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2. Die Forderung der ostdeutschen Industrieforschung - Konzepte, Erfolge und Probleme

2.1 Ziele und Konzepte der Förderer

Die wichtigsten Akteure der staatlichen Forderung der Industrieforschung sind das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT), Das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi), die Ministerien der Länder und die gemeinsam von Bund und Ländern getragene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Förderung der ostdeutschen Industrieforschung durch diese Akteure erfolgt auf verschiedenen Wegen. Den Schwerpunkt bilden die unmittelbare Förderung der Industrieforschung durch verschiedene Programme, die zum Teil speziell für die neuen Bundesländer wieder aufgelegt wurden, und die Entwicklung einer Infrastruktur für die FuE in der Wirtschaft. Letztere ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Bedeutung. Auch die Ausgestaltung des wissenschaftlichen Umfeldes der Industrieforschung, d.h. der staatlich finanzierten universitären und außeruniversitären Forschung, stabilisiert und unterstützt die Industrieforschung.

Wie bereits in Abschnitt 1.1 dargelegt, ist die institutionelle Umgestaltung der universitären und staatlich finanzierten außeruniversitären Forschung weitgehend abgeschlossen. Der Anteil der neuen Länder und Ost-Berlins an den Gesamtbeschäftigten der staatlich finanzierten außeruniversitären Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen enspricht mit 19 % ungefähr dem Bevölkerungsanteil. Defizite gibt es nach wie vor im baulichen Zustand und in der apparativen Ausstattung der neugegründeten Forschungseinrichtungen.

Bei der Förderung von FuE in der ostdeutschen Wirtschaft verfolgen BMFT und BMWi mit einem abgestimmten Maßnahmebündel, für das im Jahre 1993 insgesamt 693,5 Mio. DM bereitgestellt werden sollten, vier Ziele (Tabelle 7).

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Ziele der Förderung

Aufwendungen 1993
(Soll, Mio. DM)

Maßnahmen

Herstellung und Steigerung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit

364

Projektförderung aus Fach-programmen des BMFT Indus-trielle Gemeinschaftsforschung

Förderung von Existenzgründungen auf technologischer Basis

222,5

Technologieorientierte Unter-nehmensgründungen Auf- und Ausbau von Technologie- und Gründerzentren, BMFT

Aufbau und Stärkung eines innovativen Mittelstandes

71,5

FuE-Personalförderung Ost FuE-Personalzuwachsförderung Ost Auftragsforschung und -ent-wicklung Innovationsförder-programm Forschungs-kooperation (seit 1.9.1993)

Aufbau einer FuE-fördernden Infrastruktur

35,5

Agenturen für Technologie-transfer und Innovationsför-derung Innovationsberater bei Industrie- und Handelskammern

Zentren für Information und Beratung Wirtschaftsbezogene Fachinformation

Tabelle 7: Ziele, Aufwendungen (Soll 1993) und Maßnahmen im Förderkonzept der Bundesregierung für die FuE in der ostdeutschen Wirtschaft

Das Ziel des Maßnahmebündels zur Herstellung und Steigerung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit besteht in der Stärkung der technologischen Basis der Unternehmen im vorwettbewerblichen Bereich. Die Projektförderung aus Fachprogrammen des BMFT hat eine an inhaltlichen Schwerpunkten orientierte Förderung der Industrieforschung zum Ziel. Fachprogramme existieren z.B. für Mikrosystemtechnik, Inrormationstechnik und Materialforschung. Allerdings wird man mit der Projektförderung in solchen Fachprogrammen den Problemen der ostdeutschen Industrieforschung nicht unbedingt gerecht, da die Programme langfristig angelegt sind und mit ihnen keine Tagespolitik möglich ist. Die Förderung endet außerdem immer im vorwettbewerblichen Bereich. Unternehmen aus den neuen Bundesländern sind zwar in den Fachprogrammen aktiv und werden auch durch eine gewisse

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Präferenz dazu angeregt. Die hohen Anforderungen, die sowohl in fachlicher Hinsicht als auch hinsichtlich des eigenen Beitrages der Unternehmen in FuE: und bei der Vermarktung der Ergebnisse gestellt werden, erschweren jedoch eine breitere Beteiligung ostdeutscher Unternehmen.

Die zweite Maßnahme zur Förderung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit ist die durch das BMWi geförderte industrielle Gemeinschaftsforschung. Die industrielle Gemeinschaftsforschung, die im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) betrieben wird, soll kleinen und mittleren Unternehmen eine Möglichkeit bieten, verstärkt am Innovationsprozeß teilzunehmen. KMU sind häufig allein und aus eigener Kraft nur in beschränktem Maße in der Lage, firmenspezifische Forschungsvorhaben zu finanzieren und durchzuführen. Die industrielle Gemeinschaftsforschung bietet den KMU einen Zugang zu kooperativer vorwettbewerblicher Forschung und damit eine Möglichkeit zur Entwicklung ihrer Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Die vom BMWi für industrielle Gemeinschaftsforschung bereitgestellten Mittel beliefen sich 1992 auf 200 Mio. DM. Mindestens 70 Mio. davon waren an Forschungsstellen in den neuen Bundesländern einzusetzen.

Der Förderung von Existenzgründungen auf technologischer Basis dienen zwei Programme des BMFT. Eine besonders erfolgreiche Maßnahme ist das Programm zur Förderung von technologieorientierten Unternehmensgründungen. Bis heute hat das BMFT etwa 200 technologieorientierte Unternehmensgründungen in den neuen Bundesländern fördern können. Das besondere Interesse an diesem Programm ist dadurch begründet, daß hier sehr günstige Förderquoten geboten werden. Die maximale Förderquote liegt bei 80 %, der maximale Zuschuß bei 800 000 DM. Diesen günstigen Förderbedingungen liegt die Überlegung zugrunde, daß Unternehmensgründer, die sich selbständig machen wollen, häufig vorher in einem Forschungsinstitut oder in einem Wirtschaftsunternehmen tätig waren und dann nicht über Eigenkapital verfügen. Das ist die typische Ausgangssituation in den neuen Bundesländern. Die Existenzgründer wollen mit hohem Risiko ein Unternehmen auf der Basis eines Forschungsprojektes gründen. Das bedeutet, daß sie noch einmal mindestens zwei bis drei Jahre an der Produkt- bzw. Verfahrensentwicklung arbeiten müssen und in dieser Zeit keine Einnahmen haben werden. Dieses spezifische Risiko kann man mit den Existenzgründungsprogrammen des BMWi, die auf Darlehensbasis arbeiten, nicht finanzieren. Deshalb ist das Programm des BMFT mit diesen hohen Förderquoten aufgelegt worden. Natürlich gibt es in diesem Programm auch eine erhebliche Auslese, einerseits wegen der begrenzten Mittel und andererseits wegen einer recht strengen Prüfung. Der Geldgeber muß ja eine gewisse Sicherheit gewinnen, daß sowohl das technische know how des Gründers als auch die Marktsituation eine erfolgreich Unternehmensgründung ermöglichen. Das BMFT bietet in diesem

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Zusammenhang nicht nur finanzielle Förderung an, sondern auch ein umfangreiches Paket von Beratungsleistungen, die durch den Projektträger erbracht werden. Diese Beratung kann bereits bei der Erarbeitung eines Unternehmenskonzepts durch potentielle Unternehmensgründer einsetzen, so daß es aus der Sicht des BMFT nicht erforderlich ist. Unternehmensberater hinzuzuziehen. Aufgrund des großen Interesses an diesem Programm wird es bis 1995 verlängert. Es ist hinreichend mit Mitteln ausgestattet und sollte nach Auffassung des BMFT trotz der hohen fachlichen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen von allen potentiellen Unternehmensgründern als Chance gesehen und genutzt werden.

Flankiert wird das Programm zur Existenzgründung durch die Förderung von Technologie- und Gründerzentren. Dieses Programm ist als BMFT-Fördermaßnahme inzwischen ausgelaufen, insgesamt wurden in den neuen Bundesländern 15 Zentren mit jeweils 2,5 Mio. DM unterstützt. Das Ziel der Maßnahme bestand darin, Technologie- und Gründerzentren in ihrer Startphase zu unterstützen. Diese Zentren boten und bieten technologieorientierten Unternehmensgründungen eine günstige Ansiedelungsmöglichkeit. Wichtige Vorteile für neugegründete Unternehmen bestehen in dem Angebot von günstigen Räumlichkeiten und infrastrukturellen Voraussetzungen sowie in der Hilfestellung durch das Management der Technologiezentren, das auch eine dauerhafte Managementunterstützung leisten kann. Darüber hinaus können die Zentren durch die Konzentration technologieorientierter Unternehmen Synergieeffekte fördern.

Ebenfalls sehr positive Wirkungen zeigen die Programme des Schwerpunkts Aufbau und Förderung eines innovativen Mittelstandes. Dieser Schwerpunkt hat besondere Bedeutung für die Entwicklung der ostdeutschen Wirtschaft, da es in Ostdeutschland ja ursprünglich keinen Mittelstand gab. Mit den Maßnahmen in diesem Schwerpunkt konnte dazu beigetragen werden, daß Forschungspersonal von den Unternehmen gehalten werden bzw. wieder oder neu eingestellt werden konnte. Besonders hervorzuheben sind bei diesen Programmen die einfache Antragstellung und schnelle Bearbeitung der Anträge durch den Projektträger AiF mit der Außenstelle Berlin. Der Bewilligungsbescheid ergeht innerhalb von längstens acht Wochen nach der Antragstellung.

Zwei Programme innerhalb dieses Schwerpunkts beziehen sich auf die Personalförderung. Das BMWi fördert mit dem Programm FuE-Personalförderung den Erhalt von in den Unternehmen vorhandenem FuE-Personal. Die Unternehmen können 40 % der FuE-Personalkosten bis zu einer Höhe von 200 TDM/ Jahr erhalten. Das BMFT fördert mit dem Programm FuE-Personalzuwachsförderung die Einstellung von Personal für FuE. Hier können für maximal 15 Monate 50 % der FuE-Personalkosten für neu eingestellte Mitarbeiter mit Hochschulabschluß gezahlt werden. Dieses Programm

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bietet insbesondere für neugegründete Unternehmen, die Forschungspersonal einstellen wollen, eine schnelle und wirksame Hilfe.

Die Auftragsforschung und -entwicklung hat sich als ein sehr wirksames Programm für Unternehmen erwiesen, die nicht oder nicht mehr über eigene Forschungskapazitäten verfügen. Diese Unternehmen können mit dem Programm Produkt- und Technologieentwicklungen verbilligt einkaufen. Die Hälfte der Summe zahlt das BMFT, der Höchstbetrag je Unternehmen liegt bei 300 TDM. Das spezielle Programm Auftragsforschung West-Ost soll westdeutsche Unternehmen dazu anreizen, Produkt- und Technologieentwicklungen ostdeutscher Forschungseinrichtungen zu kaufen. Damit wird den ostdeutschen Forschungseinrichtungen zugleich eine Möglichkeit geboten, sich mit ihren Leistungen stärker am Markt zu orientieren.

Die Programme Personalzuwachsförderung und Auftragsforschung sollten ursprünglich im Dezember 1993 auslaufen. Sie werden jetzt zunächst bis Ende 1994 verlängert. Als Anschlußmaßnahme ist das bereits im September 1993 gestartete Programm Forschungskooperation des BMFT gedacht. Diese Maßnahme ist bundesweit ausgeschrieben und soll auf diesem Wege auch ein Zusammenführen der Forschungsaktivitäten der alten und der neuen Bundesländer unterstützen. Das neue Programm hat drei Säulen. Zu der bereits genannten Auftragsforschung kommt der Personaltransfer hinzu. Das Ziel der Förderung des Personaltransfers besteht darin, "Innovationen über Köpfe" zu unterstützen. Hier können Forscher aus universitären Forschungseinrichtungen und anderen Forschungseinrichtungen in Unternehmen entsandt werden. Aber auch der umgekehrte Weg ist kann gefördert werden: Forscher aus Unternehmen können bis zu zwei Jahre lang in Forschungseinrichtungen gehen und werden dort durch dieses Programm mitfinanziert. Es ist auch möglich, aus diesem Programm Forschungskooperationen mit osteuropäischen Forschungseinrichtungen zu finanzieren. Die Fördersummen sind dabei so angelegt, daß ein Wissenschaftler in den GUS-Staaten mit bis zu 3000 DM finanziert wird, der Unternehmer also nichts hinzuzuzahlen braucht. Die dritte Säule in diesem Programm sind Verbundprojekte, die bisher im mittelständischen Bereich nur in geringem Maße gefördert worden sind. Bei diesen Verbundprojekten für den mittelständischen Bereich soll auch die Beschränkung auf den vorwettbewerblichen Bereich aufgegeben werden und eine Ausrichtung auf Produktentwicklung erfolgen.

Die Maßnahmen zum Aufbau einer FuE-fördernden Infrastruktur zielen vor allem auf Information und Beratung zum Technologietransfer und zu den Fördernaßnahmen. Das BMWi fördert die Agenturen für Technologietransfer. Diese Agenturen können bei der Auswahl von Förderprogrammen, beim Durchforsten des sogenannten "Förderdschungels" helfen. Mit den vom BMFT geförderten Innovationsberatern bei den Industrie- und Handelskammern, den gleichfalls durch das BMFT geförderten

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Zentren für Information und Beratung (das sind Demonstrationszentren, z.B. für Verbundwerkstoffe oder Mikrosystemtechnik) und der vom BMWi geförderten wirtschaftsbezogenen Fachinformation in den neuen Bundesländern ist ein System von Beratungs- und Transfereinrichtungen aufgebaut worden. Dieses Netz müßte eigentlich ausreichen, um für potentielle Unternehmensgründer und für Unternehmen die Inanspruchnahme kommerzieller Antragsberater überflüssig zu machen. Trotzdem werden aus bislang unbekannten Gründen immer wieder auch kommerzielle Beratungsleistungen in Anspruch genommen.

Zum weiteren Kampf gegen den wirtschaftlichen Abschwung und als Unterstützung für die ostdeutsche Industrieforschung ist eine "Innovationsoffensive" erforderlich. Aus diesem Grunde soll es ein neues gemeinsames Programm "Produkterneuerung" geben. Das Ziel dieses gemeinsamen Programms von BMFT und BMWi wird in der Förderung konkurrenzfähiger innovativer Produkte bestehen. Damit sollen die Unternehmen in den neuen Bundesländern in die Lage versetzt werden, ihre Wettbewerbsposition auf dem Weltmarkt mit neuen Produkten zu verbessern. Eine Besonderheit des neuen Programms soll darin bestehen, daß hier nicht nur vorwettbewerbliche Forschung, sondern auch Produktentwicklung und sogar ein Teil der Marktarbeit mit finanziert wird. Angesichts der schwierigen finanziellen Situation der Unternehmen in den neuen Bundesländern sollen auf diese Weise die besonders hohen Kapitalaufwendungen und Risiken kompensiert werden, mit denen die Markteinführung eines neuen Produkts verbunden ist. Damit geht das BMFT in gewisser Weise über seinen eigentlichen Auftrag hinaus und beabsichtigt, die Markteinführung neuer Produkte dadurch voranzubringen, daß das Forschungspersonal nicht nur in der Phase der Produktentwicklung, sondern auch für die Mitwirkung bei der Markteinführung finanziert wird.

Das neue Programm Produkterneuerung soll gezielt in einigen technologischen Schwerpunkten ansetzen. Gegenwärtig ist diesbezüglich vor allem die Informationstechnologie in ihrer gesamten Bandbreite, von der Hardware-Entwicklung bis hin zur Software und einschließlich informationstechnischer Dienstleistungen in der Diskussion. Weitere Schwerpunkte könnten die Biotechnologie sowie neue Materialien und Werkstoffe sein.

Das Programm soll der schwierigen Eigenkapitalsituation der ostdeutschen Unternehmen Rechnung tragen und deshalb eine Förderquote erreichen, die in Abhängigkeit vom Unternehmensalter zwischen 60 % und 75 % liegt. Ob sich diese Vorstellungen des BMFT realisieren lassen, hängt vor allem von den zuständigen Stellen bei der Europäischen Gemeinschaft ab. Zugangsbeschränkungen soll es für das neue Programm nicht geben, so daß es auch den großen ostdeutschen Unternehmen offensteht. Allerdings soll die Fördersumme begrenzt werden. Bislang noch nicht ausreichend geklärt ist die Finanzierung des geplanten Programms. Da die schwierige

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Haushaltssituation ein solches Programm eigentlich nicht zuläßt, soll es zunächst aus Mitteln der ehemaligen Parteien und Massenorganisationen der DDR finanziert werden. Daran anschließend könnten die stark anwachsenden Mittel aus der EG, die sogenannten Regionalfondsmittel, für FuE und speziell für dieses Programm zur Verfügung gestellt werden. Das erfordert allerdings die Bereitschaft der Länder, diese Mittel auch für die Förderung der Industrieforschung einzusetzen.

Neben der Bundesregierung haben auch die neuen Bundesländer Programme zur Förderung der Industrieforschung aufgelegt. Eine spezifische Möglichkeit, die Eigenkapitalbasis der Unternehmen zu stärken, besteht in stillen Beteiligungen an den Unternehmen, die aus Innovationsfonds finanziert werden. Solche Innovationsfonds wurden jetzt in einigen neuen Bundesländern gebildet. Zu diesen Bundesländern gehört Thüringen, das darüber hinaus weitere Programme zur Förderung von FuE im Land etabliert hat:

- Das Innovationsförderprogramm hat die Förderung von Vorhaben der Forschung, Entwicklung und Einführung neuer Produkte und Technologien zum Ziel. Dabei werden 35 % der Entwicklungskosten bis zu einer Summe von 100 TDM übernommen.

- Eine Vereinbarung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst betrifft die Förderung der Zusammenarbeit zwischen FuE-Einrichtungen und Unternehmen Thüringens auf dem Gebiet der Technologieentwicklung und des Technologietransfers. Gefördert wird hier erstens die Vorbereitung von Verbundprojekten mit regionalwirtschaftlicher Strukturrelevanz. Die Definition, Erarbeitung und Beantragung eines BMFT- oder EG-Verbundprojektes wird gefördert, wenn wenigstens eine Thüringer FuE-Einrichtung und ein Thüringer KMU im Verbund beteiligt sind. Unter dieser Voraussetzung werden für FuE-Einrichtungen alle Kosten und für Unternehmen 80 % der Kosten bis zu einer Summe von 100 TDM je Projekt übernommen.

- Auch die Durchführung von Verbundprojekten mit regionalwirtschaftlicher Strukturrelevanz, d.h. bei der oben genannten Beteiligung einer Thüringer FuE-Einrichtung und eines Unternehmens, wird im Rahmen dieser Vereinbarung gefördert. Das Ziel besteht darin, die Durchführung von FuE-Arbeiten im Verbundprojekt ohne Zeitverzug zu ermöglichen. FuE-Einrichtungen können alle und Unternehmen 50 % der Kosten erstattet bekommen. Der maximale Fördersatz für das Gesamtprojekt liegt bei 60 %, die maximale Summe bei 900 TDM je Projekt und Jahr.

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Weitere Fördermöglichkeiten für die ostdeutsche Industrieforschung bietet die gemeinsam durch den Bund (zu 807r) und die Länder (zu 20%) getragene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an. Die Hauptaufgabe der seit 1948 existierenden KfW besteht in der Wirtschaftsförderung in Deutschland. Für die Investitionsfinanzierung werden jährlich ca. 25 bis 30 Mrd. DM aufgewendet. Diese Mittel werden als Kredite über die Banken und Sparkassen ausgereicht.

Die Förderung der Industrieforschung ist bei der KfW in zwei Programmen verankert. Das gemeinsam mit dem BMFT getragene KfW/BMFT-Technologie-Beteiligungsprogramm hat eine Beteiligungsgewährung zur Stärkung der Eigenkapitalbasis für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum Ziel. Antragsberechtigt sind kleine Unternehmen, die nicht älter als drei Jahre sind. Die Konditionen der Beteiligungsgewährung sind mit dem Beteiligungsgeber zu vereinbaren. Die maximale Beteiligung beträgt 1 Mio. DM und die Beteiligungsdauer längstens zehn Jahre. In den neuen Bundesländern haben bislang nicht mehr als fünf Unternehmen diese Möglichkeit in Anspruch genommen.

Ein zweites gemeinsames Programm ist das KfW/BMFT-FuE-Darlehensprograrnm. Die in diesem Programm ausgereichten Kredite sollen Forschungs- und Entwicklungskosten in kleinen Unternehmen, d.h. in diesem Fall in Unternehmen mit einem Umsatz bis 50 Mio. DM, finanzieren. Der Kredit kann bis zu 80 % der förderungsfähigen Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 3 Mio. DM umfassen. Auch bei diesem Programm ist jedoch bislang nur eine geringe Beteiligung von Unternehmen aus den neuen Bundesländern festzustellen. Der Hauptgrund für die relativ geringe Beteiligung von Unternehmen aus den neuen Bundesländern liegt bei beiden Programmen vermutlich darin, daß die KfW Kredite vergibt, d.h. die Gelder zurückzuzahlen sind. Das läßt die anderen Förderprogramme, die mit Zuschüssen arbeiten, attraktiver erscheinen. Außerdem werden die Kredite der KfW auf normalem Wege über die Banken und Sparkassen ausgereicht, was für die Unternehmen das Problem der Sicherheiten aufwirft.

Während die bisher genannten Förderungen den Erhalt und den Ausbau der Industrieforschung zum Ziel haben, besteht das Anliegen der Steinbeis-Stiftung darin, den Wissens- und Technologietransfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft hinein zu organisieren. Die Zielgruppe der Steinbeis-Stiftung ist der Mittelstand, der zu einem beträchtlichen Teil nicht über eigene FuE verfügt, im Zuge des technologischen Strukturwandels aber immer stärker auf FuE angewiesen ist. Die Steinbeis-Stiftung versteht ihre Tätigkeit als Unterstützung der KMU bei der Bewältigung des technologisch bedingten Strukturwandels in der Wirtschaft. Gegenwärtig gibt es bundesweit 170 Steinbeis-Transfer-Zentren an 40 Hochschulstandorten, die weit überwiegende Zahl der Zentren liegt im Mutterland Baden-Württemberg. In den

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Zentren arbeiten 500 festangestellte Mitarbeiter, darüber hinaus gibt es ca. 2000 zeitweilig projektbezogen beschäftigte Mitarbeiter. Auch in drei neuen Bundesländern - Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen - gibt es bereits 20 Zentren an 7 Standorten. Die Dienstleistungen der Steinbeis-Transfer-Zentren für die Wirtschaft umfassen:

  • eine allgemeine Beratung der Unternehmen,

  • Die Technologie- und Marktberatung, z.B. zur Technologie- und Marktbewertung, zum Management oder zum Unternehmens- und Produktdesign,

  • Forschungs- und Entwicklungsleistungen,

  • Informationsdienstleistungen für die Wirtschaft (in Form von Weiterbildung, Publikationen und Dokumentationen),

  • den internationalen Technologietransfer sowie

  • die Begutachtung und Betreuung von Förderprojekten.

Steinbeis-Transfer-Zentren sind finanziell unabhängig und müssen sich selbst tragen. Bei der Gründung von Steinbeis-Zentren kann es eine Anschubfinanzierung zur Beschaffung von für Transferaufgaben erforderlichen, aber an den Hochschulen nicht vorhandenen Geräten geben. In Thüringen und Sachsen-Anhalt haben teilweise die Länder diese Anschubfinanzierung übernommen.

Obwohl das Leitmotiv der Steinbeis-Stiftung eine strikte Dezentralisierung und Regionalisierung ist, können sich die Zentren häufig nicht allein aus dem regionalen Markt finanzieren. Dies gilt auch für die neuen Bundesländer, wobei hier aber die besonders ungünstige Entwicklung zu verzeichnen ist, daß 60 % der Aufträge für die ostdeutschen Steinbeis-Zentren aus Westdeutschland kommen.

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2.2 Probleme der Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen

Die Industrieforschung wird allgemein als lebenswichtig für die Unternehmen bezeichnet. Forschung, Entwicklung und Innovation gehören heute zu den wichtigsten Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und gewinnen ständig an Bedeutung. Um die Probleme der Industrieforschung sowie die Inanspruchnahme und die Wirkung von Fördermaßnahmen einordnen zu können, muß man jedoch berücksichtigen, daß diese Aussagen nicht für alle Unternehmen und alle Branchen gleichermaßen gelten. So gibt es z.B. hinsichtlich Umfang und Intensität der Industrieforschung erhebliche Unterschiede zwischen den Branchen. Nahezu 50 % der Industriebeschäftigten der alten Bundesländer arbeiten in forschungsintensiven Sektoren.

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Das verweist andererseits darauf, daß es auch heute noch Sektoren und Unternehmen in den alten Bundesländern gibt, die nach wie vor sehr gut ohne oder mit wenig Industrieforschung auskommen. Das Engagement in FuE ist aber nicht nur in den verschiedenen Branchen sehr unterschiedlich, sondern schwankt auch innerhalb der Branchen in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße. Der überwiegende Teil der Industrieforschung der alten Bundesländer (und der entwickelten westlichen Industriestaaten überhaupt) ist in Großunternehmen konzentriert. Hinzu kommt, daß vorwettbewerbliche Industrieforschung fast ausschließlich in den Großunternehmen betrieben wird, während die KMU überwiegend Entwicklung betreiben. Dies gilt unbeschadet einer überdurchschnittlich hohen FuE-Intensität der technologieorientierten KMU, die ja ihrerseits wieder nur eine bestimmte Gruppe innerhalb des breiten Spektrums von KMU sind. Mit anderen Worten: Der weitreichenden Bedeutung von Forschung, Entwicklung und Innovation für den Unternehmens- und gesamtwirtschaftlichen Erfolg steht eine Konzentration von FuE in erster Linie auf Großunternehmen und in zweiter Linie auf technologieorientierte KMU gegenüber.

Konfrontiert man diese Zusammenhänge mit der aktuellen Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland, dann wird deutlich, daß sich Versuche einer Bewahrung und Förderung der Industrieforschung nicht nur einem durch die Deindustrialisierung bedingten Abbau des FuE-Potentials, sondern auch einer problematischen Wirtschaftsstruktur gegenüber sehen. Im Ergebnis der Treuhandpolitik der Zergliederung und Privatisierung großer Wirtschaftseinheiten entsteht in Ostdeutschland eine Industrie, in der nur wenige Großunternehmen existieren. Und auch die wenigen verbleibenden Großunternehmen sind dies eigentlich nur gemessen an der Zahl der Beschäftigten, nicht aber hinsichtlich ihres Umsatzes. Sie unterscheiden sich in ihrer prekären wirtschaftlichen Situation (die Stichworte Absatz- und Produktivitätsprobleme, Kostendruck und Liquidität mögen genügen) und dem damit verbundenen Zwang zur kurzfristigen Existenzsicherung nicht von den kleineren ostdeutschen Unternehmen. Die Großunternehmen (d.h. Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten) der alten Bundesländer beschäftigten im Jahre 1991 ca. 78 % des FuE-Personals. In den neuen Bundesländern entfielen auf diese Gruppe von Unternehmen lediglich 43 % des FuE-Personals. Salopp formuliert: Die wichtigsten Träger der Industrieforschung verschwinden oder kämpfen um ihr Überleben.

Diese Probleme werden auch aus der Sicht desjenigen Bereichs der staatlich geförderten institutionellen Forschung sichtbar, der auf die Nachfrage der Industrie nach Forschungsleistungen angewiesen ist. Die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Wissenschaften (FhG) hat sich von Anfang an sehr stark in den neuen Bundesländern engagiert. Die wichtigsten Zielstellungen dieses Engagements waren und sind:

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  • die Erweiterung und Stärkung des Profils der FhG,

  • das Auffangen des Potentials der angewandten Forschung in Ostdeutschland,

  • die Unterstützung des Wiederaufbaus der ostdeutschen Wirtschaft.

Die FhG verfährt bei der Gründung neuer Institute so, daß diese zunächst als befristete Einrichtungen gegründet werden. Nach einer gewissen Zeit werden die Einrichtungen evaluiert und bei Erfüllung der Kriterien der FhG als Institute übernommen. Gegenwärtig gibt es in den neuen Bundesländern 10 Einrichtungen der FhG. Hinzu kommen 12 Außenstellen von Fraunhofer-Instituten der alten Bundesländer. Insgesamt beschäftigt die FhG in den neuen Bundesländern 1020 Mitarbeiter. Die Zukunft der neugegründeten Einrichtungen der FhG wird vor allem davon abhängen, ob sie die in der FhG üblichen Finanzierungskriterien hinsichtlich der Einwerbung von Drittmitteln, insbesondere hinsichtlich des Anteils von Drittmitteln aus der Industrie, erfüllen. Das ist angesichts der positiven Entwicklung bei der Drittmittel-Einwerbung dieser Einrichtungen nicht unwahrscheinlich. Allerdings sind die Industriepartner der Fraunhofer-Institute überwiegend Unternehmen aus den alten Bundesländern. Auch aus der Sicht eines Fraunhofer-lnstituts als Anbieter von Forschungsleistungen für die Industrie liegt das entscheidende Hemmnis für die Forschungskooperation mit ostdeutschen Unternehmen darin, daß die ostdeutschen Betriebe kaum die eigene FuE bezahlen können und deshalb keinen finanziellen Handlungsspielraum haben, um Aufträge zu vergeben. Es zeigt sich immer wieder, daß es zwar ein Interesse des Mittelstandes an Forschungsleistungen der Fraunhofer-Institute gibt, die Unternehmen aber nicht über Möglichkeiten verfügen, solche Forschungsaufträge zu bezahlen. Unter diesen Bedingungen fließt das im staatlich geförderten Forschungssektor erarbeitete know how bei den Fraunhofer-Instituten ebenso wie bei den Transferzentren der Steinbeis Stiftung in die alten Bundesländer ab. Der weitgehend umgestalteten und sich stabilisierenden staatlich finanzierten universitären und außeruniversitären Forschung fehlen die Schnittstellen zur ostdeutschen Wirtschaft, weil diese Schnittstellen nur auf der Grundlage einer von der Wirtschaft ausgehenden Nachfrage nach Forschungsleistungen gestaltet werden könnten. Die Folgen dieser Unterbrechung im Innovationssystem für die lebenswichtige Vernetzung der ostdeutschen Industrieforschung mit der staatlich finanzierten Forschung sind nicht zu unterschätzen.

Bei den bisher genannten Förderkonzepten und -maßnahmen des Bundes für die ostdeutsche Industrieforschung (vgl. 2.1) handelt es sich entweder um die Ausdehnung bestehender Förderprogramme auf die neuen Bundesländer oder um die Wiederaufnahme von bereits abgeschlossenen Förderprogrammen, die sich in der ehemaligen Bundesrepublik bewährt hatten. Eine Ausnahme bilden hier lediglich das seit dem 1. September 1993 laufende Programm Forschungskooperation und das

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geplante Förderprogramm Produkterneuerung. Die anderen Programme sind vor längerer Zeit und mit dem Blick auf die wirtschaftliche Struktur der alten Bundesländer konzipiert worden. Wie jedoch bereits die rein quantitative Bilanz der Wirtschaftsentwicklung andeutet, weist die ostdeutsche Wirtschaft eine grundsätzlich ihre Struktur und Dynamik auf als die westdeutsche. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen und deren Wirkungen.

Die Förderprogramme des Bundes und der Länder haben unter den beschriebenen Bedingungen eine große Bedeutung sowohl für den Erhalt der Industrieforschung als auch für die Unterstützung von Transferprozessen. Allein durch die Programme Personalzuwachsförderung Ost und Auftragsforschung Ost konnten bislang fast 3000 Arbeitsplätze in der Industrieforschung geschaffen oder erhalten werden. Das sind fast 20 % des Ende 1993 verbliebenen FuE-Personals (vgl. 1.1). Bezieht man die anderen Programme und die Sekundärwirkungen in den Unternehmen ein, so wird deutlich, daß praktisch die gesamte ostdeutsche Industrieforschung direkt oder indirekt von den Stützungsmaßnahmen des Staates abhängt. Unter diesen Bedingungen kommt der Frage des Zugangs der Unternehmen zu den Fördermaßnahmen besondere Bedeutung zu.

Zu den formalen Problemen des Zugangs zu Fördermaßnahmen gehört in erster Linie die Beschränkung fast aller Fördermaßnahmen auf KMU und hierbei die Bestimmung der Unternehmensgröße anhand der Beschäftigten-Zahlen (vgl. Tabelle 8).

Maßnahme

Unternehmensgröße

Förderquote

FuE-Personalförderung Ost

< 1000 Beschäftigte

40% der Personalkosten

FuE-Personalzuwachsförderung Ost

< 1000 Beschäftigte

50% der Personalkosten

Auftragsforschung Ost

< 1000 Beschäftigte

50% der externen Entwicklungskosten

marktvorbereitende Industrieforschung in den neuen Bundesländern

< 250 Beschäftigte

50% der Entwicklungskosten

Innovationsförderung im Beitrittsgebiet

< 1000 Beschäftigte1)

35% der Entwicklungskosten

Förderung der Forschungskooperation in der mittelständischen Wirtschaft

< 500 Beschäftigte"

35% der Entwicklungskosten

1) Zusätzlich: Keine Mehrheitsbeteiligung eines größeren Unternehmens

Tabelle 8: Zugangsbedingungen und Förderquoten wichtiger Förderprogramme des Bundes

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Die daraus entstehenden Schwierigkeiten für "Großunternehmen" m Ostdeutschland können z.B. an der Carl Zeiss Jena GmbH verdeutlicht werden. Die Carl Zeiss Jena GmbH ist ein Unternehmen, das FuE-intensive Güter produziert. Sie hatte im Spätherbst 1991 3000 Beschäftigte. Ungefähr 20 % der Beschäftigten arbeiten in Forschung und Entwicklung. Gegenwärtig gibt es aber eine der Produktentwicklung vorgelagerte Forschung nur in Ausnahmefällen. Der FuE-Bereich konzentriert sich auf die Produktentwicklung und muß außerdem einen beträchtlichen Teil seiner Kapazität auf die Ordnung organisatorischer Prozesse im Unternehmen, die Umstellung von TGL- auf DIN-Normen und ähnliche Aufgaben verwenden, die mit Produktentwicklung nichts zu tun haben. Eine weitere Aufgabe besteht in der Unterstützung des Vertriebes, denn die Steigerung des Umsatzes hat für das Unternehmen absolute Priorität. Trotz erheblicher prozentualer Steigerungen in den ersten drei Geschäftsjahren ist das Niveau des Umsatzes nach wie vor viel zu niedrig. Die Carl Zeiss Jena GmbH hatte wegen des in diesem Ausmaß nicht vorhergesehenen Zusammenbruchs des RGW- Marktes, in den früher 80 bis 90% der Produkte exportiert wurden, und der Rezession auf den westlichen Märkten eine außerordentlich schwierige Ausgangssituation. Auch heute ist das Unternehmen noch nicht aus der Verlustzone heraus. Ein weiterer Abbau des Personals ist erforderlich, darunter auch von FuE-Personal.

Unter diesen Bedingungen ist eine Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen in der Region und darüber hinaus unerläßlich. Die universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Thüringen und insbesondere im Raum Jena sind sowohl quantitativ als auch qualitativ gut besetzt. Allerdings ist der finanzielle Handlungsspielraum für regionale Vernetzungen mit den Forschungseinrichtungen außerordentlich begrenzt. Aus der Sicht der Carl Zeiss Jena GmbH erschweren die finanziellen Rahmenbedingungen eine Zusammenführung von Forschungsbedarf und Bearbeitungskapazitäten. Für das Unternehmen ist es wegen seiner mehr als 1000 Beschäftigten nicht möglich, aus einem der Förderprogramme des Bundes Mittel zu erhalten. Auch das Thüringische Innovationsförderprogramm kann wegen seiner Beschränkung auf Unternehmen mit weniger als 150 Mitarbeitern nicht genutzt werden. Die einzige Möglichkeit bleibt die Beteiligung an Verbundprojekten, deren Vorbereitung und Durchführung durch das Land unterstützt wird. Da auch die ostdeutschen Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern durch die Treuhand mit dem Auftrag versehen wurden, eine bestimmte Mitarbeiterstärke zu halten, und dies auch relativ unabhängig von der aktuellen Unternehmenssituation tun müssen, sind sie durch den fehlenden Zugang zu Fördermöglichkeiten zusätzlich belastet. Ein objektiveres Kriterium wäre hier der Jahresumsatz der Unternehmen, der teilweise von der KfW zugrunde gelegt wird.

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Ein zweites formales Problem, mit dem eher kleinere Unternehmen zu kämpfen haben, besteht in der Komplexität des Förderangebotes und in den Anforderungen des Antragsprozesses. Obwohl die Bundesregierung für die Information und Beratung der Unternehmen erhebliche Mittel aufwendet, bleibt die Information der Adressaten der Förderprogramme über Fördermöglichkeiten ein Problem. Die Informationsprobleme und die teilweise hohen Anforderungen an die Formulierung von Anträgen können dazu führen, daß unnötig Kapazitäten in den Unternehmen gebunden werden oder große Summen an kommerzielle 'Antragsberater' abfließen und damit nicht für die Industrieforschung der Unternehmen verfügbar sind. Ein weiteres Problem sind die langen Zeiträume, die bei einigen Fördermaßnahmen von Bund und Ländern bis zur Entscheidung über die Anträge vergehen.

Neben diesen eher formalen Zugangsproblemen gibt es weit schwerwiegendere substantielle Barrieren, die den Zugang der Unternehmen zu Fördermaßnahmen verhindern. Das wichtigste dieser Probleme ist mit der Notwendigkeit verbunden, mindestens 50 % der Kosten einer geförderten Maßnahme als Eigenanteil zu erbringen. Das bedeutet, daß auch geförderte Aktivitäten durch die Unternehmen mit erheblichen Beträgen finanziert werden müssen. Wegen der geringen Eigenkapitalausstattung und der Liquiditätsprobleme der ostdeutschen Unternehmen sind diese häufig nicht in der Lage, die erforderlichen eigenen finanziellen Beiträge zu erbringen. Deshalb können dringend benötigte Förderungen nicht in Anspruch genommen werden. Da damit zugleich wichtige Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unterbleiben müssen, ist nicht absehbar, wie und in welchen Zeiträumen sich Unternehmen soweit erholen können, daß sie zur Finanzierung von geförderten Aktivitäten in der Lage sind. Die Bundesregierung ist über Verträge mit der EG gebunden und kann deshalb die Förderquoten nicht beliebig festsetzen. Bei der Einführung von nicht mit der EG abgestimmten höheren Förderquoten bestünde dem BMFT zufolge die Gefahr, daß nach einer entsprechenden späteren Entscheidung des internationalen Gerichtshofes die geförderten Unternehmen die Gelder zurückzahlen müßten. Für das neue Programm Produkterneuerung soll jedoch versucht werden, die Zustimmung der EG zu einer Förderquote von 60 bis 75 % zu erreichen.

Neben diesen Schwierigkeiten beim Zugang ist auch die Wirkung der Fördermaßnahmen nicht ohne Widersprüche. Die umfangreiche staatliche Förderung der Industrieforschung hat deren Überleben bis zum heutigen Tag gesichert. Die Kehrseite der Medaille ist, daß die ostdeutsche Industrieforschung heute in einem Maße von der staatlichen Förderung abhängig ist, wie das in den alten Bundesländern nie auch nur annähernd der Fall war. Im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten der ostdeutschen Unternehmen, sich auf den neuen Märkten zu plazieren und zu behaup-

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ten, entsteht die Gefahr, daß sich die Industrieforschung starker an den Förderinstrumentarien als am Markt orientiert. Das würde eine teilweise Entkopplung von Industrieforschung und Unternehmenserfolg bedeuten, die zu einem Orientierungsverlust der Industrieforschung führt. Forschung und Entwicklung können aber nicht über längere Zeit einsame Vorreiter sein und etwa den Kern für den Aufbau neuer Strukturen bilden. Wenn die Industrieforschung nicht dazu beiträgt, den Absatz von Industrieprodukten aus ostdeutschen Unternehmen zu stabilisieren und auszuweiten, dann trägt sie auch nicht dazu bei, daß der Unternehmenserfolg die Fortführung der Industrieforschung ermöglicht. Die Folge wäre eine langfristig subventionsbedürftige "nicht nachhaltige" Industrieforschung anstatt einer Aufwärtsspirale, in der sich marktnahe Industrieforschung und Unternehmenserfolg gegenseitig vorantreiben.

Ein analoges Problem entsteht bezüglich der Förderung der Auftragsforschung. Die Auftragsforschung ist bezüglich der Orientierung von FuE am Markt beispielhaft. Das Ziel der Fördermaßnahme "Auftragsforschung Ost" ist die Stützung existierender Industrieforschungspotentiale vor allem in Form der Forschungs-GmbHs. Allerdings ist der FuE-Markt, in dem sich private Forschungseinrichtungen in Konkurrenz zu Universitäten und anderen staatlichen Forschungseinrichtungen etablieren müßten, außerordentlich gering. In den alten Bundesländern gehen nur 1,5 bis 2 % der FuE-Ausgaben der Wirtschaft in die Auftragsforschung. Für die neuen Bundesländer kommt hinzu, daß die anwendungsorientierte öffentlich finanzierte Forschung in Gestalt der Fraunhofer-Einrichtungen und einiger Institute der Blauen Liste überproportional stark vertreten sind und damit die Konkurrenz für die Forschungs-GmbH's sehr groß ist. Es entsteht die Gefahr, daß durch die Förderung der Auftragsforschung mit den Forschungs-GmbH's Strukturen geschaffen und erhalten werden, die nur unter den Bedingungen dieser Förderung überhaupt bestehen können.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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