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TEILDOKUMENT:
Alboldt, Karl (Carl) (1862 - ) Geboren am 2. April 1862 in Eberswalde als Sohn eines Schleifergesellen, protestantisch. Besuchte die Volksschule in Eberswalde. Verzog [um 1890] nach Berlin. Arbeitete zunächst in der Reichshauptstadt als Arbeiter, später als Hausdiener. Trat am 1. April 1885 dem "Verein Berliner Hausdiener" bei, der ersten bedeutenden Lokalorganisation von ungelernten Handelshilfsarbeitern (Gründungsdatum: 20. September 1883). Vom Berliner Verein spaltete sich am 7. Juli 1886 der "Unterstützungsbund der Hausdiener Berlins" ab, dessen Mitglieder sich nicht mehr in einem reinen Geselligkeits- und Unterstützungsverein aufgehoben fühlten. Wahl Alboldts zum Kassierer des Unterstützungsbundes am 6. Oktober 1891. Zum 1. Januar 1892 fusionierte der "Unterstützungsbund der Hausdiener" mit dem "Zentralverein der Haus- und Geschäftsdiener" zum "Verband der Geschäftsdiener, Packer und Berufsgenossen", einer freigewerkschaftlich orientierten Lokalorganisation. Auf der Gründungsversammlung am 29. Januar 1892 als Vertreter des Bezirks Südost in den Vorstand berufen. 1893 Wahl Alboldts zum Vertrauensmann aller im Berliner Handel beschäftigten Hilfsarbeiter (Hausdiener, Packer, Markthelfer). Repräsentierte 13 Berufsvereine mit ca. 3.500 Mitgliedern. Teilnehmer des Berufskongresses am 11. September 1893 in Berlin, an dem Arbeiter aus dem Handels- und Transportgewerbe teilnahmen. Bekenntnis der Delegierten zum Prinzip der lokalen Organisationsform wegen der "Eigentümlichkeit des Berufes". Wahl Alboldts in die paritätisch besetzte Agitationskommission aus gelernten und ungelernten Handelsangestellten. Der Standesdünkel der Handlungsgehilfen verhinderte indes ein gleichberechtigtes Zusammenarbeiten. Trennung der Agitationskommission zum 1. April 1893. Als "Agitationskommission der Hausdiener Deutschlands" bildeten Karl Alboldt und Carl Kaßler den Kristallisationskern neuer gewerkschaftlicher Organisationsversuche (neues Verbandsblatt ab 1. April 1893: "Correspondenzblatt des Verbandes der Geschäftsdiener, Packer und Berufsgenossen"). Trat im Februar 1894 von seinem Amt als Berliner Vertrauensmann zurück. Als Vorsitzender der Agitationskommission für die Haus- und Geschäftsdiener berief er den ersten Berufskongreß aller im Handelsgewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter ein, der in der Zeit vom 13. bis zum 15. Mai 1894 in Halle stattfand. Hier, wo sich die Mehrheit der Delegierten für eine Beibehaltung der lokalistischen Organisationsform (aber auch für die Anerkennung der Generalkommission der Gewerkschaften) aussprach, wurde die Kommission von zwei auf drei Personen erweitert. Der Berufskongreß präzisierte auch deren Zweck, der zunächst darin bestehen sollte, Deutschland in Agitationsbezirke einzuteilen und ihre Leitung jeweils einem geeigneten Verbandsmitglied zu übertragen. Über die Tätigkeit dieser Bezirksleiter hatte die Agitationskommission regelmäßig im offiziellen Publikationsorgan der Handelshilfsarbeiter zu berichten. Des weiteren wurde die Kommission verpflichtet, dafür zu sorgen, daß an allen Orten, wo Berufskollegen tätig waren, Vertrauensmänner gewählt wurden. Nachdem die in Halle versammelten Delegierten eine entsprechende Resolution angenommen hatten, bestätigten sie Karl Alboldt in seinem Amt als Komissionsvorsitzender. Seine Karriere als Gewerkschaftsfunktionär erreichte auf dem 2. Berufskongreß, der vom 24. bis 26. Mai 1896 in Halberstadt abgehalten wurde, ihren Höhepunkt. Der Kongreß beschloß nämlich, die Aufgaben der Agitationskommission einem Vertrauensmann für ganz Deutschland zu übertragen, und wählte Karl Alboldt in dieses Amt. Bei zwei Gegenkandidaten (darunter Oswald Schumann) konnte er allerdings nur eine relative Mehrheit der Delegiertenstimmen auf sich vereinigen. Überdies wurde er in die Funktion eines Bezirksleiters für Berlin, Brandenburg, Pommern, Lausitz und Altmark berufen. Daneben zeichnete er als Verleger für den "Handels-Hilfsarbeiter" verantwortlich. Karl Alboldt galt als überzeugter "Lokalist". In den folgenden Jahren spielte er im Meinungskampf zwischen lokal- und zentralorganisierten Handelshilfsarbeitern eine führende Rolle. Er bekämpfte im Verbandsblatt massiv die Bemühungen einer Gruppe um Oswald Schumann, Johann Dreher, Carl Kaßler, Friedrich Himpel und anderen Funktionären, zu Weihnachten 1896 den "Zentralverband der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands" ins Leben zu rufen. Wiederwahl zum Vertrauensmann auf dem Kongreß der lokalorganisierten Handelshilfsarbeiter in Leipzig am 28. Februar 1897, auf dem Alboldt Angriffe "wegen seines schroffen Auftretens" gegenüber den Zentralisten zurückwies. In dem Maße, wie die Zentralorganisation reichsweit an Ansehen und Mitgliedern gewann, trat auch Alboldt für eine Zentralisation ein, so auf der außerordentlichen Generalversammlung des Berliner Verbandes vom 4. Oktober 1898. Wenige Wochen später am 11. Dezember, fand in Berlin unter der Ägide der Generalkommission eine Konferenz statt, auf der sich die Vertreter beider Richtungen dahingehend einigten, zu Ostern 1899 einen allgemeinen Handelshilfsarbeiterkongreß abzuhalten. Allerdings scheiterte dieser erste Einigungsversuch. Daraufhin legte Karl Alboldt am 30. April sein Amt als Vertrauensmann nieder. Ein Jahr danach, am 17. April 1900, beschlossen die lokal organisierten Handelshilfsarbeiter auf ihrer Braunschweiger Konferenz, die organisatorische Einheit der Bewegung herzustellen und zum bestehenden Zentralverband überzutreten. Wenn auch Alboldt dem Kongreß nur als Gast beiwohnte, so spielte er doch während der Einigungsverhandlungen eine Schlüsselrolle. Er war es, der die alte Feindschaft mit Oswald Schumann, dem Vorsitzenden und Verhandlungsführer des Zentralverbandes überwandt und die langwierigen Verhandlungen zu einem guten Ende führte. Ohne sein persönliches Engagement wäre wohl auch der zweite Einigungsversuch gescheitert. Am 12. Juni 1900 wurde Alboldt zum 2. Vorsitzenden des "Zentralverbandes der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands" gewählt, nachdem er schon zuvor der Geschäftskommission angehört hatte, von der die Vereinigung agitatorisch vorbereitet worden war. Daneben fungierte er als Kassierer der Liquidationskommission, die das Vermögen der Lokalorganisation in den Bestand des Einheitsverbandes überführen sollte. Der Vereinigungsprozeß verlief nicht reibungslos. Im Sommer 1901 wurde Alboldt von der Vorstandsmehrheit zeitweise von den Vorstandssitzungen ausgeschlossen, weil er die Gelder der Liquidationskommission noch immer nicht der Verbandskasse zugeführt hatte. Tatsächlich verzögerte er die Ablieferung der Mittel, weil er den Hauptvorstand veranlassen wollte, gewisse Animositäten gegenüber einstigen Lokalisten aufzugeben. Alboldt trat mehrfach als Redner auf den Generalversammlungen des 3. Berliner Reichstagswahlkreises auf. Hatte zeitweise untergeordnete Parteiämter inne. So gehörte er von 1901 bis zum 7. Oktober 1902 der Preßkommission an, außerdem war er 1906 Mitglied der sogenannten Neunerkommission des "Vorwärts", eines Ausschusses, der vor allem über Forderungen und Beschwerden des Personals gegenüber der Geschäftsleitung zu befinden hatte. Hingegen oblag es der Preßkommission, die prinzipielle und taktische Haltung des Zentralorgans zu kontrollieren; zugleich entschied sie über alle wichtigen Angelegenheiten, vornehmlich über Anstellungen und Entlassungen von Redakteuren sowie Expedienten. Delegierter auf dem SPD-Parteitag 1896 in Gotha und dem Sozialdemokratischen Preußentag im Januar 1907 in Berlin. Ende 1904/Anfang 1905 erkrankte er sehr schwer. Infolgedessen nominierten ihn die Delegierten des 4. Verbandstages, der vom 8. bis 13. Mai 1905 in Frankfurt am Main abgehalten wurde, nicht mehr für das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden. Allerdings sollte Alboldt am 6. Juli desselben Jahres zum Beisitzer im Hauptvorstand gewählt werden, nachdem sich vor allem Oswald Schumann hierfür nachdrücklich eingesetzt hatte. Ein weiteres Beisitzeramt wurde ihm am 21. Oktober 1906 übertragen, und zwar das eines Arbeitnehmers im Berliner Gewerbegericht. Die Funktion eines Beisitzers im Hauptvorstand übte Karl Alboldt bis zum 12. Juni 1909 aus. In diese Zeit fiel auch sein Umzug von Berlin nach Lichtenberg, wo er als Bürobeamter tätig war. Zog sich fast völlig aus dem öffentlichen Gewerkschafts- und Parteileben zurück. Als Gast auf den Verbandstagen des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" und des "Deutschen Verkehrsbundes" in der Weimarer Republik mehrfach hoch geehrt. Karl Alboldts Lebensspur verliert sich Anfang der vierziger Jahre in Berlin-Lichtenberg. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |