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5. Der Partisanenkrieg der Mujahedin

Die islamische Bewegung Tadschikistans zog sich in das Pamir-Gebirge und in die Grenzregionen Afghanistans zurück und bildete dort eine Exilregierung. Unterstützung erhielt sie u.a. aus Afghanistan, Irak, Iran, Saudi-Arabien, Pakistan und Ägypten. Die Führer der Islamischen Bewegung Tadschikistans, der im März 1993 gewählte Vorsitzende Prof. Said Abdullo Nuri sowie seine Stellvertreter Kadi Akbar Turadschonsoda und Dawlat Usman, zeigten sich gemäßigt. Sie traten für Demokratie und Pluralismus in Tadschikistan ein (Moskovskije Novosti, 15.8.1993). Der tadschikische Zweig der Islamische Partei der Wiedergeburt unter Führung von Mohammad Scharif Chimatsoda blieb weiterhin als Teil der islamischen Bewegung aktiv. Die Islamische Bewegung ist nach Erklärungen ihrer Führer keine fundamentalistische Partei. Sie will demnach weder eine Revolution nach iranischem Muster noch die Einführung der Scharia (vgl. Keith Martin, Tajikistan: Civil War without End?, in: RFE/RL Research Report, Vol. 2, No. 33, 20.8.1993). Noch im Sommer 1994 schlugen die Islamisten den Aufbau eines säkularen demokratischen Staates vor (Interfax, 29.6.1994). Nach ihrer Meinung ist der Krieg in Tadschikistan nicht mehr die Folge eines Machtkampfes zwischen kommunistischen Klanen in Kuljab und Chodshent, sondern der Einmischung der Supermächte USA und Rußland, die die Errichtung eines islamischen Staates in Tadschikistan verhindern wollen (Jomhuri-ye Eslami, 10.3.1994).

Im Mai 1993 begannen von afghanischem Gebiet aus sporadische Angriffe der islamischen Widerstandsbewegung gegen russische Ziele in Tadschikistan. 1994 wurden die militärischen Aktionen an der afghanisch-tadschikischen Grenze intensiviert. Inzwischen kontrollierten die rund 5.000 moslemischen Partisanen, die bereits innerhalb des Landes erfolgreich gegen die kommunistischen Machthaber operierten, schon 15% des tadschikischen Territoriums. Anfang 1995 nahm ein Untergrund-Radio (Stimme des Freien Tadschikistan) der islamischen Bewegung den Betrieb auf. Es verbreitete einen 12-Punkte-Plan der Rebellen. Im April 1995 ermöglichte die Schneeschmelze die Wiederaufnahme der Kämpfe im Pamir und an der Grenze. Die Partisanen setzten sich vor allem in den Regionen Wantsch und Kalau-Chumb fest. Nachdem die Partisanen am 12. Mai 1996 das Gebiet Tawildara erobert hatten, stand bereits fast die Hälfte des Landes unter ihrer Kontrolle, darunter das gesamte autonome Gebiet Berg-Badachschan sowie Teile der Gebiete Tachar, Jawan, Faisabad, Garm, Komsomolabad, Tdschikabad und Tawildara.

Das schwächste Glied in der islamisch-demokratischen Opposition war von Anfang an die Demokratische Partei mit der Forderung nach einem säkularen Staat nach westlichen Wertvorstellungen. Ihre Vetreter schlugen im August 1993 vor, einen Rat und eine Regierung der nationalen Versöhnung zu gründen (Interfax, 16.8.1993). Ende 1994 traten Spaltungstendenzen innerhalb der Demokratischen Partei auf. Ihr Vorsitzender Schodmon Jusufow kündigte in seinem iranischen Exil an, daß seine Partei die islamisch-demokratische Koalition verlassen werde. Er zeigte sich bereit, die Präsidentschaftswahlen vom November 1994 anzuerkennen und beschuldigte die Islamisten, Tadschikistan in ein zweites Afghanistan zu verwandeln. Dadurch erhoffte Jusufow, die Wiederzulassung seiner Partei zu erreichen und an den geplanten Parlamentswahlen 1995 teilzunehmen (Itar-Tass, 15.11.1994). Im Januar 1995 verlegte Jusufow sein Hauptquartier von Teheran nach Moskau. Nachdem er, ebenso wie Asam Afsali und Bosor Sobir, zur Unterstützung Rachmonows aufgerufen hatte, durfte er sich wieder legal in Tadschikistan betätigen. Andere Gruppierungen der Demokratischen Partei, die eine Loyalität gegenüber dem kommunistischen Terror-Regime ablehnten, trafen sich am 5. Juni 1995 zu einem Kongreß in Almaty (Kasachstan). Dort wurde Schodmon Jusufow als Parteichef abgesetzt. Jumaboy Nijasow wurde zum neuen Parteivorsitzenden und Abdunabi Satorsoda zu seinem 1. Stellvertreter gewählt (Interfax, 7.6.1995). Die Demokratische Partei verfolgt im Gegensatz zu der bewaffneten islamischen Opposition eine gemäßigte Oppositionspolitik (Segodnja, 10.6.1995, S. 4).

Wie in der Demokratischen Partei vollzog sich auch in den Reihen der nationalistischen Rastochez-Bewegung eine Spaltung. Im Januar 1996 erklärten ihre Führer, daß sie die Verfassung Tadschikistans sowie die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen anerkennen (Itar-Tass, 5.1.1996).

Die Partei der Islamischen Bewegung gründete mit den Resten der Demokratischen Partei und der Rastochez-Bewegung am 27. Juli 1995 in Teheran eine Vereinigte Tadschikische Opposition, der sich im März 1996 auch die Organisation „Lal’i Badachschan" anschloß.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1998

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