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TEILDOKUMENT:
Die Wohnungsnot - Mietskasernen - nimmt ganz erheblich zu. 1865 gibt es in Berlin 12.000 Kellerwohnungen mit 46.000 Bewohnern, und 1866 stellt ein Arzt in Sachsen fest: "Daß viele Arbeiterwohnungen schlecht und der Gesundheit nachteilig sind, das ist ganz zweifellos; Mangel an Licht oder reiner Luft, unvollständiger Schutz gegen die Witterung, Feuchtigkeit der Wände oder Fußböden und noch manches andere machen sie nicht selten zu offenbaren Krankheitsquellen."
Anfang 1865 Nachdem die Fortschrittspartei im preußischen Landtag die Aufhebung der §§ 181 und 182 der Gewerbeordnung fordert, verlangt das Präsidium des ADAV auch die Beseitigung der §§ 183 und 184, d.h. die Einführung des Koalitionsrechts ohne alle Einschränkung.
Unternehmer des Barmen-Elberfelder Handelskammerbezirks empfehlen in einem Gutachten zum Koalitionsrecht die Bildung von Schiedsgerichten aus gewählten Arbeitgebern und Arbeitern, die bei entstehenden Streitigkeiten berufen sein sollen, solche Streitfragen, die nicht zur Kompetenz der Gewerbegerichte gehören, zu schlichten. 13. Februar 1865 K. Marx lehnt in einem Brief an J. B. v. Schweitzer dessen Auffassung über das Koalitionsrecht ab. Die Koalitionen seien mit den aus ihnen erwachsenden Gewerkschaften nicht nur als Mittel der Organisation der Arbeiterklasse zum Kampf mit der Bourgeoisie von der äußersten Wichtigkeit, was sich u.a. darin zeige, daß selbst die Arbeiter der Vereinigten Staaten trotz Wahlrecht und Republik das Koalitionsrecht nicht entbehren könnten, sondern in Preußen und Deutschland sei das Koalitionsrecht außerdem ein Mittel zur Durchbrechung der Polizeiherrschaft und des Bureaukratismus. Es zerreiße die Gesindeordnung und die Adelswirtschaft auf dem Lande, kurz, es sei eine Maßregel zur Mündigmachung der Untertanen, der die Regierung viel weniger gern zustimmen werde als der Unterstützung von Genossenschaften, die als ökonomische Maßregel Null seien, dagegen das Vormundschaftssystem der Regierung ausdehne, einen Teil der Arbeiterklasse besteche und die Bewegung entmanne. Mitte Februar 1865 Im preußischen Abgeordnetenhaus werden die Paragraphen der Gewerbeordnung von 1845, die die Aussperrung der Arbeiter durch die Unternehmer verbieten und die strafrechtliche Verfolgung von Arbeitern wegen der Vorbereitung von Streiks vorsehen, aufgehoben, aber die polizeiliche Genehmigung für die Vereinigung von Arbeitern und das Streikverbot bleiben bestehen. Frühjahr 1865 Es kommt zu zahlreichen Streiks. Besondere Bedeutung erhält der Streik von 500 von 800 Buchdruckern in Leipzig vom 1. April bis 6. Juni um höhere Löhne und kürzere Arbeitszeit: der sog. "Dreigroschenstreik". Die Buchdrucker erreichen kleinere Lohnerhöhungen, nicht aber die angestrebten "Dreigroschen". Die Einführung eines verbesserten Akkordtarifs können sie nicht durchsetzen. Arbeiter auch anderer Berufszweige unterstützen die Streikenden finanziell. Rund 87% der beträchtlichen Streikkosten werden durch Erträge "auswärtiger Sammlungen" bestritten. Nach dem Streik tritt der Buchdruckerverein aus dem Vereinstag der deutschen Arbeitervereine aus.
Nach dem Streik der Buchdrucker spricht sich F. W. Fritzsche im "Sozialdemokrat" gegen die zur Epidemie sich gestaltende Streiklust aus, "da hierdurch der Arbeiterstand von seinem eigentlichen Ziele, die Radikalmittel zur Verbesserung seiner Lage (allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht und Produktivassoziation durch Staatsintervention) mit aller ihm zu Gebote stehenden Energie zu erstreben, abgelenkt wird". Mai 1865 Stuttgarter Zigarrenarbeiter rufen zur Gründung einer Gewerkschaft auf.
In Hamburg und Altona streiken die Schuhmacher. Während in Hamburg eine Lohnerhöhung durchgesetzt wird, mißglückt der Streik in Altona. Im Gefolge dieses Streiks gründen die Schuhmacher eine neue Kranken- und Totenlade.
10. Juni 1865 Das preußische Handelsministerium verlangt in einer Verordnung, die Arbeitsräume mit wasserdichten Fußböden auszulegen, um eine Verschmutzung des Grundwassers zu verhindern. Arsenikhaltige Rückstände sollen mit Kalk versetzt und eingedampft werden. Gleichzeitig soll ein Giftbuch Aufschluß über den Bezug des Arsens geben. Die einzige, direkt für die Gesundheit der dort Beschäftigten vorgesehene "Maßnahme" ist der Rat an die Arbeiter, keine Eßwaren in die Fabrik mitzubringen. 26. Juni 1865 K. Marx erklärt vor dem Generalrat der IAA die Gewerkschaften verfehlten "ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, das heißt zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems". 20. und 27. Juli 1865 In seinem Vortrag "Preis, Lohn und Profit" sagt K. Marx:
29. August 1865 F. W. Fritzsche - noch kurz vorher Gegner von Gewerkschaften und Streiks - ruft zu einem Zigarrenarbeitertag auf, der sich mit einem Verbot der Zuchthausarbeit und der Zentralisation der Kranken- und Sterbekassen sowie der Gründung einer Kasse zur Unterstützung Arbeitsloser und auf der Reise befindlicher Kollegen und der Gründung eines Zentralarbeitsnachweises beschäftigen soll. Der Kongreß kommt nicht zustande. 3./5. September 1865 3. Vereinstag der Arbeitervereine in Stuttgart. Auf ihm sind 60 Vereine und ein Gauverband mit insgesamt 60 Delegierten vertreten. Die Diskussion über Arbeitszeit und Koalitionsrecht verläuft kontrovers. So wird einerseits von Arbeitseinstellungen abgeraten, da sie sich unter Umständen an den Arbeitern schwer rächten, demgegenüber werden als "vielleicht rettende Gedanken" Gewinnbeteiligung der Arbeiter und gemischte Kommissionen von Unternehmern und Arbeitern, die über Lohnerhöhungen entscheiden, empfohlen. Andere Redner meinen, die Frage über die Abkürzung der Arbeitszeit sei deshalb wichtiger als die der Koalition, weil sich die Arbeiter schon daran gewöhnt hätten, sich zu vereinigen; so gut wie andere Leute das Recht hätten, hätten es die Arbeiter auch, darüber stritten sich vernünftige Menschen überhaupt nicht mehr. Aber über die Notwendigkeit der Verkürzung der Arbeitszeit bestünde auch bei den Arbeitern noch vielfach Unklarheit, da tue Aufklärung not. Der Arbeitgeber dürfe in der Fabrik nicht als souveräner Fürst herrschen, er müsse mit den Arbeitern Hand in Hand gehen. Dabei müßten die Arbeiter auf Selbsthilfe bauen. Die Delegierten beschließen, das Koalitionsrecht sei ein "natürliches Recht", das keinesfalls geschmälert werden dürfe, ferner wird eine Verkürzung der Arbeitszeit für notwendig erklärt, und zwar sowohl für die Arbeiter als auch für die Unternehmer. Für die Arbeiter deshalb, weil sie ihnen die Erlangung der Bildung ermögliche. Die Einführung von Stückarbeit sei das Mittel dazu.
14./15. Oktober 1865 In Leipzig beraten Zigarrenarbeiter aus 23 meistens mitteldeutschen Städten Probleme ihrer Branche, so u.a. eine Petition betr. Abschaffung der Zigarrenarbeit in den Strafanstalten und Zuchthäusern, die Beratung eines Statuts für Begründung einer Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, die Gründung eines Vereins-Preß-Organs, die Gründung von Produktivassoziationen, die Einführung von Witwen- und Invalidenkassen, die Anschaffung von gesunden Arbeitslokalen seitens der Arbeitgeber, die Beschränkung der Hausarbeit als Ursache der Verschlechterung der Lohnverhältnisse, die Abschaffung der Prämienarbeit und die Beseitigung der Frauen und Kinder aus den Arbeitslokalen im Interesse der Moral und Sittlichkeit. 16. Oktober 1865 Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins auf einer Frauenkonferenz in Leipzig unter Leitung von Louise Otto-Peters. Der Verein sieht seine Aufgabe "für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehenden Hindernissen mit vereinten Kräften zu wirken". Er fordert die soziale Gleichberechtigung der Frau, gleiche Bürgerrechte und Bürgerpflichten für Mann und Frau, Koalitionsfreiheit und gesetzlichen Arbeitsschutz für Arbeiterinnen. November 1865 F. W. Fritzsche ruft die Tabakarbeiter erneut zu einem Kongreß Weihnachten 1865 in Leipzig auf. 1. Dezember 1865 Leipziger Buchdrucker berufen für Pfingsten 1866 einen Vereinstag der deutschen Buchdrucker nach Leipzig ein. 24./27. Dezember 1865 In Leipzig wird - auf Initiative von F. W. Fritzsche (Vizepräsident des ADAV) - der "Allgemeine Deutsche Zigarrenarbeiterverein" gegründet, dessen Zweck nach § 1 des Statuts in einer "auf Gegenseitigkeit gegründeten Unterstützung in Fällen der Arbeitslosigkeit" besteht. An der Spitze der Verbandsforderungen stehen - wie 1848 - die Beseitigung der Frauenarbeit, das Verbot der Zigarrenherstellung in Zuchthäusern, die Gründung von Assoziationsfabriken und die Einrichtung von Kranken- und Sterbekassen. Neu ist die Forderung, die Heimarbeit zu beschränken, da der Verband in ihr die Ursache für die schlechten Lohnverhältnisse der Zigarrenarbeiter sieht. Der Verband strebt vor allem die gegenseitige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit durch eine Unterstützungskasse an, ein Ziel, das wegen der ständigen Geldnöte erst viele Jahre später verwirklicht werden kann.
1866 / 1895 In diesen 30 Jahren verlassen 2,9 Millionen Deutsche ihre Heimat nach Übersee - 2,6 Millionen allein in die USA -, weil sie für sich keine dauerhafte Erwerbsmöglichkeiten sehen. 21. Januar 1866 In einem im "Boten vom Niederrhein" veröffentlichten Aufruf "An die Arbeiter von Essen und Umgebung" - er dient der Unterstützung eines vom lokalen ADAV geplanten Arbeitertages - heißt es u.a. :
1. April 1866 "Der Botschafter", Fachblatt des Allgemeinen Zigarrenarbeitervereins erscheint unter der Leitung von F. W. Fritzsche zum ersten Mal und künftig wöchentlich. 20./22. Mai 1866 In Leipzig treffen sich aus 85 Städten 34 Delegierte von örtlichen und regionalen Buchdruckerverbänden, die mehr als 3.000 Gehilfen vertreten. Von diesem Kongreß an wird die Gründung des Deutschen Buchdruckerverbandes datiert, obwohl zunächst nur ein Kartell der selbständig bleibenden Vereine des Vereinsrechts wegen gebildet wird. Es ist "eine Verbindung, die weniger durch geschriebene Paragraphen, wie durch den in ihr waltenden Geist der Brüderlichkeit befestigt" wird. In seiner Eröffnungsrede erklärt Richard Härtel: "Resolutionen sind in den letzten Jahren zur Genüge gefaßt, ohne einen weiteren Zweck zu haben; fügen wir nicht neue hinzu, sondern bewegen wir uns auf ausschließlich praktischem Gebiet!" Die Delegierten fordern das Koalitionsrecht, Produktivgenossenschaften und Unterstützungskassen.
19. August 1866 In Chemnitz wird u.a. von A. Bebel und W. Liebknecht die "Sächsische Volkspartei" gegründet. In der Präambel verpflichtet sich die Partei, "die Feinde der deutschen Freiheit und Einheit unter allen Umständen und auf allen Gebieten zu bekämpfen. Zu den Programmforderungen gehören das unbeschränkte Selbstbestimmungsrecht des Volkes, die Forderung des allgemeinen Wohlstandes und die Befreiung der Arbeit und der Arbeiter von jeglichem Druck und jeglicher Fessel". 3./8. September 1866 Auf dem ersten Kongreß der IAA in Genf wird der Achtstundentag, das Verbot der Kinderarbeit und ein gesetzlicher Arbeiterschutz gefordert. "Die gesetzliche Beschränkung des Arbeitstages ist eine Vorbedingung, ohne welche alle anderen Bestrebungen nach Verbesserung und Emanzipation scheitern müssen. Sie ist erheischt, um die Gesundheit und körperliche Energie der Arbeiterklasse wiederherzustellen und ihr die Möglichkeit geistiger Entwicklungen, gesellschaftlichen Verkehrs und sozialer und politischer Tätigkeit zu sichern. Der Arbeiterschutz für Kinder und Jugendliche soll, in Verbindung mit polytechnischer Ausbildung, u.a. dazu führen, daß sich die Arbeiterklasse weit über das Niveau der Aristokratie und Bourgeoisie erheben kann."
Der "Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen" organisiert Reisen von Arbeitern und "unbemittelten Gewerbetreibenden" zur Pariser Weltausstellung. Er setzt diese Aktivitäten mit Reisen 1873 zur Wiener und 1876 zur Weltausstellung in Philadelphia fort. Durch diese Vorbilder angeregt und im Hinblick auf den betriebsinternen Nutzen, z.T. als Belohnung für verdiente Arbeiter, beginnen in den 1880er Jahren in ähnlicher Weise einzelne Unternehmer, fähige Arbeiter auf Betriebskosten zu Ausstellungen und Messen zu schicken. In Leipzig gelingt es den Buchbindergehilfen durchzusetzen, daß die Verwaltung der Krankenkasse, die von der "Buchbinder-Innung" wahrgenommen wird, ihnen in Selbstverwaltung übertragen wird. 12. Februar 1867 A. Bebel wird als erster Sozialdemokrat in den Norddeutschen Reichstag gewählt. 16. April 1867 Der Norddeutsche Reichstag nimmt mit großer Mehrheit die Verfassung des Norddeutschen Bundes an.
1./3. und 5. Mai 1867 Im "Social-Demokrat" beweist J. B. von Schweitzer die Nutzlosigkeit und sogar Schädlichkeit von Gewerkschaften. 17. Mai 1867 Theodor Leipart wird in Neubrandenburg geboren. 27. Mai 1867 Eine Vereinbarung von Firmen des Handelskammerbezirks Gladbach über eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 12 Stunden wird u.a. damit begründet "in Anbetracht der sich immer mehr Bahn brechenden Erkenntniß, daß die Beschränkung der täglichen Arbeitszeit in den geschlossenen Etablissements auf ein gewisses Maß dem Wohl und Interesse der Arbeiter förderlich ist, und daß erfahrungsgemäß im Allgemeinen und auf die Dauer die Leistungsfähigkeit des Arbeiters überhaupt hierdurch nicht vermindert, sondern erhöht wird". 29. Juni 1867 Tausende von Bergleuten erbitten in einer Petition an das preußische Handelsministerium eine Verbesserung ihrer elenden Lage. Die Festsetzung der Arbeitszeit, sei inzwischen "zwangsweise so übermäßig verlängert worden", daß viele Bergleute mit 30 bis 35 Jahren arbeitsunfähig würden. Die Gewerke seien "so rücksichtslos", in Zeiten wirtschaftlicher Flaute fast stets nur ältere Bergleute mit geringerer Leistungskraft zu entlassen. Auch bei Besetzung von Aufsichtspositionen in den Belegschaften würden nicht etwa ältere, erfahrene Kräfte berücksichtigt; vielmehr werde Beförderung jenen zuteil, die sich "bei der Grubenverwaltung beliebt gemacht haben und sich dazu eignen, die anderen Bergleute so lange zur Arbeit anzutreiben, bis diese nicht mehr können." Im letzten Abschnitt der Petition beklagen die Beschwerdeführer, die Bergleute hätten "gegenwärtig sozusagen gar keinen tatsächlichen Schutz", nicht zuletzt, weil ihnen "nicht die Mittel zu Gebote stehen, ihre Klagen vernehmlich und mit Nachdruck vorzubringen". Das Handelsministerium weist die Klagen zurück, da von Amts wegen, eine Einflußnahme auf die Arbeitsverhältnisse nicht mehr stattfinde. Pfingsten 1867 Der sächsische Arbeitertag in Frankenberg fordert den zehnstündigen Normalarbeitstag, die Abschaffung der Sonntagsarbeit und der Arbeit der Kinder in den Fabriken und Werkstätten, sowie Vereinbarungen über Fabrik- und Werkstattordnungen zwischen Arbeitern und Unternehmern. Die von H. Schulze-Delitzsch zur Lösung der sozialen Frage vorgeschlagenen Mittel seien unzulänglich und zu verwerfen, da die soziale Frage nur in einem demokratischen Staat gelöst werden könne. 1. Juli 1867 Die Verfassung des Norddeutschen Bundes tritt in Kraft. Sie enthält das direkte, gleiche und geheime Wahlrecht für die Reichstagswahlen. Dem Norddeutschen Bund, der nach dem Krieg mit Österreich an die Stelle des Deutschen Bundes tritt, gehören neben Preußen und Sachsen nord- und mitteldeutsche Kleinstaaten sowie Freie Städte an.
12. Juli 1867 Der "Correspondent" weist darauf hin, sobald das "Bewußtsein über sich, ihre Stellung in der Gesellschaft" bei den Arbeitern "aufzudämmern" begonnen habe, seien "überall in England, Frankreich, Amerika, Deutschland Koalitionen zur Hebung der Arbeitslöhne" entstanden. September 1867 Im Norddeutschen Reichstag will J. B. v. Schweitzer einen aus 47 Paragraphen bestehenden Arbeiterschutzgesetzentwurf einbringen, der den zehnstündigen Arbeitstag für alle erwachsenen Arbeiter und die Einsetzung von Fabrikinspektoren und ständigen Parlamentskommissionen zur Erhebung und Festsetzung der im Gebiete des Norddeutschen Bundes vorhandenen städtischen und ländlichen Arbeiterverhältnisse fordert. Es gelingt ihm nicht, die erforderlichen 15 Unterschriften zu sammeln. Wilhelm Liebknecht erklärt, er könne keinen Antrag unterschreiben, der den Norddeutschen Bund durch wichtige Entscheidungen stützen wolle. 6./7. Oktober 1867 Auf dem 4. Vereinstag der Arbeitervereine in Gera spricht A. Bebel über den Schutz der Bergarbeiter. Die bestehenden Kranken- und Unterstützungskassen existieren überwiegend durch die Beiträge der Arbeiter, dagegen bezahlen die Werksbesitzer ganz wenig, beanspruchen aber die ausschließliche Leitung und Verwaltung. Anlaß für die Diskussion ist ein schweres Grubenunglück im Lugauer Revier. Für die Witwen und Waisen der toten Bergleute werden 1.400 Taler gesammelt. Der Vereinstag fordert von den Landesregierungen Haftpflichtgesetze und die Verwaltung der Knappschaftskassen durch die Arbeiter.
13. Oktober 1867 9 Delegierte, die 16 Städte vertreten, beschließen die Gründung des "Allgemeinen Deutschen Schneidergehülfen-Vereins". Anstoß war eine Lohnbewegung Londoner Schneider, die sich hilfesuchend an ihre deutschen Kollegen gewendet hatten.
14. Oktober 1867 Bei der Beratung eines Antrages von H. Schulze-Delitzsch, das Koalitionsverbot aufzuheben, spricht sich Freiherr von Stumm im Norddeutschen Reichstag dagegen aus, erklärt aber gleichzeitig, daß "ich die Gründung von Pensionskassen für Fabrikarbeiter für ein sehr wirksames und notwendiges Korrelat für die Gewährung des Koalitionsrechtes halte. Diese Kassen dienen wesentlich dazu, das Gefühl und das Interesse der Zusammengehörigkeit zwischen Arbeitern und Arbeitgebern immer mehr zu befestigen, sie werden deswegen die aus der Koalitionsfreiheit hervorgehenden und auch von dieser Seite nicht bestrittenen Gefahren der Arbeitseinstellungen wesentlich zu mindern in der Lage sein." 22./25. November 1867 Die 6. Generalversammlung des ADAV in Berlin fordert die Beschränkung der Arbeitszeit für Jugendliche, das Verbot der Kinderarbeit, einen Maximal-Arbeitstag von 12 Stunden, einschließlich 2 Stunden für Mahlzeiten und Verbot der Sonntagsarbeit in Großbetrieben. Ferner soll die Frauenarbeit abgeschafft und die Verfälschung der Lebensmittel durch den Staat bekämpft werden.
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