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1 Einleitung

Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Sie ist nicht nur durch eine lang anhaltende Schwächeperiode geprägt, sondern auch durch Entwicklungen, welche - wenn der notwendige Anpassungsprozeß nicht gelingt - die mittel- und längerfristigen Wachstumsperspektiven Deutschlands gefährden.

Im internationalen Kontext werden die zentralen Herausforderungen ausgelöst von

  • veränderten Rahmenbedingungen für den internationalen Handel (WTO-Vereinbarungen), wodurch sich die Chancen der Exportwirtschaft verbessern, aber auch die Wettbewerbsintensität und damit der Anpassungsdruck zunehmen dürften;

  • dem Umbruch in Osteuropa, der Öffnung Chinas und Entwicklungen in Lateinamerika, die einerseits neue Absatzmöglichkeiten für die deutsche Wirtschaft bieten, andererseits aber auch neue Konkurrenzverhältnisse und Standortalternativen schaffen;

  • der zunehmenden Globalisierung, die eine allmähliche Auflösung der traditionellen Standortbindungen bedeutet.

Binnenwirtschaftlich liegt die vordringlichste Aufgabe in der Reduzierung der Massenarbeitslosigkeit. Die Fortsetzung des Aufholprozesses in Ostdeutschland ist hierfür eine unverzichtbare Voraussetzung. Gleichzeitig gilt es, durch die Sanierung der Staatsfinanzen politische Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen.

Daß aufgrund dieser Herausforderungen dringender Handlungsbedarf besteht, ist weitgehend unbestritten. Unterschiedliche Auffassungen bestehen allerdings

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dahingehend, welcher Art die wirtschaftspolitischen Aktivitäten sein sollten, um eine erfolgreiche Anpassung des Produktionsstandortes Deutschland zu gewährleisten. Eine große Zahl der Handlungsvorschläge richtet sich dabei auf die unmittelbare und generelle Senkung der Produktionskosten in Deutschland. Sie beziehen sich vor allem auf Reduzierungen der Belastung durch Lohnkosten, Steuern und Abgaben. Hintergrund dieser Maßnahmenvorschläge sind im wesentlichen angebotstheoretisch fundierte Überlegungen.

Aufgabe ist es hier, die möglichen ökonomischen Wirkungen eines solchen auf Kostensenkung ausgerichteten wirtschaftspolitischen Konzeptes aufzuzeigen. Dazu sind die entsprechenden Maßnahmenvorschläge konkretisiert und in einem "Kostensenkungsszenario" gebündelt worden. Dabei sind hier nicht die mehr oder weniger konkreten wirtschaftspolitischen Vorschläge einer Partei oder eines Interessenverbandes auf ihre ökonomischen Wirkungen hin überprüft worden, vielmehr ist versucht worden, die dahinter stehende Philosophie mit einem Maßnahmenbündel einzufangen, das diesen Vorschlägen Rechnung trägt.

Die quantitativen Entwicklungspfade werden auf der Grundlage theoretischer und empirischer Analysen vor allem im Zusammenhang von Lohnkosten, Investitionen und Wachstum abgeschätzt. Im Rahmen des DIW-Szenarienmodells (Gornig u.a. 1997) werden diese Teilergebnisse in einem iterativen Prozeß zu einem konsistenten Gesamtbild der Wirtschaftsentwicklung zusammengeführt. Eingebunden in diesen Abstimmungsprozeß sind auch Projektionen zur Entwicklung von Bevölkerung und Arbeitskräfteangebot.

Zur Beurteilung der ökonomischen Wirkungen werden die Ergebnisse des Kostensenkungsszenarios denen eines Referenzszenarios gegenübergestellt, das auf Maßnahmenvorschlägen beruht, die auf die Modernisierung der institutionellen und materiellen Infrastruktur setzen. Im Ergebnis liegt hierbei eines der Ziele zwar ebenfalls in einer Senkung der Kostenbelastung. Diese wird allerdings nicht durch pauschale Kürzungen einzelner Kostenkomponenten, son-

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dem durch Effizienzsteigerungen angestrebt. Ein im internationalen Vergleich hohes Lohn- und Abgabenniveau kann in dieser Argumentation gerade auch Bedingung für weitere Effizienzsteigerungen durch Verbesserungen der qualitativen Standortbedingungen sein. Die ökonomischen Wirkungsmechanismen dieser unter dem Schlagwort „Integrationsszenario" zusammengefaßten Politikmaßnahmen und deren Abbildung innerhalb des DIW-Szenarienmodells wurden bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben (Gornig u.a. 1997).


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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