Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
Im Reichstag wird der "Entwurf eines Gesetzes über die Änderung und Ergänzung des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzbuches und des Gesetzes über die Presse" - die sogenannte "Umsturzvorlage" - eingebracht, die vorsieht, "Umsturzbestrebungen" bereits ohne Tatbestand mit Zuchthaus und öffentliche beschimpfende Äußerungen gegen Religion, Monarchie, Ehe, Familie oder Eigentum mit Gefängnis bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
Stichtag:
6. Dezember 1894
Gegen diesen antidemokratischen Anschlag erhebt sich eine Massenbewegung. Die Sozialdemokratie prangert auf Massenversammlungen, in der Presse, im Reichstag und in der Reichstagskommission die Vorlage als schärfsten Angriff auf die kümmerlichen Rechte nicht nur der Arbeiter, sondern des ganzen Volkes an und ruft zum Widerstand auf. Die Aktionen der Sozialdemokratie übertreffen an Zahl, Ausdehnung und Beteiligung alle anderen Aktionen seit 1890. Neben Sozialdemokraten protestieren auch Freisinnige, Volksparteiler, Bauernverbände, Stadtverwaltungen und vor allem namhafte Wissenschaftler und Künstler.