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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 8 (Fortsetzung)]
Archiv für neuere Akten
<Archiwum Akt Nowych>,
Für den polnischen Historiker der Arbeiterbewegung ist dies seit 1990 das wichtigste Archiv in Polen, weil es zusätzlich zu seinen älteren reichen Sammlungen (vor allem den Archiven der polnischen zentralen staatlichen Institutionen von 1918 bis zur Gegenwart) mit Ausnahme der gedruckten Materialien die gesamten Bestände des ZA der PVAP, das vor 1990 als politisches Hauptarchiv der polnischen Arbeiterbewegung galt, sowie alle anderen Papiere des ZK der PVAP und seiner Nebenstellen aufgenommen hat. Bis zur Jahresmitte 1992 bildeten die Akten des ehemaligen ZA der PVAP im AAN eine besondere Abteilung unter der Bezeichnung "Archiv der polnischen Linken". Jetzt bilden sie jedoch einen integralen Bestandteil des AAN mit der Besonderheit, daß aus praktischen Gründen die alten Signa- [Seite der Druckausg.: 9] turen des ZA der PVAP beibehalten wurden. Dies ermöglicht die Benutzung der alten Führer und Findbücher des Parteiarchivs. Die Bestände des ehemaligen ZA der PVAP umfassen: 1. Archivmaterialien der Parteien und anderer Organisationen der Arbeiterbewegung von den Anfängen der Existenz einer Arbeiterbewegung auf polnischem Boden bis zur Gründung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei <Polska Zjednoczona Partia Robotnicza> im Jahre 1948; 2. weit weniger reiche, gleichwohl aber wertvolle Materialien zur Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts; 3. Materialien der Jugendorganisationen der kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei bis zum Jahre 1948; 4. die Akten der zentralen Instanzen der PVAP sowie die Akten der Abteilungen und Kommissionen des Zentralkomitees der PVAP vom Dezember 1948 bis zum Jahre 1990, die zusammen den absolut größten Teil des Bestandes des ehemaligen ZA der PVAP bilden; 5. persönliche Sammlungen und Nachlässe der Führer und aktiven Mitglieder der Arbeiterbewegung in Polen, ihre Memoiren sowie historische Befragungen; 6. eine Fotosammlung zur polnischen und internationalen Arbeiterbewegung; 7. Mikrofilmbestände mit Dokumenten zur polnischen und internationalen Arbeiterbewegung, die sich in anderen polnischen oder ausländischen Archiven und Sammlungen befinden. Mit der Sammlung dieser Materialien wurde kurz nach dem Ende des II. Weltkrieges begonnen, als die damalige kommunistische Partei <Polska Partia Robotnicza (PPR)> und die sozialdemokratische Partei <Polska Partia Socjalistyczna (PPS)> ihre zentralen Archive gründeten. Nach der Vereinigung beider Parteien im Dezember 1948 wurden diese Archive zusammengelegt und befanden sich in der damals geschaffenen Abteilung für Parteigeschichte beim ZK der PVAP. Diese Institution übte in den fünfziger und sechziger Jahren eine sehr intensive Sammeltätigkeit aus. Sie trug handschriftliche und gedruckte Materialien zur Arbeiterbewegung zusammen, die sich in den Händen von Privatpersonen befanden, und beschaffte aus Moskau, aus dem damaligen Zentralarchiv des ZK der KPdSU Fotokopien des reichen historischen Archivs, das polnische kommunistische Emigranten dort in den zwanziger und dreißiger Jahren zusammengetragen hatten (unter anderem Kopien von Archivalien der Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens <Socjaldemokracja Królestwa Polskiego i Litwy (SDKPiL)> (1893-1918), von Nachlässen ihrer Führer, unter an- [Seite der Druckausg.:10] derem von Rosa Luxemburg, Leo Jogiches u. a. und von Materialien der Polnischen Sektion der Kommunistischen Internationale. Im Jahre 1956 gelang es sogar, das historische Archiv der Polnischen Sozialistischen Partei im Original zurückzuerlangen, das Einheiten der Roten Armee 1945 in der Nähe von Danzig gefunden und als Kriegsbeute in die UdSSR verbracht hatten. Unter Verletzung des Provenienzprinzips befanden sich im Parteiarchiv auch zahlreiche Materialien, die besonders die kommunistische Bewegung betrafen und aus staatlichen Archiven (Polizei-, Gerichts-, Gefängnis- und Verwaltungsarchiven) entnommen worden waren. Im Januar 1957 wurde die Abteilung für Parteigeschichte in das Institut für Parteigeschichte <Zaklad Historii Partii> beim ZK der PVAP mit einer autonomen Archivabteilung umgewandelt. Im März 1971 wurde die Forschungsabteilung des Instituts der Hochschule für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der PVAP <Wyzsza Szkola Nauk Spolecznych przy KC PZPR> angegliedert, während aus der Archivabteilung und der Bibliothek des Instituts eine selbständige Institution geschaffen wurde, die beim Zentralkomitee unter der Bezeichnung Zentralarchiv des Zentralkomitees der PVAP <Centralne Archiwum KC PZPR> tätig war. Zum Bestand dieses Archivs gehörten die folgenden Dokumentationsarten: Akten, verfilmte Archivalien und Druckwerke (Mikrofilmarchiv), Druckwerke (Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Zeitungen und Flugblätter) und die Fotosammlung (Ikonographie). Über den Inhalt der Sammlungen des ehemaligen ZA der PVAP informiert im einzelnen eine ganze Reihe von Publikationen: Die vollständigsten Informationen über seine Aktenbestände außer den aus der PVAP selbst hervorgegangenen Akten (d. h. also bis zum Jahre 1948) bietet der 1989 herausgegebene Archivführer.
[Seite der Druckausg.:11 internationalen Arbeiterbewegung, und zwar zur Geschichte der II. Internationale (1889-1914) und der europäischen sozialdemokratischen Parteien (1914-1923) (darunter auch der deutschen Sozialdemokratie) wurden gesonderte Verzeichnisse herausgegeben.
Der gesamte Aktenbestand des ZA der PVAP umfaßte 1989 fast 500 Einheiten und Sammlungen in einem Gesamtumfang von über 2000 lfd. m., wobei die nach 1948 entstandenen Akten die absolute Mehrheit bildeten. Die Akten aus der Zeit vor 1945 teilten sich wie folgt auf: 15 % des Bestandes bezogen sich auf den Zeitraum vor 1918, 70 % auf die Zwischenkriegszeit und etwa 15 % auf die Jahre des II. Weltkrieges. Die deutsche Arbeiterbewegung betreffen im ehemaligen ZA der PVAP ausschließlich oder teilweise folgende archivalische Bestände oder Sammlungen: Nr. 7 - Marx und Engels, Nr. 62 - Julian Marchlewski, Nr. 63 - Rosa Luxemburg, Nr. 67 - Marcin Kasprzak, Nr. 150 - II. Internationale, Nr. 154 - Rote Gewerkschaftsinternationale (Profintern), Nr. 156 - I. Internationale, Nr. 157 - Internationaler Gewerkschaftsbund (Amsterdamer Internationale), Nr. 215 - Deutsche Opposition gegen Hitler, Nr. 262 - Deutsche Revolution Soldatenkomitee, Nr. 300 - Polizeidirektion in Kattowitz [Katowice], Nr. 303 - Sozialistische Jugendinternationale,
[Seite der Druckausg.:12] Zimmerwald und Kienthal, Nr. 311 - Internationale Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien (auch Wiener Internationale oder Internationale
Etwa 80 detaillierte Informationen über den Inhalt der einzelnen Bestände und Sammlungen des ehemaligen ZA der PVAP wurden in den Jahren 1958-1989 in der Vierteljahresschrift zur Geschichte der Arbeiterbewegung "Z Pola Walki" <"Vom Felde des Kampfes"> sowie in den 11 Bänden der Reihe "Archiwum Ruchu Robotniczego" <"Archiv der Arbeiterbewegung"> (1973-1988) veröffentlicht. Eine Bibliographie dieser Berichte enthält die schon erwähnte Veröffentlichung von A. Janowski und
Zahlreiche weitere Angaben zu diesem Thema befinden sich in einigen im Druck erschienenen gesamtpolnischen Inventaren und Archivführern, die besonders die Problematik der Arbeiterbewegung betreffen. Sie sind bei allen archivalischen Nachforschungen in Polen, bei denen es um die Geschichte der Arbeiterbewegung geht und die sich im chronologischen oder thematischen Rahmen dieser Archivführer bewegen, sehr nützlich. Der erste von ihnen betrifft die Geschichte der Arbeiterbewegung in Polen von ihren Anfängen bis 1916.
[Seite der Druckausg.:13] der Jahre 1905-1907 in den polnischen Gebieten und enthält auch Informationen über Quellen zur Teilnahme deutscher Arbeiter in Lodz an dieser Revolution und auch über den vor allem deutsche Arbeiter betreffenden Widerhall dieser Revolution in Ober- und Niederschlesien.
Ein weiterer Archivführer betrifft die Arbeiterbewegung in Polen in den Jahren 1917-1921.
Über Materialien, die die Kommunistische Partei Polens <Komunistyczna Partia Polski (KPP)> in der gesamten Zwischenkriegszeit betreffen und sich in allen polnischen Archiven (Staats- und Parteiarchiven) befinden, informiert in detaillierter Form eine weitere Buchpublikation der Generaldirektion der staatlichen Archive.
Schließlich findet man spezielle Informationen über Quellen zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung in polnischen Archiven in einer Veröffentlichung von A. Glowacki, M. Baumgart und J. Farys.
[Seite der Druckausg.:14] Zwar nicht Quellen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, aber zur Sozialgeschichte der Arbeiterklasse in polnischen Archiven behandeln einige andere Informationsschriften.
Wir haben hier die wichtigsten gesamtpolnischen Bestandsverzeichnisse und Archivführer zur Geschichte der Arbeiterbewegung erwähnt, da sie auch die Orientierung in den derzeitigen Beständen des Archivs für neuere Akten erleichtern. Es muß daran erinnert werden, daß in diesem Archiv nur die ehemaligen Bestände des ZA der PVAP eine geschlossene Materialsammlung zur Arbeiterbewegung bilden. In den übrigen Beständen des AAN liegt zwar ein reichhaltiges, aber sehr verstreutes Material vor. Für seine alten Bestände verfügt das Archiv sowohl über einen allgemeinen Führer als auch über einen Führer, der speziell den Quellen zur Geschichte der Arbeiterbewegung gewidmet ist.
[Seite der Druckausg.:15] ten Veröffentlichungen - den Umgang mit diesem riesigen allgemeinen Material und die Auffindung der in ihm für sein Thema enthaltenen zerstreuten Quellen. Im Prinzip enthalten die älteren Sammlungen des AAN nur Archivalien, die nach der Wiedererlangung der polnischen Unabhängigkeit im November 1918 entstanden sind. In Wirklichkeit jedoch finden sich in zahlreichen archivalischen Beständen Materialien, die bis zum Anfang unseres Jahrhunderts zurückreichen. Die meisten Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung haben sich hier in den Akten der zentralen staatlichen Behörden aus den Jahren 1918-1939 erhalten: in den Akten des Innenministeriums, des Präsidiums des Ministerrates und der Obersten Leitung der Staatspolizei, wo sich neben den die Arbeiterbewegung betreffenden Korrespondenzen, Berichten und Analysen der Sicherheitsorgane viele Originaldokumente von Arbeiterorganisationen und -parteien befinden. Die in diesen Beständen enthaltenen Abschriften von Beschlüssen und Protokollen kommunistischer Organisationen sind oft die einzigen Spuren, die auf die Originaldokumente verweisen. Solche Materialien befinden sich auch im Bestand des Archivs von Jan Ignacy Paderewski. [Fn 11: Kolodziej/Palasiewicz, S. 4. ] Häufig finden sich dort auch Informationen über die Organisationen und das Verhalten der deutschen Arbeiter in der Region Lodz und in Oberschlesien. Das gleiche gilt für die Akten des Außenministeriums und der ihm nachgeordneten konsularischen Vertretungen, wo sich zahlreiche Berichte zur Rolle polnischer Emigranten in der Arbeiterbewegung der einzelnen Länder, darunter auch in Deutschland, aber auch politische Berichte aus dem Deutschland der zwanziger und dreißiger Jahre erhalten haben, in denen auch die Lage und Haltung der deutschen Arbeiterbewegung zur Sprache kommt. [Fn 12: Glowacki u. a., S. 7-17 (Anm. 8). ] Außerdem befinden sich zur Geschichte der Arbeiterbewegung bis 1939 gewisse Quellenmaterialgruppen in den Nachlässen von Wincenty und Wladyslaw Choroszewski 1870-1940, Artur Dobiecki 1916-1937, Stanislaw Dzierzbicki 1883-1919, Stanislaw Kauzik 1919-1939, Zofia und [Seite der Druckausg.:16] Jedrzej Moraczewski 1899-1942, Józef und Aleksandra Pilsudski 1913-1939, Walery Slawek 1908-1938 u. a. Aus den Jahren des II. Weltkrieges haben sich in diesem Archiv relativ wenige Materialien zur Arbeiterbewegung erhalten. Die wichtigste Materialgruppe bilden die Akten des Verbandes polnischer Patrioten <Zwiazek Patriotów Polskich> in der UdSSR, die zahlreiche Informationen zur Tätigkeit der polnischen revolutionären Linken in der UdSSR enthalten. Bedeutend reichhaltiger sind die Archivalien aus den ersten Jahren nach dem II. Weltkrieg: In den Akten des Polnischen Komitees der nationalen Befreiung <Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego> (1944), faktisch der ersten provisorischen Regierung nach dem Kriege, befinden sich u.a. Dokumente, die den Wiederaufbau der Arbeiterbewegung in den Ostgebieten Polens widerspiegeln. Umfangreiche Informationen über die Tätigkeit der Arbeiterparteien und Gewerkschaften in den Jahren 1945-1948 enthalten die Akten des Ministeriums für Öffentliche Verwaltung, des Ministeriums für Information und Propaganda und des Ministeriums für die wiedergewonnenen Gebiete. Zahlreiche biographische Materialien zu Vertretern der Arbeiterbewegung enthalten die Akten des Verbandes der Kämpfer gegen den Faschismus und die faschistische Aggression, für die Unabhängigkeit und Demokratie <Zwiazek Bojowników z Faszyzmem i Najazdem Hitlerowskim o Niepodleglosc i Demokracje> sowie die Akten des Polnischen Bundes der ehemaligen politischen Häftlinge in den Gefängnissen und Konzentrationslagern des Hitler-Regimes <Polski Zwiazek Bylych Wiezniów Politycznych Hitlerowskich Wiezien i Obozow Koncentracyjnych>. Das Archiv besitzt auch einige Gruppen von Materialien der Gewerkschaften aus den ersten Nachkriegsjahren.
[Fn 13: Kolodziej/Palasiewicz, S. 4-5. ]
Archiv der Gewerkschaftsbewegung
(Archiv der gesamtpolnischen Verständigung der Gewerkschaften)
[Seite der Druckausg.:17] Dieses Archiv, das dem zur Zeit größten gewerkschaftlichen Dachverband in Polen gehört, besitzt in der Hauptsache Materialien aus der Zeit nach 1944/45. Es sind dies vor allem die Akten der einzigen in Polen von 1945 bis 1980 existierenden Gewerkschaftszentrale, die bis 1949 den traditionellen Vorkriegsnamen der Zentrale der sozialdemokratischen und kommunistischen Gewerkschaften "Zentralkommission der Gewerkschaften" <Komisja Centralna Zwiazków Zawodowych> trug, ab 1949 aber den Namen "Zentralrat der Gewerkschaften" <"Centralna Rada Zwiazków Zawodowych" (CRZZ)>. Mit der Einführung des Kriegszustandes in Polen im Januar 1981 wurden alle Gewerkschaften aufgelöst. Am 26. November 1984 wurde anstelle der CRZZ die "Gesamtpolnische Verständigung der Gewerkschaften" (OPZZ) geschaffen. Das Archiv der OPZZ ist dem Forscher zugänglich. Es dokumentiert nicht nur die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung in Polen nach dem II. Weltkrieg, sondern auch die Geschichte der Arbeiterklasse in diesem Zeitraum, ihre Arbeitsbedingungen, ihren Lebensstandard, die Streikbewegung seit 1945 u. ä. Es handelt sich um eine sehr umfangreiche Dokumentation (insgesamt etwa 21.000 Akteneinheiten, 500 lfd. m. Akten, von denen nur etwa 300 archivarisch bearbeitet sind), die das Territorium des gesamten Landes umfaßt und vollständig ist. Für viele Schlüsselprobleme wie die materielle Lage der Arbeiter, die Stimmung unter ihnen, die Streikbewegung, die Arbeiterselbstverwaltung usw. kann der Historiker in den Akten des Zentralrates der Gewerkschaften (CRZZ) relativ junges, bis zum Jahre 1981 reichendes Quellenmaterial finden, das in den staatlichen Archiven einer Sperrfrist von 30 Jahren unterworfen ist. Besonders interessantes Material befindet sich in den Akten der Organisationsabteilung und der Präsidialabteilung (des Präsidialbüros) der CRZZ. In begründeten Ausnahmefällen macht das Archiv den Forschern auch noch nicht bearbeitetes Material zugänglich. Das Archiv besitzt nicht nur Materialien der Zentrale, sondern auch der einzelnen Gewerkschaften, die ihre Berichte an sie schickten. Im Archiv befinden sich auch Dokumente zu den internationalen Kontakten der CRZZ, u. a. Materialien zur Realisierung der zwischen dem ZK der PVAP und dem ZK der SED getroffenen Übereinkunft über die ideologi- [Seite der Druckausg.:18] sche Zusammenarbeit durch die polnischen Gewerkschaften in den Jahren 1975-1978 (CRZZ, Sekretariat des Sekretärs S. Lewandowski, Sign. 10). Neben den Berichten, den Sitzungsprotokollen der Gewerkschaftsinstanzen, den Analysen und der Korrespondenz besitzt dieses Archiv in einer besonderen Abteilung die persönlichen Akten aller Gewerkschaftsfunktionäre der zentralen und Woiwodschaftsebene für die Zeit von 1945-1981 (etwa 100.000 Dossiers). Es verfügt auch über das gesamte Material, das von der in den Jahren 1960-1989 als historisches Institut der Gewerkschaftsbewegung in Polen tätigen Einrichtung gesammelt wurde ("Kommission für die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung in Polen" <Komisja Historii Ruchu Zawodowego w Polsce>, später "Institut für die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung" <Zaklad Historii Ruchu Zawodowego>, noch später "Institut für die Geschichte und Theorie der Gewerkschaftsbewegung" <Zaklad Historii i Teorii Ruchu Zawodowego>.) Diese Stelle sammelte Erinnerungen von Aktivisten und Führern der Gewerkschaftsbewegung sowie Materialien zur Geschichte der polnischen Gewerkschaftsbewegung von ihren Anfängen an und gab über viele Jahre sogar ein eigenes Periodikum unter dem Titel "Kwartalnik Historii Ruchu Zawodowego" <Vierteljahresschrift zur Geschichte der Gewerkschaftsbewegung> heraus. Das Archiv hat bisher keinerlei Inventarverzeichnis oder Archivführer herausgegeben.
Bis vor kurzem besaß das Archiv der OPZZ auch Akten des im Januar 1981 verbotenen Gewerkschaftsbundes "Solidarität" <Solidarnosc> aus allen Regionen für die Jahre 1980-1981 (etwa 270 lfd. m.). Sie wurden jedoch in den Jahren 1991/92 in das "Archiv der Landesexekutivkommission des Unabhängigen sich-selbst-verwaltenden Gewerkschaftsbundes [Seite der Druckausg.:19] "Solidarität" <Archiwum Krajowej Komisji Wykonawczej NSZZ "Solidarnosc"> (80-855 Gdansk, ul. Waly Piastowskie 24, Tel. 31-67-22) überführt, wo sie dem Historiker zugänglich sind. Ein Teil der Akten des Gewerkschaftsbundes "Solidarität" (ca. 10 lfd. m.) befindet sich in den Händen einer Warschauer Stiftung (Vereinigung Archiv der "Solidarität" <Stowarzyszenie Archiwum "Solidarnosci">), 02-929 Warschau, ul. Truskawiecka 1, Tel. 42-30-73.
Hauptarchiv für ältere Akten
<Archiwum Glówne Akt Dawnych (AGAD)>.
Für den Zeitraum von der Entstehung der Arbeiterbewegung in Polen bis 1918 besitzt dieses Archiv, das das älteste öffentliche Archiv in Polen und eines der ältesten öffentlichen Archive in Europa ist, Materialien von erstrangiger Bedeutung. Sie betreffen jedoch fast ausschließlich das ehemalige russische Teilungsgebiet. In der Hauptsache handelt es sich um Dokumente der zaristischen Verwaltung (darunter auch eine große Anzahl von Polizeidokumenten) und des Gerichtswesens im Königreich Polen.
[Seite der Druckausg.:20] Polen einen viel stürmischeren Verlauf nahm als im übrigen Teil des russischen Staates. Zahlreiche Dokumente des AGAD betreffen auch die Beteiligung deutscher Arbeiter in Lodz und Umgebung an dieser Revolution.
Besonders reichhaltige Informationen über die Arbeiterbewegung enthalten im AGAD folgende Bestände: Kanzlei des Warschauer Generalgouverneurs <Kancelaria General-Gubernatora Warszawskiego> 1874-1918 (besonders die Abteilung 1 - innere und äußere Sicherheit <Wydzial I - bezpieczenstwa wewnetrznego i zewnetrznego> und in ihr das Referat 2 - das politische Referat <Referat 2 - polityczny>; Stellvertreter des Warschauer Generalgouverneurs in Polizeisachen <Pomocnik General-Gubernatora Warszawskiego do spraw policyjnych> 1897-1917; Warschauer Gerichtskammer <Warszawska Izba Sadowa> 1876-1917, die für das gesamte Gebiet des Königreichs Polen zuständig war; Staatsanwalt der Warschauer Gerichtskammer <Prokurator Warszawskiej Izby Sadowej> 1876-1917; Regierung des Gouvernements Warschau <Rzad Gubernialny Warszawski> 1867-1918; Kanzlei des Warschauer Gouverneurs <Kancelaria Gubernatora Warszawskiego> 1867-1918; Leiter der Verwaltung beim Warschauer Generalgouverneur <Szef Administracji przy General-Gubernatorze Warszawskim> 1915-1918 (die die Arbeiterbewegung betreffenden Materialien befinden sich hier in der Abteilung VII - der Presseabteilung). Im letzten Fall geht es schon nicht mehr um eine russische Behörde, sondern (ab 1915) um die neuen Okkupanten dieses Teils Polens, d. h. um die Deutschen und den Generalgouverneur Hans Beseler. [Seite der Druckausg.:21] Alle diese Akten liegen natürlich (mit Ausnahme der letzten Gruppe) in russischer Sprache vor.
Materialien aus der Arbeiterbewegung kommen in den erwähnten Beständen auch vor, sind jedoch sehr verstreut. Es handelt sich in der Hauptsache um Dokumente, die bei verhafteten Mitgliedern der Arbeiterbewegung gefunden wurden, und um beschlagnahmte Texte. In geschlossener Form sind sie nur in einem Bestand unter der Bezeichnung Sammlung Anna Branicka vertreten. Die Gräfin Anna Branicka sammelte nämlich Flugschriften der Arbeiterbewegung, in geringerem Umfang auch Presseschriften. Es handelt sich vor allem um Flugschriften der SDKPiL und der PPS aus der Zeit vor 1914, doch kommen auch Flugschriften anderer, auf dem Territorium des Königsreichs Polen tätigen Arbeiterparteien und -organisationen vor. Für die Zeit vor dem I. Weltkrieg ist das außerhalb des ehemaligen ZA der PVAP die größte Sammlung von Flugschriften der polnischen Arbeiterbewegung. Das AGAD besitzt auch reiche Quellen zur Sozialgeschichte der Arbeiterklasse.
Bibliothek des Sejm. Sammlungen zur Sozialgeschichte
<Biblioteka Sejmowa. Zbiory Historii Spolecznej>.
[Seite der Druckausg.:22] Die Abteilung "Sammlungen zur Sozialgeschichte" der Bibliothek des polnischen Parlaments besteht einfach aus der ehemaligen Bibliothek des ZA der PVAP und ihren Sammlungen der polnischen Arbeiterpresse und seltener sozialistischer Druckschriften. Es ist dies gleichzeitig die größte polnische Spezialbibliothek für "Socialistica" und das nicht nur der polnischen Arbeiterbewegung. Sie besitzt auch zahlreiche seltene Druckwerke in deutscher und russischer Sprache und reiche Sammlungen der deutschen und russischen sozialistischen Presse sowie eine Reihe von Titeln der deutschen kommunistischen Presse aus der Zwischenkriegszeit. Insgesamt umfassen die Sammlungen zur Sozialgeschichte der Parlamentsbibliothek etwa 100.000 monographische Bände und etwa 36.000 Zeitschriften- oder Zeitungsbände (fast 9.000 Titel). Seit 1965 wurden thematische Kataloge veröffentlicht, die über die im Besitz der Bibliothek befindlichen Bücher, Broschüren, Zeitschriften und Zeitungen informieren. Die dort angegebenen Signaturen sind weiterhin gültig. Diese Kataloge umfassen thematisch: polnische sozialistische Druckschriften aller Richtungen bis 1918; kommunistische Zeitschriften und Zeitungen sowie Bücher und Broschüren aus dem Zeitraum 1918-1939; sozialdemokratische Zeitschriften und Zeitungen sowie Bücher und Broschüren aus demselben Zeitraum; Publikationen der Polnischen Arbeiterpartei <Polska Partia Robotnicza> von 1942-1948.
[Seite der Druckausg.:23] Die Sammlungen zur Sozialgeschichte der Bibliothek des Sejm sind dem Forscher allgemein zugänglich.
Nationalbibliothek
<Biblioteka Narodowa>.
Die Bibliothek besitzt reiche Sammlungen der polnischen Arbeiterpresse im Original und teilweise auf Mikrofilm, außerdem viele seltene nicht-periodische Druckwerke des polnischen Sozialismus. In der Flugschriftenabteilung besitzt sie eine reiche Sammlung sozialistischer und kommunistischer Flugschriften, für die ein gedruckter Katalog nur für den Zeitraum der Revolution 1905-1907 vorliegt.
[Fn 20: S. Anm. 16. ]
In den Handschriftensammlungen der Nationalbibliothek befinden sich einige Nachlässe und unveröffentlichte Memoiren bedeutender Politiker, Gelehrter und Schriftsteller, deren Namen mit den Anfängen der polnischen sozialistischen Bewegung verbunden sind: Boleslaw Limanowski, Ludwik Krzywicki, Edward Abramowski, Ludwik Kulczycki, Waclaw Sieroszewski, Jan Strozecki, Gustaw Danilowski, Stanislaw Brzozowski, Jedrzej und Zofia Moraczewski.
Museum der [polnischen] Unabhängigkeit
<Muzeum Niepodleglosci>
Seit seiner Gründung Ende der fünfziger Jahre sammelte dieses Museum neben typischen musealen Objekten wie Kunstwerken, die sich thematisch auf die Geschichte der revolutionären Bewegung bezogen, und Fahnen der [Seite der Druckausg.:24] Arbeiterparteien und -organisationen auch Dokumente, Zeitschriften, Zeitungen, Flugschriften, Plakate und Fotos der polnischen Arbeiterbewegung. Besonders in den beiden zuletzt genannten Bereichen hat das Museum Sammlungen von sehr großem Wert zusammengetragen. Es besitzt auch eine einzigartige Sammlung von Korrespondenzen und Aufzeichnungen politischer Gefangener in Polen aus den Jahren 1923-1939 (etwa 1.500 Dokumente aus 43 Gefängnissen) sowie persönliche Dokumente und Korrespondenzen einer Reihe von Führern der polnischen kommunistischen Bewegung.
Die größte Bedeutung für die Historiker der polnischen Arbeiterbewegung hat jedoch die im Museum angelegte biographische Kartei der Mitglieder der polnischen Arbeiterbewegung von ihren Anfängen bis in unsere Tage, die etwa 200.000 Namen enthält. Sie entstand als Ergebnis 30jähriger Nachforschungen in Partei- und Staatsarchiven (Polizei-, Gerichts- und Gefängnisarchiven), in der Arbeiterpresse und der Memoirenliteratur und wird ständig durch die Ergebnisse neuer Umfragen ergänzt. Sie stellt nicht nur den Versuch einer namentlichen Rekonstruktion aller Generationen von Führern und Aktivisten der Arbeiterbewegung auf polnischem Boden dar (darunter auch der Vertreter der deutschen Minderheit), sondern sie ist auch die vollständigste Kartei aller verhafteten, verurteilten und hingerichteten Mitglieder der polnischen Arbeiterbewegung von den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Kartei entstand für den internen Gebrauch als Arbeitsinstrument der Redaktion des mehrbändigen biographischen Wörterbuchs der polnischen Arbeiter- [Seite der Druckausg.:25] bewegung (Slownik biograficzny dzialaczy polskiego ruchu robotniczego. Redaktor naczelny: Feliks Tych. <Biographisches Wörterbuch der Aktivisten der polnischen Arbeiterbewegung. Chefredakteur: Feliks Tych.> Drei Bände dieses Wörterbuchs für die Buchstaben A-K sind in den Jahren 1984-1992 erschienen.) Die Kartei ist jedoch auch Forschern zugänglich, die nicht an den Arbeiten an dem biographischen Wörterbuch beteiligt sind.
Zentrales Militärarchiv
<Centralne Archiwum Wojskowe>.
An Dokumenten aus der Arbeiterbewegung besitzt das Archiv die Aktenreste der Auslandsabteilung der Polnischen Sozialistischen Partei - Revolutionäre Fraktion <Wydzial Zagraniczny Polskiej Partii Socjalistycznej - Frakcji Revolucyjnej> aus den Jahren 1908-1912 (4 archivalische Einheiten), einige Erinnerungen von Mitgliedern der Arbeiterbewegung aus dieser Zeit, einige Dutzend Flugblätter und Fotos von Mitgliedern der Arbeiterbewegung sowie einzelne Exemplare der Arbeiterpresse - alles aus der Zeit vor 1918. Umfangreiches Material zur Arbeiterbewegung, besonders aber zur kommunistischen Bewegung ist in militärischen Dokumenten enthalten: in den Akten des Ministeriums für Militärangelegenheiten <Ministerstwo Spraw Wojskowych>, des Oberkommandos der polnischen Streitkräfte <Naczelne Dowództwo Wojsk Polskich> und des Generalinspektorats der bewaffneten Kräfte <Generalny Inspektorat Sil Zbrojnych>. Es ist vor allem in den Lagemeldungen der militärischen Führer der verschiedenen Ebenen enthalten.
Großen Quellenwert für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung vor 1918, besonders aber für die Biographistik dieser Bewegung haben die Akten des Komitees für die Verleihung des Unabhängig- [Seite der Druckausg.:26] keitskreuzes und der Unabhängigkeitsmedaille <Komitet Krzyza i Medalu Niepodleglosci>. Dies war eine Auszeichnung, die in der Zwischenkriegszeit an Teilnehmer an den Kämpfen um die Unabhängigkeit Polens und an Personen verliehen wurde, die vor 1918 an den Aktivitäten jener polnischen Arbeiterparteien beteiligt waren, die die Unabhängigkeit Polens auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Ausgeschlossen waren jedoch Parteien mit einem nationalistischen Programm, wie z. B. die SDKPiL. Die Akteneinheit "Unabhängigkeitskreuz und -medaille" enthält etwa 20.000 Autobiographien von Mitgliedern der Arbeiterbewegung vor 1918, vor allem Mitgliedern der Polnischen Sozialistischen Partei und des Nationalen Arbeiterbundes <Narodowy Zwiazek Robotniczy>, die sich um diese Auszeichnung bewarben. Diese Autobiographien, die häufig den Charakter von Erinnerungen haben, enthalten viele detaillierte Informationen zur Arbeiterbewegung. Die Benutzung der Sammlungen des CAW bedarf einer besonderen Genehmigung. Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung finden sich auch in einigen anderen zentralen polnischen Archiven, wie dem Archiv des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten <Archiwum Ministerstwa Spraw Zagranicznych> (vor allem Informationen über Polen, die an der Arbeiterbewegung anderer Länder beteiligt waren, aber auch von polnischen Diplomaten übersandte Einschätzungen der Arbeiterbewegung in europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland) sowie dem Zentralarchiv des Innenministeriums <Centralne Archiwum Ministerstwa Spraw Wewnetrznych>, das über zahlreiche Polizeimaterialien zur Arbeiterbewegung der Zwischenkriegszeit
[Seite der Druckausg.:27] batten einiger Parteitage der PVAP) besitzt auch das Archiv für maschinelle Dokumentation in Warschau <Archiwum Dokumentacji Mechanicznej w Warszawie>, das der Generaldirektion der staatlichen Archive untersteht. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2000 |