstellung von Laborräumen, Forschungstechnik usw.
    • Unterstützung von Schutzrechtsaktivitäten
    • Einwerben von Fördermitteln

  4. Unterstützung neugegründeter Unternehmen - gemeinsam mit Partnern
    • Schaffung dauerhafter, leistungsfähiger Unterstützungsnetzwerke („Entrepreneurverbünde")

  5. Wissenschaftliche Forschung zu Problemen der Unternehmensgründung

Quelle: Sabisch (1998)s

Die Technische Universität Dresden hat im BMBF-Wettbewerb „Existenzgründungen aus Hochschulen" ein Phasen-Modell entwickelt, das von der Qualifizierung über die Entwicklung von Netzwerken (mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Transfereinrichtungen, Finanzdienstleistern, öffentlichen Einrichtungen und High-tech-Unternehmen) bis zum Transfer der gewonnenen Erfahrungen an andere Hochschulen reicht (vgl. Abbildung 1).

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Grundgedanken des Modells sind:

  • Bündelung aller regionalen Akteure in einem Netz, um für die Gründer aus der Universität günstige Startbedingungen zu schaffen,
  • Durchgängigkeit der Vermittlung von Gründungsüberlegungen an Studenten vom ersten Studienjahr an,
  • Auswertung und Übernahme der besten internationalen Erfahrungen in die eigene Arbeit und
  • Orientierung der neuen Unternehmen auf erfolgreiche Geschäftsfelder.


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1.4 Wachstumserfordernisse in Technologieunternehmen

Technologieunternehmen müssen sich inneren und äußeren Anforderungen an die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit stellen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Die Bewältigung der Anforderungen hinsichtlich der Beherrschung der Innovationszyklen und der ständigen Erneuerung der technologischen Kompetenz verlangt Kapital, qualifiziertes Personal, umfangreiche FuE und aufwendiges Marketing. Wachstum ist für die Unternehmen Voraussetzung, um diesen Erfordernissen nachzukommen. Nur wachsende Technologieunternehmen haben die Chance, Kapitalgeber zu finden, langfristig die Aufwendungen für FuE zu tragen und internationales Marketing zu betreiben. In Technologieunternehmen ist Wachstum stets an ein Bündel von Wachstumsfaktoren geknüpft, wie Innovationsniveau, Marketing, Organisation, Finanzierung, Management. Ganzheitliche Analyse und Gestaltung aller Prozesse in Unternehmen sind Voraussetzung für Wachstumsentscheidungen, partielle Ansätze versagen. Entscheidungen über einzelne Unternehmensbereiche sind deshalb stets durch langfristige Wachstumsüberlegungen zu fundieren. Bei potentiellen Gründern sollte mehr Aufmerksamkeit der Herausprägung unternehmerischer Haltungen hinsichtlich Wachstum geschenkt werden.

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Aus den Erfahrungen der Beratung und Betreuung von TOU- und FUTOUR-geförderten Technologieunternehmen hat der Projektträger VDI/VDE-IT Teltow GmbH Aussagen über die wichtigsten Faktoren des Erfolgs und Wachstums abgeleitet. Sie sind in Tabelle 4 zusammengestellt. Übergreifend über alle Faktoren beeinflußt die unternehmerische Zielsetzung hinsichtlich Existenzsicherung, Gewinnstreben und Maximierung der Marktanteile das Unternehmenswachstum. Langfristige wirtschaftliche Potentiale entstehen in Technologieunternehmen durch die aus den Innovationen resultierenden Wettbewerbsvorteile und wirtschaftlichen Effekte.

Als wichtigste Wachstumsaufgaben sieht Kairies (1998) folgende:

  • Fundierte Unternehmensplanung unter Berücksichtigung strategischer und operativer Aspekte,
  • Entwicklung von Unternehmerpersönlichkeiten, Optimierung der Zusammensetzung des Managements,
  • Controlling- und Marketingaktivitäten zur Steuerung der Unternehmensentwicklung.

Wachstum von Technologieunternehmen setzt voraus, alle Erfolgsfaktoren dem Unternehmensaufbau und der Unternehmensentwicklung zugrunde zu legen. Ungenügende Beachtung der Erfolgsfaktoren kann zu Krisen und zum Scheitern der Unternehmen führen. Wie Untersuchungen zu gescheiterten westdeutschen Technologieunternehmen zeigen, liegen die hauptsächlichen Scheiterursachen vor allem im Bereich der Gründerpersönlichkeit und des Marketings/Vertriebs (Kulicke u. a. 1993).

Allerdings wirken, das bestätigen Untersuchungen an zehn gescheiterten ostdeutschen Unternehmen, meist mehrere Faktoren des Scheiterns zusammen (Pleschak 1997). In allen gescheiterten ostdeutschen Unternehmen traten Marketingprobleme auf. Sie verknüpften sich mit FuE-Problemen und von der Unternehmerpersönlichkeit ausgehenden Problemen. Letztlich führte dies in fast allen Unternehmen zu Finanzierungsengpässen. Diese waren aber nicht die primäre Scheiterursache. Tabelle 5 zeigt die Häufigkeit von Scheiterursachen in zehn ostdeutschen Technologieunternehmen.

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Tabelle 4: Quellen von Erfolgs- und Wachstumspotentialen für Technologieunternehmen


Management

Strategie und Planung

Innovation, FuE

Marketing/ Vertrieb

Finanzierung

Unternehmergeist

Systematische Grün-

Alleinstellungs- merkmale

Kenntnis des Zielmarktes

Fundierte Kapitalbedarfs-

Team- zusammensetzung

dungsvorbereitung, Unter-

Kundennutzen

Erstellen eines Marktmei-

planung

Umfeld- unterstützung

nehmenskonzeption

Einbeziehung von Kunden-

lensteinplanes

Regelmäßige Liquiditäts-

Kontakte

Unternehmensziele

anforderungen

Unternehmens-, Produkt-

planung

Gründungs- kompetenz

Langfristige Marktentwick-lung, Trends

Zusammenarbeit mit exter-nen FuE-Einrichtungen

image Vertriebspersonal

Vorsichtige Planung von Einzahlungen aus

Management- kompetenz

Strategien für Expanions-

Berücksichtigung von Vor-

Richtige Wahl des Ver-

Umsätzen

Technologische Kompe-

ziele

schriften und Regularien

triebskanals

Eigenkapital-, Fremdkapi-

tenz

Schutz vor Imitation oder

Realistische Zeit- und

Anbieter- Kunden-Bindung

talquote


Know-how-Abfluß

Kosteneinschätzung

Zugangsbarrieren

Fristigkeiten


Vorwegnahme existenzge-

Ergebnisorientierung,


Förderungs- programme


fährdender Entwicklungen

Verzicht auf Perfektion


Mehrere Banken als


Sicherung langfristiger

Überführung der Entwick-


Geschäftspartner


Innovationspotentiale

lungsergebnisse in ver-





marktungsfähige Produkte



Quelle: VDI/VDE-IT Teltow, Kairies (1998)

[Seite der Druckausgabe: 22]

Tabelle 5: Häufigkeit von Scheiterursachen ostdeutscher Technologieunternehmen (n=10, Mehrfachnennungen)


Scheiterursache

Häufigkeit des Auftretens

1. Marketing

10

darunter


- kein wettbewerbsfähiges Produkt

5

- abwartendes Kundenverhalten

4

- Imageprobleme des Unternehmens

3

- mangelhaftes Marketing- bzw. Vertriebskonzept

3

- Zusammenbruch des Zielmarktes

2

- zu späte oder nicht ausreichende


Marketingaktivitäten

2

2. Forschung und Entwicklung

8

darunter


- technische Entwicklungsziele nicht erreicht

4

- Probleme mit Zulieferern bzw.


Kooperationspartnern

3

- zu hohe Entwicklungskosten

2

- Unterschätzung der kundenbezogenen


Anpaßarbeiten

2

3. Gründerpersönlichkeit

darunter

7

- ungünstige Persönlichkeitsmerkmale

4

- Konflikte zwischen Gründern

3

- fehlende Marktkenntnisse

3

- fehlende betriebswirtschaftliche Kenntnisse

1

- unzureichendes strategisches und operatives


Management

1

4. Finanzierung

9

darunter


- geringere Umsätze als geplant

8

- zu hohe Kosten

4

- Unterschätzung des Kapitalbedarfs für


Markteinführung und Fertigungsaufbau

3

- fehlerhaftes Finanzierungskonzept

2

- zu geringes Eigenkapital

2

- restriktives Verhalten der Hausbank

2

5. Unternehmenskonzept

4

darunter


- zu enges Produkt- und Leistungsprogramm

4

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Für die Krisenbewältigung ist es wichtig, nicht nur an Symptomen, wie beispielsweise Liquiditätsproblemen, anzusetzen, sondern bis an den Anfang der Kausalkette einer Krise vorzudringen. Krisenmaßnahmen müssen an den Quellen der Krisen ansetzen und Veränderungen in denjenigen Unternehmensbereichen herbeiführen, in denen über Erfolg oder Mißerfolg entschieden wird.

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1.5 Fallbeispiel für die Entwicklung eines ostdeutschen Technologieunternehmens

Die XENON Automatisierungstechnik GmbH Dresden entstand im Juni 1990 als MBO-Ausgründung der Abteilung Rationalisierungsmittelbau der Robotron Meßtechnik Dresden. Die vier ostdeutschen Gesellschafter sind in der Geschäftsleitung des Unternehmens tätig. Aufbauend auf langjährigen Erfahrungen konzentrierte sich das Unternehmen auf die Entwicklung, die Konstruktion und den Bau von Sondermaschinen, insbesondere von Montageautomaten. Für die kundenspezifische Automatisierung von Montageprozessen bietet das Unternehmen von der Projektstudie, dem Lösungskonzept und der Steuerungsentwicklung bis zum Bau, der Inbetriebnahme und dem Service alles aus einer Hand. Zum Produktprogramm gehören Montage- und Bestückungsautomaten, Rundtakt- und Transferanlagen, Industrieroboter-Applikationen und Handhabetechnik, Sortier- und Zuführtechnik, Steuerungstechnik.

Das Unternehmen entwickelte sich seit seiner Gründung sehr erfolgreich. Abbildung 2 gibt die Entwicklung des Umsatzes und der Mitarbeiterzahl an. Von den momentan 41 Mitarbeitern haben 19 einen Hoch- oder Fachschulabschluß, 22 sind Facharbeiter. Die Leistungen des Unternehmens fanden Anerkennung in der Verleihung des Wirtschaftspreises „Oskar für den Mittelstand" (1996) und des Innovationspreises des Freistaates Sachsen (1997). Die erfolgreiche Entwicklung drückt sich auch im Neubau des Betriebes in einem Dresdner Gewerbegebiet aus.

Zu den Faktoren des Erfolgs der XENON Automatisierungstechnik GmbH gehören (Reißmann 1998):

  • Die Erfahrungen und die Motivation der Mitarbeiter des Unternehmens,

  • die Ausnutzung der Chancen, die sich aus der Entwicklung der Mikroelektronikindustrie in der Dresdner Region ergeben,

  • die Zusammenarbeit mit großen, leistungsfähigen und wettbewerbsstarken Unternehmen,


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  • die Kooperation mit ausländischen Unternehmen, wobei die Erfahrungen auf dem deutschen Markt den Export begünstigen,
  • die eigene Forschung zur Sicherung des notwendigen Entwicklungsvorlaufs und die Wissenschaftskooperation mit Hochschulen,
  • die Ausnutzung von Synergien zwischen den technologieorientierten Unternehmen im Gewerbegebiet.

Nach den Erfahrungen des Unternehmens ist es notwendig, Spitzenleistungen zu fördern und die Fördermittel nicht nach dem „Gießkannenprinzip" zu verteilen. Durch die Bildung von Firmenpools könnten die Kooperation unterstützt und die Potentiale kleiner Unternehmen gebündelt werden. Überhaupt sei den produzierenden Einrichtungen, insbesondere auf dem High-tech-Gebiet, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ohne sie funktioniere auch eine Dienstleistungsgesellschaft nicht.

In der Öffentlichkeit sollte die Berichterstattung über positive Beispiele der Unternehmensentwicklung mehr Beachtung finden und nicht der „Skandaljournalismus". Wenn daraus Vorbilder für die Jugend entstehen, entwickelt sich ein günstiges Umfeld dafür, daß Gründungsideen nicht verloren gehen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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