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TEILDOKUMENT:
Theek, Bruno (1891 - 1990)(1) Geboren am 20. Mai 1891 in Berlin Wedding als Sohn eines Metallarbeiters. Eltern und Verwandte ermöglichten unter großen finanziellen Entbehrungen den Besuch des Humbold-Gymnasiums in Berlin. Nach dem Abitur Studium der Medizin und der Theologie in der Hauptstadt. Als Student im Januar1915 eingezogen, vom Kriegsdienst bewahrte ihn eine schwere Erkältung. 1915 erstes theologisches Examen, im November 1915 vom Militär entlassen. 1917 zweite theologische Prüfung. Vikar in Treubrietzen, anschließend Pfarrer in brandenburgischen Dorfgemeinden. Arbeitete u.a. als Hilfsprediger in Neukölln und auf dem Gut Sauen (Kreis Beeskow). 1918-1920 Pfarrer in Nauen. 1911 Mitglied der SPD, 1917 USPD, kehrte 1922 zur SPD zurück. Verzichtete 1920 auf sein theologisches Amt und nahm eine Stelle in der kommunalpolitischen Sozialpflege an. Gehörte in seinem neuen Beruf zu einer Gruppe linkssozialistischer Fürsorger und Fürsorgerinnen aus allen drei großen Arbeiterparteien, die sich in einem lokalen Kreis "Gewerkschaft sozialistischer Fürsorger" sammelten. Die Gruppe strebte nach dem Kapp-Putsch eine Loslösung vom Deutschen Beamtenbund (DBB) an und war maßgeblich an der Gründung der "Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamten" (RDK) am 17. Juni 1922 in Leipzig beteiligt. (Am 18. Juni 1922 Gründung des freigewerkschaftlichen Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes (ADB) in Leipzig.) Die Gründung der RDK mußte von freigewerkschaftlicher Seite initiiert werden, weil keine Chance bestand, einen der bestehenden Kommunalbeamtenverbände des Deutschen Beamtenbundes für die freigewerkschaftliche Dachorganisation zu gewinnen. 1. ordentlicher Verbandstag der "Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamten" am 18. bis 19. November 1922 in Berlin. Wahl Theeks zum 1. Vorsitzenden. Anfang 1923 in den Vorstand des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes kooptiert. Um die schmale Basis der freigewerkschaftlichen Beamtenbewegung im kommunalen Bereich zu verbessern, reorganisierten die Verantwortlichen die "Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamten" künftig als Bund aller dem ADB angeschlossenen Beamtengewerkschaften in 5 gesonderte Verbandsgruppen. Theek stand künftig der "Reichsgewerkschaft Deutscher Kommunalbeamten. Verbandsgruppe 1" vor, die Verwaltungs-, Sozial- und Polizeibeamte sowie Betriebsbeamte (ohne Meisterprüfung) organisierte. Ende 1922 ca. 2.000 Mitglieder. Zu Theeks Kooperationspartner zählte der "Bund der technischen Angestellten und Beamten", Fachgruppe Gemeinde- und Kreisverwaltungen (Verbandsgruppe 2), der "Deutsche Werkmeisterverband", Fachgruppe Gemeindebetriebe (Verbandsgruppe 3), der "Verband Deutscher Berufsfeuerwehrmänner", Kommunale Berufsfeuerwehren (Verbandsgruppe 4) und der "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter", Beamtensektion (Verbandsgruppe 5). Theek redigierte bis Ende 1923 den "Kommunalbeamten", der am 15. Dezember 1922 mit der ersten Nummer erschien. Theek - dezidierter Marxist - gab dem Blatt eine linkssozialistische, pazifistische Note. Wiederwahl zum Vorsitzenden auf dem 2. Verbandstag vom 13. bis 14. September 1924 in Kassel, dem 3. Verbandstag vom 3. bis 5. September 1926 in Kassel, dem 4. Verbandstag vom 10. bis 13. Oktober in Gera und dem 5. Verbandstag vom 1. bis 4. Oktober 1930 in Mainz. 1924 scherten die organisierten Werkmeister und technischen Beamten aus dem freigewerkschaftlichen Beamtenbündnis aus. Der innergewerkschaftlichen Opposition, die einen Anschluß an den "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" anstrebte, erteilte Theek auf dem Verbandstag 1924 eine deutliche Absage. Theek stand für das Ideal einer rein kommunalen Beamtenorganisation und lehnte - trotz Bekenntnissen zum gleichen "Klassenstandpunkt" - gemischte Verbände prinzipiell ab. Teilnehmer auf dem 1. Bundeskongreß des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes vom 12. bis 14. Januar 1925 in Berlin. Theeks mangelnde Kooperationsbereitschaft führte letztlich zur eigenen Kommunal- und Angestelltenorganisation des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" am 5. September 1926 ("Reichsbund der Beamten und Angestellten in den öffentlichen Betrieben und Verwaltungen".) Der Vorsitzende der Kommunalbeamtengewerkschaft sah sich durch seine aggressive Mitgliederwerbung immer wieder scharfer Kritik anderer freigewerkschaftlicher Organisationen ausgesetzt. Einen Höhepunkt der zwischenverbandlichen Auseinandersetzungen bildete ein Vorfall unter den freigewerkschaftlichen Berufsfeuerwehrmännern in Berlin im Jahr 1928, als Theeks Organisation einer kommunistisch-deutschnationalen Absplitterung von ca. 1.000 Mitgliedern organisatorische Heimstatt bot und diese Politik offensiv verteidigte. Neben den zentralen, programmatischen Forderungen seiner Gewerkschaft (neuzeitliches Beamtenrecht, Neuordnung des Disziplinarrechts, Verabschiedung eines Beamtenvertretungsgesetzes, Einbeziehung der Kommunalbeamten in die Unfallfürsorge, einheitliche Krankenfürsorge für alle Beamten) machte sich Theek zum Sprachrohr einer radikalen Reform der kommunalen Selbstverwaltung. Nur in einer umfassenden Verwaltungsreform sah er die Chance, die unheilvolle Macht der antirepublikanischen Bürokratie zu brechen. 1930 musterte Theek ca. 15.400 Mitglieder, d.h. 8% der in Frage kommenden Beschäftigten besaßen ein RDK-Mitgliedsbuch. Spätestens 1930 geriet Theek unter den Druck der eigenen Mitgliedschaft. Der Kurs einer eigenständigen Kommunalbeamtenorganisation fand angesichts der Gründung des übermächtigen "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" immer weniger Anhänger.
Auf dem 3. Bundeskongreß des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes vom 18. bis 20. September 1930 in München kritisierte das aktive SPD-Mitglied dennoch die Wahlaussage des ADB zugunsten der Sozialdemokratie, eine Kritik, die der 5. Verbandstag wenige Monate später einstimmig mißbilligte. Trat auf einer Sitzung des Verbandsvorstandes und des Verbandsausschusses am 15. Februar 1931 in Berlin von seinem Amt zurück. Neben der gewerkschaftlichen Arbeit engagierte kommunalpolitische Arbeit innerhalb der SPD und auf literarischem Gebiet. 1925-1931 Bezirksverordneter für die SPD in Berlin-Friedrichshain; zeitweise auch Dezernent bzw. besoldeter Stadtrat beim Berliner Magistrat. Veröffentlichte 1929 die aufrüttelnde Sozialreportage "S.O.S. - Jugend am Kreuz". Mitarbeiter der "Weltbühne". Legte 1930/31 alle politischen Ämter wegen schwerer Erkrankung nieder. Heilkuren im Ausland und ausgedehnte Reisen als "Tramp". Rückkehr nach Deutschland; nahm eine Pfarrstelle in Krakow an. Hielt engen Kontakt zu antifaschistischen Gruppen und wurde von 1941-1945 im KZ Dachau inhaftiert. 1945 Bürgermeister und bis 1965 Pfarrer der Stadtkirche in Ludwigslust, Lehrbeauftragter an der Universität Rostock (1948-1953), wirkte im Kulturbund und in der Nationalen Front sowie als Mitherausgeber der evangelischen Monatsschrift "Standpunkt". 1961 erschien seine Autobiografie "Keller, Kanzel und Kaschott". Mitbegründer des Kulturbundes in Mecklenburg, Mitglied des Zentralvorstandes der VVN; Ende der 50er Jahre Mitbegründer des Bundes evangelischer Pfarrer in der DDR, Mitglied des Friedensrates der DDR. Bruno Theek starb am 22. März 1990 in Ludwigslust.
Fußnote:
1Der Artikel wurde im August 2005 - nach Eingang ergänzender Hinweise von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand - aktualisiert.
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