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[Seite der Druckausgabe: 28 / Fortsetzung]


5. Der Senftenberger See: Erfahrungen und Anstöße

5.1. Entstehung des Erholungsgebietes Senftenberger See

Der Senftenberger See in seiner heutigen Gestalt hat eine besondere Bedeutung in der Geschichte des Braunkohlenbergbaus der Lausitz. Mit seiner Wasserfläche von ca. 1300 ha gehört er zu den größten Seen Europas, die künstlich angelegt sind.

Der Senftenberger See geht aus dem Tagebau Niemtsch hervor. Im Jahre 1941 begann hier die Förderung, die mit kurzen Unterbrechungen zwischen 1945 und 1947 bis in das Jahr 1966 betrieben wurde. Am 15. Mai 1966 verließ der letzte Kohlenzug die Grube und wenige Tage später wurde die Abraumförderbrücke gesprengt. Insgesamt lieferte der Tagebau Niemtsch ca. 130 Mio. Tonnen Rohbraunkohle und hinterließ ein Restloch mit einer Größe von 1500 ha.

Zwischen 1960 und 1965 wurden die planerischen Vorbereitungen für die Folgenutzung des Tagebaus getroffen. Die Planer waren bestrebt, eine veränderte Kulturlandschaft, die den Bedürfnissen der Zeit gerecht werden sollte, zu schaffen. Die technologischen Möglichkeiten, die der Bergbau zur damaligen Zeit bot, sollten dabei vollständig ausgeschöpft werden. Vorbereitende Maßnahme von bergbaulicher Seite war die gezielte Ausrichtung der Massengewinnung und Verkippung. Das Gelände bei Großkoschen wurde vor Verlassen der Abraumförderbrücke auf einer Länge von 2,5 km abgeflacht. Nachdem die Bergbautechnik den Tagebau verlassen hatte, unterließ man die Entwässerung, was ein Ansteigen des Grundwasserspiegels zur Folge hatte. Am 14. November 1967 konnte die Flutung des ehemaligen Tagebaus Niemtsch, des heutigen Senftenberger Sees beginnen.

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Im April 1968 wurde ein kommunaler Zweckverband Senftenberger See gegründet, der den Ausbau des zukünftigen Erholungsgebietes in die Tat umsetzte. Vorgesehen war zum damaligen Zeitpunkt bereits eine Mehrfachnutzung für wasserwirtschaftliche Zwecke und für eine Erholungsnutzung im weitesten Sinne. Am 1. Juni 1973 konnte schließlich das Erholungsgebiet Senftenberger See feierlich eröffnet und der erste Badebereich - Großkoschen - übergeben werden.

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5.2. Nutzung des Erholungsgebietes

Insgesamt erstreckt sich das Erholungsgebiet Senftenberger See auf einer Fläche von 1900 ha, der See hat daran einen Anteil von 1300 ha. Der See dient gleichzeitig als Speicherbecken mit durchschnittlichen Tiefen von 17 bis 19 m und größten Tiefen von 30 bis 40 m.

In den vergangenen 20 Jahren haben mehr als 20 Mio. Urlauber und Erholungssuchende den Senftenberger See genutzt, einzelne Jahre verzeichneten Besucherströme von bis zu 1,5 Mio. Gäste.

Das Freizeitangebot ist vielfältig und umfaßt Baden, Segeln, Rudern, Surfen, Wandern, Joggen, Radfahren u.a. Nicht alle Strandabschnitte sind für das Betreten und Baden zugelassen; Erosionserscheinungen auch im abgeflachten Strandbereich erfordern diese Einschränkungen.

Den Gästen stehen neben 300 Ferienhäusern in Großkoschen ein Zeltplatz mit mehr als 300 Plätzen zur Verfügung.

Auch am Senftenberger See gingen die strukturellen Veränderungen nach 1990 in der Lausitz nicht spurlos vorüber: Im gleichen Jahr verzeichnete das Erholungsgebiet einen drastischen Urlauberrückgang.

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5.3. Fremdenverkehrsentwicklung Im Raum Senftenberg

Der Fremdenverkehr hat in der Region Senftenberg mittlerweile eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Aus diesem Grund gab das damalige Landratsamt Senftenberg einen Fremdenverkehrsentwicklungsplan in Auftrag, dessen Leitgedanken die Nutzung der Region nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten und die Privatisierung sind. Es hat sich gezeigt, daß eine Ausweitung des Spektrums der Angebote nicht erforderlich ist. Mängel bestehen allerdings in Bezug auf die Angebotstiefe, die Qualität der Ausstattung und das Erschließungsbild. Es fehlen, was die Angebotsstiefe betrifft, leistungsfähige Betriebe, die für unterschiedliche Zielgruppen geeignet sind, wie beispielsweise Tagungs- und Sporthotels,

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Biergärten und Spezialitätenlokale. Hinsichtlich der Ausstattung besteht z.B. in der internen Gestaltung der Campingplätze erheblicher Handlungsbedarf. Eine Vielzahl von Freizeit- und Sporteinrichtungen sind ebenfalls reparaturbedürftig. Viele Ferienhäuser, Gaststätten und Verwaltungsgebäude sind äußerlich in einem desolaten Zustand. Neubaumaßnahmen, Ersatzinvestitionen, Renovierungen und grundlegende Verschönerungen werden unerläßlich sein. Da die Akzeptanz des Erholungsgebietes seitens der Besucher außer Frage steht, kann sich die zukünftige Konzeption deshalb an rein betriebswirtschaftlichen Erfordernissen orientieren.

Soll die Senftenberger Region langfristig wettbewerbsfähig sein, so ist zu fordern, daß bei den Veränderungen ein hohes qualitatives Niveau angestrebt wird. Gerade auch ökologische Gesichtspunkte gewinnen an maßgeblicher Bedeutung. Zu beachten ist beispielsweise bei Maßnahmen im Campingbereich:

  • daß das Abwasserproblem optimal gelöst wird,

  • daß Trink- und Brauchwasser getrennt bereitgestellt werden,

  • daß alternative Energie (Ausnutzung von Abwärme) eingesetzt wird,

  • daß Müll vermieden und

  • daß der Individualverkehr reduziert wird.

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5.4. Planungsvorhaben aus Sicht der Landschaftsentwicklung

Aus der Sicht der Landschaftsentwicklung positiv bewertet werden die Vorhaben der Stadtverwaltungen Lauchhammer, Schipkau und Annahütte, auf ehemaligen Bergbauflächen im Zuge der Sanierung dieser Gebiete Naherholungsmöglichkeiten zu schaffen.

Weiterhin erscheint erstrebenswert:

  • Restlöcher bei Sicherung wasserangrenzender Kippenböschungen zu halten,

  • einen Verbund der Restlöcher Sedlitz, Skado und Koschen zu erwirken,

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  • die Kippen des auslaufenden Tagebaus Meuro so zu gestalten, daß eindeutige Wasserflächen entstehen,

  • offene Randschläuche, vernässende Flächen und Restlöcher im Bereich Klettwitz/Kleinleipisch im System zu betrachten.

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5.5. Ökologische Probleme: Aus den Erfahrungen lernen

Die über 20jährige Nutzung des Senftenberger Sees hat nicht nur positive Begleiterscheinungen gebracht. Gerade die negativen Erfahrungen, die den Hochwasserschutz und die Leitung von Verkehrsströmen betreffen, können und sollen für zukünftige Projekte dieser Art nutzbar gemacht werden.

Sollen beispielsweise die Badebereiche stabil gehalten werden, so ist bei deren Anlegung eine Böschungsneigung im Verhältnis 1:15 unbedingt erforderlich. Um die Sicherheit der Uferbereiche zu gewährleisten, müssen die Böschungen ingenieurbiologisch erbaut werden. Dies trifft vor allem auf Böschungsbereiche zu, die nicht für die intensive Nutzung vorgesehen sind.

Das Problem der Verkehrsströme erweist sich heute und für die Zukunft als dramatisch. Die hohen Besucherzahlen des Senftenberger Sees ziehen ein großes Verkehrsaufkommen nach sich und im Bereich der Lenkung der Verkehrsströme unter Beherrschung des ruhenden Verkehrs besteht ein erheblicher Planungsbedarf.

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5.6. Fremdenverkehrswirtschaftliche Ziele

Angesichts der bereits bestehenden Einrichtungen und Angebote für Erholung, Unterhaltung, Sport und Spiel und angesichts der Pläne und Konzepte zur Verbesserung und Ausweitung des touristischen Angebotes erscheint es nicht unrealistisch, den Fremdenverkehr zu beleben und zu einem Wirtschaftsfaktor innerhalb der Region weiter auszubauen.

Tourismus vermag Einkommen und Arbeitsplätze zu schaffen und damit einen Beitrag zur Abmilderung der Folgen der Strukturprobleme in Industrie und Landwirtschaft zu leisten. Die Arbeitsmarktprobleme wird er allerdings nicht lösen können. Eine Landschaft mit gut entwickelter Erholungs-, Freizeit- und kultureller Infrastruktur schafft jedoch darüber hinaus einen attraktiven Kontrapunkt zu den ökologischen sowie auf einem negativen Image beruhenden Hypotheken des Bergbaus.

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Um den Einzugsbereich zu erweitern wird es notwendig sein, den Bekanntheitsgrad der Region zu erhöhen. Eine tiefgreifende Imageverbesserung, vor allem auch in den alten Bundesländern, ist ein wichtiger Ansatzpunkt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2000

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