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[Seite der Druckausgabe: 6 / Fortsetzung]

2. Aufgaben und Probleme der Wohnungswirtschaft

Die Wohnungswirtschaft der neuen Bundesländer unterliegt derzeitig noch einer Reihe von Übergangsregelungen, die ihren Ursprung in den Bestimmungen des 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR abgeschlossenen Vertrages über die Herstellung der Einheit Deutschlands haben ("Einigungsvertrag"). Damit wird die ostdeutsche Wohnungssituation durch Regelungen geprägt, die einerseits den Übergang zu einem marktwirtschaftlich orientierten Wohnungswesen erleichtern sollen, andererseits aber doch spürbare Eingriffe des Staates in den Wohnungsmarkt darstellen.

Angesichts der jahrzehntelangen Vernachlässigung von Maßnahmen zur Bestandspflege und den derzeit notwendigen Eingriffen in die Bestandsverwertung sind seitens der Wohnungsunternehmen beachtliche Anstrengungen erforderlich, um zu sozial verträglichen Lösungen bei der Stadtsanierung, bei der Stadterneuerung, bei der Modernisierung der Wohnungen und des Wohnumfeldes sowie beim Wohnungsneubau zu kommen. Diese Aufgaben sollen die Wohnungsunternehmen unter ungünstigen Rahmenbedingungen - wie festgeschriebene Mieten weit unter Kostendeckung und keinerlei Entschuldung - erfüllen. Gleichzeitig sind die Unternehmen aber mit der realen Kostenentwicklung konfrontiert und mit gravierenden substantiellen Problemen (Grund und Boden, Altschulden) belastet.

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2.1 Zur Situation der Wohnungsunternehmen

Stellvertretend für die Situation der Wohnungswirtschaft in den neuen Bundesländern steht die nachfolgende Situationsbeschreibung aus der Sicht des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), zu dessen Verbandsgebiet das Land Brandenburg und Berlin mit insgesamt 362 kommunalen und genossenschaftlichen Unternehmen sowie mit rd. 1,4 Mio. Wohnungen gehören.

Hier war auch nach der ersten Grundmietenerhöhung um durchschnittlich 1,- DM pro Quadratmeter Wohnfläche und Monat sowie bei den Beschränkungen in der Betriebskostenumlage eine Kostendeckung bei weitem noch nicht erreicht. Die ostdeutschen Wohnungsunternehmen konnten im vorhandenen Bestand daher Eigenmittelinvestitionen nicht im notwendigen Umfang vornehmen und so die aufgelaufenen Rückstände in der Instandsetzung und Modernisierung abbauen. Insbesondere wegen fehlender dinglicher Sicherungen waren aber auch Fremdmittel-Finanzierungen für Baumaßnahmen über Bankkredite nur in wenigen Fällen möglich. Verschärfend wirkte zusätzlich, daß viele Wohnungsunternehmen einen Teil des Grundmietenertrages zur Deckung der nicht umlagefähigen Kosten für Heizung und Warmwasser benötigten (3,-DM/m2 Wohnfläche je Monat übersteigender Betrag). Dementsprechend waren die Mitgliedsunternehmen des BBU bei der Durchführung von Baumaßnahmen fast ausschließlich auf öffentliche Finanzhilfen und Fördermittel angewiesen.

Es ist absehbar, daß auch die zweite Grundmietenerhöhung ab 01.01.1993 trotz gewisser Verbesserung der Situation noch nicht zu einer Kostendeckung führen wird. Verbandsinterne Erhebungen des BBU zeigen, daß die durchschnittlichen Mieteinnahmen ab Januar 1993 bei rund 4,30 DM/m2 Wohnfläche liegen werden; für eine Kostendeckung sind im Altbau aber ca. 8,70 DM/m2 und im Neubau ca. 7,70 DM/m2 erforderlich.

Rechnet man die aus der zweiten Erhöhung resultierenden zusätzlichen Mieteinnahmen hoch und unterstellt deren ausschließliche Verwendung für Maßnahmen der Instandsetzung und Modernisierung, so entsteht auf der Grundlage einer üblichen Mischfinanzierung im Land Brandenburg ein Investitionsvolumen von ca. 7 bis 9 Milliarden DM und in Berlin in Höhe von ca. 8 bis 10 Milliarden DM.

Auch die sogenannten "Altkredite" der DDR beeinträchtigen zukünftige Investitionen. Im Land Brandenburg machen diese sog. Kredite nach Ablauf des Zins- und Tilgungsmoratoriums Ende 1993 durchschnittlich 15.000 bis 20.000 DM je Wohnung

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aus; Spitzen erreichen die Größenordnung von 90.000 DM. Bei Fortdauer des derzeitigen Zinsniveaus resultiert hieraus eine monatliche Kapitalkostenbelastung von durchschnittlich 2,50 DM/m2 Wohnfläche - bei Spitzenwerten bis zu 12,-- DM/m2. In der Stadt Berlin rechnet man mit finanziellen Mitteln, die vorrangig für Plattenbauten eingesetzt werden, von bis zu 50.000 DM je Wohnung. Der sich hieraus ergebende Kapitaldienst wird bei unverändertem Zinsniveau die Wohnungskosten bis zu 7,-DM/m2 Wohnfläche erhöhen.

Der BBU geht ebenso wie der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft davon aus, daß es sich bei den Altkrediten nicht um eine Kreditierung im Sinne der bundesdeutschen Rechtsordnung, sondern um staatliche Wohnungsbaumittel handelt. Die Wohnungsunternehmen befinden sich danach - entgegen der von der Bundesregierung vertreten Auffassung - nicht in einer Schuldnerposition. Bereits heute ist absehbar, daß die Wohnungsunternehmen angesichts ihrer Ertragslage nach Ablauf des Moratoriums nicht in der Lage sein werden, den Kapitaldienst für die umstrittenen Altkredite zu erbringen. Die von der Bundesregierung im Frühjahr 1992 angekündigten Überbrückungshilfen, die zu je einem Drittel durch den Bund, die neuen Bundesländer und ihre Kommunen getragen werden sollten, stießen bei allen Beitrittsländern auf Ablehnung. Vielmehr wurde übereinstimmend die Übernahme der Schulden durch den Bund gefordert. Nach Auffassung des BBU kommt für eine Konfliktlösung nur ein politischer Kompromiß in Frage, denn eine juristische Klärung aller mit der Altschuldenproblematik verbundenen Fragen dürfte mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Plädiert wird für einen Kompromiß, bei dem ein Teil der Schulden in einen Fonds eingespeist wird, die Schuldentilgung bei beginnender Objektrentabilität einsetzt und keine Blockierung erststelliger Beleihungsspielräume erfolgt.

Zur Stärkung der Arbeitsfähigkeit der Wohnungsunternehmen ist weiter der Grund und Boden, auf dem sich die Wohngebäude befinden, auf die Wohnungsgesellschaften zu übertragen bzw. an die Genossenschaften zu verkaufen. Hier sind trotz der Schwierigkeiten bei der Vermögenszuordnung und den Zeitverzögerungen bei der Eintragung in das Grundbuch noch erhebliche Beschleunigungen möglich. Dabei sollten die Kommunen berücksichtigen, daß mit der Einbringung von Grund und Boden in eine kommunale Gesellschaft erst die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Investitionstätigkeit des Wohnungsunternehmens geschaffen werden.

Noch größere Verzögerungen gibt es beim Verkauf von Grund und Boden an die Wohnungsgenossenschaften. Hier werden häufig die Intentionen des Einigungsvertrages verkannt (Belegungsrechte der Kommune), bewertungstechnische Grundsät-

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ze mißachtet (praktisch wertlose Grundstücke) und die Förderungswürdigkeit der Genossenschaften als Garant einer sozialverträglichen Mietpreisgestaltung nicht beachtet.

Zu den Aufgaben der Wohnungsunternehmen gehört auch die Privatisierung von Wohnungen durch Verkauf an Mieter. Die Unternehmen in Berlin und Brandenburg beabsichtigen, in den nächsten Jahren 1.500 Wohnungen an Mieter und ca. 3.000 Wohnungen an Dritte zu verkaufen. Hierbei wird von folgenden Grundsätzen ausgegangen:

  • Verkauf von Ein- und Zweifamilienhäuser ohne vorherige Sanierung an Mieter,
  • Privatisierung von Mehrfamilienhäusern in konventioneller Bauweise nach Sanierung des sog. Gemeinschaftseigentums und
  • zunächst Verzicht auf den Verkauf von Wohnungen in Plattenbauten auf Grund der nicht übersehbaren Sanierungsrisiken

Bei der Privatisierung von Mietobjekten wird von der konkreten Wohnungssituation vor Ort ausgegangen. Berücksichtigt werden insbesondere die Struktur der Bestände, die sich abzeichnende wirtschaftliche Situation und die sich daraus ableitenden Käuferstrukturen. Die Entwicklung eines Wohnungseigentumsmarktes ist dabei als ein schrittweiser Prozeß zu gestalten. Notwendig ist dabei u.a. die Anpassung der Förderbedingungen an die Einkommensstrukturen in den neuen Bundesländern, wenn die Eigentumsbildung ein größeres Volumen erreichen soll.

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2.2 Förderung des Wohnungsneubaus und der Bestandspflege

Im Jahre 1991 gab es im Ostteil Berlins und im Land Brandenburg praktisch keinen Neubau von Wohnungen. Entsprechende Zahlen über Baufertigstellungen weisen ausschließlich Objekte des ehemaligen komplexen Wohnungsbaus aus, deren Baubeginn vor dem 3.10.1990 lag. Danach wurden im Jahre 1991 in Berlin-Ost 990 Wohnungen und im Land Brandenburg knapp 2.600 Wohnungen fertiggestellt. Offen bleibt, inwieweit in diese Zahlen (DDR-üblich) auch die Rekonstruktion sowie der Um- und Ausbau von Wohnungen eingeflossen sind.

Auch 1992 hat der Mietwohnungsbau in Brandenburg noch keine Bedeutung erlangt. Die Ursachen liegen in fehlendem Eigenkapital, dem noch nicht übertragenen Eigentum an Grund und Boden, den zu geringen Richtwerten der Förderungsrichtlinien für

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Baukosten und Mieten und dem langen Planungsvorlauf. Nennenswerte Bauprojekte für Mietwohnungen waren lediglich im Umland von Berlin mit bereits 1991 beantragter Förderung vorgesehen und zwar von Unternehmen aus dem Westteil der Stadt mit ausreichendem Eigenkapital. Um diese Bauvorhaben überhaupt zu ermöglichen, hat die Bewilligungsbehörde im Land Brandenburg in diesem Fall das Hindernis der zu gering bemessenen Richtwerte (2.000 DM Baukosten, Mieten von DM 2,50 bis DM 3,50) im Wege der Einzelfallentscheidung beseitigt.

Für Wohnungen, die vor dem 3.10.1990 begonnen und nach dem 1.1.1991 fertiggestellt wurden, wurde im Land Brandenburg eine Lösung konzipiert, die eine Förderung mit öffentlichen Baudarlehen zu den Eckwerten des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus vorsieht und die Zwischenfinanzierungen ablösen soll. Bei diesen fertiggestellten Wohnungen wurde die zulässige Miete jedoch häufig bereits überschritten. Diese Situation bedarf noch einer Klärung.

Da Fördermittel für den Wohnungsneubau nicht in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, hat der BBU den Übergang von der Kapitalsubventionierung zu einer kurz- bis mittelfristig haushaltsgünstigeren Aufwendungssubventionierung vorgeschlagen. Das aktuelle Förderkonzept des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg sieht eine entsprechende Kapitalaufwendungssubventionierung vor. Es läßt im Zusammenhang mit den angehobenen Eckwerten für Baukosten und Bewilligungsmieten eine stärkere Nachfrage nach diesen Fördermitteln und in Verbindung hiermit eine Steigerung des Umfangs des Wohnungsneubaus im Jahre 1993 möglich erscheinen.

Der im August 1991 gefaßte Beschluß der Landesregierung in Brandenburg, wonach Eigenkapitalersatzmittel als Ausgleich für den Eigenkapitalmangel bei Inanspruchnahme von Mitteln der Instandsetzungs- und Modernisierungsförderung gewährt werden, führte zu einer raschen Zunahme der Anträge auf Fördermittel. Bis August 1992 lagen der Investitionsbank des Landes Brandenburg bereits über 1.200 Anträge über ein Fördervolumen von rd. 1,3 Milliarden DM im sog. 100%-Modernisierungs- / Instandsetzungsprogramm vor. Diesen Anträgen standen im Landeshaushalt jedoch nur Mittel in Höhe von 530 Millionen DM gegenüber. Diese Summe ermöglicht im wesentlichen nur eine Bedienung der Förderanträge aus dem Jahre 1991.

Außerdem reichten die öffentlichen Baudarlehen in Höhe von 34.000 DM/ Wohnung oft nur für eine Teilsanierung aus. Die für Wohnungen des Vorkriegsbestandes real

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erforderlichen Instandsetzungs- und Modernisierungskosten werden auf bis zu 130.000 DM/ Wohnung und für den Nachkriegsbestand auf bis zu 85.000 DM geschätzt. Hieraus ergibt sich allein für das Land Brandenburg ein Investitionsbedarf in Höhe von 45 Milliarden DM, den die bewilligten Mittel von 530 Millionen DM gerade zu 1,2% abdecken. Die Beschaffung von Bankkrediten für die Finanzierungslücke scheiterte bei vielen Wohnungsunternehmen an der nicht möglichen dinglichen Sicherung. Ein angekündigtes Landesbürgschaftsprogramm soll für Genossenschaften Ersatzsicherheiten schaffen.

Das Land Berlin verschob die Schwerpunkte der Sanierungstätigkeit zugunsten des Ostteils der Stadt. Eingesetzt wurden hier sowohl Mittel aus Einzel-Förderprogrammen zur Leerstandsbeseitigung und Heizungsmodernisierung (Gesamtvolumen 1,2 Milliarden DM), als auch Mittel auf der Grundlage von Modernisierungs- / Instandsetzungs-Richtlinien, die für den Ostteil der Stadt neu konzipiert wurden. Zur Umgehung der auch hier auftretenden wirtschaftlichen Probleme schuf das Land Berlin außerdem einen Bürgschaftsrahmen.

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2.3 Änderung wohnungswirtschaftlicher Rahmenbedingungen

Nach Auffassung des BBU ist für die Verbesserung der Wohnsituation in den neuen Bundesländern eine Kraftanstrengung erforderlich, wie sie in den 50er und 60er Jahren in den alten Bundesländern auch in dieser finanziellen Dimension erfolgte. Dabei sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Priorität für Maßnahmen der Bestandserhaltung und - Verbesserung; nur dann kann Wohnungsbau zu Angebotsausweitungen führen
  • Übertragung von Grund und Boden an die Gesellschaften bzw. Verkauf zu akzeptablen Preisen an die Genossenschaften
  • Lösung der Altschuldenproblematik
  • zügige Bearbeitung der offenen Vermögensfragen
  • stärkere Beachtung des Einflusses funktionierender staatlicher und kommunaler Verwaltungen auf die Entwicklung funktionierender Wohnungsmärkte
  • Modifizierung der staatlichen Förderinstrumente, der Subventionen und Mietstrukturen durch stärkere Berücksichtigung der Einkommensstrukturen
  • Verbilligung des Bauens durch Vereinfachung des Baurechts und Bereinigung von Standards und Normen

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  • stärkere Differenzierung der Förderbedingungen entsprechend den regionalen Gegebenheiten, flexibleres Reagieren auf Veränderungen und Vereinfachung der Förderungsverfahren.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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