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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
1889

In seinem "Arbeiter-Katechismus" spricht Friedrich Naumann von der Notwendigkeit, an allen Orten der Industriegebiete "christlich-patriotische Arbeitervereine" zu gründen. Diese Vereine sollen die Arbeiterfrage besprechen, christlich-soziale Forderungen vertreten und mit den Arbeitgebern verhandeln.
Als "gute Anfänge solcher allgemeinen Vereinsbildung" wertet der Verfasser die katholischen und evangelischen Arbeitervereine. Er hofft auf einen "großen Bruderbund", eine umfassende christliche Arbeiterbewegung, die sich unchristlichen und unpatriotischen Strömungen in der Arbeiterwelt entgegenstellen wird.
"O wenn ihr einig wäret, ihr Arbeiter, voll Vaterlandsliebe und Glauben, was könntet ihr schaffen!"
"Noch fühlt ihr euch schwach, weil ihr vereinzelt steht. Schließt euch zusammen!"

In Berlin gelingt es dem Bäckerverband mit einem Streik nicht, den Kost- und Logiszwang abzuschaffen.

Der Verband der Böttcher hat in 21 Orten die Arbeitsvermittlung ganz oder teilweise in der Hand.

Der Dachverband der Dachdecker wird gegründet.
Verbandsblatt wird die "Neue Deutsche Dachdeckerzeitung".

Der "Verband der Müllergesellen" wird gegründet.

In Deutschland bestehen 280 katholische Arbeitervereine mit 60-65.000 Mitgliedern.

Noch gehört nahezu jeder achte Versicherte den Eingeschriebenen Hilfskassen an, 1885 war es fast jeder sechste, obwohl die Versicherten ihre Beiträge selbst tragen müssen. Dafür werden die Hilfskassen von den Arbeitern unabhängig geführt. Zudem besteht freie Arztwahl und bei überlokalen Kassen der Fortbestand der Mitgliedschaft auch bei Ortswechsel des Mitglieds.

Der Berliner Polizeipräsident klagt: "Schon heute können Streikende auf die Solidarität und Unterstützung der gesamten Arbeiterschaft rechnen, sofern es sich um sogenannte Abwehr- oder Prinzipienstreiks handelt."

Der Herausgeber der Zeitschrift "Der Arbeiterfreund" stellt fest: "Wie soll ein Arbeitgeber Überschüsse verwenden, Fabrikfeste feiern und überhaupt für seine Arbeiter sorgen. Arbeiterferien sind vorläufig noch Zukunftsmusik, bestehen aber in bescheidener Weise doch schon in verschiedenen Buchdruckereien, nachdem Besitzer derselben durch Stiftungen diese Einrichtungen vorbereitet und die Arbeiter selbst durch jährliche Beiträge nachgeholfen haben." Als wichtigstes Beispiel führt er die Leipziger Buchdruckerei C. G. Naumann an, die allen Beschäftigten, die - ohne Anrechnung der Lehrzeit - drei Jahre ununterbrochen in der Firma beschäftigt waren, drei Tage Sommerurlaub "bei geschäftsstiller Zeit" bei vollem Lohnausgleich gewährt. 1888 kommen erstmalig auch die Hilfsarbeiter in den Genuß dieser Vergünstigung. Der Herausgeber schlägt vor, allgemein "wenigstens allen Arbeitern über 60 Jahre und solchen, die am längsten im Dienste sind oder die wegen Kränklichkeit oder Schwäche der Erholung besonders bedürfen, einen achttägigen Urlaub (zu) bewilligen". Eine besondere Ferienstiftung oder ein Vertrauensausschuß der Arbeiter solle in den Unternehmen die Regelung der Urlaubsgewährung, z.B. die Auswahl der in Frage kommenden Arbeiter, übernehmen.


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net edition fes-library | 1999