TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 19]
5 Wettbewerbsfragen, Durchleitungsrechte und Interessenlagen im Zuge der Liberalisierungsbestrebungen
5.1 Wettbewerbsmodelle in der Stromversorgung
Es gibt insgesamt sechs Wettbewerbsmodelle in der Stromversorgung:
Modell
|
Charakteristika |
Franchise Bidding
|
Periodische Ausschreibung von Versorgungsgebieten |
freier Leitungsbau
|
Verbot von Ausschließlichkeitsverträgen bei der Vergabe von Wegerechten |
Single Buyer / Ausschreibungsmodell
|
Netzbetreiber als Alleinabnehmer; Leistungsbedarf muß ausgeschrieben werden |
Durchleitungsmodell (Verbundebene)
|
Durchleitungsrechte für alle Erzeuger, die Weiterverteiler und große Industriekunden beliefern wollen |
Durchleitungsmodell (Endverbraucherebene)
|
Durchleitungsrechte für alle Erzeuger, die Endversorger oder Endkunden beliefern wollen |
Pool-Modell / Strombörse
|
Durchleitungsrechte für alle Erzeuger, die in den Pool einspeisen wollen; Durchleitungsrechte für alle Endversorger oder Endkunden, die sich am Pool bedienen dürfen | In der Bundesrepublik konzentriert sich die Diskussion um die beiden Durchleitungsmodelle, nämlich das Verbundmodell und das Endverbrauchermodell.
5.2 Voraussetzungen für wirksamen Durchleitungswettbewerb
Es gibt eine Reihe von Voraussetzungen für einen wirksamen Durchleitungswettbewerb, da Wettbewerb ohne Regeln nicht möglich ist:
5.3 Deregulierung bzw. Entregelung und wettbewerbliche Regelung
In dem Reformentwurf der Bundesregierung gibt es eine Reihe von Entregelungsaspekten:
Insgesamt gibt es mehr Entregelungsaspekte in der Novelle als Wettbewerbsansätze.
5.4 Fehlende wettbewerbliche Regelungen
Es bleibt festzustellen, daß in dem Gesetz zahlreiche wettbewerbliche Regelungen fehlen:
- keine Interessenentflechtung von Erzeugung und Netzbetrieb
- keine explizite Durchleitungsregelung mit der Verpflichtung auf transparente, kostenorientierte und diskriminierungsfreie Gebühren
[Seite der Druckausg.: 21]
- keine explizite Regelung für "stranded investments"
- kein Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln in Strombezugsverträgen
- keine Regelung der Reserve- und Zusatzstromkonditionen
- keine Regelung der möglichen Versorgerwechsel-Gebühren
- keine eindeutige Anschluß- und Versorgungspflicht für Eigenerzeuger und Zusatzstrombezieher
- keine Regelung des Substitutionswettbewerbes zwischen Energie und Kapital (nachfrageseitiger Wettbewerb)
5.5 Konsequenzen eines "entregelten" Wettbewerbes
Mit folgenden Konsequenzen ist zu rechnen:
- Überforderung der verbliebenen Aufsicht
- Langwierige Gerichtsverfahren als Regelungsansatz
- Verstärkte Quersubventionierung von vertraglich gebundenen zu umworbenen Kunden
- Aufrechterhaltung und Verstärkung von Marktzutrittsbarrieren für neue Akteure (Erzeuger, Netzbetreiber, Endversorger)
- Ausscheiden von effizienten Akteuren aufgrund (zufallsbedingter) schlechter Startbedingungen
- Weitere Konzentration und Vermachtung im Elektrizitätssektor
5.6 Schlußfolgerungen
Entregelung ohne Wettbewerb führt weg von einer Liberalisierung und bevorzugt den Marktführer. Es werden eindeutig die Interessen derjenigen geschützt, die es durchstehen können, über längere Zeiträume vielleicht auch effiziente Wettbewerber vom Markt zu drängen.
© Friedrich Ebert Stiftung
| technical support | net edition
fes-library | Februar 2000
|