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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
17. Dezember 1894

Nach Berichten der Gewerbeaufsichtsbeamten waren 1893 in der deutschen Industrie 616.620 Frauen über 16 Jahre beschäftigt, davon wären erst 5.384 bei den Mitgliedsorganistionen der Generalkommission organisiert.
Das "Correspondenzblatt" schreibt dazu: "Als Grund für die geringe Theilnahme der industriell beschäftigten Frauen an den Bestrebungen, bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erreichen, wird man in erster Linie wohl die Bedürfnislosigkeit und Gefügigkeit unter den Willen der Arbeitgeber angeben können. Die Arbeiterinnen gleichen in diesem Punkte den Arbeitern der kulturell zurückgebliebenen Gegenden. Aber wie bei diesen, ist auch bei den Arbeiterinnen die Unkenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Mangel an genügender Anregung zum Kampf um eine bessere Lebenshaltung als die Hauptursache ihrer Teilnahmslosigkeit zu bezeichnen. Den Konkurrentinnen auf dem Arbeitsmarkte, den Arbeiterinnen, die in gleicher Weise von den Unternehmern benutzt und ausgenutzt werden, hat man bei den gewerkschaftlich organisirten Arbeitern aber noch nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die sie unter allen Umständen verdienen.
Um eine Agitation zur Gewinnung weiblicher Mitglieder in geeigneter Weise einzuleiten, wird es nothwendig sein, daß die Organisationen, nicht wie das bisher geschehen ist, die weiblichen Mitglieder von den Verwaltungsämtern ausschließen.
Es wird doch niemand leugnen, daß schon heute in den einzelenen Gewerkschaften sich weibliche Mitglieder befinden, die sehr gut in der Lokal- oder Zentralverwaltung einer Organisation ihren Platz ausfüllen würden. Uns ist aber nur eine Organisation bekannt, in deren Zentralverwaltung auch ein weibliches Mitglied tätig ist. Gestehen wir es nur offen ein, daß selbst die Arbeiter, welche die Gleichberechtigung beider Geschlechter unter allen Umständen anerkennen, in der Praxis doch glauben, von einer Frau würden die zu verrichtenden Arbeiten nicht so genau und zuverlässig verrichtet werden, als dies von den Männern geschieht. Die Unternehmer allerdings denken darüber praktischer. Sie wissen, daß die Arbeiterin in der Industrie ihren Platz genau so gut ausfüllt wie der Mann und daß man ihr oft wegen ihrer Pünktlichkeit und Genauigkeit den Vorzug gibt."
Die Generalkommission beginnt eine Werbekampagne unter den Arbeiterinnen.



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net edition fes-library | 1999