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[Seite der Druckausgabe: 45]

7. Zur Finanzierung der Instandsetzungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen in Wohnungen und Wohnumfeld der "Plattenbausiedlungen"

Die im Rahmen der Fachtagung angesprochenen Maßnahmen zu einer bestandsorientierten Qualitätsverbesserung von Großsiedlungen - bezogen auf Wohnungen und Wohnumfeld - erfordern erhebliche Kosten, die weder allein von den Ländern oder den Kommunen, noch allein von Wohnungsbaugesellschaften, geschweige denn nur von den Bewohnern getragen werden können. Nur gemeinsames Handeln, das von technischem Sachverstand, kostenbewußtem Denken und sozialpolitischer Verantwortung bestimmt ist, kann hier zu Lösungen führen. Kombinierte Finanzierungsmodelle, bei denen sich mehrere Finanzierungsträger ergänzen, werden zu diskutieren sein. Vor allem aber wird eine öffentliche Förderung durch besondere Bund-Länder-Programme nötig sein, wie sie auch für die Sanierung der innerstädtischen Altbaugebiete besteht.

Die Bauminister der neuen Länder haben wiederholt vom Bund ein Sonderprogramm für die Modernisierung und Sanierung von Plattenbauten verlangt. Dieses Förderprogramm ist bisher noch nicht zustande gekommen. Im Rahmen des Föderalen Konsolidierungsprogramms hat sich der Bund jedoch grundsätzlich bereit erklärt, das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgestellte Wohnraum-Modernisierungsprogramm hinsichtlich der industriell gefertigten Wohnbauten zu überarbeiten und durch verbesserte Zinskonditionen attraktiver zu machen. Abschließende Regelungen sind jedoch noch nicht getroffen. Gefordert wird weiterhin eine Erhöhung der Förderobergrenze von DM 500 auf DM 1.000 pro qm und die Aufhebung des Kumulationsverbotes von Bundes- und Landesförderprogrammen.

Das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr in Brandenburg zeigt sich zuversichtlich, daß sich angesichts der Verbesserung der Konditionen des KfW-Förderprogramms und der mit dem Altschuldenhilfegesetz erreichten Teilentlastung der Wohnungsunternehmen in Verbindung mit dem Einsatz von Landesfördermitteln die Handlungsfähigkeit der wohnungswirtschaftlichen Unternehmen im Bereich der Modernisierung und Sanierung von "Plattenbauten" erhöhen wird und es zu einer schnelleren Umsetzung der notwendigen Maßnahmen kommt.

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Die öffentliche Förderung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen bei industriell errichteten Wohnungen durch besondere Bundes- und/oder Länderprogramme macht - bei relativ geringem Einsatz öffentlicher Mittel- Belegungsbindungen und Mietpreise möglich, die unterhalb der Einstiegsmieten des sozialen Wohnungsbaus liegen. Als wichtiges Marktsegment für eine ausgewogene Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum sind diese Wohnungen unbedingt zu erhalten, weil in den neuen Ländern preiswerte Sozialwohnungen der 50er und 60er Jahre fehlen.

Die Monofunktionalität als "Schlafstädte" und das desolate Wohnumfeld machen in den neuen Bundesländern große Defizite der Stadt- und damit Lebensqualität der Siedlungen des komplexen Wohnungsbaus spürbar und sichtbar. In diesen Siedlungen erscheint bei der Sanierung eine Verbindung von städtebaulich orientierten Gebäudeverbesserungen, architektonischer Aufwertung und Korrekturen im Wohnumfeld erforderlich. Diese Maßnahmen sind in eine Gesamtstrategie für die Großsiedlungen in Form eines städtebaulichen Rahmenplanes einzubinden. Nur wenn dies gelingt, können die jetzigen Bewohner in den Großsiedlungen gehalten, neue Bewohner gewonnen und drohende soziale Entmischung sowie Verslummung vermieden werden.

Dementsprechend wird im Land Brandenburg bei Pilotprojekten zur Sanierung industriell errichteter Wohngebäude eine Koppelung von Gebäudesanierung und Wohnumfeldverbesserung durchgeführt. In den neuen Förderrichtlinien zur Stadterneuerung von August 1992 bildet die Abstimmung zwischen Wohnumfeldverbesserung und Gebäudesanierung die Voraussetzung zur Förderung. Angesetzt ist im Haushalt 1993 ein Fördervolumen von 10 Millionen DM für Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung in Siedlungen des komplexen Wohnungsbaus; für Modernisierung und Instandsetzung von in industrieller Bauweise errichteten Wohnbauten sieht der Haushalt ein Fördervolumen von 100 Millionen DM vor. Die überarbeiteten Förderrichtlinien zur Modernisierung bzw. Instandsetzung sehen für Nachkriegsbauten Darlehen von DM 40.000 vor, die durch Eigenfinanzierung der Wohnungsunternehmen ergänzt werden können. Ein solches kombiniertes Finanzierungsmodell hat sich bei Pilotprojekten des Landes Brandenburg zur Sanierung industriell errichteter Wohnbauten bewährt.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß trotz ähnlicher Probleme im bautechnischen Bereich und bei der Ausgestaltung des Wohnumfeldes von Standort zu Standort erhebliche Unterschiede bestehen und deshalb eine differenzierte

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Förderung der industriell gefertigten Bauten erfolgen muß. Das Land Brandenburg läßt zur Zeit in 12 Modellprojekten ermitteln, welche Bedingungen für die Nachbesserung von industriell gefertigten Wohnbauten gelten. Darüber hinaus werden in elf Kommunen Planungen und Durchführungsmaßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes modellhaft gefördert. Diese Modellprojekte zielen darauf ab, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche spezifischen Anforderungen an die Wohnumfeldverbesserung gestellt werden sollen und welcher Mittelbedarf in Ergänzung zu Nachbesserungen der Bausubstanz für das Wohnumfeld pro Wohneinheit entsteht.

Bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten ist auch der Verkauf an private kaufkräftige Eigentümer zu beachten, auf den bereits in Kapitel 5 detaillierter eingegangen wurde. Dabei wird vorrangig an eine Bindung und interne Nutzung der in den Siedlungen vorhandenen Kaufkraft gedacht. In einigen Fällen plant man, den potentiellen Käufern qualitativ andere und größere Wohnungen anzubieten, deren Herstellung z.T. weit mehr als den normalen Sanierungsaufwand erfordert. Grundsätzlich richtet sich die Höhe der aufzubringenden Mittel sehr stark nach dem Standard der Sanierung bzw. Modernisierung. Sicherlich ist davon auszugehen, daß nicht alle Wohnungen in allen Plattenbausiedlungen in Zukunft den gleichen Standard aufweisen müssen. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen sollte eine differenzierte und situationsangemessene Handhabung der einzelnen Maßnahmen den Finanzierungsaufwand sinnvoll steuern. Bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Privateigentum zögern derzeit die oftmals ungeklärten rechtlichen Rahmenbedingungen immer wieder den Verkauf hinaus, weil keine Grundbucheintragungen und in Konsequenz hiervon auch keine Kreditvergaben durch die Banken vorgenommen werden können.

Auch auf Möglichkeiten einer Modernisierung durch den Mieter soll noch einmal ausdrücklich hingewiesen werden. Durch den ehemaligen Status als quasi-Ei-gentümer haben die Mieter bereits viele Umbauten und Renovierungarbeiten innerhalb der Wohnungen durchgeführt. Balkonbemalungen, Fassadenbegrünungen und die Pflege des Wohnumfeldes zeigen eine hohen Grad der Selbstorganisation der Bewohner und Identifikation mit ihrer Wohnumgebung. Dieses Selbsthilfepotential sollte nicht verprellt werden. Im Gegenteil: Es könnte durch gezielte Mietermodernisierungsprogramme noch gestärkt werden. Solche Programme stellen beträchtliche kostensparende Effekte in Aussicht.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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