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TEILDOKUMENT:
Thiele, Josef Seit [1905] Gefangenenaufseher in Brandenburg an der Havel, verheiratet. Mitglied des 1910 gegründeten "Bundes der Gefängnis-, Straf- und Erziehungsanstalts-Aufsichtsbeamten und -Beamtinnen Deutschlands", der sich vom "Bund der Justizunterbeamten Preußens" abgespalten hatte. Während des Weltkrieges Versetzung nach Berlin. Auf dem 5. Bundestag am 5. Mai 1919 nach dem gesundheitlich bedingten Rücktritt von Franz Bork zum neuen Vorsitzenden der Organisation gewählt, die sich dem Deutschen Beamtenbund angeschlossen hatte. Schriftleiter der "Bundes-Nachrichten der Gefängnis-, Straf- und Erziehungsanstalts-Aufsichtsbeamten und -Beamtinnen Deutschlands". Am 1. Juli 1919 vom preußischen Justizminister im Vorgriff auf ein geplantes Beamtenrätegesetz in ein Beratergremium im Ministerium herangezogen. 1919 Beförderung zum Strafanstaltswachtmeister. Thiele gehörte 1920 nach dem mißglückten Kapp-Putsch zu den schärfsten Kritikern der putschfreundlichen Haltung der höheren Beamten und der unentschlossenen Haltung des "Deutschen Beamtenbundes" ("ungewerkschaftliches und unsolidarisches Handeln"). Wiederwahl auf dem 6. Bundestag vom 13. bis 15. Mai 1920 in Berlin, der eine Organisationsreform beschloß (Zusammenlegung der gesamten Geschäftsführung in der Berliner Zentrale, regionale Organisation in Bezirksvereinen). Die junge Beamtengewerkschaft (1920 ca. 5.000 Mitglieder) sah sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit von drei Problemfelder konfrontiert: Besoldungsregelung bei laufender Geldentwertung, Mitbeteiligungsmöglichkeiten der Beamten (Rätegesetzregelung) und die Strafvollzugsreform, wobei sich der Vorsitzende als Mitglied der Kommission für Besoldungsreform der "Königsaufgabe" seiner Gewerkschaft widmete. Während des Kapp-Putsches Mitglied einer dreiköpfigen Aktionsgruppe der unteren Beamten, die von der legitimen Reichsregierung in Dresden Instruktionen für die kommenden Streikaktionen der Berliner Beamten erhielt. Thiele bemühte sich, den gewerkschaftlichen Konzentrationsprozeß unter den Justizbeamten voranzutreiben. Im Dezember 1920 Mitbegründer des "Justizbeamtenbundes", vom Anspruch her die Einheitsorganisation aller Justizbeamten, die auf "wirklich gewerkschaftlichem" Boden standen, wobei Thiele sein Mißtrauen gegen die höheren Beamtenorganisationen nicht verhehlte. Wiederwahl auf dem 7. Bundestag im Mai 1921; im gleichen Jahr Beförderung zum Strafanstaltsoberwachtmeister. Der Gewerkschaftsvorsitzende gehörte zu der vierköpfigen Gruppe, die am 3. Februar 1922 die "Reichsgewerkschaft Deutscher Eisenbahner" zum Streik aufforderte. Legte auf dem 8. Bundestag im April 1922 mit dem Wortlaut seiner Entschließung die Basis für den Austritt seiner Organisation aus dem "Deutschen Beamtenbund", den er als bloße Interessenvertretung der höheren Beamten auffaßte. Als Delegierter Mitinitiator des am 18. Juni 1922 in Leipzig gegründeten freigewerkschaftlichen "Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes" (ADB). Teilnehmer auf der 1. Bundesausschußtagung des ADB am 9. Februar 1923, auf der Tagung zum unbesoldeten Vorstandsmitglied der jungen Beamtenorganisation gewählt. Nach dem frühen Tod seiner Frau Johanna, die weitgehend die Organisationsarbeit der Gewerkschaft mitgetragen hatte, zeigte Thiele ab 1922 deutliche Zeichen der Resignation. Kurzfristige Wiederwahl auf dem 9. Bundestag vom 7. bis 9. Juni 1923 (1923: 8.315 Mitglieder), auf dem er vehement den Anschluß an die freigewerkschaftliche Beamtenbewegung gegen innerverbandliche Kritiker verteidigte. Unmittelbar nach dem Bundestag Rücktritt von seinem Amt wegen Differenzen um die Besetzung von Vorstandsposten. Spielte in der freigewerkschaftlichen Beamtenbewegung keine ersichtliche Rolle mehr. Lebte 1932 in Berlin-Pankow. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |