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[Seite der Druckausgabe: 51 / Fortsetzung]


9. Alternativen im Rad/Schiene-System

Die schwierige Situation bezüglich der Integration des Systems Transrapid, einerseits in bereits existierende Verkehrs- und Umfeldstrukturen und andererseits in bestehende Planungen eines Hochgeschwindigkeitsnetzes, sowie die außerordentlichen finanziellen Belastungen lenken das Augenmerk auf mögliche Alternativen.

Grundsätzlich kann festgehalten werden, daß sich die Streckenleistungsfähigkeit im Rad/Schiene-System durch neue Techniken der Zugführung nachhaltig erhöhen läßt. Insgesamt kann mittelfristig eine Verbesserung um 30 bis 40% erwartet werden. Darüber hinaus wird durch den Streckenneubau und -ausbau im Rad/Schiene-System die weitere Entmischung zwischen Hochgeschwindigkeitsverkehr und anderem Eisenbahnverkehr möglich, wodurch die Netzkapazität eine Steigerung erfährt. Das Argument, die Bahn könne aus Kapazitätsgründen kaum zusätzliche Verkehrsnachfrage aufnehmen, verliert so an Bedeutung.

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Eine weitere Verbesserung im bisherigen Hochgeschwindigkeitsverkehr kann auch durch den Einsatz der Neigetechnik erreicht werden. Auf diese Weise könnten Hochgeschwindigkeitszüge auch außerhalb der Neubaustrecken höhere Geschwindigkeiten erreichen. Außerdem könnten im Falle eines konsequenten Einsatzes von Neigezügen bei der Trassierung neuer Hochgeschwindigkeitsstrecken engere Radien in Kauf genommen werden.

Im Augenblick baut die DB AG die vorhandene IC-Strecke Hamburg - Berlin über Buchen und Wittenberge mit einem Aufwand von ungefähr 2,4 Mrd. DM aus, um dort Reisegeschwindigkeiten von 160 km/h anbieten zu können. Bei dieser Variante ließe sich bereits eine Reisezeit von zwei Stunden herbeiführen, d.h. der rund 10 Mrd. DM teure Transrapid würde diese Investition für einen Zeitvorteil von einer Stunde obsolet machen, es sei denn die Strecke könnte intensiv für Gütertransporte genutzt werden. Nach der Realisierung des IC-Stundentaktes im Jahr 1997 oder 1998 werden auf dieser Relation ungefähr 4,2 Mio. Fahrgäste und entsprechende Einnahmen erwartet. Bei einem Ausbau derselben Strecke auf ICE-Standard ergäbe sich eine weitere Zeitersparnis von 6 bis 20 Minuten. Insgesamt würde der komplexe Ausbau zum ICE-Höchststandard rund 4,8 Mrd. DM kosten, also nur rund die Hälfte der für den Transrapid veranschlagten Zahlen.

Noch günstiger erscheint auf den ersten Blick die dritte Alternative, bei welcher von der bereits existierenden ICE-Strecke zwischen Hamburg und Hannover und der in Bau befindlichen ICE-Verbindung zwischen Hannover und Berlin Gebrauch gemacht wird, indem mittels eines Abzweigers zwischen Stendal und Uelzen für einen Betrag zwischen 800 Mio. und 1 Mrd. DM eine durchgängige ICE-Verbindung zwischen Hamburg und Berlin geschaffen wird. Die Fahrzeit zwischen den beiden Metropolen betrüge dann 82 Minuten. Bei dieser Variante ergibt sich allerdings das Problem, daß der schon jetzt hochbelastete Streckenabschnitt zwischen Hamburg und Lüneburg einen Schwachpunkt im bestehenden Netz bildet, und hier für die zusätzliche Aufnahme von zwischen Hamburg und Berlin verkehrenden ICE-Zügen ein Ausbau in erheblichem Umfang nötig würde.

Das Bundesverkehrsministerium, welches heute den Bau des Transrapid protegiert, stellte noch am 2. August 1989 fest, daß alle verkehrspolitischen Vergleiche die Überlegenheit des Schienen-Ausbaus zeigen, da das Rad/Schiene-System im Gegensatz zum Transrapid europäische Dimensionen, Netzbildung und Mitbenutzung durch den Güterverkehr sowie die Möglichkeit zur sofortigen Realisierung böte.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2000

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