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4. Förderprogramme zur Finanzierung von Investitionen in die Abfallwirtschaft der neuen Länder

Neben der Herausforderung, eine dem Kreislaufgedanken verpflichtete Abfallwirtschaft aufzubauen, stehen in den neuen Bundesländern Kreise, Städte und Gemeinden vor kurz- und mittelfristigen Aufgaben, deren Umsetzung die Investitionskraft der öffentlichen Körperschaften bei weitem überfordert. Unter anderem sind zu leisten:

  • eine Bestandsaufnahme aller öffentlichen und industriellen Entsorgungsanlagen wie Deponien, Verwertungs- und Behandlungsanlagen sowie die Begutachtung, ob, in welchem Umfang und gegebenenfalls mit welchen Veränderungen diese Anlagen weiter zu nutzen sind,
  • die Erarbeitung eines Prioritätenkatalogs für die Weiternutzung der Anlagen unter Berücksichtigung des Sanierungsbedarfs,
  • Sicherung, Sanierung und Ausbau der weiterzubetreibenden Anlagen durch Einzäunung, Einrichtung von Kontrollen, Mengenerfassung, Sickerwasserauffang und -behandlung,
  • Aufbau und Sicherung von Zwischenlagern für industrielle und gewerbliche Abfälle, soweit dafür keine vertretbaren Entsorgungsmöglichkeiten vorhanden sind,
  • Ermittlung, Schließung und Sicherung aller wilden Müllkippen,
  • Schaffung einer zuverlässigen Prognosebasis für das Abfallaufkommen aus Betrieben,
  • Festlegung geeigneter Standorte für neue Entsorgungsanlagen.

Zur Unterstützung der dafür notwendigen Investitionen stehen öffentliche Förderprogramme der Europäischen Gemeinschaft, des Bundes und der Länder zur Verfügung. So umfassen die Finanzierungshilfen der Europäischen Gemeinschaft Fördermaßnahmen von Strukturfonds wie den Regional- und Landwirtschaftsfond, Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB), Förderprogramme für Pilot- und Demonstrationsprojekte sowie weitere Forschungs- und Entwicklungsprogramme. Seit Juni 1991 gibt es zudem das Programm LIFE, das speziell der Förderung von Entwicklungen im Umweltschutz dient. Für die EG-Programme finden mehrmals jährlich Ausschreibungen statt, über deren Schwerpunkte und Fristen regionale EG-Beratungsstellen, oft auch Industrie- und Handelskammern, informieren.

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Darlehen der EI B sind über die Hausbank oder direkt bei der Europäischen Investitionsbank von privaten und kommunalen Unternehmen für Infrastrukturinvestitionen sowie für Investitionen in die Bereiche Energie und Umweltschutz zu beantragen. Der Kreditbetrag beträgt maximal 50 Prozent des Investitionsvolumens, höchstens jedoch 20 Millionen ecu. Obwohl die Zinsen für diese Darlehen nur knapp unter dem Niveau des Kapitalmarkts liegen, sind die Kredite wegen ihrer langen Laufzeit von bis zu 25 Jahren interessant für Kommunen, die zur Finanzierung ihrer Investitionsvorhaben EIB-Darlehen mit anderen Fördermitteln verknüpfen, zum Beispiel mit dem vom Bund getragenen Kommunalkreditprogamm. Dieses Programm unterstützt kommunale Umweltschutzmaßnahmen mit zinsgünstigen Krediten. Zur Zeit erhalten die antragsberechtigten Gemeinden, Kreise, Zweckverbände und Eigengesellschaften Darlehen mit einem Zinssatz von 6,5 Prozent, bei 100 Prozent Auszahlung und einer Festschreibung von zehn Jahren. Nach dieser Frist gelten Kapitalmarktkonditionen und Laufzeiten bis zu 30 Jahren. Auch nichtkommunale Investoren werden gefördert, soweit sie im Auftrag der Kommunen handeln. Anträge für Fördermaßnahmen im Bereich Abwässer, Lärm und Luft sind an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu richten, im Bereich Abfallwirtschaft an die Deutsche Ausgleichsbank (DtAB).

Weitere Finanzierungshilfen des Bundes stellen die für Landwirte, Unternehmen und Kommunen aufgelegten Umweltprogramme der KfW und der DtAB dar. Das KfW-Programm gewährt Unternehmen und Landwirten Darlehen bis zu 66 Prozent der geplanten Investition. Der Höchstbetrag für ein Darlehen beträgt 10 Millionen DM, der Effektivzins liegt etwa l Prozent unter dem Marktniveau. Bei einer Laufzeit von 10 Jahren räumen die Kreditkonditionen 2 tilgungsfreie Jahre ein. Antragsberechtigte Unternehmen und Landwirte können diese Darlehen für Investitionen in den Umweltschutz über die Hausbank beantragen. Die von der DtAB an Unternehmen und Kommunen vergebenen Darlehen nach dem "Ergänzungsprogamm III" sind ebenfalls über die Hausbank zu beantragen. Die Darlehenssumme kann bis zu 50 Prozent der geplanten Investition betragen und wird zu ähnlichen Konditionen wie das Darlehen der KfW vergeben. Ein absoluter Höchstbetrag ist nicht festgeschrieben.

Für private Unternehmen in den neuen Bundesländer stellen die KfW aus dem ERP-Luftreinhalteprogramm-Ost und dem ERP-Abwasserreinigungsprogramm-Ost und die DtAB aus dem ERP-Energiesparprogramm-Ost und

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dem ERP-Abfallwirtschaftsprogramm-Ost weitere Darlehen zur Verfügung. Private gewerbliche Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 500 Millionen DM können Darlehen bis zur 50 Prozent der geplanten Investitionssumme, höchstens jedoch bis zu einer Millionen DM beantragen, zum Beispiel für Maßnahmen zur Luft- und Abwasserreinigung, für Investitionen zur rationelleren Energienutzung und für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Die Darlehen aus dem Abfallwirtschaftsprogramm fördern den Bau von Anlagen zur Abfallbeseitigung und -verwertung sowie für Maßnahmen zur Abfallvermeidung. Bei 100 Prozent Auszahlung und einer Laufzeit von 15 Jahren betragen die Zinsen zur Zeit 7,5 Prozent.

Aus dem Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost gewährt der Bund öffentlichen Körperschaften und gewerblichen Unternehmen im Schwerpunkt Soforthilfe Umweltschutz Zuschüsse unter anderem für Investitionen, die der Deponiesanierung dienen. Die Mittel werden über die zuständigen Landesministerien an Kommunen und gewerbliche Unternehmen vergeben. Dabei handelt es sich um ein Refinanzierungsprogramm, so daß die zuständigen Landesministerien über die Größenordnung der Förderung entscheiden.

Weitere Zuschüsse zu Investitionen können über die Bund-Länder- Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, über gemeinsame Demonstrations- und Pilotprojekte des Bundes und der EG und nicht zuletzt über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Arbeitsamtes eingeworben werden. Auch verschiedene Fachprogramme der Bundesministerien gewähren Zuschüsse für die Forschung und Entwicklung in der Abfallwirtschaft.

Neben der Förderung durch zinsgünstige Kredite und durch Zuschüsse sorgt der Bund mit Bürgschaften für die Absicherung von Investitionen. So übernimmt der Bund Ausfallbürgschaften für Investitions- und Betriebsmittelkredite. Die Treuhandanstalt bürgt für Kredite von Unternehmen, an denen sie beteiligt ist, proportional zum Anteil ihrer Kapitalbeteiligung. Und schließlich gewähren die Berliner Industriebank sowie einzelne Bundesländer Bürgschaften unterschiedlichen Zuschnitts. Gerade für Investoren aus den neuen Ländern sind diese Bürgschaften wichtig, weil Kommunen und Unternehmen dort aufgrund Ungewisser Eigentumsverhältnisse oft keine befriedigenden Sicherheiten stellen können.

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Private und kommunale Unternehmen können für ihre Investitionen Leistungen aus mehreren Programmen erhalten, das heißt, sie können zum Beispiel einen Zuschuß aus der Gemeinschaftsaufgabe bekommen, ein zinsgünstiges Darlehen nach den ERP-Progammen sowie eine Bürgschaft des Bundes.

Das Bundesland Brandenburg wird über die neu aufzubauende Landesinvestitionsbank in Zukunft über die verschiedenen Förderprogramme beraten. Außerdem wird die Bank die finanztechnische Abwicklung der öffentlichen Fördermittel des Landes übernehmen und, nach den Entscheidungen der Landesregierung über zu fördernde Projekte, die Auszahlung der Mittel sowie die Kontrolle der Verwendungsnachweise vornehmen.

Die in Brandenburg in Vorbereitung befindlichen Förderprogramme sehen neben der Unterstützung von Investitionen in öffentliche Wasserversorgungsanlagen, für Abwasserableitungs- und Behandlungsanlagen, für Vorhaben der dezentralen Energieerzeugung und des Immissionsschutzes bei Energieanlagen, für Maßnahmen im Bereich der Altlasten, für Naturschutz und Landschaftspflege auch Hilfen für Investitionen in die Abfallwirtschaft vor. Dabei wird die Finanzierung von Sicherungsmaßnahmen und Gefährdungsabschätzungen zunächst Priorität haben, um beurteilen zu können, was an den rund 1500 potentiell gefährlichen Standorten zu tun ist und wie diese Aufgaben effektiv bewältigt werden können.

Trotz der vielfältigen Programme kann die öffentliche Hand den Kommunen der neuen Länder nur begrenzt beim Aufbau einer modernen Abfallwirtschaft helfen, so daß die Kommunen versuchen müssen, ihre Investitionen auch über die von Haushalten, Betrieben und anderen Einrichtungen zu erhebenden Gebühren zu finanzieren. Selbst bei einer Bezuschussung von bis zu 50 Prozent durch Bund und Länder werden die Kommunen beim derzeitigen Gebührenaufkommen nicht in der Lage sein, den Kapitaldienst für Darlehen zur Finanzierung von Investitionen in die Abfallwirtschaft zu leisten. Da die Zuschüsse von Bund und Ländern nicht beliebig aus Steuern oder Neuverschuldungen finanzierbar sind, müssen in den nächsten Jahren kostendeckende Gebühren politisch durchgesetzt werden. Eine effiziente Organisation der Abfallwirtschaft und eine Zusammenarbeit der öffentlichen Körperschaften mit privaten Entsorgern kann den Kommunen helfen, die knappen öffentlichen Mittel mit möglichst großem Nutzen einzusetzen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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