Chronologie: 1849 - 1854
1849
Otto von Bismarck erklärt: "Die Fabriken bereichern den einzelnen, erziehen uns aber die Masse von Proletariern, von schlecht genährten, durch die Unsicherheit ihrer Existenz dem Staate gefährlichen Arbeitern."
9. Februar 1849
Mit der "Verordnung, betreffend die Errichtung von Gewerberäthen" und verschiedenen Abänderungen der allgemeinen Gewerbeordnung - dem einzigen sozialpolitischen Gesetz während der Revolutionsjahre in Preußen - werden für Städte mit "erheblichem gewerblichem Verkehr" und auf Antrag der Gewerbetreibenden "Gewerberäte" eingeführt. Ihre Aufgabe besteht darin, die allgemeinen Interessen des Handwerks und der Fabrikbetriebe wahrzunehmen, Maßnahmen zu ihrer Förderung anzuregen und einzuleiten (§ 2), die Befolgung der Vorschriften über das Innungswesen zu überwachen (§ 2), die obligatorischen Gesellen- und Meisterprüfungen durchzuführen (§ 2), die Einstellung und Behandlung der Lehrlinge, Gesellen und Gehilfen sowie der Fabrikarbeiter zu überwachen (§ 2), die Arbeitszeitfragen zu regeln (§ 49), die Schlichtung von Arbeitskonflikten und Lohnstreitigkeiten zu übernehmen (§§ 2, 28).
Darüber hinaus wurde dem Gewerberat das Recht zugesprochen, in Fragen des Gewerbes bei der Behörde vorstellig werden zu können, während sie ihrerseits den Gewerberat als Informant und Gutachter in Anspruch nehmen kann (§ 2).
Die Mitglieder dieses sozialpolitischen Lokalparlamentes sollen gewählte Vertreter des Handwerks, Handels und der Industrie sein (§ 3). Ihnen obliegt es, die für die drei Sektionen vorgesehenen Abteilungen zu bilden, deren Mitgliederzahl auf jeweils mindestens 5 Vertreter festgesetzt wird, stets jedoch eine ungerade Gesamtzahl aufweisen muß (§ 4). In der "Handwerks- und Fabrikenabteilung" soll bei somit paritätischer Besetzung durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter dieses ungerade Verhältnis zugunsten der Arbeitgeber geregelt werden, indem ihnen ein zusätzliches Mandat zugesprochen wird (§ 5).
Die Gewerberäte haben in der vorgesehenen Weise nie funktioniert. Die Gewerbefreiheit wird zugunsten der Innungen und der Handwerksmeister wieder eingeschränkt. So werden die Bestimmungen der Gewerbeordnung von 1845 über erforderliche Qualifikationsnachweise auf weitere 68 Handwerksberufe ausgedehnt. Die Genehmigung zur selbständigen Berufsausübung wird davon abhängig gemacht, ob der interessierte Handwerker einen Befähigungsnachweis erbringt (§§ 23, 35). Die Gesellen und Gehilfen werden gesetzlich verpflichtet, nur bei Meistern ihres Fachs Arbeit aufzunehmen.
Die Innungen haben das alleinige Recht der Lehrlingsaufsicht (§ 45).
Nach § 49 sind alle Verträge über eine Verpflichtung zur Sonn- und Feiertagsarbeit nichtig. Die Verordnung verbietet Lohnzahlungen durch Waren (Trucksystem). Zugestanden wird den Arbeitgebern, daß sie ihren Beschäftigten Wohnung, Feuerungsbedarf, Landnutzung, Beköstigung, Arzneien und ärztliche Hilfe, ferner Werkzeuge und Rohstoffe, die für den Produktionsprozeß erforderlich sind, unter Anrechnung auf den Lohn zur Verfügung stellen können (§ 50). Den betroffenen Arbeitern wird damit zum erstenmal in Deutschland ein Rechtsanspruch auf Lohnzahlung in bar eingeräumt. Zugleich werden die sozialen Einrichtungen zur Unterstützung der Gewerbetreibenden ausgebaut. So kann jetzt durch Ortsstatut für alle, die in einer Gemeinde ein Gewerbe selbständig betreiben, festgesetzt werden, daß der Beitrittszwang in die Ortsinnungskassen gelten solle (§ 56), zur Förderung aller Unterstützungseinrichtungen für Gesellen oder Gehilfen die selbständigen Handwerker finanzielle Beiträge bis zur Hälfte der Eigenleistung der Arbeitnehmer zahlen müssen.
Diese handwerklichen Sozialeinrichtungen werden auch für Fabrikarbeiter geöffnet. Die Unternehmer werden zur anteilsmäßigen Mitfinanzierung der Kosten verpflichtet. Zukunftswirksam erweist sich darüber hinaus die den Gruppen gesetzlich zugewiesene Selbstverwaltung des Unterstützungswesens, die auch den einer Innung nicht angehörenden Beteiligten je nach sozialer Stellung und Beitragsleistung zugestanden wird.
Die Verordnung tritt erst am 30. Januar 1850 in Kraft.
15. Februar 1849
In Berlin erscheint die Zeitung der Zigarrenarbeiter "Concordia" zum ersten Mal. Sie wird wöchentlich herausgegeben.
28. März 1849
Die von der Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung wird verkündet. Sie hebt die Standesunterschiede auf und schafft den Adel ab. Sie gewährleistet Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Person, Meinungs- und Pressefreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung und berufliche Freizügigkeit.
Die Verfassung tritt nicht in Kraft, weil die größeren deutschen Staaten sie ablehnen.
1. Mai 1849
Der "Gesundheitspflege-Verein des Berliner Bezirks der deutschen Arbeiter-Verbrüderung" wird gegründet. Ziel des Vereins ist eine "gesellschaftliche Gesundheitspflege", d.h. eine verbesserte Gesundheitspflege ins Leben zu rufen, welche den gerechten und vernünftigen Ansprüchen der Arbeiter genügen soll. Durch eine "Arzt- und Arzneiversorgungsassoziation" soll eine unabhängige, prophylaktisch-medizinische Betreuung organisiert werden, während die Unterstützung erkrankter Arbeiter den im Pflegeverein vereinigten Krankenkassen bzw. der Zentralkasse der Berliner Arbeiterverbrüderung obliegt.
Nach anfänglichen Erfolgen ist der Verein stärker werdenden juristischen Verfolgungen ausgesetzt. Er wird am 2. April 1853 verboten. Die Mitglieder und wesentliche Grundzüge des Pflegevereins werden vom Konkurrenten "Gewerkskrankenverein" übernommen.
3./8. Mai 1849
Der Dresdner Maiaufstand für die Reichsverfassung scheitert.
St. Born, Teilnehmer des Aufstandes, flieht in die Schweiz. Viele Teilnehmer werden zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.
30. Mai 1849
Die "Verordnung über die Ausführung der Wahl der Abgeordneten zur Zweiten Kammer in Preußen" wird veröffentlicht. Danach werden die Wahlberechtigten nach ihrer Steuerleistung in drei Klassen (Dreiklassenwahlrecht) eingeteilt. Die Stimmabgabe geschieht öffentlich.
Dieses Wahlsystem bevorzugt in zunehmendem Maße die konservativen Parteien bei der Mandatsverteilung trotz sinkender Wählerstimmen.
Das Dreiklassenwahlrecht wird erst 1918 abgeschafft.
Mai / Juli 1849
Der badisch-pfälzische Aufstand wird vom preußischen Militär blutig niedergeschlagen. Zahlreiche Aufständische werden in Rastatt erschossen.
29. Juni 1849
In Preußen sind nach einer Verordnung alle Vereine "zur Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs" verpflichtet, ihre Vereinsstatuten den Polizeibehörden vorzulegen. Alle Versammlungen, die unter freiem Himmel stattfinden sollen und in denen über "öffentliche Angelegenheiten" diskutiert werden soll, müssen polizeilich genehmigt werden und stehen unter polizeilicher Aufsicht.
Die Versuche der reaktionären Regierungen, die Tätigkeit der Arbeitervereine und ähnlicher Organisationen einzuschränken oder gar aufzuheben, nehmen immer größeren Umfang an.
Sommer 1849
H. Schulze-Delitzsch gründet eine Handwerker-Kranken- und Sterbekasse und etwas später Rohstoffassoziationen der Tischler und Schuhmacher. Er versucht, durch eine Solidarhaftung und eigene Kapitalbildung die Positionen der Handwerksmeister zu stärken und den durch die Industrialisierung ausgelösten Wandel aufzuhalten. Auch die Arbeiterschaft soll durch Genossenschaften vor der Proletarisierung bewahrt werden.
Ende Juli 1849
Der Zentralvorstand des Gutenbergbundes beruft einen "konstituierenden Kongreß aller Buchdrucker" zum 30. September nach Berlin ein.
Die Einladung richtet sich nicht nur an Mitglieder des Gutenbergbundes, sondern auch an sämtliche Sonderorganisationen und insbesondere an die "verehrliche Prinzipalität".
3./13. September 1849
Der 2. Kongreß der Zigarrenarbeiter in Leipzig beschließt, die "Arbeiterverbrüderung" finanziell zu unterstützen, die Entscheidung über einen Anschluß aber noch zurückzustellen.
Die "Concordia" soll mit der "Verbrüderung" zusammengelegt werden. Das wird aber nur für kurze Zeit praktiziert. Wo es möglich ist, sollen die Fabrikanten bewogen werden, nur Associationsmitglieder einzustellen. Ein Gesetz müsse die Frauenarbeit verbieten. Zum 1. Januar 1851 soll die neu eingerichtete, auf freiwillige Mitgliedschaft beruhende Witwen- und Invalidenkasse mit ihren Auszahlungen beginnen. Dem Präsidenten wird ein Jahresgehalt bewilligt.
In einer vom Kongreß einstimmig verabschiedeten "Denkschrift zur Errichtung von Associations-Fabriken" heißt es: Mit solchen von den Arbeitern selbst betriebenen Fabriken werde es möglich sein, den "Kampf des Kapitals mit der Arbeiterschaft aufzunehmen und unsere Gegner, die Capitalisten, unschädlich machen zu können".
So wird 1849 in Hamburg die Genossenschaftsfabrik "Vereinigte Cigarrenarbeiter" gegründet, die in den 50er Jahren ständig 50 Personen beschäftigt. Sie besteht bis 1862.
30. September / 3. Oktober 1849
In Berlin tagt der internationale Kongreß des "Gutenbergbundes" unter polizeilicher Aufsicht. Die meisten Prinzipale boykottieren die Verhandlungen. Ehe die Statuten beraten und beschlossen werden, löst die Polizei den Kongreß auf, weil die Statuten "Aufforderung zu unerlaubter Selbsthilfe" vorsehen.
Die Delegierten können sich nach dem Verbot heimlich treffen, einen Zentralvorstand wählen, die Statuten verabschieden und die Zeitung "Gutenberg" zum Organ des Gutenbergbundes erklären.
Die neue Satzung lautet:
"§ 1 Der Zweck des Gutenberg-Bundes ist die Begründung, Hebung und Sicherstellung des materiellen und geistigen Wohles der Buchdrucker und Schriftgießer, ebensowohl der Prinzipale wie der Gehülfen. Er enthält sich jeder Einmischung in öffentliche Angelegenheiten und politische Bestrebungen.
§ 2 Als Hauptmittel zur Erreichung dieses Zwecks erkennt der Bund:
1. die Begründung und Organisation einer innigen Verbrüderung der Buchdrucker und Schriftgießer;
2. die Begründung von allgemeinen Bundeskassen zu gegenseitiger Unterstützung und Erweiterung der bestehenden Kassen durch Einführung der Freizügigkeit und Gegenseitigkeit;
3. die Beseitigung der Übelstände, welche dem Emporblühen der Kunst hinderlich sind, als der unbeschränkten Konkurrenz, der Unordnung der Arbeits- und Lehrlingsverhältnisse u.s.w.;
4. die Erweckung und Förderung der wahren Kollegialität wie der künstlerischen und geistigen Ausbildung seiner Mitglieder, insbesondere der Lehrlinge."
10. November 1849
Die Vorsitzenden des "Gutenbergbundes" schreiben im "Gutenberg": "Im Gutenbergbund gibt es keine Republikaner, Demokraten, Reaktionäre, sondern nur Kunstgenossen. Die Bestrebungen des Gutenbergbundes bedingen keine besondere Staatsform, sondern sind mit jeder vereinbar, welche das Recht der Vereinigung zu sozialen Zwecken gewährleistet, weil seine Bestrebungen lediglich sozialer Natur sind. Der Gutenbergbund sagt mit Christus: 'Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist'. Er bedarf nur eines, das ist des unbeschränkten Vereinigungs- oder Assoziationsrechts zu sozialen Zwecken. Wo und solange dieses existiert, ist er vollkommen imstande, seine Zwecke, wie sein Statut vorschreibt, auf gesetzlichem Wege zu erreichen. Wird dieses Recht aufgehoben, dann hört der Bund als solcher auf, da er auf gesetzwidrigem Wege sein Ziel zu erreichen außerstande sein würde."
1850
50er Jahre
In diesen Jahren vollzieht sich in Deutschland ein rascher Wandel der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen.
Zwischen 1851 und 1860 steigt die Industrieproduktion um mehr als das Doppelte an. Die Kohlenförderung wächst von 7 Millionen Tonnen 1850 auf 17 Millionen Tonnen 1869, die Roheisenproduktion von 200.000 t auf 500.000 t.
Zwischen 1852 und 1858 nimmt die Zahl der Maschinenbaubetriebe von 180 auf 322, die der in Preußen im Maschinenbau Beschäftigten von 9.800 1852 auf 27.900 1861 zu.
Das Eisenbahnnetz wird in diesem Zeitraum von 5.870 auf 11.150 Kilometer erweitert. Vom Eisenbahnbau geht der Impuls für das Vordringen der Aktiengesellschaften als Unternehmensform aus, die wiederum den Aufschwung des Bankwesens mit sich bringen und damit eine wachsenden Anonymisierung des Kapitals. Die 149 zwischen 1850 und 1860 in Preußen neugegründeten Aktiengesellschaften zeugen von der zunehmenden Konzentration der Produktion und des Kapitals.
Trotz großer Auswanderungsbewegungen kommt es gleichzeitig zu umfangreichen Binnenwanderungen. In neuen Industriegebieten bilden sich erste Konzentrationen von Arbeitern.
Der industrielle Aufschwung ist vor allem auf die Entwicklung neuer Produktionstechniken zurückzuführen. Zwischen 1850 und 1860 erhöht sich die Kraft der Dampfmaschinen von 260.000 auf 850.000 PS. Die wachsende Industrie verdrängt zunehmend die handwerklichen Unternehmen.
Durch die Verbesserung der Arbeitsverfahren und rationellere Organisation des Arbeitsvorgangs steigt die Produktivität des einzelnen Arbeiters erheblich an.
Dies führt wiederum zu einer Veränderung der Arbeits- und Lebenssituation der Arbeiter.
Diese Gründerperiode ist von einer großen Erwerbsgesinnung und einer beschleunigt zunehmenden Auflösung gebundener Arbeitsverhältnisse begleitet. Der Zeitraum von den beginnenden fünfziger Jahren bis zu den ausgehenden sechziger Jahren, in dem alle entscheidenden Positionen durch das neue Unternehmertum besetzt werden und das mit der Einführung der uneingeschränkten Gewerbefreiheit abschließt, erbringt den endgültigen Abbau der Schranken vorindustrieller Gesellschaftsordnung und das erste Sichtbarwerden der ökonomischen Klassenstruktur.
1850
Die preußischen Minister für Handel und des Innern schreiben: "Es würde aber die Einrichtung von Fabriken die größten Hindernisse bereiten, wenn dabei immer das Leben und die Gesundheit der Arbeiter sicherstellende Einrichtungen getroffen werden sollten. Zum Teil sind die Gefahren ganz unvermeidlich und solche Einrichtungen überhaupt unausführbar."
Anfang 1850
Die preußischen, sächsischen und bayerischen Behörden verständigen sich über eine Verfolgung der "Arbeiterverbrüderung". Sie wird verdächtigt, "Pflanzschule des Kommunismus" zu sein.
Die Arbeitervereine aus Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Bremen schließen sich in dieser Zeit der "Arbeiterverbrüderung" an.
31. Januar 1850
Nach der neuen preußischen Verfassung kann der Staat politischen Vereinen Beschränkungen auferlegen oder sie auch verbieten. Das Koalitionsverbot wird aufrecht erhalten.
20./26. Februar 1850
In Leipzig halten zahlreiche Delegierte der "Arbeiterverbrüderung" eine Generalversammlung deutscher Arbeiter ab. Sie wählt ein neues Zentralkomitee ohne festen Sitz - es soll abwechselnd in Bremen und Hamburg tagen - zu wählen.
Die Delegierten beschließen ein Musterstatut. Danach hat die "Arbeiter-Verbrüderung den Zweck, unter den Arbeitern aller Berufsarten eine starke Vereinigung zu begründen, welche auf Gegenseitigkeit und Brüderlichkeit gestützt, die Rechte und den Willen der Einzelnen zu einer Gesamtheit verbindet, die Arbeit mit dem Genuß (Nutznießung des Ertrags) vermitteln soll".
Mitglieder der deutschen Arbeiter-Verbrüderung sind die Mitglieder derjenigen Gewerke und Arbeitergemeinschaften jeder Berufsart, welche durch schriftlich bevollmächtigte Deputierte an das Lokal- oder Bezirkskomitee und durch Anerkennung dieser Statuten ihren Beitritt erklärt haben.
Gegenüber den Berliner Beschlüssen 1848 fehlt jede Bezugnahme auf den Staat und seine Einrichtungen. Die Arbeiter stützen sich nun auf sich selbst.
Das Statut regelt im ersten Teil den Aufbau des Verbandes:
Die Lokalvereine haben u.a. folgende Aufgaben: "die Bedürfnisse und Übelstände der Arbeiter ihrer Berufsart, wie auch im Allgemeinen, zu erforschen, auf Abhülfe derselben zu wirken; ihre Gewerks-, Arbeits- und Wirthschaftsverhältnisse zu berathen und zu ordnen; durch Arbeitsvermittlung, wie durch Errichtung und Selbstverwaltung freiwilliger Kranken-, Sterbe-, Invaliden-, Dispositions-Kassen u.s.w. die Grundsätze der Gegenseitigkeit und Brüderlichkeit unter den Arbeitern zu fördern; durch Lehrvorträge, Bibliotheken, Musterwerkstätten und ähnliche Institute Kenntniß und Bildung unter den Arbeitern zu verbreiten und so den Zweck der Verbrüderung zu verwirklichen".
Weitere Organisationsebenen sind die Bezirkskomitees, das Zentralkomitee und die Generalversammlung.
Der § 35 betont: In dem Bezirkskomitee ist auch das Interesse der Arbeiterinnen durch eine Abteilung vertreten.
Zwei genossenschaftliche Formen sollen der Besserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter und zur Verbesserung der Arbeitsverhältnisse dienen: Ankaufsgesellschaften - sie sollen das erforderliche Kapital für die geplanten Konsum- und Produktionsgenossenschaften erbringen. Diese Produktionsgenossenschaften sollen u.a. auch die Arbeitsordnung beeinflussen, vor allem aber dazu dienen, "die Arbeits- und Lohnverhältnisse nach den Grundsätzen der Verbrüderung zu verbessern und zu ordnen".
Der zweite Teil enthält Statuten der Wander-, Unterstützungs- und Arbeitsnachweisvereine. "Die Wanderunterstützungs- und Arbeitsnachweisvereine haben den Zweck, einesteils ihre Mitglieder auf der Wanderschaft soweit möglich gegen Not zu schützen, und so dem demoralisierenden Bettelwesen entgegenzuwirken, anderenteils aber durch unentgeltliche Arbeitsnachweise das Reisen selbst nützlich und leichter zu machen."
Die Wanderunterstützung entwickelt sich zur wichtigsten Einrichtung der Arbeiterverbrüderung. Bis Ende Juni 1850 melden 75 Vereine der Arbeiterverbrüderung ihre Beteiligung. Die Wanderunterstützung hat an einigen Orten die Gesamtorganisation mehrere Jahre überlebt.
Der dritte Teil enthält ein "Statut für Gesundheitspflegevereine" und ein "Statut für Krankenunterstützungs- und Sterbekassen".
Arbeitslosenunterstützung und Arbeitsvermittlung sowie Krankenversicherung sollen in ganz Deutschland durch Selbsthilfe in Angriff genommen werden. Ausgangspunkt für die Krankenversicherung ist, daß "die Gesundheit des Arbeiters, die Hauptbedingung seiner Arbeitsfähigkeit, häufig sein einziges, immer aber sein wichtigstes Lebensgut ist." Die wichtigste Aufgabe der Arbeiterverbrüderung ist es, die Gesundheit zu fördern, störende Einflüsse zu beseitigen und im Elend der Krankheit wenigstens Unterstützung zu leisten. Grundsätze auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge sind Selbsthilfe, Selbstverwaltung, freie Arztwahl, gleiche Pflichten und gleiche Rechte - anstelle "unzuverlässiger Wohltätigkeitsgelüste und patriarchalischer Gemüthlichkeit".
Die "Assoziation der Zigarrenarbeiter Deutschlands" schließt sich auf dem Kongreß der "Arbeiterverbrüderung" an. Doch nach kurzer Zeit trennen sich die Zigarrenarbeiter wieder von der "Arbeiterverbrüderung".
26. Februar 1850
Bayern erläßt das erste Vereinsgesetz der Reaktionsperiode.
11. März 1850
Das neue preußische Vereinsgesetz schränkt das Versammlungs- und Vereinsrecht weiter ein: Es untersagt Frauen, Schülern und Lehrlingen die Mitgliedschaft in Vereinen. Auch dürfen sie nicht an politischen Versammlungen teilnehmen. Vereine dürfen nicht mit anderen Organisationen gleicher Art und in gemeinsamen Angelegenheiten Kontakte unterhalten und zu diesem Zweck Komitees, Ausschüsse, Zentralorgane oder ähnliche Einrichtungen gründen. Auch ein gegenseitiger Schriftwechsel wird verboten. Gerade diese letzte Bestimmung hat in den folgenden Jahrzehnten der Polizei und der Justiz einen Vorwand geliefert, gegen Organisationen der Arbeiterbewegung einzuschreiten und hat die weitere Entwicklung der Arbeiterbewegung sehr häufig zeitlich und örtlich stark behindert oder sogar unmöglich gemacht.
Der § 182 der Gewerbeordnung von 1845 - Verbot von Verabredungen zur Arbeitseinstellung, zum Streik, oder zur Verhinderung der Arbeit bei einzelnen oder mehreren Gewerbetreibenden - bleibt weiter bestehen.
19. März 1850
Vier Eilenburger Textilunternehmer vereinbaren, in den Arbeitsgrundsätzen unter sich wie auch den Arbeitnehmern gegenüber gleiche Prinzipien zu verfolgen. Es wird beschlossen, eine gemeinsame Fabrikordnung und ein gemeinsames Lebensmittelmagazin (für den Fall einer neuen Hungersnot wie 1847) einzuführen, die bereits überall bestehenden betrieblichen Kranken- und Pensionskassen zu einer einzigen Kasse zusammenzulegen und schließlich eine gemeinsame und einheitliche Arbeitervertretung in den vier Eilenburger Kattundruckereien durchzuführen ("Eilenburger Abkommen").
Jede Fabrik wählt einen Fabrikausschuß, der aus dem Fabrikinhaber oder dem von ihm ernannten Stellvertreter, einem technischen Arbeiter, einem im Tagelohn Arbeitenden aus der Klasse der Handarbeiter, letztere beide gewählt durch die betreffenden Arbeiterklassen, besteht.
Die Fabrikausschüsse haben folgende Befugnisse: Die Aufrechterhaltung und Vollziehung der Fabrikordnung, die Überwachung der in den Fabriken arbeitenden Kinder, sowohl in sittlicher Beziehung als hinsichtlich des regelmäßigen Schulbesuches, Vermittlung der Streitigkeiten zwischen den Arbeitern, Entscheidung über Strafen und Strafgelder, Einziehung und Ablieferung der Beiträge zu der Krankenunterstützungskasse.
Die vier Fabriken wählen gemeinschaftlich einen Fabrik-Rat, bestehend aus: drei Fabrikinhabern, einem technischen Arbeiter, einem aus der Klasse der Handarbeiter, letztere beide gewählt durch die betreffenden Arbeiterklassen.
Dem Fabrik-Rat stehen u.a. folgende Befugnisse zu: Entscheidung der Beschwerden der Fabrikarbeiter gegen ihre Arbeitgeber, Entscheidung der Streitigkeiten zwischen den Fabrikanten unter sich, Festsetzung der Anzahl anzunehmender Lehrlinge, Überwachung und Beförderung der sittlichen und gewerblichen Fortbildung der jüngeren Fabrikarbeiter sowie Oberaufsicht über alle Schulangelegenheiten, Verwaltung der Pensionscassa und Oberaufsicht über die Krankenunterstützungscassa sowie Entscheidung der Ansprüche auf Pension, Vertretung der Gesamtinteressen sowohl bei dem hiesigen Gewerberat als auch nach auswärts.
Über die weitere Existenz dieser Fabrikausschüsse ist nichts bekannt. Sie sind auf jeden Fall die ersten Betriebsvertretungen in Deutschland.
20. April 1850
In der "Verbrüderung" heißt es: "Die Grundlage der 'Verbrüderung' ist Gegenseitigkeit, Solidarität. Und nur diese werden uns zu einem gewünschten Ziele führen. Einer für Alle und Alle für einen muß unser Wahlspruch werden."
25. Mai 1850
Die Polizei beschlagnahmt in Berlin sämtliche Papiere des Zentralvorstandes und der Redaktion des Gutenbergbundes.
Dieser Aktion folgt am 8. Juni das Verbot der Organisation, obwohl sich der Gutenbergbund schon seit 1849 zunehmend von der "Arbeiterverbrüderung" distanziert hatte.
12. Juni 1850
Das Zentralkomitee der "Arbeiterverbrüderung" löst sich selbst auf, um dem Verbot zuvorzukommen.
16. Juni 1850
In Preußen werden alle Arbeitervereine verboten.
29. Juni 1850
Die "Verbrüderung" muß ihr Erscheinen einstellen. Der Redakteur K. Gangloff wird wegen Vorbereitung zum Hochverrat zur vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Nachfolger der "Verbrüderung" wird der "Prometheus", der sich jedoch nicht lange halten kann.
In Hannover erscheint die "Arbeiterhalle". Sie wird von der Nordwestdeutschen Arbeitervereinigung den angeschlossenen Vereinen empfohlen, geht aber nach der Verhaftung ihres Herausgebers im Juli 1851 ein.
19./25. August 1850
Auf der 3. Generalversammlung der Zigarrenarbeiter in Altona vertreten 19 Delegierte 39 Vereine.
Nach langen Beratungen beschließen die Delegierten die zentrale Organisation aufzulösen, den örtlichen Vereinen und Unterstützungskassen völlige Selbständigkeit zu geben und nur die Witwen- und Invalidenkasse als gemeinsame Einrichtung bestehen zu lassen. Damit unterliegen sie nicht dem Verbindungsverbot.
Die "Concordia" wird eingestellt, an ihre Stelle tritt ein in zwangloser Folge erscheinendes Rundschreiben.
An einigen Orten bleiben Zigarrenarbeiter in den folgenden Jahren weiter in enger Verbindung.
22. November 1850
Das sächsische Vereins- und Versammlungsrecht tritt in Kraft. Es dient in den folgenden Jahrzehnten - ähnlich dem preußischen - immer wieder den Behörden gegen die Organisationen der Arbeiterbewegung vorzugehen. Vor allem der § 24 verhindert die Bildung von zentralen Organisationen,: denn "Vereine, deren Zweck sich auf öffentliche Angelegenheiten bezieht, dürfen nur dann Zweigvereine bilden und sich mit ihnen in Verbindung setzen, wenn sie das Recht der Körperschaft erlangt haben und ihnen jene Rechte ausdrücklich mit erteilt worden sind".
1851
Der bayerische Innenminister verfügt, daß die Konzessionierung von Aktiengesellschaften von der Errichtung betrieblicher Unterstützungskassen abhängig gemacht werden soll.
So wird L. Hutschenreuther die Genehmigung zur Gründung einer Porzellanmanufaktur 1857 erst erteilt, nachdem dieser zugesagt hat, eine Arbeiterhilfs- und Unterstützungskasse zu errichten.
In London findet eine große Industrieausstellung statt. Die deutschen Regierungen unternehmen große Anstrengungen, um nicht zu viele Arbeiter und Handwerker nach London fahren zu lassen und die dennoch dort gewesenen streng zu überwachen. Sie befürchten Verbindungen mit den in London sich aufhaltenden Emigranten.
10. Mai 1851
Der Emissär des "Bundes der Kommunisten", P. Nothjung, wird in Leipzig verhaftet. Weitere Verhaftungen von Mitgliedern folgen. Ferdinand Freiligrath kann nur durch seine Flucht nach England entkommen.
12. Mai 1851
Mit dem "Gesetz über die Verhältnisse der Miteigentümer eines Bergwerkes" werden die nicht der Knappschaft angehörenden Bergleute aus der Zuständigkeit der Bergbehörden entlassen. Sie werden freie Lohnarbeiter. D.h. ihre Arbeitsverhältnisse werden unmittelbar Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen zwischen ihnen und den Bergwerksunternehmern, denen gleichzeitig die maßgebenden Entscheidungsbefugnisse bei der Leitung und Produktion ihres Bergwerkes eingeräumt wird. Den Bergämtern bleibt nur ein Aufsichtsrecht.
28./29.Mai 1851
Trotz drohender Verbote kommen Vertreter nordwestdeutscher Arbeitervereine in Bremen zu einem Kongreß zusammen. Die Geschäftsstelle (das Zentralkomitee) der "Arbeiterverbrüderung" ist vertreten.
Bis zum endgültigen Verbot wird nun die Nordwestdeutsche Vereinigung mit Sitz in Hannover Mittelpunkt der in Deutschland noch bestehenden Arbeitervereine.
Juli 1851
Der Zentralverband des "Gutenbergbundes" kann seine Arbeit wieder aufnehmen, nachdem die Staatsanwaltschaft bekennen mußte, keine Beweise für ein gesetzwidriges Verhalten des Gutenbergbundes gefunden zu haben.
Herbst 1851
Seit dieser Zeit unterrichtet der Berliner Polizeipräsident alle Polizeiorgane in Preußen und in den übrigen deutschen Staaten über Nachforschungen bei den Arbeiter- und demokratischen Vereinen, Verhaftungen und über die Tätigkeit der deutschen Emigranten.
1851 / 1852
Bremen ist Zentrum des Zigarrenarbeiter-Verbandes. Durch den Zigarrenarbeiter Cloway, der Mitglied des Zentralkomitees der "Arbeiterverbrüderung" ist, besteht eine enge Beziehung zwischen den beiden Organisationen.
1852
Das erste gemeinnützige Wohnungsunternehmen in Deutschland wird gegründet.
1. April 1852
Nachdem die polizeiliche Verfolgung gegen den "Gutenbergbund" nicht aufhört, legen die Vorsitzenden des Bundes ihre Ämter nieder und schreiben keine Neuwahl mehr aus. Der "Gutenbergbund" löst sich damit selbst auf.
8. April 1852
Der preußische Ministerpräsident weist alle Polizeipräsidenten in Preußen an, die aus Bremen kommenden Handwerksgesellen zu beaufsichtigen.
5. Mai 1852
In einem Polizeibericht werden 59 Orte genannt, in denen der "Arbeiterverbrüderung" angehörende Vereine bestehen, gegen die einzuschreiten sei.
Ende 1852
Die Zeitschrift "Gutenberg" muß ihr Erscheinen einstellen.
Anstelle des eingestellten "Gutenberg" geben Berliner Buchdrucker die "Mitteilungen für Buchdrucker und Schriftgießer" heraus, die in unregelmäßigen Abständen bis 1857 erscheinen.
1853
16. Mai 1853
In Preußen wird durch ein Gesetz die staatliche - aber freiwillige - Fabrikinspektion, wo sich dazu "ein Bedürfnis ergibt", zum Wohle der jugendlichen Arbeiter zur Beobachtung und Verbesserung der gesundheitlichen und unfalltechnischen Betriebsverhältnisse eingeführt. Zunächst werden in den Regierungsbezirken Aachen, Arnsberg und Düsseldorf Fabrikinspektoren eingesetzt. Doch ihre Tätigkeit bleibt folgenlos. Das Mindestalter für die Zulassung zur Fabrikarbeit wird auf 12 Jahre heraufgesetzt, zwischen 12- und 14-jährige dürfen nicht länger als 6 Stunden pro Tag beschäftigt werden, bis zum 16. Lebensjahr ist nur eine 10stündige Arbeitszeit gestattet. Jugendliche Arbeiter unter 14 Jahren müssen 3 Stunden täglich die Schule besuchen. Die Ortspolizeibehörden haben die Pflicht, auf Antrag der Erziehungsberechtigten Arbeitsbücher auszustellen, die Arbeitgeber die Pflicht, sie zu verwahren und den Behörden auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen. In vielen Fällen nützen diese Verbesserungen nichts, weil die Eltern, wenn sie ihre Familie ernähren wollen, auf den Verdienst der Kinder angewiesen sind. Die vorgesehenen Kontrollen werden zudem noch lange Zeit sehr zurückhaltend ausgeübt.
1850 arbeiten von rund 2,5 Millionen Kindern im Alter von 8 bis 14 Jahren in Preußen 32.000, also etwa 1,3 Prozent in Fabriken. Die Kinderarbeit im Handwerk und in der Landwirtschaft ist in den Zahlen nicht erfaßt.
Dezember 1853
Nach zahlreichen Unterdrückungsmaßnahmen löst sich die Witwen- und Invalidenkasse der Zigarrenarbeiter auf.
Unabhängige lokale Unterstützungskassen der Zigarrenarbeiter bestehen jedoch weiter.
1854
3. April 1854
Das preußische Gesetz über die gewerblichen Unterstützungskassen sieht die Zulässigkeit der Ausdehnung des Beitrittszwanges auf Lohn empfangende Lehrlinge vor und stellt fest, daß alle beitrittspflichtigen Personen zur Gründung neuer Kassen angehalten werden können. Daneben wird den Regierungen das Recht eingeräumt, da, wo den obwaltenden Bedürfnissen durch Ortsstatut nicht genügt wird, selbst die Errichtung von Kassen mit Beitrittszwang anzuordnen. Mit Hilfe dieser ganzen Gesetzgebung werden nicht nur die alten, aus der Zeit der Innungsverfassung noch erhaltenen Kassen der Handwerksgesellen neu belebt und umgestaltet, sondern auch unter Anwendung der den Gemeinden und den höheren Verwaltungsbehörden eingeräumten Zwangsbefugnisse manche neue Krankenkassen für Handwerksgesellen und Fabrikarbeiter begründet.
Mit diesem Gesetz geht die Zahl neu gegründeter sozialer betrieblicher Einrichtungen zurück.
Bei den Arbeitern stößt dieses Gesetz - Kassenzwang statt Selbsthilfe - auf Widerstand, weil viele Arbeitgeber ihren Beitragsanteil den Arbeitern vom Lohn abziehen wollen. Rechtsansprüche gegen diese Fabrikkassen sind nicht gesichert.
Bei Arbeitsplatzwechsel und Konkurs gehen die Einzahlungen der Arbeiter verloren.
Trotzdem wächst die Zahl der Kassen und der Versicherten stetig an.
1854 bestehen in Preußen 2.622 Unterstützungskassen mit 246.000 Mitgliedern - 1857 sind es bereits 3.311 mit 331.566, 1860 3.644 mit 427.190 Mitgliedern, davon 170.847 Fabrikarbeitern, das sind rund 40% der Fabrikarbeiter, die gegen Krankheit versichert sind.
10. April 1854
Das preußische Knappschaftsgesetz regelt das bergmännische Versicherungswesen völlig neu und schafft die als vorbildlich geltende Unterstützungseinrichtung für Bergleute im Falle von Krankheit und Invalidität. So haben die Knappschaftskassen u.a. zu gewähren: in Krankheitsfällen freie Kur und Arznei, einen Krankenlohn für die Dauer der ohne eigenes "grobes Verschulden" entstandenen Krankheit, eine lebenslängliche Invalidenunterstützung sowie eine Witwen- und Waisenrente.
Für alle Bergleute wird eine Zwangsversicherung - Knappschaftskassenvereine - mit Selbstverwaltung, unter begrenzter Aufsicht der Bergbehörde, eingeführt. Die Beiträge werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebracht. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Verlust der Mitgliedschaft und aller Ansprüche aus der Knappschaftskasse verbunden. Das Gesetz spricht von Bergarbeitern statt von Bergmännern.
24. April 1854
In das Gesetz über die Verletzungen der Dienstpflichten des Gesindes und der ländlichen Arbeiter wird der § 182 der preußischen Gewerbeordnung - Koalitionsverbot - aufgenommen und Dienstleute, Schiffsknechte und Handarbeiter einbezogen.
Nach § 1 dieser Gesindeordnung können Arbeiter bei "hartnäckigem Ungehorsam oder Widerspenstigkeit" auf Antrag ihrer "Herrschaft" von der Ortspolizeibehörde mit Geld- oder Gefängnisstrafen belegt werden.
Mitte 1854
Das "Statut für die Buchdruckerinnung zu Leipzig" sanktioniert ausdrücklich den seit dem 1. Juli 1848 von den Prinzipalen einseitig eingeführten Tarifvertrag, räumt aber den Gehilfen das Recht ein, eine Revision zu verlangen und billigt ihnen weiterhin in einem neu zu schaffenden Tarifschiedsgericht gleichermaßen wie den Prinzipalen Sitz und Stimme zu. Auf Initiative der Arbeiter werden die tariflichen Normen 1858 und 1862 revidiert, wobei jeweils kleinere Lohnerhöhungen ausgehandelt werden.
15. Mai 1854
Ein preußisches Gesetz entzieht den Arbeitnehmern ihr Stimmrecht zu den Gewerberäten. Nun sind nur noch die Personen stimmberechtigt, die ihr Gewerbe selbständig betreiben und Stimmrecht bei den Gemeindewahlen haben.
12. Juni 1854
Mit einer Ministerialverfügung zur Spiegelfabrikation wird in Preußen versucht, das Arbeiterrisiko zu vermindern. Am 29. Oktober 1857 folgt eine ähnliche Verfügung zur Herstellung von Phosphorzündhölzern, am 10. Juni 1865 für die Anilinfarbenherstellung.
13. Juli 1854
Ein Gesetz des Bundestages verpflichtet die Regierungen der einzelnen deutschen Staaten, alle noch bestehenden Arbeitervereine und Verbrüderungen, die "politische, sozialistische und kommunistische Zwecke" verfolgen, binnen zwei Monaten aufzulösen.
Trotz dieses Verbotes bleiben einige Unterstützungskassen bestehen und bilden ein Verbindungsglied zu den Entwicklungen in den 60er Jahren. An einigen Orten kommt es in den folgenden Jahren zu Streiks, die zwar meistens erfolglos bleiben, aber gleichfalls die Selbsthilfeidee wach halten.
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