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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
6. Juli 1884

Das erste Unfallversicherungsgesetz tritt in Kraft. An die Stelle der privatrechtlichen Haftpflicht tritt eine kollektive Haftpflichtversicherung der Unternehmer. Es gilt zunächst nur für einige besonders gefährdete Bereiche der Industrie - Bergwerke, Steinbrüche, Fabriken, Werften, gefährliche Baustellen und im Schornsteinfegergewerbe - wird aber bald ausgedehnt, so im Mai 1886 auf die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Die Beiträge werden allein von den Unternehmern aufgebracht. Die Beitragshöhe ist von der Größe des Unternehmens und der jeweiligen Unfallgefahr abhängig. Die Selbstverwaltung in berufsständischen Berufsgenossenschaften ist eine reine Unternehmersache. Die Arbeiter sind nur in den neu geschaffenen Spruchbehörden bis zur Spitze vertreten.
Die Unfallentschädigung wird gewährt bei tödlichen Arbeitsunfällen (Begräbniskosten und Hinterbliebenenrente), Arbeitsunfähigkeit (Lohnausfall - Rente bzw. Krankengeld in Höhe von zwei Dritteln seines Arbeitslohnes - und Arztkosten - nach der Krankenversicherung - ab der 14. Woche) und Invalidität (Renten).
An der Spitze der berufsgenossenschaftlichen Selbstverwaltung steht das Reichsversicherungsamt als oberste Rechtsprechungs- und Aufsichtsinstanz. Der bald danach gegründete "Verband der Deutschen Berufsgenossenschaften" bemüht sich gemeinsam mit dem Reichsversicherungsamt um die Ausarbeitung von Unfallverhütungsvorschriften, die im einzelnen durch Kommissionen, die sich paritätisch aus Vertretern der Arbeitnehmer und der Genossenschaftsvorstände zusammensetzen, konkretisiert werden. Bei Mißachtung können Unternehmer bzw. Arbeiter bestraft werden.
Die Sozialdemokraten stimmen gegen das Gesetz, weil nicht alle Arbeiter in die Haftpflicht einbezogen werden. Die zunächst vorgesehenen Arbeiterausschüsse werden wegen der "Gefahr einer Verschärfung des Klassengegensatzes" von der Mehrheit des Reichstages abgelehnt.
Während der Verhandlungen im Reichstag hatte A. Bebel Reichskanzler O. von Bismarck aufgefordert, er solle die Regierungen verschiedener Industrieländer zu einer internationalen Konferenz veranlassen, "in welcher völlig gleichmäßige und gemeinsame Feststellungen in bezug auf den Schutz der Arbeiter in Industrie, Handel und Gewerbe stipuliert (festgesetzt) werden."



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