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TEILDOKUMENT:
Altvater, Karl (1868 - 1942) Geboren am 29. Dezember 1868 im Mainhardt (Württemberg), verheiratet, gelernter Maurer. 1885 Mitglied eines lokalen Maurerfachvereins, seit 1891 Mitglied des "Zentralverbandes der Maurer Deutschlands", Eintritt in die SPD 1887. Von 1893 bis 1902 Maurer beim Tiefbauamt der Stadt Stuttgart. Am 15 März 1898 wurde unter Mithilfe Theodor Leiparts in Stuttgart eine lokale Fachorganisation der Gemeindearbeiter auf freigewerkschaftlicher Grundlage ins Leben gerufen: der "Verein der städtischen Arbeiter Stuttgarts". Beitritt Altvaters zur Lokalorganisation am 19. März 1898; übernahm sofort Leitungsfunktionen innerhalb des achtköpfigen provisorischen Ausschusses (Ende 1898: 192 Mitglieder). Im Mai 1899 nahm der Verbandsvorsitzende des "Verbandes der in Gemeinde- und Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten", Bruno Poersch, auf seiner süddeutschen Agitationstour erste Kontakte zu Altvater auf, um den Anschluß der Stuttgarter Lokalorganisation zu besprechen. Altvater war einer Zentralisation nicht abgeneigt, konnte sich allerdings in der württembergischen Region nicht durchsetzen. Am 18. Februar 1900 beschloß eine Gemeindearbeiterkonferenz in Cannstatt eine lose Zentralisation der Ortsgruppen Stuttgart, Cannstatt und Esslingen unter dem Namen "Freie Vereinigung der städtischen Arbeiter Württembergs" und wählte Altvater zum 1. Vorsitzenden. Die Gründungskonferenz lehnte einen Anschluß an die nationale Gemeindearbeitergewerkschaft entschieden ab. Eine Landeskonferenz am 9. November 1900 folgte jedoch den Vorschlägen Altvaters und billigte einen Kartellvertrag zum 1. Januar 1901 mit dem "Verband der in Gemeindebetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten", der u.a. den obligatorischen Bezug der "Gewerkschaft" vorsah. Keine neue Mehrheitsbildung in der Beschlußfrage auf der 3. Landeskonferenz der "Freien Vereinigung der städtischen Arbeiter Württembergs" am 15. September 1901. Altvater wurde im Anschluß an die Konferenz statuarisch von der Stuttgarter Ortsgruppe erneut zum Vorsitzenden gewählt. Eine außerordentliche Landeskonferenz am 9. März 1902 nannte die Organisation in "Verband der städtischen Arbeiter Württembergs" um. Anläßlich des 4. Kongresses der Gewerkschaften Deutschlands vom 16. bis 21. Juni 1902 in Stuttgart unterbreitete Bruno Poersch Altvater ein abschließendes Verschmelzungsangebot: In Stuttgart sollte ein "Süddeutsches Sekretariat" (mit Altvater an der Spitze) eingerichtet werden, dessen Wirkungskreis sich auf sämtliche süddeutschen Filialen erstrecken sollte. Altvater, der die niedrigen württembergischen Beiträge stets als Manko für die Durchsetzung gewerkschaftlicher Interessen angesehen hatte, setzte den Vorschlag auf einem außerordentlichen Verbandstag am 9. November 1902 durch. Verschmelzung der württembergischen Regionalorganisation zum 1. November 1903 mit 605 Mitgliedern, gleichzeitig Anstellung Altvaters zum Gauleiter. Bis 1906 Gründung wichtiger Filialen in Straßburg, Mainz, Schweinfurt, München, Frankfurt am Main, Heidelberg, München. 1903 Wahl Altvaters zum Vorsitzenden der Stuttgarter Filiale, die mit der Filiale Stuttgart-Gaisburg der (zentral organisierten) Gasarbeiter beträchtlichen Zuwachs bekommen hatte. 1904 Rücktritt vom Vorsitz der Stuttgarter Filiale wegen Arbeitsüberlastung. Altvater war 1906 an der Gründung weiterer Gaubüros in Süddeutschland maßgeblich beteiligt. Lehnte 1906 auf dem 4. Verbandstag vom 27. Mai bis 1. Juni 1906 in Mainz als "Schwabe" jedes Vorstandsmandat in Berlin prinzipiell ab. Er war im Arbeiterkulturmilieu seiner Heimatstadt fest verankert, u.a. langjähriges Mitglied im "Freien Volkschor Stuttgart". Teilnehmer am Kongreß der Sozialistischen Internationale in Stuttgart vom 18. bis 24. August 1907, anschließend Gastgeber und Delegierter der 1. internationalen Konferenz der "Arbeiter öffentlicher Betriebe" in Stuttgart vom 25. bis 27. August 1907. Erneut Delegierter auf der 2. internationalen Konferenz vom 4. bis 6. September 1910 in Kopenhagen. 1907 bis 1913 Wahl in den Bürgerausschuß der Stadt Stuttgart (SPD stellte 8 von 32 Mandate), gleichzeitig Agitationsleiter der SPD für das Oberamt Weinsberg. 1909 gelang es Altvater nach intensiver Agitation, Teile des "Verbandes der Württembergischen Post- und Telegraphen-Unterbeamten" zur Organisation herüberzuziehen, damit wurde in Deutschland eine entscheidende Bresche bei der Rekrutierung von Beamten in freigewerkschaftlichen Arbeiterorganisationen geschaffen. Der 6. Verbandstag des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" vom 2. bis 8. Juni 1912 in München würdigte Karl Altvaters Verdienst und die aktive Rolle der Stuttgarter Gemeindearbeiter, indem der Verbandsausschuß in die schwäbische Metropole verlegt wurde. Während des Weltkrieges übernahm Altvater erneut Funktionen in der Stuttgarter Filiale, die durch Kriegsrekrutierung stark betroffen war: 1916 Wahl zum Stuttgarter Ortskassierer. Nach der Novemberrevolution 1922 Wahl in den neugeschaffenen Verbandsbeirat, 1925 Wiederwahl. Seit 1903 Teilnehmer als Gauleiter auf allen Kongressen des "Verbandes der in Gemeindebetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten" (seit 1906: "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter"). Als Gauleiter mit der längsten Amtszeit nahm er an fast allen Konferenzen und Kongressen der Fach- und Berufsgruppen der Organisation teil und stand bei Tariffragen helfend zur Seite. Von der 2. Reichskonferenz der Reichs- und Staatsarbeiter vom 24. bis 25. April 1926 in Hannover als Mitglied der Tarifkommission für Reichs- und Wasserbauarbeiter gewählt. Teilnehmer am 1. Verbandstag des "Gesamtverbandes der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" im Oktober 1929. Altvater schätzte sich selbst als "hart", "knorrig", "unbeugsam" und "eigensinnig" ein. Verbandsdisziplin ging ihm über alles. Verurteilte 1907 nachdrücklich den Rücktritt Bruno Poerschs vom Amt des Gewerkschaftsvorsitzenden. Teilnehmer an den Kongressen der Freien Gewerkschaften 1905 in Köln, 1911 in Dresden, 1919 in Nürnberg und 1922 in Leipzig. Nahm das Gauleitermandat auch im neuen "Gesamtverband" wahr. Im Juni 1933 von den Nationalsozialisten entlassen. Altvater, seit dem 12. November 1892 verheiratet (Vater von acht Kindern), starb am 7. November 1942 in Stuttgart. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |