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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
26./28. Nov. 1976

Der 13. Kongreß der Sozialistischen Internationale mit Delegierten aus über 30 Ländern, die 40 Parteien vertreten, findet in Genf statt.
Der Kongreß wählt W. Brandt einstimmig zum neuen Präsidenten der SI. W. Brandt betont, daß die Internationale einen neuen Start benötige. Die SI war und wird keine zentrale Kommandostelle für die Mitgliederparteien sein. Sie ist eine Gruppe souveräner Parteien, die auf einer Reihe gemeinsamer fundamentaler Überzeugungen beruht. Wir haben es nicht mehr allein mit Moskau und Peking zu tun, sondern auch mit dem sogenannten Eurokommunismus. Es ist jedoch noch unklar, ob es sich dabei nur um eine neue Taktik im Interesse der Macht oder um eine Entwicklung aus Erkenntnis handele.
W. Brandt fordert die Parteien der SI zu Offensiven für einen gesicherten Frieden, für neue Beziehungen zwischen Nord und Süd und für die Menschenrechte auf.
H. Schmidt bezeichnet in der Debatte über die Wirtschaftspolitik die Inflation als Grundübel der wirtschaftlichen Krise; die einzelnen Regierungen müßten zunächst jeweils ihr eigenes Haus in Angriff nehmen, ehe sie die Neuordnung der internationalen Wirtschaft in Angriff nehmen könnten. Der österreichische Bundeskanzler B. Kreisky betont hierzu, daß die Inflation nicht die Ursache, sondern vielmehr ein Indikator von Problemen sei.
Der Kongreß verabschiedet eine Resolution »Zur politischen Lage«: Ohne Demokratie gibt es keinen Sozialismus, und ohne Sozialismus gibt es keine Demokratie. Angesichts der Unterdrückung und Aggression durch den Kapitalismus und den Kommunismus ist der Sozialismus der einzig mögliche Treffpunkt für alle unterdrückten Völker sowie für alle, die für die Freiheit und den sozialen Fortschritt und für volle Verantwortung des Individiums in der Gesellschaft kämpfen.
Die Zusammenarbeit der Supermächte sei zwar nötig, aber eine dauernde Erscheinung in den internationalen Beziehungen dürfe sie nicht sein. Abbau der Streitkräfte habe erste Priorität. Die Regierungen werden aufgefordert, auf folgenden Gebieten bei der Durchführung der Helsinki-Erklärung mehr zu tun: regelmäßige politische Konsultation; Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen; Zusammenarbeit bei gemeinsamen Projekten (Umwelt, Gesundheit, Energie, Kommunikation, Kultur); Aktionsfreiheit der Journalisten und Verbreitung kultureller Medien; mehr Erleichterungen für den freien Gedankenaustausch und die Familienzusammenführung.
Die Welt sei immer noch bedroht, heißt es in der Entschließung. Das südliche Afrika wird dabei besonders eingehend und mit ermutigenden Worten für die Freiheitsbewegungen angesprochen. Die SI muß für ein wirklich unabhängiges Afrika arbeiten. Neutralität gegenüber den Auseinandersetzungen in Südafrika ist unmöglich.
Die SI verurteilt Terrorismus in allen seinen Formen.
In weiteren Entschließungen wird u.a. gefordert: die Umverteilung von Wohlstand und Einkommen zugunsten der Entwicklungsländer; schärfere Kontrollen des internationalen Kapitalflusses; bessere Bedingungen für Importe von Industriegütern aus Entwicklungsländern; Verzicht auf Benutzung eines Reichtums an Bodenschätzen zu politischem oder wirtschaftlichem Druck gegenüber anderen Ländern; Kontrolle über die Ein- und Ausfuhr von spaltbarem Material; die Wiederherstellung der Menschenrechte in Lateinamerika und die Wiederaufnahme der Genfer Nahost-Konferenz.
Die SI verabschiedet neue Statuten. Die SI besteht aus den Mitgliedsparteien und den der SI brüderlich verbundenen Organisationen (wie Internationale Union der Sozialistischen Jugend und dem Internationalen Rat der sozialdemokratischen Frauen); beide Gruppen haben Rede- und Stimmrecht; beratenden Parteien und assoziierten Organisationen, die beide nur Rede- aber kein Stimmrecht haben. Organe der SI sind u. a.: der Kongreß, das Büro - es faßt Beschlüsse zwischen den Kongressen, ihm gehören alle Mitgliedsparteien sowie die der SI verbundenen brüderlichen Organisationen an; alle haben im Büro je eine Stimme - und das Sekretariat. An der Spitze der SI stehen der Präsident und die Vizepräsidenten. Die organisatorische Arbeit liegt in den Händen des Generalsekretärs.
Der Kongreß wählt 14 Vizepräsidenten und den Schweden B. Carlsson zum Generalsekretär.



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net edition fes-library | Juni 2001