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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
20./24. April 1897

Die Generalversammlung des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes in Braunschweig lehnt einen Antrag, die Beitragszahlungen an die Generalkommission einzustellen und die Beziehungen zu ihr zu lösen, nach heftigen Diskussionen mit 48 gegen 27 Stimmen ab. Wie von den meisten anderen Gewerkschaften wird im Geschäftsbericht beklagt, daß bei der Beschlußfassung über Arbeitskämpfe häufig die erfahrenen langjährigen Verbandsmitglieder von "sehr vorlauten Elementen" majorisiert werden, die erst kurze Zeit vor dem Streik in den Verband eingetreten seien. Falls man dann die resultatlose Beendigung derartiger Streiks vermeiden wolle, müsse man hohe Unterstützungzahlungen in Kauf nehmen. Es sei jedoch zu bezweifeln, ob der Verband verpflichtet sei, "für Indifferenten, die ihm bisher noch ferngeblieben sind, seine aufgesparten Mittel zu verwenden, nur um sie vorübergehend anzulocken". Nur der Arbeiter habe eigentlich ein Anrecht, "durch die Organisation seine Lager zu verbessern, der ihr nicht nur im Ernstfalle, sondern dauernd angehört".
Nach ausführlicher Debatte ist die Mehrheit (51 gegen 23 Stimmen) der Delegierten gegen die Einführung einer Arbeitslosenunterstützung.
Die Beibehaltung der Reiseunterstützung verteidigt M. Segitz: "Die Reiseunterstützung ist nicht nur eine Wegzehrung für Reiselustige, sie kommt uns beim Kampfe unter Umständen auch sehr zustatten. Wie vorteilhaft wirkt es, wenn wir bei Ausständen alle unverheirateten Verbandsmitglieder veranlassen können, das Ausstandsgebiet zu verlassen, abzureisen! Nicht nur, daß dadurch die Verbandskasse augenblicklich entlastet wird, weil durch Abreise der unverheirateten Mitglieder sich die Unterstützungslast verteilt, auch der Unternehmer wird nachgiebiger, wenn er merkt, daß die jungen willigeren Arbeitskräfte sich zur Abreise rüsten. Bei Aussperrungen wird die Lage der an den Ort gebundenen Verbandsmitglieder sehr erleichtert durch Abreise derer, die sich verändern können."
Die Generalversammlung beschließt, daß künftig Verwaltungsstellen mit über 3.000 Mitgliedern 75 statt bisher 25% der Beiträge behalten. Aus diesen Mitteln sind die Streik- und Gemaßregeltenunterstützung zu bezahlen. Die Berechtigung zum Bezuge der Streikunterstützung tritt nun erst nach 26wöchentlicher Mitgliedschaft ein. Angriffsstreiks sollen dem Vorstand drei Monate, Abwehrstreiks 24 Stunden vor Ausbruch gemeldet werden. Ferner soll diesen Verwaltungsstellen ein Entscheidungsrecht in Streik- und Rechtsschutzfällen zustehen.
Mit dieser Statutenänderung wird der Beitritt der Berliner Lokalorganisation mit rund 9.000 Mitgliedern an den Zentralverband möglich.
Der Vorstand beklagt die hohe Fluktuation der Mitglieder. So wurde 1896 für 37.260 Personen Eintrittsgeld gezahlt. Die Mitgliederzunahme beträgt jedoch nur 16.765, so daß 20.495 Personen ausgetreten oder wegen rückständiger Beiträge gestrichen sind.
Die stärkste Berufsgruppe innerhalb des Verbandes bilden die Schlosser (Maschinenbauer) mit 15.265 von 49.000 insgesamt, die kleinste Gruppe sind die Metallzainer mit 31 sowie die Modelltischler mit 48 Personen.



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