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TEILDOKUMENT:

    Chronologie: 1848
    Ende Januar
    Februar
    22. Februar
    18. März
    21. März
    26. März
    27. März
    29. März
    Ende März
    März / April
    6. April
    16. April
    19. April
    23. April
    27. April
    1. Mai
    13. Mai
    18. Mai
    25. Mai
    10. Juni
    11./14. Juni
    18./19. Juni
    10. Juli
    17. Juli
    Mitte Juli
    1. August
    9. August
    23. August / 3. Sept.
    27. August
    September
    18. September
    25./29. September
    3. Oktober
    3./6. Oktober
    13. Oktober
    27. Oktober
    9./12. November
    5. Dezember
    9. Dezember
    23. Dezember
    Ende des Jahres



    1848

    Ende Januar 1848

    K. Marx und F. Engels beenden das "Manifest der Kommunistischen Partei". Es erscheint Ende Februar in London. Im Manifest heißt es u.a.:
    "Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen. Die Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat.
    Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren ... Der moderne Arbeiter ... hebt sich nicht mit dem Fortschritt der Industrie, sondern sinkt immer tiefer unter die Bedingungen seiner eigenen Klasse herab. Der Arbeiter wird zum Pauper, und der Pauperismus entwickelt sich noch rascher als Bevölkerung und Reichtum. Es tritt hiermit offen hervor, daß die Bourgeoisie unfähig ist, noch länger die herrschende Klasse der Gesellschaft zu bleiben und die Lebensbedingung ihrer Klasse der Gesellschaft als regelndes Gesetz aufzuzwingen.
    Die wesentlichste Bedingung für die Existenz und für die Herrschaft der Bourgeoisieklasse ist die Anhäufung des Reichtums in den Händen von Privaten, die Bildung und Vermehrung des Kapitals; die Bedingung des Kapitals ist die Lohnarbeit. Die Lohnarbeit beruht ausschließlich auf der Konkurrenz der Arbeiter unter sich. Der Fortschritt der Industrie ... setzt an die Stelle der Isolierung der Arbeiter durch die Konkurrenz ihre revolutionäre Vereinigung durch die Assoziation. Sie (die Bourgeoisie) produziert vor allem ihre eigenen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.
    Der nächste Zweck der Kommunisten ist derselbe wie der aller übrigen proletarischen Parteien: Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisieherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat ... die Kommunisten (können) ihre Theorie in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen.
    Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf.
    An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.
    Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!"
    Dieses Manifest hat erst Jahrzehnte später die Entwicklung der Arbeiterbewegung wesentlich beeinflußt. Mitte des 19. Jahrhunderts wird es kaum bekannt.

    Februar 1848

    In Preußen wird das Kammerwesen - Handelskammern als halbamtliche Selbstorganisation der Kaufleute und Unternehmer - einheitlich geregelt, nachdem es bereits in mehreren Städten zu örtlichen Gründungen gekommen war. Die Kammern werden zu Berichten und zur Gutachtererstattung auf Verlangen der Behörden verpflichtet und erhalten ein Aufsichtsrecht über Handels- und Gewerbeanstalten.
    Diese Entwicklung, die in den anderen deutschen Staaten ähnlich verläuft, führt 1861 zur Gründung des Deutschen (Industrie- und) Handelstages, als deutsche Gesamtvertretung des Handels- und Fabrikantenstandes.

    22. Februar 1848

    Ausbruch der Revolution in Paris.
    Sie greift in den kommenden Wochen auf Süd-, Südwest- und Westdeutschland über. Regierungen werden gestürzt und liberale Kabinette gebildet.

    18. März 1848

    Beginn der Revolution in Berlin. Unter den Opfern der Straßenkämpfe befinden sich hauptsächlich Handwerker und Arbeiter. In der Folgezeit kommt es auch an anderen Orten zu Aufständen und Unruhen.
    Träger der Bewegung sind das Kleinbürgertum, Handwerksgesellen und Bauern, aber noch nicht die Fabrikarbeiter.
    Die Träger der konservativen Staatsgewalt weichen zunächst zurück, nehmen aber nach dem Scheitern der revolutionären Bewegung ihre alten Positionen wieder ein.
    Die Ziele der Revolution sind die Errichtung eines starken deutschen Bundesstaates, die Konstituierung einer freiheitlichen Verfassung - freies, gleiches Wahlrecht, Parlamente - und die Änderung der bisherigen sozialen Verhältnisse durch die entsprechende Reform in der Gesetzgebung. Die Karlsbader Beschlüsse werden aufgehoben, damit der Zensurzwang beseitigt und die Pressefreiheit wiederhergestellt. Auch die Vereins- und Versammlungsfreiheit werden eingeführt.

    21. März 1848

    In Berlin tritt eine Gehilfenversammlung der Buchdrucker zusammen; ursprünglich zur Beratung über die Beteiligung am Begräbnis der gefallenen Revolutionäre einberufen, nehmen die Druckarbeiter die Gelegenheit wahr, Forderungen an die Arbeitgeber aufzustellen. Sie verlangen in einem "Arbeits-Tarif für Drucker" u.a. eine Lohnerhöhung um 50%, eine regelmäßige wöchentliche Lohnauszahlung, die Aufstellung einer Lehrlingsordnung, die Bildung eines paritätisch besetzten Schiedsgerichts und die Schaffung einer gemeinsamen "Korporation" mit den Prinzipalen. Die Druckereibesitzer erklären sich daraufhin bereit, in einem Komitee in Verhandlungen einzutreten.

    26. März 1848

    Auf einer Volksversammlung in Berlin wird eine "Gemeinsame öffentliche Vertretung der Arbeiter" gefordert. Gesellen und Arbeiter sprechen über ihre sozialen Nöte. Soziale Fragen stehen nach dem 18. März auf allen Versammlungen und im Vereinsleben der Arbeitervereine stark im Vordergrund.

    27. März 1848

    In Leipzig knüpfen die Buchdruckergehilfen an die Bewegung der Vorjahre an. Sie organisieren eine große Versammlung, in der die Einsetzung einer aus Vertretern der einzelnen Betriebe zusammengesetzten Delegiertenkonferenz zur Ausarbeitung eines einheitlichen Programms beschlossen wird. Diese Konferenz erarbeitet einen - ausdrücklich so bezeichneten - "detaillierten Tarif", der als "streng-gesetzliche Norm" eine zehnstündige Arbeitszeit, regelmäßige Lohnauszahlung, Akkordlöhne für Setzer und Bestimmungen zum Maschinen- und Lehrlingswesen festsetzt. Eine am 5. April stattfindende Verhandlung mit Unternehmervertretern wird zunächst ergebnislos abgebrochen, die Prinzipale erklären jedoch anderntags, zur Vermeidung von Unruhen, den Forderungen der Gehilfen bis zu einem behördlichen Schiedsspruch vorläufig nachgeben zu wollen. Die Gehilfenzeitung "Gutenberg" berichtet, daß daraufhin in Weimar und Naumburg für die Durchsetzung des "Leipziger Tarifs" gestreikt wurde.

    29. März 1848

    In der preußischen Regierung wird ein "Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeit" geschaffen, das seine Fürsorge hauptsächlich "den arbeitenden und gewerbetreibenden Klassen der städtischen und ländlichen Bevölkerung" widmen soll.

    Ende März 1848

    In Berlin schließen sich Buchbindergehilfen zusammen. Zu ihrem Programm gehören u.a. eine 12stündige Maximalarbeitszeit einschließlich 1,5 Stunden für Mittags- und Vesperpause sowie die Abschaffung der Frauenarbeit.
    Unter dem Wahlspruch "In der Einigkeit ruht die Kraft!" gründen sie am 5. August die "Gesellschaft vereinigter Buchbinder". Die Gesellschaft schließt sich später der "Arbeiterverbrüderung" an.

    März / April 1848

    Nach Beginn der Revolution kehren viele Handwerker nach Deutschland zurück.

    Seit Ende März bilden Arbeiter in zahlreichen Städten Deutschlands u.a. in Berlin, Breslau, Chemnitz, Dresden, Frankfurt (Main), Hamburg, Hamm, Hanau, Hannover, Köln, Königsberg, Leipzig, Mainz, Offenbach, Wiesbaden, politische Arbeitervereine, die in einigen Fällen als Organisationen des "Bundes der Kommunisten" aktiv sind.
    Auch der "Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen" nimmt seine Tätigkeit wieder auf. Er knüpft an sein Gründungsprogramm an, präzisiert allerdings einige seiner Ziele. Von besonderer Bedeutung ist seine Absicht, für eine neue gesetzliche Ordnung mit dem Ziel "einer gerechten Leitung der Industrie im weitesten Sinn des Worts" Vorschläge auszuarbeiten und dabei die "Einsicht der gesamten Beteiligten" wie auch die "gerechten Forderungen vieler Tausender unserer arbeitenden Brüder" zu berücksichtigen. Der Vorstand betont ausdrücklich, daß er seine Wirksamkeit auf das soziale Feld beschränken und jede politische Stellungnahme ausklammern wolle. Der Versuch des Vereins mit den Arbeitervereinen in engen Kontakt zu kommen bleibt fast wirkungslos. Er fördert aber seine Lokalvereine bei Auf- und Ausbau von Hilfs- und Sparkassen, so z.B. bei der Gründung einer gemeinnützigen Berliner Baugesellschaft, die "gesunde, geräumige und bequeme Wohnungen" für die einfachere Bevölkerung schaffen wolle.
    Hermann Schulze-Delitzsch, Victor Aimé Huber, Friedrich Harkort, Karl Rodbertus und Adolph Diesterweg beteiligen sich aktiv an der Vereinsarbeit. Weitere Mitglieder sind Mitglieder der Nationalversammlung, die am Entwurf einer Gewerbeordnung mitarbeiten.

    6. April 1848

    Die Verordnung "Über einige Grundlagen der preußischen Verfassung" legt fest, daß alle Preußen berechtigt sind, sich ohne vorhergehende polizeiliche Erlaubnis zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen. Damit wird § 183 der preußischen Gewerbeordnung von 1845 beseitigt. Preußische Staatsangehörige können - da der § 182 bestehen bleibt - jedoch keine Verabredungen zur Erzwingung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen treffen. Die Berufsvereine können zwar Fragen über Löhne und Arbeitszeit besprechen, aber keine Maßnahmen treffen, diese Forderungen gegen den Willen der Unternehmer durchzusetzen.

    16. April 1848

    In Berlin wird ein Bauarbeiterverein gegründet, der im Oktober über 3.000 Mitglieder zählt.

    19. April 1848

    Der Berliner Arbeiter-Klub wählt ein Zentralkomitee aus 28 Mitgliedern, je eines für jede Gewerksdelegation.
    Der Schriftsetzer Stephan Born wird Vorsitzender des "Zentralkomitees der Arbeiter". Die von St. Born ausgearbeiteten Statuten werden angenommen. Das "Zentralkomitee" ist eine Körperschaft von Vertretern der Arbeiter- und Gewerkvereine. Es ist unter anderem "zur Vermittlung der Interessen der Arbeiter untereinander und mit dem Staate und zur Veranlassung und Durchführung aller Maßregeln, welche die allgemeinen Arbeitsinteressen erheischen" verpflichtet. In einer programmatischen Erklärung heißt es, daß die Arbeiter ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen wollen, um sie sich nie mehr entreißen zu lassen; noch gäbe es keine geschlossene Arbeiterklasse in Deutschland, aber in Zukunft soll die Arbeiterklasse als eine "Macht im Staate" dastehen; die Organisation der Arbeiter sei deshalb die erste Notwendigkeit. Für Ende August/Anfang September wird ein allgemeiner deutscher Arbeiterkongreß nach Berlin einberufen.

    23. April 1848

    Buchdruckergehilfen aus Darmstadt, Frankfurt a.M., Heidelberg, Karlsruhe, Mainz, Mannheim und Wiesbaden beschließen in Heidelberg, eine nationale Buchdruckerversammlung Mitte Juni in Mainz zu organisieren, die sich "über eine spätere allgemeine Vereinigung ... verständigen" soll, da, so steht im Einladungsschreiben, "wir, bei unserem schwachen Personal, würden begreiflicherweise nichts ausrichten, wenn wir vorerst noch allein stünden". Daneben beraten die süddeutschen Gehilfenvertreter über ein Sachprogramm zur Durchsetzung materieller Forderungen. Es werden verschiedene Akkordsätze ("Arbeiterpreise") für Setzer und Drucker, eine einheitliche zehnstündige Arbeitszeit, Bestimmungen zum "Maschinenwesen" und die Bildung lokaler "Schiedsgerichte" mit Beteiligung der Unternehmer festgelegt - ein Programm, in dem erstmals der Gedanke eines überregionalen Tarifabkommens zum Ausdruck kommt.

    27. April 1848

    Die Verhandlungen über die Tarifvorlage der Berliner Buchdruckergehilfen ziehen sich in die Länge. Den Unternehmern geht es dabei um die Vermeidung kollektiver Vertragsabschlüsse mit den Gehilfen, wie ihre folgende Erklärung deutlich macht: "Kein Arbeiter, kein Arbeitgeber kann zu einem bestimmten Lohne gezwungen werden, sondern dieser muß aus ihrem freien Privat-Kontrakte hervorgehen, wenn die Freiheit nicht eine Lüge werden soll." Daraufhin beschließt eine Gehilfenversammlung durch einen Streik den Arbeiterforderungen Nachdruck zu verleihen. Rund 600 Setzer und Drucker, fast die gesamte Arbeiterschaft des örtlichen Gewerbes, stellen am 27. April die Arbeit ein. Der Berliner Magistrat vermittelt. Nachdem die Prinzipale definitiv zugesagt haben, bis 1. Juni über die Tarifforderungen zu entscheiden, wird die Arbeit wieder aufgenommen. Damit ist der erste größere Buchdruckerstreik in Deutschland vorläufig beendet. Wie tiefgehend jedoch die Gegensätze bereits sind, zeigt sich, als die Druckereibesitzer den Gehilfen eine Reueerklärung in Form eines "Reverses" zur Unterschrift vorlegen, die Gehilfen legen erneut die Arbeit nieder, und erst als der "Revers" wiederum auf Vermittlung des Magistrats zurückgezogen wird, entspannt sich die Lage für einige Zeit.

    1. Mai 1848

    In Breslau tritt ein Tarifvertrag für Buchdrucker in Kraft, der u.a. neben einem Mindestwochenlohn, eine zehnstündige Arbeitszeit, Überstundenzuschläge bis 200 Prozent und die Lehrlingszahl in ein festes Verhältnis zur Gehilfenzahl bringen soll sowie die Errichtung einer Überwachungs- und Schlichtungsbehörde, die aus zwei Prinzipalen, fünf Setzern und zwei Druckern besteht. Weiter wird bestimmt, daß Gehilfen, die in kleinen Städten für einen geringeren Lohn arbeiten, in Zukunft in Breslau keine Arbeit in Druckereien finden werden. Innerhalb von zwei Wochen schließen sich 48 Druckereien in 42 schlesischen Orten dem Tarifvertrag an.
    Tarifliche Vereinbarungen mit den Prinzipalen setzen auch die Gehilfen Dresdens, Halles, Frankfurts und Wiens durch; erfolglos bleiben dagegen Bewegungen in Hamburg, Danzig, Hannover und München.

    13. Mai 1848

    In Berlin erscheint "Gutenberg", Organ für die Gesamtinteressen der Buchdrucker und Schriftgießer Deutschlands, zum ersten Mal. Sie wird wöchentlich herausgegeben. Die Auflage des "Gutenberg" übertrifft bald die der "Typographia".

    18. Mai 1848

    Die deutsche Nationalversammlung kommt zu ihrer ersten Sitzung in Frankfurt a. Main zusammen. Der überwiegende Teil der Abgeordneten besteht aus Richtern, hohen Beamten und Lehrern. Arbeiter sind bis auf 4 Handwerker nicht vertreten.
    In den kommenden Monaten richten viele Arbeitervereine Forderungen an das Parlament, um demokratische und soziale Reformziele in die Verfassungsdebatte einzubringen.

    25. Mai 1848

    Die erste Ausgabe der Zeitung des Zentralkomitees "Das Volk" erscheint.

    10. Juni 1848

    "Das Volk" teilt mit, daß das Zentralkomitee Anträge von St. Born angenommen hat, die den Parlamenten in Frankfurt a. Main und Berlin zugesandt werden sollen. Für die Arbeiter werden u.a. folgende Programmpunkte aufgeführt: Bestimmungen des Minimums des Arbeitslohns und der Arbeitszeit durch Kommissionen von Arbeitern und Meistern oder Arbeitgebern; Verbindung der Arbeiter zur Aufrechterhaltung des festgesetzten Lohnes; Aufhebung der indirekten Steuern, Einführung progressiver Einkommensteuer mit Steuerfreiheit derjenigen, die nur das Nötigste zum Leben haben. Der Staat übernimmt den unentgeltlichen Unterricht und die unentgeltliche Erziehung der Jugend mit Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten. Unentgeltliche Volksbibliotheken. Regelung der Zahl der Lehrlinge, welche ein Meister halten darf, durch Kommissionen von Meistern und Arbeitern. Aufhebung aller für das Reisen der Arbeiter gegebenen Ausnahmegesetze, namentlich der in den Wanderbüchern ausgesprochenen. Beschäftigung der Arbeitslosen in Staatsanstalten. Errichtung von Musterwerkstätten durch den Staat und Erweiterung der schon bestehenden öffentlichen Kunstanstalten zur Heranbildung tüchtiger Arbeiter. Der Staat versorgt alle Hilflosen und also auch alle Invaliden der Arbeit.

    11./14. Juni 1848

    44 Buchdruckergesellen und Prinzipale (Druckereibesitzer), die rund 12.000 Drucker und Setzer vertreten, gründen in Mainz den "Nationalen-Buchdrucker-Gehilfen-Verband" um sich, wie es in einer Petition an die Nationalversammlung heißt, gegen das "Herabdrücken zur Fabrikarbeit" zu verteidigen, das sie wegen der Einführung von Dampfmaschine und Schnellpresse in den Druckereien befürchten.
    Zweck des Vereins ist "die Hebung und Sicherstellung des materiellen und geistigen Wohls" der Buchdruckereigehilfen Deutschlands.
    Ihre Forderungen fassen sie in einem Achtpunkteprogramm zusammen. So u.a. : die Gründung eines Arbeiter-Ministeriums, gewählt durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer; Überwachung des Lehrlingswesens; Regulierung des Maschinenwesens - nur gelernte Buchdrucker dürfen Druckmaschinen bedienen und zwar jeder nur eine; gesetzliche Regelung, daß ein Geschäft nur von denen betrieben wird, die es gelernt haben.
    Abschaffung aller rechtlichen Nachteile der Arbeiter, also auch Abschaffung des Koalitions- und damit des Streikverbotes. Die Nationalversammlung wird um die "gesetzliche Genehmigung" der Tarifbestimmung gebeten.
    Punkt 6 lautet: "Aufforderung an die verschiedenen geschäftsverwandten Arbeiter Deutschlands zur Vereinigung behufs der Feststellung ihrer Arbeitspreise und zur Gründung von Kranken-, Invaliden-, Sterbe- und Witwenkassen nach Muster der Buchdrucker und Gewährung von Staatsmitteln zur Gründung derselben".
    In Punkt 7 fordern die Buchdrucker die Anerkennung der Kompetenz des Arbeiters, seine Verhältnisse selbst zu regulieren.
    Die Mainzer Abgeordneten verfassen eine zweite Resolution als >Aufruf an die Herren Buchdruckereibesitzer Deutschlands<. Durch Vereine von Arbeitgebern und Arbeitern sollen die allgemeinen Beschwerden und die Mittel zu deren Beseitigung untersucht, durch Einigung geholfen und das Ergebnis der Reichsversammlung oder den Staatsbehörden mitgeteilt werden, damit diese einen Leitfaden für die Regelung dieser großen Angelegenheit bekommen.
    In ihrem Schreiben an die Buchdruckereibesitzer setzen die Gehilfen ihrem gesellschaftlichen Programm ein wichtiges Element hinzu: Den Gewerkschaften der Arbeiter sollen Vereine der Unternehmer gegenübertreten. "Gründen auch Sie einen Nationalverein und veranstalten Sie in Bälde eine Nationalversammlung, worin Sie sich gegenseitig verpflichten, den Bestimmungen der Mainzer Nationalversammlung nachzukommen. Wie wir, die Beförderer der Wissenschaft, unseren Standesgenossen, den Arbeitern, als Vorbild zur friedlichen Lösung der obschwebenden Frage den Weg weisen wollen, so stellen auch Sie sich an die Spitze der Arbeitgeber, und die spätere Nachwelt wird dankbar der glorreichen Pfingsttage des Jahres 1848 gedenken."
    Die Buchdruckergehilfen verabschieden einen Entwurf eines nationalen Tarifs, der sich eng an den Heidelberger Entwurf hält. Danach soll die Arbeitszeit auf zehn Stunden begrenzt und regelmäßige Sonntagsarbeit verboten werden. Es soll ein Lohnminimum durchgesetzt, das Lehrlingswesen streng normiert werden.
    Die Druckereibesitzer werden aufgefordert, diese Forderungen bis zum 1. August anzunehmen, sonst haben sämtliche Gehilfen am 1. August überall dort ihre Stellung aufzugeben, wo die Prinzipale sich den Mainzer Beschlüssen nicht fügen.
    Die Mitglieder des Vereins verpflichten sich, auch Mitglieder einer zu gründenden zentralen Kranken-, Invaliden- und Reiseunterstützungskasse zu werden.
    An der Spitze des Verbandes steht das "Zentralkomitee" mit zwei Direktoren. In den größeren Städten sollen "Hauptvereine", in kleineren "Zweigvereine" gebildet werden. Lokale Schiedsgerichte aus vier Gehilfen und drei Prinzipalen sollen Streitigkeiten schlichten. An allen Vereinsorten sollen Unterstützungskassen errichtet werden.
    Die Delegierten wählen den "Gutenberg" zunächst für ein Jahr zum gemeinsamen Organ. In kurzer Zeit schließen sich 142 örtliche Verbände dem nationalen Verein an.
    Ein unmittelbar im Anschluß an die Mainzer Buchdrucker-Nationalversammlung tagender Schriftgießerkongreß setzt nach dem Vorbild der Buchdrucker einen Tarifentwurf fest, der für einige Zeit in Deutschland und in den Donaumonarchien in Kraft gesetzt werden kann.

    18./19. Juni 1848

    Ein Handwerkerkongreß in Berlin verlangt in einer Petition an die Nationalversammlung für jeden, der arbeiten wolle, vom Staat angemessene Arbeit und entsprechenden Lohn, unentgeltlichen Unterricht und Jugenderziehung sowie die Versorgung der Invaliden der Arbeit.

    10. Juli 1848

    Der Arzt Rudolf Virchow gibt die Zeitschrift "Medicinische Reform" heraus, in der er sich nach dem Motto "Der Arzt ist der natürliche Anwalt der Armen" für eine einheitliche Medizinalgesetzgebung mit einem Reichsmedizinalministerium an der Spitze, für Ärzte- und Ehrenkammern zur Überwachung des Ärztestandes, für eine systematische Gesundheitspflege der Schulkinder und vornehmlich für eine Beseitigung jener sozialen Schäden wie die Unterernährung und Unhygiene einsetzt. Die "Medicinische Reform" erscheint bis 29. Juni 1849.

    17. Juli 1848

    Eine Versammlung von Buchdrucker-Unternehmern in Leipzig beschließt, daß bei einer Strafe von 50 Talern kein Gehilfe eingestellt werden soll, der sich auf die Mainzer Beschlüsse stützt.

    Mitte Juli 1848

    Ein Gehilfenkongreß der Buchdrucker, der nach dem Bruch mit den Meistern zusammentrifft, regt die Gründung eines allgemeinen deutschen Arbeitervereins an.
    Der Kongreß spricht sich gegen die Gewerbefreiheit aus, verabschiedet aber auch ein sozialpolitisches Programm, in dem u.a. gefordert werden: Eine neue Innungsverfassung soll jedem Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft die seiner Arbeitskraft angemessene Erwerbssphäre sichern. Unfreiwillige Armut soll durch öffentliche Arbeiten aufgehoben werden.

    1. August 1848

    In einigen Orten streiken die Buchdrucker für die Durchsetzung der Mainzer Tarifforderungen, nur mit geringem Erfolg. Das Zentralkomitee der Buchdrucker in Frankfurt a. Main verhält sich abwartend. Ende August brechen die noch Streikenden den Ausstand erfolglos ab. Der nationale Buchdruckerverein besteht praktisch nicht mehr. Einziges Bindeglied zwischen den lokalen Organisationen bildet der "Gutenberg".
    In Berlin werden im Januar 1849 einige Berliner Streikführer, darunter Stephan Born, zu zwei Wochen Gefängnis wegen Verstoßes gegen die Gewerbeordnung - Aufforderung zum Streik - verurteilt.

    Der "Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen" gibt unregelmäßig erscheinende "Mitteilungen" heraus.

    9. August 1848

    Zum Streik der Buchdrucker schreibt St. Born im "Volk":
    "Wir haben die Arbeit nicht eingestellt, um die wenigen Pfennige, welche uns zugute kommen sollen, und die unser Los doch nicht zu einem glücklichen machen können, wir haben sie eingestellt, weil man uns das Recht streitig macht, uns mit unseren deutschen Brüdern zu gemeinsamen Forderungen zu vereinigen, weil man von den auf dem Mainzer Kongreß gefaßten Beschlüssen nicht einen Punkt annehmen will, und somit über den stattgefundenen Kongreß, als wäre er gar nicht dagewesen, hinweggehen will, das heißt, weil man nicht dulden will, daß die Arbeiter sich herausnehmen, sich selbständig zu vereinigen und in Gemeinschaft ihre Angelegenheiten zu leiten.
    Arbeiter! Jetzt werdet Ihr verstehen, um was es sich bei unserer Arbeitseinstellung handelt. Eine große Prinzipienfrage ist es, für die wir in die Schranken getreten sind und für deren Lösung in unserem Sinne wir unser Wohl aufs Spiel gesetzt haben. Wir wollen sehen, ob wir uns das Recht nicht wahren können, das jedem Bürger im Lande frei steht, seine Ware nach seinem Willen zu verkaufen, oder ob wir Arbeiter Sklaven sind, die nehmen müssen, was man ihnen für ihre Arbeit geben will!"

    23. August / 3. September 1848

    Auf dem Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Kongreß in Berlin vertreten 40 Delegierte drei Arbeiterkomitees (Berlin, Hamburg, Leipzig) und 32 Arbeitervereine, darunter die vereinigten Zigarrenarbeiter aus Hamburg, die Schriftsetzer, Maschinenbauer, Stuhlarbeiter, Kattundrucker und Formstecher in Berlin, die Garnweber und Seidenwirker in Köpenick, die Kattundrucker und Formstecher in Eilenburg in Sachsen.
    Die Delegierten gründen die "Arbeiterverbrüderung" als Dachorganisation der Arbeiter und Gewerbevereine. Sitz der "Arbeiterverbrüderung" wird Leipzig. Als Zentralorgan erscheint ab 3. Oktober - redigiert von St. Born - "Die Verbrüderung".
    In jedem Ort sollen die verschiedenen Arbeitergewerke Vertreter in ein "Lokalkomitee für Arbeiter" wählen. Dies soll vor allem die Bedürfnisse und Übelstände des Proletariats genau erforschen und auf Abhilfsmittel dringen.
    Die Aufgaben der Lokalkomitees sollen u.a. sein: die Arbeitsvermittlung. Die Organisation verlangt, daß ohne diese Vermittlung kein Arbeitsvertrag mehr abgeschlossen werden dürfe. Kein Arbeitgeber dürfe mehr einen Arbeiter entlassen, es sei denn, er habe dies dem Lokalkomitee 14 Tage vorher angezeigt. Läßt sich für die Arbeitslosen keine Arbeit beschaffen, dann soll der Staat Unterstützung zahlen. Schon der erste deutsche Arbeiterkongreß verlangt demnach die staatliche Arbeitslosenfürsorge.
    Weitere Forderungen sind: Der Lohn muß für dieselbe Art der Arbeit im ganzen Ort gleich sein und wird durch Übereinkunft der Arbeitgeber mit den Arbeitern unter Vorsitz des Lokalkomitees so festgestellt, daß der geringste Lohnsatz (Minimum) den Bedürfnissen des Lebens entsprechend ist. Kein Arbeitgeber darf seine Arbeiter selbst entlohnen, sondern hat die Lohnsumme an das Lokalkomitee zu überweisen.
    Vom Lohn sollen 7-10 Prozent für eine Assoziationskasse einbehalten werden, aus deren Mitteln eine Bank, Produktiv-Assoziationen mit Unterstützung des Staates sowie Wander-, Kranken- und Invalidenkassen gegründet werden sollen.
    "Von allen Bestimmungen sind die weiblichen Arbeiter nicht ausgeschlossen und genießen unter gleicher Verpflichtung gleiche Rechte."
    An den Staat richtet die Arbeiterverbrüderung folgende, das Arbeitsverhältnis betreffende Forderungen: Die Einführung des Erlernungsnachweises bei der Übernahme eines Geschäfts, das technische Fertigkeiten voraussetzt; öffentliche Prüfung derer, die Meister werden wollen; möglichste Aufhebung der Konkurrenz der Meister untereinander; Verbot übermäßiger Lehrlingshaltung; Wahl der Werkführer in Fabriken und Werkstätten unter Zuziehung der Arbeiter; der zehnstündige Normalarbeitstag für Erwachsene; Verbot der Beschäftigung von Kindern in Fabriken und im Hausierhandel. In Werkstätten soll die Beschäftigung von Kindern nur gestattet sein, soweit der regelmäßige Schulbesuch dadurch nicht gehindert wird.
    Von den politischen Forderungen an den Staat sind hervorzuheben: Das allgemeine, gleiche Wahlrecht für Reichstag, Landtag und Gemeinde, Aufhebung der indirekten Steuern, Einführung einer progressiven Einkommensteuer, Steuerfreiheit derer, die nur das zum Leben Notwendige haben. Einheitliche unentgeltliche Volksschule ohne Religionsunterricht für alle Kinder, Gewährung von Lehrmitteln und Kleidern an unbemittelte Kinder.
    Mehrere Lokalkomitees sollen Bezirkskomitees bilden. An der Spitze der "Arbeiterverbrüderung" steht das Zentralkomitee. Träger der "Arbeiterverbrüderung" sind Handwerksgesellen, Facharbeiter, aber auch Meister. Unter der Parole "Einer für alle, Alle für einen" macht sie Selbsthilfe, Solidarität und soziale Reform zu den Eckpfeilern der Arbeiterbewegung.

    27. August 1848

    In Frankfurt a. Main versucht eine Versammlung von Prinzipalen und Gehilfen die Differenzen im Buchdruckerverein zu schlichten.
    Obwohl nur ein Teil der Gehilfen vertreten sind, wird eine neue Organisation, der "Allgemeine Buchdruckerverein" gegründet, der die "Buchdruckerzeitung" herausgibt. Sie erscheint bis Juli 1849. Der Verein findet jedoch kaum Resonanz.
    Die Opposition hält am "Gutenberg" fest, dessen Redakteur am 30. September den "Gutenbergbund" gründet.

    September 1848

    Auf einem Gesellenkongreß in Frankfurt a. Main werden u.a. ein paritätisch besetztes soziales Parlament, das die gesamte soziale Gesetzgebung zu beraten hat und dann dem politischen Parlament zur Entscheidung vorlegt, wie ein soziales Ministerium gefordert. Die Mitglieder dieses sozialen Ministeriums sollen vom sozialen Parlament ernannt werden, das Ministerium soll "an die Spitze aller öffentlichen sozialen Geschäfte" treten.

    18. September 1848

    In einem Aufruf des Zentralkomitees der "Arbeiterverbrüderung" an sämtliche Arbeiter und Arbeitervereine heißt es, "wir Arbeiter müssen uns selbst helfen" und mahnt: "Seid einig, dann seid ihr stark."

    25./29. September 1848

    In Berlin gründen Tabakarbeiter als zentrale Organisation die "Association der Cigarrenarbeiter Deutschlands". Verhältnismäßig rasch entstehen in 40 deutschen Orten Zweigvereine. Die regionale Konzentration der Zigarrenherstellung - Baden, Sachsen, Westfalen - ist günstig für die Organisation.
    Den Tabakarbeitern geht es - anders als den standesbewußten Buchdruckern - um die Verbesserung ihres Ansehens. Ihre Arbeit gilt zwar als ungesund, aber leicht. Deshalb werden in ihr billige Arbeitskräfte - Frauen, Kinder und Gefängnisinsassen - beschäftigt.
    Zu den wichtigsten Forderungen des Verbandes zählt deshalb das Verbot der Frauen-, Kinder- und Gefängnisarbeit.
    Der Zweck der Association ist, das moralische und materielle Wohl der vereinigten Arbeiter auf dem geeignetsten Wege durch gegenseitige Unterstützung oder vielmehr mit vereinter Kraft zu erreichen und zu befördern, da nur auf diesem Wege die Übelstände, welche sich in unser Geschäft eingeschlichen haben, zu beseitigen sind.
    Durch "Lehre und Unterricht" soll die "mangelhafte Bildung" der Mitglieder gehoben werden. Gegenseitige Unterstützung bei unverschuldetem Unglück und bei Krankheit wird gefordert, und mit den Fabrikanten will die Association verhandeln, um die Rechte der Arbeiter zu sichern.
    Jeder Fabrikant soll nicht mehr als drei Lehrlinge beschäftigen dürfen, und auch das nur dann, wenn in seiner Fabrik fachlich einwandfreie Arbeit geleistet wird. Zur Überwachung der auf drei Jahre festzulegenden Ausbildung sollen paritätisch aus Arbeitern und Fabrikanten zusammengesetzte Kommissionen gebildet werden. Für die Akkordarbeit soll ein Mindestlohn gezahlt werden.
    An der Spitze der Association steht ein vom Kongreß gewählter Präsident. Er kann an seinem Wohnsitz, der als "Centralstadt" der Association gilt, Vertrauensmänner auswählen, die das "Centralkomitee" bilden und ihn bei der Verwaltungsarbeit unterstützen sollen. Mitglieder und Zweigvereine werden verpflichtet, "die Anordnungen des Präsidenten und die vom Congreß gefaßten Beschlüsse in Ausführung zu bringen", ferner regelmäßig ihre Berichte und vor allem die Beiträge einzusenden. Ansonsten sind die Zweigvereine weitgehend unabhängig. Das Statut legt nur fest, daß die örtlichen Vorstände alle drei Monate neu gewählt werden müssen, und daß es an jedem Ort eine oder mehrere Kassen für Reise-, Kranken-, Sterbe- und Invalidenunterstützung geben solle. Wer noch keinem Zigarrenarbeiterverein angehöre, dürfe nur dann in die Association aufgenommen werden, wenn er durch glaubwürdige Zeugnisse nachweist, daß er vor dem 1. Oktober 1848 als Zigarrenmacher beschäftigt war. Kann er das nicht, muß er sich der Prüfung durch eine Sachverständigenkommission unterziehen, die herauszufinden hat, ob der Bewerber "die Fähigkeiten eines guten und praktischen Arbeiters" besitzt.

    3. Oktober 1848

    In der ersten Ausgabe der "Verbrüderung" heißt es u.a.: "Deutschlands Arbeiter müssen dahin streben, eine moralische Macht im Staate zu bilden, ein starker Körper zu werden, der jedem Sturm trotzt, der vorwärts und immer vorwärts dringt, und in seiner Bewegung alles niederhält und forträumt, was einer freien und besseren Gestaltung der Dinge im Wege steht, der Jeden in sich aufnimmt, wer ein Herz hat für die Not der Bedrückten und selbst gefesselt ist von der Macht des Kapitals, dessen körperliche und geistige Kräfte sich verdingen müssen an einen Glücklichen der Erde: einen jeden, der arbeitet oder arbeiten will."

    3./6. Oktober 1848

    Auf der ersten Generalversammlung der katholischen Vereine (Katholikentag) in Mainz wird über die "sozialen Mißverhältnisse und Übelstände" diskutiert.

    13. Oktober 1848

    In einer Artikelfolge über "Die soziale Frage" schreibt St. Born in "Die Verbrüderung":
    "Das Recht auf Arbeit setzt den Gegensatz von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, von Nichtarbeitenden und Arbeitenden voraus und unsere ganze Arbeiterbewegung will die Aufhebung dieses Gegensatzes. Hinter diesem vermeintlichen Recht versteckt sich also notwendig noch eine Reihe anderer Forderungen, welche die ganze alte Gesellschaft über den Haufen werfen würden, wenn man sie verwirktlichte, Forderungen, durch deren Annahme erst die Garantie der Arbeit möglich gemacht werden sollte."

    27. Oktober 1848

    Luise Otto, die spätere Gründerin des "Allgemeinen Deutschen Frauenvereins", sendet eine Solidaritätserklärung an die "Arbeiterverbrüderung": "Mit diesem habt Ihr es ausgesprochen, daß Männer und Frauen gleichberechtigt sind ... Ihr habt nicht vergessen, daß Ihr auch Schwestern habt. Schwestern, die wie Ihr leiden unter den Herrenrechten des Geldes, unter der Übermacht des Kapitals, unter dem Druck tyrannischer Arbeitgeber und eines Übermaßes von Konkurrenz ... wie die Natur zwei verschiedene Geschlechter schuf, so hat sie denselben für die Verschiedenheit auch verschiedene Wirkungskreise und körperliche Fähigkeiten zugewiesen ... Ebenso ist nicht zu leugnen, daß, wie jetzt die Sachen stehen, wie die Bildung der Frauen hinter der Bildung der Männer zurückgeblieben, es auch den Frauen schwerer werden würde in gleicher Weise wie Ihr es tut, Associationen neu zu bilden und sich selbst zu helfen. Es liegt also das Los der Arbeiterinnen mit in Eurer Hand, Arbeiter!"
    Luise Otto unterstützt 1848 aktiv die Bildung von Arbeiterinnenvereinen und von Frauenvereinen zur Unterstützung Hilfsbedürftiger.

    9./12. November 1848

    Der preußische König läßt die Nationalversammlung von Berlin nach Brandenburg "verlegen". Am 10. November wird Berlin von Truppen besetzt, ohne auf Widerstand zu stoßen. Am 12. November verhängt General von Wrangel den Belagerungszustand. Alle Klubs und Vereine zu politischen Zwecken werden geschlossen, alle Drucksachen müssen polizeilich genehmigt werden.

    5. Dezember 1848

    Die preußische Verfassung legt in ihrem Artikel 28 fest: "Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen."

    9. Dezember 1848

    Im "Gutenberg" wird ein Statutenentwurf für einen nationalen "Gutenbergbund" veröffentlicht. Der Entwurf betont den sozialpolitischen Charakter des Bundes. Der Anschluß an die "Arbeiterverbrüderung" ist geplant.

    23. Dezember 1848

    Nachdem schon seit längerem lokale Unterstützungskassen für Buchdrucker bestanden, wird nun im "Gutenberg" ein Statut für Bundeskassen veröffentlicht. Das Besondere an diesen neuen Kassen ist: Sie werden zentral geleitet; sie arbeiten nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit und der Freizügigkeit, so daß ein Gehilfe seine Rechte nicht verliert, wenn er in einen anderen Ort zieht; sie werden von Gehilfen verwaltet und sind unabhängig von den Unternehmern; sie sind obligatorisch; wer dem Gutenbergbund angehört, muß in die Kasse eintreten.
    In der Praxis werden diese Grundsätze jedoch nicht so streng gehandhabt. Als erstes wird eine Reiseunterstützungskasse eingerichtet.

    Ende des Jahres 1848

    Der Berliner Lokalverein des "Centralvereins zum Wohl der arbeitenden Klassen" veröffentlicht Vorschläge über die Beziehungen von Fabrikbesitzern und Fabrikarbeitern. Auf lokaler Ebene sollen sämtliche Beteiligte eines Fabrikzweiges durch "Fabrikvereine" zu einer korporativen Verbindung zusammentreten, um die bereits 1844 aufgestellten Ziele zu verwirklichen und dann zu kontrollieren. Vor allem sollen sie eine "Verbesserung des ganzen Fabrikwesens und das Wohl der Arbeiter" in den Fabriken im Augen haben; außerdem sind sie zur Leitung der verschiedenen einzurichtenden Hilfskassen in den Fabriken sowie zur Beschaffung gesunder und billiger Wohnung und Kost für die Arbeiter vorgesehen. Selbständige, unabhängige, paritätisch besetzte Schiedsgerichte sollen zudem die Regelung von Streitigkeiten in Arbeitszeit- und Lohnfragen anbahnen. Außerdem plädiert der Centralverein für die Einführung von Arbeitsbüchern, da diese nach seiner Meinung die Redlichkeit und Solidarität der Arbeiter fördern und die Möglichkeit bieten, gegenseitige Forderungen und Abrechnungen auf einfachere und glaubwürdigere Weise festzustellen.
    Die Fabrikvereine sollen auch die Interessen des Fabrikzweiges bei den Behörden wahrnehmen und sich an den Wahlen zu übergeordneten Gewerberäten und -gerichten beteiligen.
    Diese Vorstellungen werden von einigen Abgeordneten Anfang 1849 der Nationalversammlung vorgelegt, haben aber keine Chance realisiert zu werden.


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