FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:




Bollack, Richard (1885 - 1958)

Geboren am 12. Januar 1885 in Biberteich (Kreis Weststernberg), verheiratet, evangelisch. Trat vor dem I. Weltkrieg als Militäranwärter in den mittleren Justizdienst des preußischen Staates ein. Mitglied des "Verbandes der preußischen Justizkanzleibeamten (Militäranwärter)", dessen Wurzeln bis ins Jahr 1878 reichten. In dem Beamtenverein sammelten sich ehemalige, längerdienende Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrade, die einen Anspruch auf Zivilversorgung erworben hatten. Am 4. Dezember 1918 trat Bollack mit seiner Justizbeamtenorganisation dem "Deutschen Beamtenbund" auf "gewerkschaftlicher Grundlage" bei. Delegierter des Vereinigungstages am 12. Oktober 1919 in Berlin, der den langangestrebten Zusammenschluß des "Verbandes der preußischen Justizkanzleibeamten (Zivilanwärter)" mit dem "Verband der preußischen Justizkanzleibeamten (Militäranwärter)" brachte. Wahl als Beisitzer in den Vorstand des vereinten "Verbandes der mittleren Justizbeamten im Kanzleidienst (Sitz Berlin)".

Bollack ging als Vorstandsmitglied alle gewerkschaftlichen Schritte seiner Organisation mit, er unterstützte die Umbenennung der Organisation auf der 3. ordentlichen Hauptversammlung am 17. bis 19. Juni 1921 in "Verband der Justiz-Bürobeamten und deren Anwärter Preußens (Sitz Berlin)", um die Beamtengewerkschaft für Justizsekretäre offen zu halten, plädierte 1921 für das Streikrecht der Beamten als Notwehrmaßnahme und votierte auf der 4. ordentlichen Hauptversammlung vom 12. bis 13. Juni 1922 in Köln gegen einen Verbleib im "Deutschen Beamtenbund". Der Sozialdemokrat Bollack unterstützte auf der Gründungsversammlung des "Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes" am 18. Juni 1922 in Leipzig nachdrücklich den Anschluß seiner Organisation an den freigewerkschaftlichen Dachverband. Die Ausdehnung der Organisation am 1. Dezember 1922 auf das Reich ("Reichsverband der Justizbürobeamten") ließ ihn kurzfristig als preußisches Vorstandsmitglied interimistisch in den Vorstand des Reichsverbandes aufsteigen. Verzichtete auf eine Wiederwahl auf dem 1. ordentlichen Verbandstag des Reichsverbandes im April 1923 (7.676 Mitglieder in Preußen, 1.200 Mitglieder im übrigen Reich). In der Beamtengewerkschaft war es zwischenzeitlich zu innerverbandlichen Zwistigkeiten gekommen. Durch die unzureichende Besoldungs- und Personalreform des Jahres 1920 waren die Militäranwärter stark benachteiligt worden (Anerkennung der Dienstjahre), was innerhalb der Gewerkschaft Absplitterungstendenzen begünstigte. Unmut entlud sich gegen den amtierenden Vorsitzenden Wilhelm Linke, dem man vorwarf, die Herabstufung der Militäranwärter als "mittlere Beamte" zu den "gehobenen Unterbeamten" nicht energisch genug bekämpft zu haben. Auf dem 2. ordentlichen Verbandstag stellte eine innergewerkschaftliche Opposition bei der Wahl des neuen Vorsitzenden Richard Bollack als Gegenkandidaten auf. Bollack unterlag mit 107 : 280 Delegiertenstimmen. Mit Linke verteidigte Bollack allerdings den Anschluß an den "Allgemeinen Deutschen Beamtenbund". Auf einer außerordentlichen Verbandstagung vom 4. bis 5. Oktober 1925 bekam Linke indes das Mißtrauen ausgesprochen, mit 256 : 81 Stimmen wurde Bollack zum neuen Vorsitzenden der Justizgewerkschaft der mittleren Beamten gewählt.

Anträge auf Austritt aus dem ADB konnte Bollack künftig abwehren, mußte allerdings die Absplitterung von ca. 1.000 Mitgliedern hin zum "Verband der zivilberechtigten mittleren Justizbeamten und deren Anwärter" (und dessen Anschluß an die christliche Gewerkschaftsbewegung) hinnehmen. 1925 nach erfolgreich abgelegter Prüfung Beförderung zum Kanzleisekretär. Auf dem 7. ordentlichen Verbandstag im Juni 1926 [neue Zählung] machte Bollack seine Wiederwahl von einer deutlichen Erhöhung der Mitgliedsbeiträge abhängig, um nicht hinter der modernen Gewerkschaftsbewegung bei Unterstützungsleistungen hinterher zu hinken. Gleichzeitig wurde die Organisation für Frauen geöffnet. Die preußische Besoldungsreform des Jahres 1926, die viele Laufbahnwünsche der mittleren Justizbeamten erfüllte, stärkte Bollacks Stellung in der Organisation und seine Orientierung auf die freigewerkschaftliche Beamtenbewegung (1927 ca. 7.000 Mitglieder). 1927 Beförderung zum Justizobersekretär. Wiederwahl auf allen Verbandstagen bis 1932 (11. ordentlicher Verbandstag). Ab [1928] halbtägige Befreiung durch das Preußische Justizministerium und halbtägige Beurlaubung von seiner Dienststelle (Amtsgericht Charlottenburg).

Übernahm ab 1. März 1930 die Schriftleitung des "Justizbürobeamten. Zeitschrift des Reichsverbandes der Justizbürobeamten und deren Anwärter", die er betont fachlich redigierte. Bollack trug damit der Stimmung vieler Wähler bürgerlicher Parteien in seiner Organisation Rechnung. Gleichwohl war nicht zu übersehen, daß er "Lobby-Politik" ausschließlich mit sozialdemokratischen Abgeordneten im Preußischen Landtag betrieb. Delegierter auf dem 3. Bundeskongreß des "Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes" vom 28. bis 30. September 1930 in München (auf dem Kongreß Mitglied der Besoldungskommission). 1933 von seinem Vorstandsposten abgesetzt, [1934] aus dem Justizdienst ausgeschieden. Verdiente seinen Lebensunterhalt (über das Kriegsende hinaus) als Steuerberater und Grundstücksverwalter. Richard Bollack starb am 18. Februar 1958 in Berlin.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

Previous Page TOC Next Page