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TEILDOKUMENT:
1913 Sechs Konzerne: Gelsenkirchener Bergwerks AG, Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten-AG, Phönix AG für Bergbau- und Hüttenbetrieb, Krupp, Thyssen und Vereinigte Burbach kontrollieren 45 Prozent der schweren Stahlwerksproduktion im Stahlwerksverband, 25 Prozent der Produktion im Roheisensyndikat und 22 Prozent der Gesamtquote des Rheinisch-westfälischen Kohlensyndikats. Seit 1890 steigen die durchschnittlichen Löhne der Arbeitnehmer in Industrie, Handel und Verkehr um rund ein Drittel.
Für 40,7% der tarifgebundenen Arbeiter gilt eine Arbeitszeit von 54 und weniger Stunden. Während die Industrien der Steine und Erden, der Bauwirtschaft und die Verkehrsgewerbe noch Arbeitszeiten von über 58 Stunden haben, fallen sie in der Maschinen-, Leder- und Holzindustrie und in den Graphischen Gewerben kaum mehr ins Gewicht. Die absolut längsten Arbeitszeiten sind im Verkehrsgewerbe festzustellen - für 76,5% der tarifgebundenen Personen mehr als 58 Stunden, dabei für 21,1% sogar mehr als 64 Stunden -, die kürzesten in der Leder- und Holzindustrie - für 28,8% bzw. 37,4% 52 Stunden und darunter - und im Baugewerbe für 78% unter 48 Stunden. Arbeitszeiten von 48 Stunden gelten erst für 2-3% aller tarifgebundenen Personen. Nur im Handelsgewerbe für 10,6% und für das Baugewerbe im Winter 87,9% gilt der Achtstundentag.
Zwischen 1892 und diesem Jahr treten 2,1 Millionen Arbeiter dem Metallarbeiterverband bei, im gleichen Zeitraum verlassen 1,6 Millionen einmal oder mehrfach den Verband. Die Quote der Mitglieder, die den Verband noch im Jahr ihres Eintritts wieder verlassen, schwankt zwischen 1904 und 1913 zwischen 27% und 35%.
Die Fluktuation der Gewerkschaftsmitglieder liegt in den Verbänden noch zwischen 40 und 70%.
1. Januar 1913 Das internationale Sekretariat der gewerkschaftlichen Landeszentralen gibt eine in deutscher und englischer Sprache erscheinende "Korrespondenz" heraus. 13./18. Januar 1913 Der erste Verbandstag des Bauarbeiterverbandes in Jena wählt Friedrich Paeplow als Nachfolger von Th. Bömelburg zum ersten Vorsitzenden und August Winnig zum Leiter der literarisch-statistischen Abteilung. 8. Februar 1913 Durch einen Schiedsspruch wird für die Holzindustrie ein neuer - fünfjähriger - Tarifvertrag vereinbart. Es werden klassifizierte Arbeitszeitverkürzungen - nach Ortsgrößen verschieden - festgelegt. So gilt für Berlin ab 1. Juli 1915 die 50-Stunden-Woche, für Leipzig und Dresden die 51-Stunden-Woche, in kleineren Orten einigt man sich auf die 55-Stunden-Woche.
5. März / Mitte Mai 1913 Die Arbeitgeber des Malergewerbes beginnen in Hamburg mit einer Aussperrung, die sie in den folgenden Tagen auf das übrige Reichsgebiet ausdehnen. Sie reagieren auf einen Schiedsspruch, dem der Malerverband trotz Bedenken bereits zugestimmt hatte.
9./15. März 1913 Der Verbandstag der Steinsetzer in Berlin stimmt im Prinzip einem Reichstarifvertrag und dem darin enthaltenen Einigungszwang der Tarifparteien zu. 22./23. März 1913 Ein von den Verbänden der Bergarbeiter, der Fabrikarbeiter und der Heizer und Maschinisten einberufener Kongreß der Kaliarbeiter in Hannover protestiert gegen die gemeingefährliche Weiterentwicklung der Zustände in der Kaliindustrie.
29. März 1913 Die Reichsregierung beabsichtigt die Präsenzstärke des Heeres wesentlich zu erhöhen. Die Mehrausgaben sollen durch eine einmalige Ausgabe von rund 1 Milliarde Mark durch einen außerordentlichen Wehrbeitrag gedeckt werden, zu dem alle Vermögen über 10.000 Mark herangezogen werden sollen. Die Wehrvorlage sieht die größte Vermehrung des Heeres seit Bestehen des Deutschen Reiches vor. 5. April 1913 Die "Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände" wird gegründet, das heißt die "Hauptstelle deutscher Arbeitgeberverbände" und der "Verein Deutscher Arbeitgeberverbände" vereinigen sich. Sie hatten bereits seit längerer Zeit eng zusammengearbeitet. Ihr gehören 56.664 Unternehmer an, in deren Betrieben 2.392.789 Arbeiter beschäftigt werden. 6. April 1913 In vielen Teilen Deutschlands finden Protestversammlungen gegen die Heeres- und Deckungsvorlage statt. 17. April 1913 Im Reichstag beginnt die erste Lesung der neuen seit 1871 größten Militärvorlage, die für die drei kommenden Jahre beträchtliche Mehrausgaben vorsieht. Zum ersten Male sollen die Ausgaben nicht nur durch eine Erhöhung der indirekten Steuern, sondern durch einen einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrag vom Vermögensbesitz über 10.000 Mark und durch eine fortlaufende Vermögenszuwachssteuer aufgebracht werden. 27./30. April 1913 Der Verbandstag des Centralverbandes der Fleischer in Dresden stellt fest, daß auf Grund der Fleischteuerung tausende Fleischermeister ihre selbständige Existenz aufgeben müssen und um Löhne zu sparen, die Lehrlingszüchterei noch weiter ausgedehnt wird.
27. April / 2. Mai 1913 Der Verbandstag der Bergarbeiter in Hannover kritisiert scharf das Verhalten des christlichen Bergarbeitervereins und fordert den eigenen Vorstand auf, erst dann mit dem christlichen Gewerkverein wieder gemeinsame Lohnbewegungen durchzuführen, wenn er durch Tatsachen beweist, daß er es ernst meint, und im Bedarfsfall auch vor Streiks nicht zurückschreckt.
3. Mai 1913 Die am Bauarbeiterschutz interessierten Gewerkschaften beteiligen sich mit einem eigenen Pavillon an der Internationalen Baufachausstellung in Leipzig, in dem alle Zweige des Bauarbeiterschutzes gezeigt und vorgeführt werden. 11. Mai 1913 Schweizerische Volksvertreter verschiedener Parteirichtungen haben zu einer "Verständigungskonferenz" Parlamentarier aller Parteien aus Deutschland und Frankreich nach Bern eingeladen. Während aus Frankreich auch 83 Parlamentarier erscheinen, die nichtsozialistischen Parteien angehören, sind aus Deutschland nur sechs gekommen. Die SPD ist durch 24 Abgeordnete vertreten.
16. Mai und 3. Juni 1913 Bei den Urwahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus steigt der Stimmenanteil der SPD auf 28,83% und 10 Mandate, während die zweitstärkste Partei, das Zentrum, nur auf 16,53% kommt, dafür aber 103 Abgeordnete erhält, die Deutschkonservativen mit 14,75% sogar 147. Juni 1913 Auf einer Versammlung in Berlin fordert L. Frank den Massenstreik. Wenn alle Bitten um eine Änderung des Wahlrechts umsonst seien, dann sei der Tag des Massenstreiks gekommen. Erneut lebt darauf die Massenstreikdiskussion wieder auf, zumal in Belgien im April ein Massenstreik zur Reform des Wahlrechts durchgeführt worden war. 1./5. Juni 1913 Die Generalversammlung des Centralverbandes der Bäcker, Konditoren und verwandten Berufsgenossen in Frankfurt a. Main verpflichtet die Mitglieder, nach Möglichkeit auf Zuwendungen aus Wohlfahrtseinrichtungen der Unternehmer - "als der Ehre und den wirklichen Interessen der Arbeiterschaft zuwiderlaufend" - zu verzichten.
16./21. Juni 1913 Die Generalversammlung des Metallarbeiterverbandes in Breslau beschließt für die Angestellten des Verbandes eine neue sehr differenzierte Gehaltsskala und Urlaubsregelung. So erhalten die Angestellten nach 20jähriger Dienstzeit pro Jahr 4 Wochen Urlaub.
16./22. Juni 1913 Die Generalversammlung des Verbandes der Buchdrucker in Danzig beschließt - nachdem es häufig zwischen der Verbandsleitung und den einzelnen Sparten zu Konflikten über Möglichkeiten und Grenzen ihrer Betätigung innerhalb der Organisation gekommen war -, daß die Vorsitzenden der Sparten mit beratender Stimme zu den gemeinsamen Sitzungen von Verbandsvorstand und Gauvorstehern hinzugezogen werden.
20. Juni 1913 Nachdem der Reichstag die Reichsregierung aufgefordert hat, künftig Staatsaufträge nur an solche Firmen zu vergeben, die den Arbeitern das Koalitionsrecht "unangetastet" lassen, warnt die Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände den Reichskanzler vor jeder Beschränkung des Unternehmers "in der Freiheit der Auswahl der zu beschäftigenden Personen und in der Freiheit der Entlassung seiner Arbeiter". Nicht zuletzt unter dem Eindruck dieses Protests verzichtet die Reichsleitung auf eine Erweiterung der Submissionsbedingungen, denn der Staat kann nach Ansicht des Reichsamts des Innern nicht die für ihn arbeitenden Unternehmer zwingen, einen anderen Maßstab der guten Sitten zu beachten, als ihn die Gesetze und Gerichte vorschreiben. Sommer 1913 Beginn einer Wirtschaftskrise, die sich bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges hinzieht.
24./26. Juni 1913 Auf der internationalen Konferenz der Buchbinderverbände in Brüssel wird festgestellt, daß in allen Ländern die Frauenarbeit im Buchbindergewerbe verbreitet ist und von den Unternehmern dazu benutzt wird, die Löhne der männlichen Arbeiter zu drücken. Dieser schädlichen Tendenz könne nicht anders als durch eine Abgrenzung der Männer- und Frauenarbeit begegnet werden. Mit dem Schlagwort: "Für gleiche Arbeit gleicher Lohn!" komme man nicht weit; denn es sei ganz ausgeschlossen, in bezug auf Zeitlöhne, selbst bei gleichen Arbeiten, dieselben Löhne für Männer und Frauen in absehbarer Zeit durchzusetzen. Damit sei aber den Unternehmern die Möglichkeit gegeben, die Stücklohntarife der männlichen Arbeiter illusorisch zu machen, wenn nicht eine Abgrenzung vorgenommen würde.
29. Juni / 10. August 1913 Durch den zweiten Balkankrieg werden die internationalen Spannungen weiter verschärft. 30. Juni 1913 Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion stimmt dem einmaligen Wehrbeitrag und dem Vermögenszuwachssteuergesetz zur Finanzierung der von ihr zuvor abgelehnten Heeresvorlage zu. 30. Juni / 5. Juli 1913 Die Generalversammlung des Verbandes der Maler, Lackierer, Anstreicher, Tüncher und Weißbinder in Halle beschließt, eine Erwerbslosenunterstützung einzuführen und die Trennung der Beiträge in Sommer- und Winterbeiträge aufzuheben und künftig für das ganze Jahr einen einheitlichen Beitrag zu erheben. Für die Angestellten des Verbandes wird einer einheitlichen Regelung der Gehälter und des Urlaubs zugestimmt. Ende Juni / Anfang Juli 1913 Die Verbände der Glasarbeiter, der Porzellanarbeiter und der Töpfer lehnen auf ihren Generalversammlungen in Leipzig die Bildung einer gemeinsamen Industriegewerkschaft zu diesem Zeitpunkt ab. 3./4. Juli 1913 Auf einer gemeinsamen Konferenz der Verbände der Glasarbeiter, der Porzellanarbeiter und der Töpfer in Leipzig scheitert die Gründung eines Keramikarbeiterverbandes. 14. Juli / Mitte August 1913 Gegen den Willen der betroffenen Gewerkschaftsleitungen beginnen Werftarbeiter einen Streik, zu dem sie sich durch die Entlassung von Vertrauensleuten provoziert sehen. Der Ausstand beginnt in Hamburg und greift auf Bremen, Flensburg, Kiel, Stettin und Vegesack über. Ende Juli streiken rund 35.000 Arbeiter. Die außerordentliche Generalversammlung des DMV am 8./9. August beschließt mit 126 gegen 18 Stimmen, den wilden Streik der Werftarbeiter zu verurteilen und fordert die Streikenden auf, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Ein Antrag, den Streik, trotz des Verstoßes gegen das Statut, anzuerkennen, wird mit 76 gegen 67 Stimmen abgelehnt. 16./19. Juli 1913 Die internationale Schneiderkonferenz in Wien verpflichtet die angeschlossenen Organisationen, die gesetzliche Regelung der Heimarbeit, soweit sie noch nicht erfolgt ist, mit aller Macht in ihrem Land anzubahnen. Dabei ist die gesetzliche Festlegung eines Minimallohns als die entscheidende Bestimmung in dieser Gesetzgebung anzustreben. Die Konferenz erwartet von allen Organisationen, daß der gewerkschaftlichen Organisierung der Heimarbeiter ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden ist, weil damit sowohl die Regelung der Arbeitsverhältnisse in der Heimarbeit durch eigene Kraft als auch die Durchführung des gesetzlichen Schutzes der Heimarbeiter gefördert wird. 4./9. August 1913 Ein außerordentlicher Verbandstag des Verbandes der Tabakarbeiter in Heidelberg beschließt anstelle der bisherigen Arbeitslosen- und Krankenunterstützung eine Erwerbslosenunterstützung. 9. August 1913 Der Vorstand des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter ruft die Bergarbeiterorganisationen zu einer "gemeinsamen Kampfesfront gegen die Unternehmer" auf. Als erste Aufgabe dieser Arbeitsgemeinschaft schlägt er ein Zusammengehen beim Knappschaftsstatus vor.
10./15. August 1913 Die Generalversammlung des Verbandes der Lithographen und Steindrucker in Stuttgart erklärt, daß sie nach wie vor die Gründung eines graphischen Industrieverbandes für notwendig hält. Denn "das Streben des kapitalistischen Unternehmertums geht in neuester Zeit dahin, durch einen immer engeren und festeren Zusammenschluß seiner Organisationen seine Macht der organisierten Arbeiterschaft gegenüber gewaltig zu steigern und das Kräfteverhältnis zu seinen Gunsten zu verschieben. Diese, für die Gewerkschaften so ungünstige Verschiebung ihres Machtverhältnisses zu den Unternehmerverbänden kann nur dadurch wieder ausgeglichen werden, daß es die Arbeiterschaft dem Unternehmertum gleichtut und ihre einzelnen Berufsorganisationen ebenfalls zu machtvollen Industrieverbänden zusammenschließt." 12./13. August 1913 Der in Leipzig tagende dritte Bauarbeiterschutzkongreß fordert eine reichsgesetzliche Regelung des Bauarbeiterschutzes. Der Kongreß erkennt an, daß durch Verordnungen die Unfallverhütungsvorschriften verbessert worden sind, doch werden diese Maßnahmen durch eine ungenügende Kontrolle beeinträchtigt.
13. August 1913 A. Bebel, geboren 22. Februar 1840 in Deutz (b. Köln), Drechslermeister, 1861 Mitglied des Gewerblichen Bildungsvereins, 1864 in den Ständigen Ausschuß Deutscher Arbeitervereine gewählt, 1867 als erster Arbeitervertreter in den Norddeutschen Reichstag gewählt, 1867 Vorsitzender des Verbandes Deutscher Arbeitervereine, 1868 veröffentlichte er Musterstatuten für Gewerksgenossenschaften, 1869 gründete er gemeinsam mit W. Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, 1877 arbeitete er mit F. W. Fritzsche den ersten Arbeiterschutzgesetzentwurf der Sozialdemokratie aus, 1892 zu einem der beiden SPD-Parteivorsitzenden gewählt, 1867-1881 und 1883-1913 MdR, in Passugg (Schweiz) gestorben.
22./24. August 1913 Auf dem Reichsdeutschen Mittelstandstag in Leipzig gründen am 24. der "Zentralverband deutscher Industrieller", der "Reichsdeutsche Mittelstandsverband" und der "Bund der Landwirte" den "Reichsausschuß für wirtschaftliche Gemeinschaftsarbeit der großen Berufsstände" - gewerblicher Mittelstand, Industrie, Landwirtschaft sowie des Haus- und Grundbesitzes.
31. August / 1. September 1913 Der Verbandstag des Verbandes der Blumenarbeiter in Neustadt in Sachsen beschließt, möglichst bis zum 1. Januar 1914 den Anschluß an den Fabrikarbeiterverband zu vollziehen. 3./6. September 1913 Die Internationale Association zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stellt auf ihrer Konferenz in Gent fest, der gegenwärtige Stand des Arbeitsnachweiswesens zeigt fast überall eine unbefriedigende Situation. Soll der Arbeitsnachweis seine Hauptaufgabe, durch fortlaufende Beobachtung und planmäßige Regelung des Arbeitsmarktes vermeidbarer Arbeitslosigkeit vorzubeugen, erfüllen, so wird u.a. folgenden Grundsätzen Rechnung zu tragen sein: Systematische Organisierung der öffentlichen Arbeitsnachweise mit territorialer Gliederung und Berücksichtigung der beruflichen Interessen; völlige Unparteilichkeit bei der Stellenvermittelung und der Verwaltung; Gebührenfreiheit für Arbeitsuchende; Kosten zu Lasten des Staates. Zur Durchführung der Reformen erscheint die Mitwirkung der staatlichen Verwaltung bzw. Gesetzgebung erwünscht. 14./20. September 1913 Der SPD-Parteitag in Jena erörtert noch einmal das Problem des Massenstreiks. Während der Parteivorstand sich gegen die ganze Massenstreikdiskussion ausspricht, vertritt L. Frank die Losung: In Preußen kommt entweder eine Wahlreform oder es kommt ein Massenstreik. Der Parteitag lehnt die von Rosa Luxemburg vorgelegte Resolution mit 333 gegen 142 Stimmen ab, die eine offensive, entschlossene und konsequente Taktik der Partei auf allen Gebieten fordert, da nur eine Taktik, die den Schwerpunkt des Kampfes in die Aktion der Massen verlege und alle Maßregeln ergreife, damit das deutsche Proletariat bei den kommenden Kämpfen für alle Fälle gerüstet dastehe, Erfolg verspreche. Die Resolution des Parteivorstandes bestätigt den Beschluß von Mannheim (1906). Sie fordert die entrechteten Massen auf, im Kampf gegen das Dreiklassenwahlrecht alle Kräfte anzuspannen in dem Bewußtsein, daß dieser Kampf ohne große Opfer nicht siegreich durchgeführt werden könne. Die Parteimitglieder werden deshalb verpflichtet, unermüdlich für den Ausbau der politischen und gewerkschaftlichen Organisationen zu wirken.
16./19. September 1913 Die achte Konferenz der Vertreter der gewerkschaftlichen Landeszentralen in Zürich beschließt, das internationale "Sekretariat" künftig "Internationaler Gewerkschaftsbund" (IGB) zu nennen.
7. November 1913 Die Arbeitsnachweiskonferenz der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände lehnt die Einführung einer Arbeitslosenversicherung ab. Staatssekretär Dellbrück erklärt Anfang Dezember 1913 im Reichstag, daß für eine umfassende gesetzliche Arbeitslosenversicherung die Zeit noch nicht reif ist. Der Zentralrat der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine lehnt, obgleich die Gewerkvereine an nationaler Gesinnung nicht hinter den christlichen Gewerkschaften zurückstehen, die Beteiligung an dem 3. Arbeitertag ab, weil der Ausschuß dieses Arbeitertages die Bedingung stellt, daß die teilnehmenden Organisationen auf dem Boden der christlichen Weltanschauung stehen müssen. Die Gewerkvereinler halten es für unwürdig, das Christentum für Reklamezwecke zu mißbrauchen. Es kommt hinzu, daß die Vertreter der christlichen Gewerkschaften in den Parlamenten gezwungen sind, die Agrarpolitik des Centrums und der Konservativen mitzumachen und sie als Arbeiter wider das Interesse der Arbeiterschaft handeln, indem sie die Politik der künstlichen Lebensmittelverteuerung unterstützen. 19. November / Mitte Dezember 1913 In Zabern/Elsaß kommt es zu Zusammenstößen zwischen Militär- und Zivilbevölkerung.
21./22. November 1913 Die Hauptversammlung der Gesellschaft für soziale Reform in Düsseldorf - an ihr nehmen dieses Mal auch Vertreter der sozialdemokratischen Gewerkschaften teil - behandelt die gesetzliche Regelung des Tarifvertrages und die Einführung eines Reichseinigungsamtes. 30. November / 3. Dezember 1913 Der dritte christlich-nationale Arbeiterkongreß in Berlin erwartet, daß die neuerdings auftretenden Bestrebungen zur Einschränkung des Koalitionsrechts der Arbeiter bei Regierung und Parlament entschiedene Zurückweisung finden, da jede Beeinträchtigung der Rechte der Arbeiter den heftigsten Widerstand aller Arbeiter ohne Unterschied der Partei hervorrufen müssen und geeignet sind, die Klassengegensätze zu verschärfen.
1./3. Dezember 1913 Der außerordentliche Verbandstag des Bauarbeiterverbandes in Hamburg beschließt, zum 1. Juli 1914 eine Arbeitslosenversicherung einzuführen.
5. Dezember 1913 Der Staatssekretär des Innern Delbrück erklärt im Reichstag auf die sozialdemokratische Interpellation über die reichsgesetzliche Einführung einer Reichsarbeitslosenversicherung: eine alle Arbeiter und Angestellten umfassende gesetzliche Arbeitslosenversicherung sei zur Zeit noch nicht reif; daran sei auch nicht zu denken, solange nicht Handel, Industrie und Landwirtschaft die neuen Belastungen durch die Reichsversicherungsordnung verarbeitet haben.
Ende 1913 Die Generalkommission gibt ihre erstmals 1911 erschienene Denkschrift über die Arbeitslosenunterstützung in Reich, Staat und Gemeinde in erweiterter Form erneut heraus.
Drei Viertel der Beschäftigten, für die Ende 1913 Tarifverträge bestehen, sind in Klein- und Mittelbetrieben tätig, die bis zu 50 Personen umfassen. Besonders groß war der Anteil von Tarifabschlüssen in der Betriebsgrößenklasse von 11-50 Beschäftigten, in der er mehr als doppelt so hoch ist wie der Prozentsatz der Erwerbstätigen, die nach der Zählung von 1907 in dieser Betriebsgrößenklasse beschäftigt wurden. Auf die Großbetriebe, die 200 und mehr Beschäftigte zählen, entfallen dagegen lediglich ein Anteil von 8% der Berufstätigen, für die Tarifverträge vereinbart sind, obwohl in diesen Betrieben 1907 bereits ein Fünftel aller in Industrie und Handwerk Erwerbstätigen gearbeitet hat.
Die schlechte wirtschaftliche Lage zeigt sich auch - wie schon früher - in der Mitgliederentwicklung.
Die Auflage der "Arbeiter-Jugend" beträgt 103.000 Exemplare.
Der "Centralverband deutscher Konsumvereine" umfaßt 1.157 Konsumvereine, 38 Produktionsgenossenschaften, 807 Großeinkaufs- und 557 Verlagsgesellschaften mit zusammen rund 1.634.000 Mitgliedern und rund 30.000 Beschäftigten. Ende 1913 / Anfang 1914 Der Parteivorstand der SPD und die Generalkommission organisieren eine umfangreiche Protestbewegung gegen den konservativen Streikpostenantrag, um den bürgerlichen Parteien vor Augen zu führen, "daß sie ihre letzten Arbeiterwähler aufs Spiel setzen, wenn sie in dieser Frage den Junkern und Scharfmachern auch nur den kleinen Finger reichen". Von einer gemeinsame Aktion mit den christlichen Gewerkschaften verspricht sich dagegen der Parteivorstand noch nichts.
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