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3. Verbreitung von Jobrotation in ausgewählten europäischen Ländern

Der folgende Überblick über Erfahrungen von Jobrotation folgt einem einheitlichen Schema: Zunächst vermitteln wir einen kurzen Abriss zu den wesentlichen Aspekten des länderspezifischen Arbeitsmarkts, also eine Art Regimetypologie; dann folgen Informationen über die Implementation, über die Regelungen zur Freistellung und Weiterbildung der Beschäftigten, zur Stellvertretung der Arbeitslosen und zur Finanzierung der Projekte; danach folgen Angaben zur Inanspruchnahme und gegebenenfalls über die Erkenntnisse der Wirksamkeit aus Evaluationsstudien; in Kastenform werden jeweils ein oder zwei gute Beispiele ("best practice") vorgestellt, und schließlich geben wir eine allgemeine Einschätzung der länderspezifischen Praxis.

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3.1 Dänemark

Das dänische Modell des Arbeitsmarkts ist durch drei wesentliche Aspekte gekennzeichnet: erstens eine enge Kooperation zwischen Sozialpartnern und Staat, zweitens starke Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen sowie drittens kollektivvertragliche Regelungen als zentrale Rechtsquelle arbeitsrechtlicher Angelegenheiten (Dänisches Arbeitsministerium 2001b).

Die Arbeitslosigkeit liegt in Dänemark derzeit bei etwa 5,5% (siehe Anhang). Durch intensive Beratung der Arbeitslosen und die Bereitstellung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Reintegrationsmaßnahmen soll die Arbeitslosigkeit weiter reduziert werden. Sie ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, wozu Jobrotation nicht unwesentlich beigetragen hat. Zentrales Ziel der dänischen Arbeitsmarktpolitik ist es, lebenslanges Lernen für alle zu ermöglichen.

3.1.1 Implementation

Jobrotation als eine Methode zur Freistellung für Weiterbildung verbunden mit der Stellvertretung durch Arbeitslose wird in Dänemark seit Ende der 80er Jahre genutzt. Das Dänische Arbeitsministerium (1997: 32) hat vor einigen Jahren eine positive Zwischenbilanz gezogen: "Arbeitsmarktpolitisch hat sich die Job-Rotation zu einem wirksamen Instrument bei der Fortbildung der Berufstätigen, der Weiterbildung der Arbeitslosen und der Stärkung ihrer Verbindung zum Arbeitsmarkt entwickelt." [Vgl auch Madsen 1997, 1998.]

Die Erfahrungen in Dänemark weisen auf die Bedeutung der Einbindung aller an Jobrotation Beteiligten und ein transparentes Projektmanagement hin. Da Jobrotation die gute Zusammenarbeit von Betrieben, Betriebsräten, Beschäftigten, Arbeitsämtern, Arbeitslosen sowie Weiterbildungseinrichtungen voraussetzt, sind hierfür eine vorausschauende Planung und die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen und Kenntnisse der Kooperationspartner erforderlich. Als sinnvoll hat sich nicht nur die Etablierung von verantwortlichen Projektmanagern herausgestellt, sondern auch die frühzeitige Einrich-

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tung von Lenkungsausschüssen, in die alle Beteiligten Vertreter entsenden. Der Lenkungsausschuss hat die Aufgabe, die Jobrotationsprojekte mitzugestalten, zu begleiten und zu evaluieren.

Besonders betont wird eine gute Planung der Projekte. Hierzu wurde bereits zu Beginn der 90er Jahre ein transnationales Projekt mit Partnern aus Dänemark, Schweden, Schottland und Frankreich durchgeführt, das die folgenden neun Empfehlungen erarbeitet hat (EU Jobrotation 1996, Übersetzung der Verfasser):

  1. " Wissen, was du willst,

  2. Schulungs- und Bildungsgegenstand,

  3. Motivation der Belegschaft, bevor Jobrotation eingeführt wird,

  4. Methoden zur Analyse des gesamtbetrieblichen Qualifizierungsbedarfs,

  5. Etablierung des lokalen Netzwerks,

  6. Einstellung der Stellvertreter,

  7. Gesamtplan der Aktivitäten – und Termine,

  8. Die Schulung und Bildung,

  9. Implementierung."

Jobrotationsprojekte sind in der Regel in regionale Aktivitäten und Entwicklungspläne eingebunden und werden oftmals von Netzwerken initiiert (vgl. Höcker 2000).

3.1.2 Regelungen zur Freistellung und Weiterbildung der Beschäftigten

Freistellungsregelungen verbunden mit Jobrotationsprojekten haben einerseits die Reduzierung der Arbeitslosigkeit mit vorangetrieben und andererseits auch in großem Maße zur Personal- und Organisationsentwicklung in Unternehmen beigetragen.

Seit Anfang der 90er Jahre werden in Dänemark Urlaubsprogramme genutzt, um sowohl die Qualifikationen der Beschäftigten, insbesondere der An- und Ungelernten, zu erhöhen als auch die Flexibilität des Arbeitsmarktes zu unterstützen. In der Reform der Arbeitsmarktpolitik von 1994 hatten Urlaubsprogramme (Bildungsurlaub, Sabbatical und Erziehungsurlaub) einen herausragenden Stellenwert. So nahmen 1995 insgesamt 144.000 Personen an Urlaubsprogrammen teil.

Aufgrund eines zunehmenden Arbeitskräftemangels wurde 1999 die Möglichkeit des Sabbaticals wieder rückgängig gemacht. Bereits 1995 wurde die Dauer für den Erziehungsurlaub auf 13 Wochen begrenzt, wenn das Kind älter als ein Jahr ist, für die Betreuung von Kindern bis zu einem Jahr sind 26 Wochen Erziehungsurlaub möglich (Finanzierung: 60% des Arbeitslosengeldes).

Die Freistellung für Weiterbildung ist bis zu einem Jahr möglich, muss jedoch mit dem

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Arbeitgeber abgestimmt werden. Der Freigestellte erhält bis zu 100% des Arbeitslosengeldes, auch wenn der Betrieb keinen Arbeitslosen als Stellvertreter einstellt.

Bildung und Weiterbildung für alle hat in Dänemark nach wie vor einen hohen Stellenwert. Im Herbst 2000 wurde eine Reform des Systems zur Erwachsenen- und Weiterbildung eingeleitet, die diese effektiver und für alle Zielgruppen, insbesondere auch für Erwachsene der niedrigsten Bildungsstufe, zugänglich machen soll (Dänisches Arbeitsministerium & Dänisches Unterrichtsministerium 2000).

Bildung und Weiterbildung sollen nicht nur die Qualifikationen des Einzelnen erhöhen, sondern auch die Entwicklungsmöglichkeiten und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe verbessern. Erwähnenswert ist die Vereinbarung der Sozialpartner, dass Betriebe regelmäßig einen Kompetenz- und Entwicklungsplan für die Beschäftigten erstellen sollen (vgl. The Danish Employers Confederation and The Danish Confederation of Trade Unions 1986).

3.1.3 Regelungen zur Stellvertretung durch Arbeitslose

Die Freistellung von Beschäftigten für Weiterbildung muss nicht unbedingt mit einer Stellvertretung durch Arbeitslose kombiniert werden. In den meisten Fällen werden die Arbeitslosen entsprechend vorqualifiziert, bevor sie als Stellvertreter tätig werden. Die Dauer der Stellvertretung richtet sich nach der Dauer der Freistellung des Beschäftigten.

In der Verordnung zur aktiven Arbeitsmarktpolitik vom 29. Dezember 1999 ist geregelt, dass das Arbeitsamt bei "normalem Kontakt" zu den Betrieben über die Möglichkeiten Freistellungs- und Rotationsverträge zwischen einem Arbeitgeber und einem oder mehreren Beschäftigten einzugehen, informieren soll. Der Ausgangspunkt für die Stellvertretungen ist somit immer die Freistellung von Beschäftigten für Weiterbildung. Jobrotation bildet für das Dänische Arbeitsministerium (2001a: 7) "ein wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument, das die Arbeitsvermittlung zur Sicherung eines gut funktionierenden Arbeitsmarktes einsetzen kann".

3.1.4 Regelungen zur Finanzierung

In Dänemark beinhalten Jobrotationsprojekte immer eine Mischfinanzierung. In der Regel ist der Stellvertreter im Unternehmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und der Arbeitgeber erhält für dessen Beschäftigung einen Zuschuss von der Arbeitsverwaltung, dem die Regelung zur Finanzierung von Jobtraining zugrunde liegt (Dänisches Arbeitsministerium 2001: 5): "Jobtraining, sowohl bei öffentlichen als auch privaten Arbeitgebern. Lohn- und sonstige Arbeitsbedingungen müssen den tariflichen oder üblichen Bedingungen entsprechen. Im öffentlichen Jobtraining besteht jedoch eine Höchstgrenze für Stundenlohn. Arbeitgeber, die einen Arbeitslosen im Jobtraining einstellen, erhalten Lohnzuschuss auf Stundenbasis. [...] Bei Zuschussperioden, die zusammengenommen sechs Monate übersteigen, müssen private Arbeitgeber den Arbeitslosen anschließend entweder ohne Zuschuss einstellen oder ihm eine Ausbildung anbieten." Die Höhe des Zuschusses ist abhängig von den Voraussetzungen des Stellvertreters, bei Schwervermittelbaren können höhere Zuschüsse pro Stunde gezahlt werden. Eine besondere Förderung von Sozialhilfeempfängern als Stellvertreter sieht das Gesetz

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über aktive Sozialpolitik vor (Dänisches Arbeitsministerium 2001: 17): "Als Bestandteil des Aktivierungsgesetzes kann die Kommune Regelungen über Jobrotation anwenden, wobei ein Arbeitsloser einen Beschäftigten ersetzt. Ein Sozialhilfeempfänger kann somit im Jobtraining mit Lohnzuschuss als Stellvertreter oder Ablöser für einen Beschäftigten eingestellt werden, der mit Zuschüssen nach dem Gesetz über Zuschuss von Erwachsenenbildung, dem Gesetz über Sonderurlaub oder dem Gesetz über Wehrdienst-Sonderurlaub für eine Zeit von seiner Beschäftigung beurlaubt ist."

Der Freigestellte erhält weiterhin sein Gehalt von seinem Arbeitgeber oder Beihilfe für Sonderurlaub von der Arbeitsverwaltung (bis zu 100% des Arbeitslosengeldsatzes). Arbeitgeber sowie regionale und nationale Arbeitsmarkteinrichtungen beteiligen sich an der Finanzierung der Weiterbildung für den Freigestellten und der Finanzierung des Projektmanagements.

Da die Finanzierung aller Bausteine von Jobrotation – Stellvertretung, Freistellung, Weiterbildung des Freigestellten, Projektmanagement – einen hohen administrativen Aufwand beinhaltet, soll dieser zukünftig reduziert werden. Vorgesehen ist, dass regionale Einrichtungen einen "job rotation pool" erhalten, der für die Jahre 2001 bis 2003 insgesamt 120 Millionen dänische Kronen (15 Millionen ECU) beinhaltet. Die Regionen können bestimmen, für welche Kosten, die mit Jobrotationsprojekten verbunden sind, und in welcher Höhe die Mittel hierfür verwendet werden.

3.1.5 Inanspruchnahme

Jobrotation wird in Dänemark seit Ende der 80er Jahre durchgeführt. Im Durchschnitt ersetzt ein Stellvertreter vier Freigestellte. Hinter dieser Zahl verbergen sich sehr unterschiedliche Varianten, beteiligt sind sowohl private als auch öffentliche Arbeitgeber. 1996 war mit insgesamt 36.431 Teilnehmern (sowohl Freigestellten als auch Stellvertretern) eine intensive Nutzung von Jobrotation zu verzeichnen. Seither ist die Beteiligung stark zurückgegangen – bis auf 8.800 Teilnehmer im Jahr 2000 (1997: 19.080, 1998: 26.538, 1999: 24.457).

Verändert hat sich auch die Relation der beteiligten Betriebe aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor: während 1996 die Mehrzahl der Betriebe aus dem privaten Sektor kam (429 zu 223 aus dem öffentlichen Sektor), sind 1999 mehr öffentliche Arbeitgeber an Jobrotationsprojekten beteiligt gewesen als private (160 private, 246 öffentliche). Es gab und gibt keine Beschränkung der Projekte auf kleine und mittlere Unternehmen. [Die Angaben beziehen sich auf Ausführungen von Jens Kruhöffer, Direktor von EU Jobrotation. EU Jobrotation ist ein europaweiter Verein, der die Verbreitung und Weiterentwicklung von Jobrotation zum Ziel hat.]

Weitere Aussagen zur Inanspruchnahme von Jobrotation enthalten die Untersuchungen des Danish Technological Institute (DTI), die 1996, 1997 und 1998 im Auftrag der Europäischen Kommission und des dänischen Arbeitsministeriums durchgeführt wurden. Sie bestätigen die zuvor genannten Zahlen, kommen bis 1998 jedoch auf eine andere Relation bei den Freigestellten und Stellvertretern: von 1995 bis 1997 auf durchschnittlich drei Freigestellte pro Stellvertreter, 1998, als die Gesamtzahl wieder stieg, wurden

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durchschnittlich acht Freigestellte pro Stellvertreter gezählt. Diese Zahlen belegen, dass Jobrotation zunehmend als Personalentwicklungsinstrument genutzt wurde und wird: Der Ausgangspunkt für die Projekte ist der Qualifizierungsbedarf in den beteiligten Betrieben (vgl. Skrubbeltrang 1999).

Praxisbeispiel: Jobrotation in der Region Aarhus

Für die Initiierung und Begleitung von Jobrotationsprojekten sind in der Region Aarhus mehrere Informations- und Koordinierungsstellen eingerichtet worden, das Hauptbüro ist in Aarhus. Die Aktivitäten der Koordinatoren werden von einer Steuerungsgruppe begleitet und umfassen folgende Bereiche: [Weitere Informationen unter http://www.jobrotation.dk.] "Informationen über die Möglichkeiten von Jobrotation und speziellen Trainingsprojekten, Entwicklung von speziellen Jobrotationsmodellen, Unterstützung und Anleitung von Arbeitgebern und Beschäftigten bei der Etablierung des Projektes, Entwicklung und Koordination von Weiterbildungsaktivitäten, Unterstützung bei der Einwerbung finanzieller Mittel, Jobrotations Kampagnen, kontinuierliche Kooperation mit Organisationen, privaten Unternehmen, Weiterbildungsinstituten, Arbeitsämtern, Kommunalverwaltungen und regionalen Autoritäten, Bewertung und Implementation von Jobrotationsprojekten." Im Jahr 2000 waren die Koordinatoren an insgesamt 52 Projekten beteiligt. Diese wurden mit 18 Unternehmen aus dem privaten und 34 Betrieben aus dem öffentlichen Sektor durchgeführt. Beteiligt waren in den privaten Betrieben 1.345 Beschäftigte und 199 Stellvertreter und in den öffentlichen Betrieben 2.368 Beschäftigte und 582 Stellvertreter. [Die Zahlen beziehen sich auf Angaben von Helle Bonde, Projektmanagerin in Aarhus.] Hervorzuheben gilt, dass die Projekte in verschiedenen Einrichtungen bzw. Abteilungen der Betriebe durchgeführt wurden.

Die Relation freigestellte Beschäftigte – Stellvertreter verdeutlicht, dass durch Jobrotation in Dänemark wesentlich mehr Beschäftigte weitergebildet werden als Arbeitslose eingestellt. Die Methode hat sich mit abnehmender Arbeitslosigkeit zunehmend mehr zu einem Instrument der Personalentwicklung und – rekrutierung entwickelt. Dies wird auch an dem folgenden Beispiel deutlich: Der unternehmensinterne Wandlungsprozess und der damit einhergehende Qualifizierungsbedarf und der Bedarf an neuen Mitarbeitern war Anlass für zwei Firmen in der Region Aarhus, an Jobrotation teilzunehmen. Gemeinsam erstellten die beiden Firmen für 96 Beschäftigte aus der Produktion einen Weiterbildungsplan. Um die Weiterbildungen durchführen zu können, wurden pro Betrieb 6 Stellvertreter benötigt, die sorgfältig ausgewählt und intensiv auf die Stellvertretung vorbereitet wurden: vierwöchiger Auswahlkurs, 6 Wochen vorbereitende Qualifizierung, 4 Wochen Einarbeitung. Während beide Betriebe jeweils 6 Beschäftigte für 6 Wochen für die Weiterbildung freistellten, übernahmen die Stellvertreter entsprechende Tätigkeiten in den Unternehmen. Insgesamt hatte das Projekt eine Laufzeit von über einem Jahr (1998/1999). Es wurden 8 Gruppen zu jeweils 12 Beschäftigten (6 pro Betrieb) weitergebildet – insgesamt also 96 Mitarbeiter – während pro Betrieb nur 6 Stellvertreter eingesetzt wurden. Diese wurden nach 26 Wochen Stellvertretung in ein normales Beschäftigungsverhältnis übernommen. Denn der Zuschuss der Arbeitsverwaltung konnte für die Stellvertretungen nur bis zu 6 Monate gezahlt werden, und die Stellvertreter wurden länger als 6 Monate in den Betrieben benötigt. Das Projekt wurde von einer Steuerungsgruppe begleitet, in der Vertreter der beiden Firmen, der Beschäftigten, der externen Weiterbildungseinrichtungen, des Arbeitsamtes und der Jobrotation Koordinierungsstelle in Aarhus mitarbeiteten.

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3.1.6 Einschätzung

Die zuvor genannten Zahlen aus der Region Aarhus machen deutlich, dass Jobrotation nach wie vor ein wichtiges Instrument der Beschäftigungs- und Bildungspolitik in Dänemark ist, jedoch regional sehr unterschiedlich angewandt wird. Der Rückgang der Jobrotationszahlen insgesamt bedeutet nicht, dass in Dänemark kein Interesse mehr an dieser Methode besteht, sondern geht einher mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen und einer stärkeren Ausrichtung der Projekte auf die Personal- und Organisationsentwicklung der beteiligten Betriebe. So werden Betriebe durch Jobrotationsprojekte u. a. bei der Auswahl zukünftiger Mitarbeiter unterstützt. Wichtig ist, dass die Projekte maßgeschneidert sind, d. h. sie müssen gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt werden und deren Bedarf und Interessen entsprechen. Wesentlich für eine erfolgreiche Umsetzung scheint die regionale Anbindung und Vernetzung der Projekte zu sein.

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3.2 Norwegen

Der norwegische Arbeitsmarkt zeichnet sich durch eine hohe Erwerbsbeteiligung, auch von Frauen, und eine geringe Arbeitslosigkeit von derzeit etwas mehr als drei Prozent aus (siehe Anhang). Ähnlich wie in Dänemark wird Wert gelegt auf eine gute Zusammenarbeit der Sozialpartner und der Regierung. Lebenslanges Lernen hat einen sehr hohen Stellenwert und soll alle Bevölkerungsgruppen umfassen. Jobrotationen – sowohl interne als auch Rotationen mit Arbeitslosen – können diesen Prozess der kontinuierlichen Kompetenzentwicklung unterstützen. Jobrotation als Methode zur Verknüpfung der Weiterbildung von Beschäftigten mit der Stellvertretung durch Arbeitslose ist in Norwegen als "Vikarplassordningen" (Vertreterregelungen) bekannt.

3.2.1 Implementation

Jobrotation wird seit Anfang der 90er Jahre in Norwegen in den Regionen durchgeführt, z.T. mit Beteiligung der Sozialpartner und in Kooperation mit dem ortsansässigen staatlichen Sozialversicherungsbüro. Seit 1992 ist "Vikarplass" (Vertretung) ein aktives Instrument der Arbeitsmarktpolitik und wird von den Arbeitsämtern zur Integration von Arbeitslosen genutzt. Derzeit scheint die Initiative zur Nutzung dieses Instrumentes im wesentlichen von den örtlichen Arbeitsämtern auszugehen, die in einer Übersicht zu den Maßnahmen der Arbeitsverwaltung (Tiltaksboka) für das Jahr 2001 als Initiatoren und Ansprechpartner für Vikarplasser genannt werden.

3.2.2 Regelungen zur Freistellung und Weiterbildung der Beschäftigten

Norwegen hat einen Arbeitskräftemangel zu verzeichnen, insbesondere z. B. im Gesundheitssektor. Um diesem zu begegnen, werden einerseits für ausgewählte Sektoren Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben und andererseits wird der Weiterbildung von Beschäftigten und der (Re-) Integration auch von Schwervermittelbaren ein hoher Stellenwert beigemessen.

Sehr bedeutend ist die "Kompetenzreform", die seit 1999 zwischen der Regierung und den Sozialpartnern entwickelt wird und die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens unterstreicht (Ministry of Education, Research and Church Affairs 2000, Übersetzung

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der Verfasser): "Kompetenzentwicklung und Lebenslanges Lernen müssen die norwegischen Unternehmen und die Gesellschaft mit den Kompetenzen versorgen, die gebraucht werden, um eine Basis zu bilden für die Schaffung von Werten und die Vorsorge für Dienstleistungen für den privaten und den öffentlichen Sektor. Eine gut ausgebildete Bevölkerung ist die wichtigste Resource der Nation zur Bewahrung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Sicherstellung der Lebensqualität und zur Verhinderung der Entstehung neuer Klassenunterschiede."

Die Kompetenzreform umfasst alle Bevölkerungsgruppen und setzt die Zusammenarbeit unterschiedlichster Akteure aus dem öffentlichen und privaten Sektor voraus. Ein wesentlicher Baustein ist das Recht auf Bildungsurlaub, das seit Januar 2001 gesetzlich verankert ist: Arbeitnehmer, die seit mindestens drei Jahren erwerbstätig sind und hiervon die beiden letzten Jahre bei dem selben Arbeitgeber, haben das Recht auf eine Vollzeit- oder Teilzeit-Freistellung für einen Zeitraum bis zu drei Jahren, um an Aus- und Weiterbildungen teilzunehmen. Weiterbildungen (nicht Ausbildungen) sollten arbeitsplatzbezogen sein und müssen mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind aufgefordert, Finanzierungsmöglichkeiten für die Freistellung auszuhandeln. Eine finanzielle Unterstützung für Unterhalt und Weiterbildung können die Freigestellten vom staatlichen Bildungsbeteiligungsfonds erhalten. Der Arbeitgeber muss Ausgaben für Aus- und Weiterbildung seiner Beschäftigten seit 1999 nicht mehr versteuern.

Bisher sind keine Zahlen zur Inanspruchnahme des neuen Gesetzes auf Bildungsurlaub verfügbar. Zunächst möchte das zuständige Ministerium für Bildung, Forschung und Kirche die neuen Regelungen bekannt machen und für lebenslanges Lernen bei allen Bevölkerungsgruppen sowie öffentlichen und privaten Arbeitgebern werben. Zudem wurden drei Institute der Erwachsenenbildung zum 1. Januar 2001 zum Norwegischen Institut für Erwachsenenbildung zusammengelegt. Die Hauptaufgabe des neuen Instituts besteht in der Entwicklung und Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen im Bereich der Erwachsenenbildung, die zur Unterstützung aller dienen, die in der Erwachsenenbildung tätig sind.

Ähnlich wie in Dänemark wird die kontinuierliche Weiterbildung der Beschäftigten durch eine gemeinsame Regelung der Sozialpartner unterstützt, die eine regelmäßige Ermittlung des Qualifizierungsbedarfes in den Betrieben vorsieht (Confederation of Norwegian Business and Industry and Norwegian Confederation of Trade Unions 1998: 54, Übersetzung der Verfasser): "Jedes Unternehmen muß seine Zielsetzungen für die zukünftige Entwicklung darlegen, die als Grundlage für eine Liste der benötigten Qualifikationen dienen. In Zusammenarbeit mit den Beschäftigten wird es in der Verantwortung des Unternehmens liegen, notwendige Maßnahmen zu planen und zu initiieren. Dieser Plan muss normalerweise einmal im Jahr aktualisiert werden. Wo immer es eine Lücke zwischen bestehenden Kompetenzen im Unternehmen und dem zukünftigen Bedarf gibt, sollte dies mit Hilfe von entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen oder anderen Mitteln geschlossen werden."

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3.2.3 Regelungen zur Stellvertretung durch Arbeitslose

Die weitreichenden Planungen und Änderungen im Zusammenhang mit der Kompetenzreform sollen auch dem Mangel an Fachkräften entgegenwirken, der nicht nur von seiten der Arbeitgeber beklagt wird. Auch die öffentliche Arbeitsverwaltung sieht eine ihrer Hauptaufgaben in der Qualifizierung und Integration von Arbeitslosen. Als die drei Hauptaufgaben der öffentlichen Arbeitsverwaltung werden genannt (Ministry of Labour and Government Administration 2000: 17, Übersetzung der Verfasser): "Jobsuchende bei der Arbeitsplatzsuche unterstützen, Arbeitgeber bei der Einstellung neuer Mitarbeiter unterstützen, negative Effekte der Arbeitslosigkeit verhindern und moderieren."

Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, verfügt die norwegische Arbeitsverwaltung über folgende Arbeitsmarktprogramme und -instrumente (Ministry of Labour and Government Administration 2000: 37ff., Übersetzung der Verfasser): "Beschäftigung im öffentlichen Sektor, Lohnsubventionen, Arbeitsmarktkurse, Schulungsplätze, Integrationstraining, Jobrotationsprogramme, Jobrotationsprogramme in Verbindung mit Erziehungsurlaub, Ausbildungen in Regierungseinrichtungen, Job-Clubs, Zuschüsse zur Mobilitätsförderung, private Jobentwicklungsprojekte".

Ergänzend zu den genannten Programmen werden gezielte Maßnahmen zur (Wieder-) Eingliederung von Behinderten durchgeführt. Diese können auch die obengenannten Programme in Anspruch nehmen. Nach Aussagen der norwegischen Arbeitsverwaltung und von norwegischen Forschungsinstituten können alle Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jobrotationsprojekte genutzt werden. Jobrotationsmaßnahmen können für den Stellvertreter bis zu zehn Monate dauern, abhängig von der Dauer der Freistellung des Beschäftigten für Weiterbildung. Die Vertretungskräfte sind im Stellvertretungsbetrieb sozialversicherungspflichtig beschäftigt, der Arbeitgeber erhält hierfür einen Lohnkostenzuschuss.

3.2.4 Regelungen zur Finanzierung

Die Finanzierung der Stellvertretungen ist seit 1992 von Seiten der Arbeitsverwaltung geregelt und sieht seither einen Lohnkostenzuschuss in Höhe von 13.000 norwegischen Kronen (1.636 Euro) monatlich vor. Dieser wird bis zu zehn Monate an den Arbeitgeber gezahlt, der einen Arbeitslosen als Stellvertreter (befristet) einstellt und gleichzeitig einen Beschäftigten für Bildung freistellt. Der Stellvertreter muss den Freigestellten nicht direkt ersetzen, betriebsinterne Rotationen sind möglich. Ein Betrieb kann mehrere Stellvertreter hintereinander erhalten, wenn die Bildungsdauer der Freigestellten länger als zehn Monate ist. Der Freigestellte erhält in der Regel weiterhin sein Gehalt vom Arbeitgeber (Aushandlungsprozess). Auch die (teilweise) Übernahme der Weiterbildungskosten kann der Beschäftigte mit dem Arbeitgeber aushandeln.

Stellvertretungen, die für Beschäftigte im Erziehungsurlaub eingerichtet werden, werden mit 10.000 Kronen (1.258 Euro) monatlich von Seiten der Arbeitsverwaltung unterstützt. Als problematisch wird von allen Seiten angesehen, dass für die Finanzierung der Freistellung und Weiterbildung des Beschäftigten in der Regel der Arbeitgeber und der Beschäftigte selbst aufkommen müssen. Die Möglichkeit, ein Darlehen bzw. Zuschuss

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aus dem staatlichen Bildungsbeteiligungsfonds zu erhalten, wird von vielen als nicht ausreichend bzw. attraktiv angesehen, da die Höchstsumme für Alleinstehende im Studienjahr 2001/2002 monatlich 6950,00 Norwegische Kronen (880 Euro) beträgt. Für Personen mit Kindern bzw. Unterhaltsverpflichtungen ist sie etwas höher, ein Teil ist Zuschuss, ein anderer Darlehen, gezahlt wird für zehn Monate im Jahr, eine Altersgrenze existiert nicht. Zu berücksichtigen ist, dass in Norwegen viele staatliche Aus- und Weiterbildungen kostenlos sind. Zum aktuellen Zeitpunkt diskutieren Sozialpartner und Regierung, ob der Höchstbetrag im Zuge der Kompetenzreform erhöht werden soll. Für das Projektmanagement von Jobrotationsprojekten sind von Seiten der Arbeitsverwaltung zunächst keine Gelder vorgesehen, können jedoch bereitgestellt werden.

3.2.5 Inanspruchnahme

Jobrotationsprojekte werden seit 1990 von der Arbeitsverwaltung finanziert – seit 1992 im Rahmen der bereits zuvor genannten Vikarplassordningen. Jobrotation ist in allen Sektoren möglich – auch im öffentlichen. Eine gute Inanspruchnahme war bis 1997 zu verzeichnen, in diesem Jahr wurden zehn Prozent der Mittel für aktive Maßnahmen für Stellvertretungen (1.956 Stellvertretungen) verwendet. Seit 1997 ist die Nutzung kontinuierlich zurückgegangen: 1998 wurden 1.033 Fälle registriert, 1999 119 Fälle, in 2000 waren 24 Personen in Stellvertretungen tätig, im Februar 2001 wurden 23 Personen als Stellvertreter gezählt. Vermutet wird, dass jedoch auch andere Maßnahmen der Arbeitsverwaltung, die Praktika in Betrieben beinhalten, die Weiterbildung von Beschäftigten unterstützen. [Die zuvor genannten Zahlen basieren auf Angaben der norwegischen Arbeitsverwaltung im April 2001. Der Rückgang der Zahl ist einerseits verbunden mit einer Abnahme der Arbeitslosigkeit insgesamt und andererseits einer stärkeren Ausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf die Qualifizierung von Arbeitslosen mit Vermittlungseinschränkungen. Als 1992 das Programm ausgeweitet wurde, lag die Arbeitslosigkeit bei 5,4% und stieg 1993 auf 5,5%, von 1994 bis 1998 war sie stets rückläufig (bis zu 2,4% 1998), seit 1999 ist die Arbeitslosenrate wieder leicht gestiegen: 1999 lag sie nach Angaben der norwegischen Arbeitsverwaltung bei durchschnittlich 2,6%, in 2000 bei durchschnittlich 2,7%. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Angaben der Arbeitsverwaltung nicht mit den Angaben des statistischen Zentralbüros bzw. der OECD (siehe Anhang) übereinstimmen, da die Arbeitsverwaltung z. B. im Gegensatz zum statistischen Zentralbüro Personen in aktiven Maßnahmen nicht als Arbeitslose zählt. Im Februar 2001 waren 14.257 Personen in aktiven Maßnahmen, wie viele hiervon in Jobrotation Maßnahmen eingebunden waren, ist nicht transparent.] Angaben dazu, wie viele Beschäftigte für Weiterbildungen freigestellt werden, liegen zur Zeit nicht vor.

1994 und 1995 wurden im Auftrag der norwegischen Arbeitsverwaltung von dem Forschungsinstitut NORUT in Tromso Expertisen zu Jobrotation in Norwegen veröffentlicht (Pedersen & Andersen 1994a, 1994b; Pedersen 1995). Grundlage dieser Auswertungen waren Befragungen von Stellvertretern, Freigestellten und Arbeitgebern. 1993 nahmen insgesamt 533 Personen, die in Stellvertretungen tätig waren, aus vier Verwaltungsbezirken (Troms, Sor-Trondelag, Hordaland und Aust Agder) an einer schriftlichen Befragung teil.

Zwei Monate nach der Stellvertretung (bis zu zehn Monate) waren ein Fünftel der Stellvertreter in regulären sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. 60 % der Stellvertreter waren Frauen, obgleich ihr Anteil an den Arbeitslosen zu diesem

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Zeitpunkt nur bei 35 % lag. Ein Drittel der Stellvertreter waren unter 25 Jahren (ein Viertel der Arbeitslosen). In der Regel verfügten die Stellvertreter über abgeschlossene Berufsausbildungen – die Stellvertreterinnen zu 70 % in den Bereichen Handel und Dienstleistungen. Zwei Drittel der Stellvertretungen fanden im öffentlichen Sektor statt, ein Drittel in privaten Unternehmen. Die Stellvertreter waren insgesamt gesehen sehr zufrieden.

In den bereits zuvor genannten Verwaltungsbezirken wurden 1993 auch für Weiterbildung freigestellte Beschäftigte befragt. Die Antworten von 234 Personen führten u. a. zu folgenden Ergebnissen: Zu 92 % sind die Freigestellten wieder zu ihrem Arbeitgeber zurückgekehrt. Freigestellt waren mehrheitlich weibliche Beschäftigte (60 %), insbesondere aus kommunalen Einrichtungen. Das Durchschnittsalter lag bei 39,4 Jahren. Die meisten verfügten bereits über ein hohes Bildungsniveau. Besucht wurden meist langfristige Qualifizierungsmaßnahmen, z. B. auf Universitäts- und Fachschulebene (zu 57 %). 40 % erhielten nach der Weiterbildung verantwortungsvollere Aufgaben oder eine neue Stellung. Auch die Freigestellten waren zum überwiegenden Teil mit der Maßnahme sehr zufrieden.

Die Befragung der an Jobrotationsprojekten beteiligten Arbeitgeber erfolgte ebenfalls 1993 in den genannten Verwaltungsbezirken. An der Befragung beteiligt haben sich 541 Arbeitgeber: zu 60 % aus dem privaten Sektor. Ebenfalls zu 60 % gehörten die Einrichtungen (öffentliche und private Arbeitgeber) dem Dienstleistungssektor an. Etwa drei Viertel der Arbeitgeber gaben an, dass sie ohne die Stellvertreter der Freistellung von Beschäftigten für Weiterbildung nicht zustimmen hätten können. Auch die Gesamteinschätzung der Maßnahme durch die Arbeitgeber kann als außerordentlich gut bezeichnet werden, so waren z. B. 65 % der privaten Arbeitgeber und 57 % der öffentlichen Arbeitgeber sehr zufrieden.

Praxisbeispiel: Jobrotation im grafischen Gewerbe

Auch in den norwegischen Untersuchungen wird hervorgehoben, dass Jobrotation eine gute Zusammenarbeit aller daran Beteiligter erfordert.

Hervorzuheben sind Umsetzungsbeispiele aus dem grafischen Sektor. Hier wurde 1993 zum ersten Mal eine Projektkoordination jeweils zu einem Drittel von der Arbeitsverwaltung, vom Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft finanziert.

1993 und 1994 wurde dem starken Qualifizierungsdruck auf die grafischen Betriebe dadurch begegnet, dass verstärkt Beschäftigte für Weiterbildungen freigestellt wurden, während Arbeitslose als Stellvertreter in die Betriebe kamen. In diesen beiden Jahren nahmen in der Region Oslo 88 Freigestellte an branchenspezifischen Weiterbildungen teil, während 88 Arbeitslose in den grafischen Betrieben als Stellvertreter eingestellt wurden. Über die Hälfte der Stellvertreter wurde im Anschluss in den Betrieben weiterbeschäftigt, so dass die Anzahl der Arbeitslosen in dieser Branche merklich zurückging. Die Weiterbildungen für die freigestellten Beschäftigten waren von unterschiedlicher Dauer und wurden im Wesentlichen in einem Trainingscenter der grafischen Industrie durchgeführt. Das Trainingscenter ist eine gemeinsame Einrichtung der Norwegischen Gewerkschaft der Arbeitnehmer der grafischen Industrie (NGF) und des Norwegischen Unternehmerverbandes der grafischen Industrie (GBL). Die Beschäftigten erhielten während der Zeit der Freistellung bzw. Weiterbildung durchschnittlich 80% ihres Gehaltes von ihrem Arbeitgeber (vgl. Flottorp, Sterner & Uhrig 1999 und Eidskrem 1998).

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3.2.6 Einschätzung

Obgleich Jobrotation in Norwegen stark zurückgegangen ist, sehen die Regelungen der norwegischen Arbeitsverwaltung weiterhin die Finanzierung von Stellvertretungen vor. Allerdings legen die Arbeitsverwaltungen einen größeren Wert auf die Wiedereingliederung von Behinderten, z. B. mit dem Instrument "Arbeid med bistand" (Arbeit mit Beistand). Da nach den ersten Erfahrungen das Interesse an Bildung von Seiten der Beschäftigten aufgrund der neuen Möglichkeiten, die mit der Kompetenzreform verbunden sind (differenziertes und ausgeweitetes Bildungsangebot/Bildungsurlaub) stark zugenommen hat (ablesbar an den Bewerbungen und Anmeldungen für Aus- und Weiterbildungen), könnte auch Jobrotation wieder an Bedeutung zunehmen.

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3.3 Österreich

Österreich gilt als das am stärksten korporatistisch strukturierte Land in Europa. Der Organisationsgrad vor allem der Arbeitgeber, aber auch der Arbeitnehmer liegt über dem europäischen Durchschnitt. Konzertierte Aktionen zwischen den Sozialpartnern und dem Staat sind hier der traditionelle Steuerungsmodus. Bei der Reform der Sozialen Sicherung in der jüngsten Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die seit 50 Jahren existierende Sozialpartnerschaft auch bei schwierigen Themen erfolgreich sein kann (Auer 2000: 53ff.) Ähnlich wie in Deutschland sind im Vergleich zu den skandinavischen Ländern in Österreich wenig Erwerbstätige im Dienstleistungsbereich beschäftigt und der Anteil der Erwerbstätigen in der Industrie ist relativ hoch. Für die Frauenerwerbsbeteiligung, die eher niedrig ist (siehe Anhang), kommt der Teilzeitarbeit wachsende Bedeutung zu: Rund jede vierte Erwerbstätige war 1999 teilzeitbeschäftigt (OECD 2000: 218). Die Arbeitslosigkeit in Österreich war in den 90er Jahre niedrig (vgl. Anhang). Im Jahr 2000 sank die Arbeitslosenzahl auf den niedrigsten Wert seit acht Jahren, die Arbeitslosenquote nach Standards der Europäischen Union betrug damit 3,4%. Ein Grund ist die Verkürzung der durchschnittlichen Arbeitslosendauer von 125 auf 117 Tage. Die aktive Arbeitsmarktpolitik hat zu dem Rückgang beigetragen. 1999 wurde die Zahl der Schulungen und Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose deutlich erhöht: So gab es 322.000 Teilnehmer in aktiven Maßnahmen, rund 45 % mehr als im Vorjahr. Ein Schwerpunkt wird in die Aus- und Weiterbildung von Arbeitssuchenden gesetzt: Rund 68 Prozent der Förderbudgets wurden 1999 hierfür verwendet. (AMS Medieninfo vom 14. Februar 2001 und vom 15. Februar 2001, http://www.ams.or.at/; Zugriff am 15. Mai 2001).

Wie auch in der Bundesrepublik Deutschland wurde Jobrotation in Österreich 1996 im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsinitiative ADAPT eingeführt und ist als reguläres Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik integriert worden. In Österreich wurde eine Modellvariante entwickelt, die dem dänischen Vorbild in vielen Aspekten ähnlich ist (Feiler 1999b: 8).

3.3.1 Implementation

In die Umsetzung der Jobrotationsprojekte ist ein Netzwerk von Partnern involviert, welches von dem Projektmanagement koordiniert wird. Ein wichtiger Akteur hierbei ist das Arbeitsmarktservice (AMS), eine 1994 aufgebaute, unabhängige Selbstverwal-

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tungsorganisation unter öffentlichem Recht, die die Hauptverantwortung für die Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik trägt (Mosley, Schütz & Breyer 2000: 33). [Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales entwickelt hingegen die allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik und ist für die Aufsicht und Evaluation des AMS zuständig.] Das Unternehmen muss einen Bildungsplan für seine Beschäftigten erstellen und den Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften in Form von Anforderungsprofilen für die Stellvertreter darlegen. Die Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice stimmen die Ziele und Inhalte der Jobrotationsprojekte mit den spezifischen regionalen Arbeitsmarktzielen ab; sie erstellen die Projektbeschreibungen. Für die Vorauswahl der als Stellvertreter infrage kommenden Arbeitslosen sind die lokalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice zuständig. Außerdem sind verschiedene Bildungsinstitutionen zur Abdeckung des Qualifizierungsbedarfes involviert. Die Aufgaben des Projektmanagements bestehen in der Information und der Gewinnung von Unternehmen, in einem Beratungsangebot für die beteiligten Unternehmen, in der Koordination der Netzwerkpartner und in der Steuerung des Implementationsprozesses (Feiler 2000: 1ff.)

Die Finanzierung des Projektmanagements ist kürzlich modifiziert worden, erfolgt jedoch nach wie vor teilweise aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Das Projektmanagement durch die ÖSB Unternehmensberatung, die einen Großteil der Projekte in Österreich beraten hat, wurde zunächst über den ESF im Rahmen von ADAPT finanziert. In den Jahren 1999 und 2000 wurden Förderverträge zwischen der ÖSB Unternehmensberatung und den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice abgeschlossen (Feiler 2001). Die Beratungsleistungen sind im Rahmen des Ziels 3 des ESF neu geregelt worden. Die neue Rahmenrichtlinie des AMS (Qualifizierungsberatung für Betriebe im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (Ziel 3 Schwerpunkt 4 Ziel 1 Maßnahme 4) (QBB)) fördert die Qualifizierungsberatung von Betrieben mit dem Ziel, Betrieben bei ihrer Personalentwicklungsplanung zu unterstützen, arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen dieser Betriebe zu aktuellen und überbetrieblich verwertbaren beruflichen Kenntnissen zu verhelfen und deren Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen zu erhöhen. Die für die Betriebe kostenlose Qualifizierungsberatung kann von Kleinbetrieben (bis zu 50 Mitarbeitern) bzw. von allen Betrieben, die Jobrotationsprojekte durchführen (oder sich an Qualifizierungsverbünden beteiligen) in Anspruch genommen werden. In der Richtlinie wird eine Qualifizierungsberatung zum Aufbau und zur Durchführung von Jobrotationsprojekten gesondert angeführt. Die Beratung unterstützt dabei die Erarbeitung eines Konzeptes (Inhalt: Projektziele, Weiterbildungsplan für die Beschäftigten, Anforderungsprofil und Einschulungs- und Einsatzplan für die Stellvertreter und Perspektiven der Weiterbeschäftigung) sowie die Durchführung des Jobrotationsprojektes. Die maximale Dauer der vom AMS finanzierten Beratung beträgt je Jobrotationsprojekt vier Tage. Die allgemeine Qualifizierungsberatung ist hingegen "ergebnisoffen": Führt die Erstdiagnose zur Erkenntnis, dass eine kurzfristige Qualifizierung der Mitarbeiter nicht das adäquate arbeitsmarktpolitische Mittel ist, kann die Beratung auch andere Funktionen übernehmen (z. B. Fokus auf die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern). Die Beratungsleistungen sollen öffentlich ausgeschrieben werden und mit geeigneten Beratungsunternehmen soll die AMS Landesgeschäftsstelle Werkverträge abschließen. Die Finanzierung der Qualifizierungsberatung erfolgt je zur Hälfte

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aus Mitteln des Arbeitsmarktservices und des Europäischen Sozialfonds. Die neue Richtlinie zur Qualifizierungsberatung wurde im Juli 2000 in Kraft gesetzt (Arbeitsmarktservice Österreich 2000c: 3ff.), die Umsetzung erfolgt jedoch erst ab 2001. Bis zum Jahr 2006 sollen rd. 12.000 Unternehmen davon profitieren. [Weitere Informationen finden sich unter http://www.ams.or.at/presse/index.htm, Zugriff am 5. Januar 2001.]

Die Umsetzungsbedingungen für die Projekte auf regionaler Ebene werden durch die allgemeinen Richtlinien auf nationaler Ebene definiert.

3.3.2 Regelungen zur Freistellung und Weiterbildung der Beschäftigten

In Österreich gibt es seit 1998 ein Gesetz zur Freistellung zu Weiterbildungszwecken: Die Bildungskarenz steht Beschäftigten nach drei Jahren ununterbrochener Beschäftigung für mindestens drei Monate und maximal einem Jahr offen. Nimmt ein Beschäftigter an einer Weiterbildungsmaßnahme teil, so besteht ein Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitsmarktservice auf ein Weiterbildungsgeld von monatlich S 5.565 netto (404 Euro). Die Kosten für die Kranken- und Unfallversicherung des freigestellten Beschäftigten werden aus der Arbeitslosenversicherung bestritten (BMAGS 1998). Für Jobrotationsprojekte ist dieses Gesetz jedoch wenig geeignet, da die finanziellen Einbußen für die Beschäftigten so groß sind, dass ihnen die Teilnahme an diesen Weiterbildungsangeboten finanziell oft kaum möglich ist. Im Zusammenhang mit Jobrotation spielt die Bildungskarenz daher überhaupt keine Rolle (Feiler 2001).

Seit 1996 gibt es Fördermöglichkeiten für die Mitarbeiterqualifizierung, die für Jobrotationsprojekte genutzt werden. Dabei ist das Unternehmen der Förderempfänger, die Finanzierung von externen Weiterbildungskosten wird zu je einem Drittel von dem Unternehmen, der Arbeitsmarktservice (über nationale Mittel) und dem Europäischen Sozialfonds (früher in Rahmen des Ziel 4, jetzt im Rahmen des Ziel 3) getragen (Feiler 2001; Arbeitsmarktservice Österreich 2000a: 8). Die Förderung ist in den Rahmenrichtlinien des Arbeitsmarktservice Österreich geregelt. Mit den seit dem Jahr 2000 gültigen Richtlinien "Qualifizierungsförderung für Beschäftigte im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (Ziel 3, Schwerpunkt 4)" bzw. "(Ziel 1 Maßnahme 4)" soll die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die in besonderem Ausmaß von Arbeitslosigkeit bedroht sind, durch Qualifizierung gesichert und die Weiterbildungsaktivitäten für Arbeitgeber erleichtert werden (Arbeitsmarktservice Österreich 2000a, b: 3). War in der Vergangenheit die Förderung aller Mitarbeiter und aller Unternehmensgrößen möglich, so sind nunmehr die Förderungen auf besondere arbeitsmarktpolitische Zielgruppen begrenzt (Feiler 2001), und der Förderung der Qualifizierung von Beschäftigten in kleinen und mittelständischen Unternehmen wird Priorität eingeräumt (Arbeitsmarktservice Österreich 2000b). [Zwar können auch Großbetriebe in die Förderung mit einbezogen werden. Infolge der ESF-Kofinanzierung (Ziel 1) müssen sie jedoch in einem dem AMS vorzulegenden Konzept plausibel machen, in welcher Weise sie vom strukturellen Wandel betroffen sind und welche Strategien sie zur Bewältigung der Strukturanpassung einsetzen. Die aus diesem Konzept resultierenden Qualifikationsmaßnahmen müssen zudem zwei von sechs in der Richtlinie angeführten Bedingungen erfüllen: z. B. Durchführung neuartiger Schulungsmaßnahmen, Durchführung spezifischer Programme von Qualifikationsmaßnahmen für Frauen oder Durchführung von Jobrotationsprogrammen (Arbeitsmarktservice Österreich 2000b: 5) ] Zu den förderbaren Arbeitnehmern gehören seit dem 1. Juli 2000 fol-

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gende Personengruppen, die sich in einem vollversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis oder in Elternkarenzurlaub befinden müssen: Frauen, Männer ab 45 Jahren sowie (ausschließlich im Rahmen von Jobrotationsprojekten und Qualifizierungsverbünden) unqualifizierte Männer unter 45 Jahren (Arbeitsmarktservice Österreich 2000b: 4). [Unqualifiziert bedeutet hier, dass keine abgeschlossene berufliche Ausbildung oder keine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende abgeschlossene Schulbildung vorliegt.]

Nach der Richtlinie des Arbeitsmarktservice Österreich werden zudem Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen von Jobrotationsprojekten gesondert angeführt. Sie sind dann förderbar, wenn ein Jobrotationskonzept vorliegt, welches die Projektziele, einen Weiterbildungsplan für Beschäftigte, ein Anforderungsprofil bezüglich der Stellvertreter sowie für sie ein Einschulungs- und Einsatzplan und Perspektiven der Weiterbeschäftigung beinhaltet. Zudem ist der Stellvertreter mindestens während der Dauer des Jobrotationsprojektes zu beschäftigen (Arbeitsmarktservice Österreich 2000a: 6 , 2000b: 7). [Für das Land Burgenland gelten besondere Förderkonditionen: Großbetriebe können nur dann in die Förderung miteinbezogen werden, wenn sie einem dem Arbeitsmarktservice vorzulegenden Konzept plausibel machen, in welcher Weise sie vom strukturellen Wandel betroffen sind und welche Strategien sie zur Bewältigung der Strukturanpassung einsetzen. Die aus diesem Konzept resultierenden Qualifikationsmaßnahmen müssen zudem zwei von sechs in der Richtlinie angeführten Bedingungen erfüllen: z. B. Durchführung neuartiger Schulungsmaßnahmen, Durchführung spezifischer Programme von Qualifikationsmaßnahmen für Frauen oder Durchführung von Jobrotationsprogrammen). Drei Viertel der Weiterbildungskosten können gefördert werden (Kursgebühren und Personalkosten). Davon werden 75 % vom Europäischen Sozialfonds übernommen. Die restlichen 25% der anerkennbaren Kosten werden national kofinanziert (Arbeitsmarktservice und/oder Land Burgenland) (Arbeitsmarktservice 2000b: 5ff.)]

3.3.3 Regelungen zur Stellvertretung durch Arbeitslose

In Österreich werden die Arbeitslosen immer von den Unternehmen als Stellvertreter angestellt und erhalten einen regulären Lohn; unter bestimmten Bedingungen wird das Gehalt über Lohnkostenzuschüsse gefördert. [Bei einer Förderung durch den Arbeitsmarktservice ist Bedingung, dass die Stellvertreter mindestens den Kollektivvertragslohn (mit dem Tariflohn in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar) erhalten. Andernfalls werden sie nach dem ortsüblichen Lohn bezahlt.] Daher unterschieden sie sich nicht von den regulär Beschäftigten; mit der Ausnahme, dass sie manchmal nur befristet beschäftigt werden. Die Dauer der Stellvertretungsphase entspricht der Projektdauer und beträgt in der Regel sechs Monate. [Über die gesamte Beschäftigungsdauer der Stellvertreter liegen keine Angaben vor. Da die durchschnittliche Beschäftigungsdauer in Österreich bei zwei Jahren liegt (Feiler 2001), scheint dies auch nicht von besonderem Interesse zu sein.]

Für die Förderung der Einstellung der Arbeitslosen im Rahmen der Jobrotationsprojekte stehen zwei arbeitsmarktpolitische Instrumente zur Verfügung. Eine Förderung der Lohnkosten der Stellvertreter durch das Arbeitsmarktservice ist dann möglich, wenn es sich um förderbare Zielgruppen der Eingliederungsbeihilfe oder der Besonderen Eingliederungsbeihilfe handelt (Arbeitsmarktservice Österreich 2000a: 13). Mit der Eingliederungshilfe bzw. der Besonderen Eingliederungshilfe – eingeführt 1998 bzw. 1997 – soll die Integration von Langzeitarbeitslosen bzw. von Langzeitarbeitslosigkeit Bedrohten durch die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze gefördert werden. Die Beihilfen

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sind ein Lohnkostenzuschuss für alle Arbeitgeber, die Personen der Zielgruppe für mindestens einen Monat zu kollektiv vertraglich geregelten Bedingungen einstellen. Der Lohnkostenzuschuss kann bis zu maximal 66,7 % der Lohn- und Lohnnebenkosten betragen und für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, höchstens aber für zwei Jahre bzw. einem Jahr (Besondere Eingliederungsbeihilfe) gewährt werden. Die Besondere Eingliederungsbeihilfe ist auf die Leistungsbezieher aus der Arbeitslosenversicherung beschränkt und entspricht der Höhe des Leistungsbezuges (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe). Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln der aktiven und im Falle der Besonderen Eingliederungshilfe aus Mitteln der passiven Arbeitsmarktpolitik (Beiträge der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur Arbeitslosenversicherung, Bundesbeitrag, ESF) (Europäische Kommission 1998a: 91f.).

3.3.4 Regelungen zur Finanzierung

Wie angeführt, wird für die Finanzierung der Jobrotationsprojekte eine Kombination der Förderung von Unternehmen für die Mitarbeiterqualifizierung und der Förderung zur Einstellung von Arbeitslosen genutzt. Zusammenfassend lässt sich die Finanzierung von Jobrotation folgendermaßen darstellen: Die Weiterbildungskosten der Beschäftigten werden zu je einem Drittel vom Unternehmen, dem Arbeitsmarktservice und dem ESF übernommen. Die Kosten für die Einschulung der Stellvertreter trägt das Arbeitsmarktservice. Die Lohnkosten für die Beschäftigten während der Weiterbildung trägt das Unternehmen; die Lohnkosten für die Stellvertreter werden auch meist vom Unternehmen übernommen, ein Lohnkostenzuschuss des Arbeitsmarktservice ist jedoch möglich, wenn die Stellvertreter zu den genannten Zielgruppen gehören. Die Beratung und das Projektmanagement werden je zur Hälfte vom Arbeitsmarktservice und dem ESF finanziert (vgl. Feiler 1999c).

3.3.5 Inanspruchnahme

Insgesamt waren in Österreich von 1997 bis 2000 50 Betriebe mit 2.814 freigestellten Beschäftigten und 283 Stellvertretern an Jobrotationsprojekten beteiligt (Feiler 2001). Nach Einschätzung der ÖSB Unternehmensberatung GmbH ist ein zielgruppenspezifischer Einsatz des Instrumentes bei entsprechender Auswahl der Unternehmen möglich. So wurde 1999 ein Programm entwickelt, das in erster Linie die Höherqualifizierung von Frauen durch Jobrotationsprojekte zum Ziel hat. Insgesamt war der Frauenanteil der Jobrotationprojekte in absoluten Zahlen allerdings niedrig, wenngleich hier Frauen überproportional vertreten waren in Relation zum Frauenanteil bei der jeweiligen Gesamtbelegschaft. [In den von der ÖSB Unternehmensberatung GmbH betreuten Projekten lag der Frauenanteil an den Stellvertretern bei 24%, an der Weiterbildung bei 18% und an der Gesamtzahl der Beschäftigten in den Betrieben bei 13% (Feiler 1999b: 10).] Auch Langzeitarbeitslose konnten über Jobrotationsprojekte eine Anstellung finden; zudem zielte ein Jobrotationsprojekt ausdrücklich auf die Reintegration von Langzeitarbeitslosen (Feiler 1999b: 21ff., 2000: 1). [Verläßliche Daten hinsichtlich der verschiedenen Zielgruppen, der Qualifikationsebenen der Beteiligten und ihrer Altersstruktur liegen leider nicht vor (Feiler 2001).]

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Hinsichtlich der Einsatzbereiche und des Qualifikationsniveaus der Beschäftigten und der Stellvertreter ist festzuhalten, dass zu einem großen Teil Arbeiter aus der Produktion weitergebildet wurden. Dies lässt sich mit der leichteren Organisation der Projekte auf unteren Hierarchieebenen begründen. In Wien wurde Jobrotation erfolgreich im Non-Profit-Bereich (Sozial- und Pflegedienste) und im Software- und Informationstechnologie-Sektor umgesetzt (Feiler 1999b: 11ff.).

Aber auch für eine ganze Branche konnte zusammen mit dem Fachverband und der Fachgewerkschaft ein Rahmenkonzept zur Umsetzung von Jobrotation entwickelt werden: In mehreren österreichischen Bezirken wurden Jobrotationsprojekte in der Papierindustrie realisiert, wodurch auch Arbeiter im Schichtbetrieb vermehrt an Weiterbildungen beteiligt werden konnten. Ohne den Einsatz von Stellvertretern wäre eine Höherqualifizierung dieser Beschäftigtengruppe nur schwer umsetzbar gewesen (Feiler 1999b: 22).

Praxisbeispiel Österreich: Jobrotation in der Immobilienbranche

Im Sommer 1997 wurde in einer Immobilienfirma mit Sitz in Ried im Innkreis auf Anregung des Arbeitsmarktservice Ried die Durchführung von Jobrotation beschlossen. Ausgangspunkt war ein guter Qualifikationsstand der 126 Mitarbeiter. Die Bildungsaktivitäten der Firma waren jedoch eher reaktiv und auf die Füllung von "Qualifikationslöchern" ausgerichtet als auf eine antizipative Planung der zukünftigen Qualifikationen. Neben der unternehmensbezogenen Bedarfsentwicklung durch die Firmenleitung und Führungskräfte wurde durch Mitarbeitergespräche eine individuelle Bedarfserhebung (personenkonzentrierte Karriereplanung) durchgeführt.

An den Weiterbildungen nahmen insgesamt 59 Beschäftigte teil, also fast die Hälfte der Belegschaft. Entsprechend waren die Weiterbildungsinhalte breit gestreut: Neben Bautechnik, Rechnungswesen, Recht und EDV waren Projektmanagement, Führung und soziale Kompetenz weitere Themen. In die Durchführung der Weiterbildung waren verschiedene Bildungsinstitute involviert. Sämtliche Weiterbildungsaktivitäten ergaben zusammen einen Zeitbedarf von 33 Personenmonaten. Der zusätzliche Personalbedarf durch die Freistellung der Beschäftigten wurde durch die Einstellung von acht Arbeitslosen, vermittelt vom Arbeitsmarktservice, abgedeckt. Ihre Mindestbeschäftigungsdauer betrug neun Monate. Alle Stellvertreter wurden nach Ablauf des Projektes in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen.

Aus Unternehmersicht waren wichtige Erfolgskriterien, dass die Unternehmensleitung 100prozentig hinter dem Projekt stand, und dass vom Unternehmen die erforderlichen Kapazitäten (Personalressourcen) zur Organisation der Aktivitäten zur Verfügung gestellt wurden. Das Fazit zieht der Geschäftsführer, wie folgt (ÖSB Unternehmensberatung GmbH 1999):

"Faktum ist, dass wir acht Arbeitslose – teils waren dies Langzeitarbeitslose – in unserem Unternehmen aufgenommen haben. Diese können alle längerfristig in unserem Unternehmen bleiben. Faktum ist weiter, dass wir durch die Förderung des AMS und des Europäischen Sozialfonds ein größeres und breiteres Qualifizierungsprogramm für unsere MitarbeiterInnen umsetzen konnten, als dies sonst der Fall gewesen wäre."

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Die Dauer der Stellvertretung und die Integrationsrate liegen in Österreich über dem europäischen Durchschnitt: Die Stellvertreter verblieben im Durchschnitt acht Monate im Betrieb, und nach dem Ende der Stellvertretungsphase wurden rd. 80 % im selben Betrieb weiter beschäftigt. Dabei handelte es sich überwiegend um expandierende Betriebe. Zwischen großen und kleinen Unternehmen zeigte sich hinsichtlich der Integrationsrate kein signifikanter Unterschied. Die durchschnittliche Qualifizierungsdauer der Beschäftigten ist hingegen mit rd. zwei Wochen sehr kurz (Feiler 2000: 3, 1999a: 3, 1999b: 10ff.).

Hervorzuheben ist schließlich, dass in Österreich auch Großbetriebe finanzielle Mittel für die Durchführung von Jobrotationsprojekten erhalten. Von den an Jobrotationsprojekten beteiligten Unternehmen hatten 29 % mehr als 250 Mitarbeiter; 45 % der Unternehmen hatten zwischen 50 und 250 Mitarbeitern und 26 % der beteiligten Unternehmen zählten mit weniger als 50 Mitarbeitern zu den kleinen Unternehmen. Von den Beschäftigten in Weiterbildung und den Stellvertretern kamen etwa 70 % bzw. 67 % aus großen Unternehmen. Die Teilnahmerate an Weiterbildungsmaßnahmen war jedoch in großen Unternehmen mit neun Prozent vergleichsweise gering, in kleinen Unternehmen lag sie dagegen bei 23% und bei den mittleren Unternehmen bei immer noch 14 %. Daraus ergibt sich, dass kleine Unternehmen im Vergleich mehr Stellvertreter einstellten als die übrigen Unternehmen: Hier war die Relation 4 zu 1, in mittleren und großen Unternehmen hingegen 7 zu 1 (Feiler 2000: 3).

Im Rahmen des neuen Ziels 3 Schwerpunkt 4 des Europäischen Sozialfonds sind Jobrotationsprojekte in Niederösterreich, in Oberösterreich und der Steiermark geplant. Da die Projekte im Laufe des Jahres 2001 starten werden, liegen hierzu noch keine näheren Informationen vor.

3.3.6 Einschätzung

Die Relation der Freigestellten zu den Stellvertretern von etwa 1 zu 10 ergibt sich zum einen aus der langen Stellvertretungsphase der Arbeitslosen. Zum anderen deutet diese Relation darauf hin, dass Jobrotation in Österreich vor allem auf die Qualifizierung der Beschäftigten ausgerichtet ist und hier als Personalentwicklungsinstrument Anwendung findet. Damit liegt Jobrotation im allgemeinen Trend der österreichischen Arbeitsmarktpolitik, die einen Schwerpunkt in die Qualifizierung der Beschäftigten und die Entsprechung des Qualifikationsbedarfs der Unternehmen setzt. Die EU-weit überdurchschnittlich hohen Übergangsquoten der Stellvertreter in reguläre Beschäftigung, die sicherlich auch auf die langen Stellvertretungsphasen und die zuvor genannte Relation zwischen Beschäftigten und Stellvertretern zurückzuführen sind, zeigen, dass Jobrotation auch als Instrument einer betriebsnahen Arbeitsmarktpolitik in Österreich sehr erfolgreich angewandt wird.

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3.4 Schweden

Der schwedische Arbeitsmarkt ist, wie der dänische, durch einen großen öffentlichen Sektor geprägt, dessen weit ausgebauten kommunalen Dienstleistungen (Gesundheit, Pflege und Erziehung) den Frauen eine hohe Erwerbstätigkeit ermöglicht. Allerdings ist diese Erwerbstätigkeit weitgehend auf diesen Bereich beschränkt, die früher hohe Teil-

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zeitarbeit geht jedoch zurück. Der private Sektor ist geprägt durch einige wenige Großbetriebe, die international agieren (z. B. Eriksson), und durch eine gemischte klein- und mittelständische Struktur. Obwohl die Arbeitgeber sich in den 90er Jahren aus den meisten korporatistischen Arrangements herauszogen (so z. B. aus der Arbeitsverwaltung), sind die Lohnverhandlungen noch weitgehend zentralisiert. Der Gewerkschaftsgrad ist außerordentlich hoch, und die Lohn- sowie Einkommensdifferenzen sind im Vergleich zu liberalen Beschäftigungsregimes noch gering. In der beruflichen wie akademischen Bildung nimmt Schweden weltweit eine Spitzenstellung ein. Die Beschäftigungskrise anfangs der 90er Jahre mit zweistelligen Arbeitslosenquoten ist weitgehend gelöst, allerdings sind die Teilnehmerzahlen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen noch recht hoch. Die Arbeitslosenquote ist mittlerweile (nach internationalem Standard gemessen) auf einem Niveau von etwa fünf Prozent und soll weiter auf etwa vier Prozent gedrückt werden. Gleichzeitig strebt die Regierung an, die Beschäftigungsquote auf 80 % zu erhöhen.

Bereits seit 1987 werden in Schweden Erfahrungen mit Stellvertretermodellen gesammelt. 1991 kam es zur Einführung der "Weiterbildungsstellvertretung" (Utbildningsvikariat), die seit 1996 in der schwedischen Arbeitsförderungsgesetzgebung geregelt ist (Europäische Kommission 1998b: 44). Mit der Einführung der Weiterbildungsstellvertretung regte die Regierung die Arbeitgeber an, die Rezession in Schweden für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten zu nutzen: In Zeiten, in denen die Arbeitskapazitäten der Unternehmen zurückgehen und in denen der öffentliche Sektor seine Aktivitäten reorganisiert, sei es wichtig, dass Arbeitgeber die Möglichkeit der Qualifizierung ihres Personals ergriffen (AMS International Sekretariat 1999: 3). Mit der Weiterbildungsstellvertretung soll sowohl privaten Unternehmen als auch dem öffentlichen Sektor die Möglichkeit gegeben werden, in die Schulung ihres Personals zu investieren und gleichzeitig Arbeitslosen eine zeitweilige Anstellung und entsprechend notwendige Arbeitserfahrungen zu vermitteln (Europäische Kommission 1998b: 44).

3.4.1 Implementation

Die Struktur der schwedischen Arbeitsverwaltung kann als vorteilhaft für die Durchführung der Weiterbildungsstellvertretung angesehen werden. Repräsentanten der Arbeitgeber und Gewerkschaften sind in den beratenden Gremien und Delegationen auf verschiedenen Ebenen der Arbeitsmarktbehörde vertreten, was zur Akzeptanz der Maßnahmen bei den Sozialpartnern beitragen dürfte. Dies ist auch in dem Kontext zu sehen, dass der Organisationsgrad sowohl der Arbeitnehmer (85 % sind gewerkschaftlich organisiert) als auch der Arbeitgeber sehr hoch ist. Neben dem tripartistischen Aufbau ist auch die dezentrale Struktur der Arbeitsverwaltung als wichtige Rahmenbedingung für die Umsetzung von qualifizierungs- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen anzuführen. In jeder Gemeinde gibt es mindestens ein lokales Arbeitsamt. Diese sind auch für die institutionelle Durchführung der Stellvertreterregelung zuständig. Zudem gibt es auf kommunaler Ebene Arbeitskommitees, die als Kontaktorgan in kommunalen Arbeitsmarktfragen fungieren. Repräsentanten der lokalen Arbeitsämter, der Stadtverwaltungen und der kommunalen Arbeitsmarktparteien müssen in diesen Komitees vertreten sein (Europäische Kommission 1998b: 4ff.). Die Dezentralität und die Einbeziehung der kommunalen Akteure gewährleistet eine Ausrichtung der qualifizierungs- und arbeitsmarktpolitischen Programme am konkreten regionalen Bedarf.

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3.4.2 Regelungen zur Freistellung und Weiterbildung der Beschäftigten

Die rechtlichen Regelungen zu Weiterbildungsfreistellungen von Beschäftigten sind in Schweden wie auch in anderen skandinavischen Ländern weitreichend. Der Zugang zur Weiterbildung ist durch das Recht auf Freistellung für alle Beschäftigten gewährleistet. Hierfür stehen - bereits seit 1978 - jedem/r Beschäftigten 25 Arbeitstage pro Jahr zur Verfügung. Freistellungen für Weiterbildungen werden von der schwedischen Arbeitsverwaltung in besonderem Maße gefördert, wenn dadurch Entlassungen verhindert werden können. Die Förderung kann von den Unternehmen jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn diese während der Laufzeit der Förderung auf Entlassungen verzichten (Olsson 1997: 3f.).

Die Weiterbildungsmaßnahmen für die Freigestellten können zwar auch in den Betrieben stattfinden, sofern entsprechende Bildungseinrichtungen vorhanden sind, müssen jedoch unabhängig von der normalen Produktion erfolgen und vom zuständigen "Regionalen Arbeitsausschuss" (länsarbetsnämnd) genehmigt werden. Die Qualifizierung soll beruflich ausgerichtet sein. Die Betriebsleitungen müssen vorab die Bildungspläne mit den beteiligten Gewerkschaften oder Betriebsräten aushandeln und eventuelle Abänderungen der Arbeitsverwaltung melden (Höcker 1995: 75).

3.4.3 Regelungen zur Stellvertretung durch Arbeitslose

Dieses Weiterbildungsangebot wurde zusätzlich von der Arbeitsverwaltung mit dem Angebot kombiniert, die frei gewordenen Arbeitsplätze mit arbeitslosen Stellvertretern zu besetzen (Schömann, Mytzek & Gülker 1998: 23ff.). Arbeitgeber, die für einen ihrer zu Bildungszwecken freigestellten Beschäftigten eine vom Arbeitsamt vermittelte Ersatzkraft befristet einstellen, erhalten einen indirekten staatlichen Zuschuss in Form eines steuerlichen Abzuges bei den Sozialabgaben.

Die Ersatzkraft wird für die Stellvertretungsphase befristet im Betrieb angestellt. Sie muss eine Vollzeitstelle mit Tariflohn erhalten, eine Teilzeit-Regelung ist nicht möglich. Die Ersatzkraft muss nicht die gleiche Stelle und die gleiche Aufgaben wie die freigestellte Person haben. Auch hinsichtlich der Dauer der Stellvertretung sind keine Mindest- oder Höchstgrenzen vorgesehen (Höcker 1995: 75f.).

3.4.4 Regelungen zur Finanzierung

Die schwedische Arbeitsverwaltung fördert die Weiterbildung der Beschäftigten im Rahmen der Stellvertreterregelung, sofern dadurch Entlassungen verhindert werden können, mit bis zu SEK 50.000 pro Beschäftigtem, was etwa 5.511 Euro entspricht (Olsson 1997: 3f.). Für die Einstellung einer zuvor arbeitslosen Stellvertretungskraft erhält der Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Lohnkosten der Ersatzkraft bis zu 350 SEK (rd. 27,60 Euro pro Tag) oder 50 % der Lohnkosten. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber eine Unterstützung für die Weiterbildungskosten erhalten, die Höhe lag 1997 bei 40 SEK (4,4 Euro) je Ausbildungsstunde und Arbeitnehmer und bei maximal 20.000 SEK (2.204,5 Euro) pro Weitergebildetem (Dahlberg & Forslund 1999: 3).

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3.4.5 Inanspruchnahme

Der Einsatzschwerpunkt der Stellvertreterregelung liegt in Schweden im öffentlichen Dienst. Vor allem die Regionalverwaltungen und die Gemeinden haben die Maßnahme im Bereich des Pflege- und Gesundheitswesens genutzt. (Carling & Richardson 2001: 9; Harkman & Johansson 2000: 10; Ackum Agell 1995: 71ff..) 1997 nahmen rd. 10.570 Personen an dem Programm teil, davon waren zwei Drittel unter 35 Jahre alt und 78 % der Teilnehmer waren Frauen (Arbetsmarknadsstyrelsen 1998: 136).

Die Beschäftigungswirkung der Stellvertreterregelung war im Vergleich zu anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Schweden hoch. In einer Studie von Harkman und Johansson (1998; vgl. auch Rabe 2000: 39f.) wird die Wirksamkeit der Stellvertreterregelung und sechs weiteren arbeitsmarktpolitischen Programmen [Neben Jobrotations-Programmen wurden Qualifizierungsmaßnahmen, Praktikumsprogramme, Computercenter-Programme, Einarbeitungszuschüsse, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie praxisorientierte Trainingsmaßnahmen, die 1996 in Schweden durchgeführt wurden, untersucht.] anhand der Beschäftigungsquote ein Jahr nach Maßnahmenende untersucht. Eine Kontrollgruppe, bestehend aus Personen, die zum gleichen Zeitpunkt des Programmendes der Teilnehmergruppe ihre erste Arbeitslosigkeit erlebte, wurde hinzugezogen. Somit weist die Kontrollgruppe eine weitaus erfolgreiche Erwerbsbiographie auf als die Teilnehmergruppe, denn bei letzterer wird in der Studie nur die Dauer der laufenden Arbeitslosigkeitsperiode berücksichtigt, mögliche vergangene Perioden werden ignoriert (Rabe 2000: 40). Ergebnis der Studie ist, dass eine Teilnahme an den meisten untersuchten Programmen positive Wirkungen auf die Beschäftigungswahrscheinlichkeit hat. Mit rd. 54 % weisen die Stellvertreterprogramme die zweithöchste Beschäftigungsquote ein Jahr nach Programmende der untersuchten Programme auf [Nur Einarbeitungszuschüsse waren mit 63% noch effektiver (Harkman & Johansson 2000: 12).] , während die Beschäftigungsquote der Kontrollgruppe – trotz günstigerer Ausgangsbedingungen – bei nur knapp 35 % liegt (Harkman & Johansson 1998: 12). Dabei lässt sich bei den Jobrotationsprogrammen ein guter Anteil der Erwerbsverhältnisse auf den sog. "Klebeeffekt" zurückführen: Von den ehemaligen Teilnehmern, die ein Jahr nach Ablauf der Maßnahme beschäftigt waren, arbeiteten gut drei Fünftel (61,2 %) bei demselben Arbeitgeber, der die Maßnahme durchgeführt hatte. Fast 29 % fand bei einem neuen Arbeitgeber eine Beschäftigung, und rd. zehn Prozent von ihnen wurde von einem früheren Arbeitgeber wieder eingestellt. Allerdings waren rd. 42 % der nach einem Jahr Erwerbstätigen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt, der das Programm durchführte und dem sie bereits aus früheren Beschäftigungsverhältnissen bekannt waren. Insofern darf die positive Wirkung der Stellvertreterprogramme nicht überschätzt werden, da im letzteren Fall vermutlich Mitnahmeeffekte auftraten, d.h. Personen nahmen an dem Programm teil, die sowieso beschäftigt worden wären. Aber auch nach Berücksichtigung der Mitnahmeeffekte werden die Beschäftigungseffekte von Harkman und Johansson positiv eingeschätzt (1998: 21).

Auch nach der Studie von Carling und Richardson (2001) sind die Beschäftigungswirkungen der Stellvertreterregelung im Vergleich mit sieben anderen schwedischen Arbeitsmarktprogrammen hoch. In der Studie wurde untersucht, welche Programme die Arbeitslosigkeitsdauer der Teilnehmer am stärksten reduzieren. Ergebnis ist, dass die

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Stellvertreterregelung am zweitbesten abschneidet: 50 % der Personen, die im Rahmen der Stellvertreterregelung als Ersatzkräfte eingestellt wurden, fanden nach rd. 9 Monaten eine reguläre Arbeit. Zum Vergleich: beim erfolgreichsten Programm lag der Zeitraum bei 6,6 Monaten, beim am wenigsten erfolgreichen Programm betrug die Zeit eineinhalb Jahre. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass diejenigen arbeitsmarktpolitischen Programme, bei denen die Teilnehmer reguläre Arbeitserfahrungen und Weiterbildung in Firmen erhalten, die besten Wirkungen zeigen im Vergleich zu Programmen zur beruflichen Bildung mit Schulungskomponenten. Die Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten in der Arbeitspraxis zu illustrieren und die Gelegenheit eines on-the-job-Trainings sind wahrscheinlich wichtiger als "formale" Berufsbildung für die Aussicht, einen neuen Job zu finden (Carling & Richardson 2001: 27).

In der Studie von Ackum Agell (1995; vgl. auch Rabe 2000: 40) wird die Übergangswahrscheinlichkeit der Teilnehmer aus verschiedenen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen untersucht. Resultat der Studie ist, dass Teilnehmer in Stellvertreterprogrammen im Vergleich zu den drei anderen untersuchten Programmen die höchste Übergangswahrscheinlichkeit in reguläre Beschäftigung haben. Dies wird zum einen mit der Möglichkeit erklärt, sinnvolle Kontakte knüpfen und sich über offene Stellen informieren zu können, zum anderen werden durch die Tätigkeit marktgängige Arbeitserfahrungen vermittelt (Ackum Agell 1995: 84). [Der Kontakt zum möglichen künftigen Arbeitgeber scheint für den Erfolg von arbeitsmarktpolitischen Programmen generell entscheidend zu sein. Darauf weisen die Ergebnisse einer Literaturstudie von Rabe (2000) zum aktuellen Stand der Evaluationsforschung über die Wirksamkeit aktiver Arbeitsmarktpolitik in ausgewählten Ländern hin. Demnach scheinen insbesondere solche Instrumente erfolgreich zu sein, die unterschiedliche Formen subventionierter Beschäftigung bei privaten oder öffentlichen Arbeitgebern - auch in Verbindung mit Qualifizierung – fördern (Rabe 2000: 57).]

Das Ausmaß der Inanspruchnahme der Stellvertreterregelung blieb hinter den Erwartungen der Regierung zurück (AMS International Sekretariat 1999: 4). Mit der Einführung der Stellvertreterregelung 1991 war ursprünglich angestrebt, monatlich 20.000 Personen in Stellvertretungsstellen zu vermitteln. Es wurden beträchtliche Mittel für eine große Werbe- und Informationskampagne in Presse und Fernsehen sowie für Informationsmaterial bereitgestellt. Alle Betriebe mit zwischen 10 und 100 Beschäftigten wurden direkt angeschrieben (Höcker 1995: 76). Das Programm wurde jedoch in zu geringem Maße von der Privatwirtschaft angenommen. Nach einer Studie Mitte der 90er Jahre wurden rd. 80% der Maßnahmen im öffentlichen Sektor durchgeführt (Ackum Agell 1995: 74).

1998 ist die Weiterbildungs-Stellvertreterregelung mit zwei weiteren arbeitsmarktpolitischen Programmen zu einem neuen Programm zusammengefasst worden. Mit der "individuellen Einstellungsunterstützung" (anställningsstöd) sollen die Regelungen und die Koordination der genannten Programme vereinfacht werden. Sie unterscheidet sich von der früheren Stellvertreterregelung insofern, dass sie hinsichtlich der Stellvertreter ausschließlich auf Langzeitarbeitlose begrenzt ist. Wie zuvor mit der Stellvertreterregelung soll auch mit der individuellen Einstellungsunterstützung die Nachfrage nach Arbeit stimuliert werden; Arbeitgeber sollen dazu motiviert werden, neues Personal einzustellen und den Beschäftigten die Möglichkeit zur bezahlten Weiterbildung zu gewähren.

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Die Unterstützung wird sowohl privaten wie auch öffentlichen Arbeitgebern gewährt. In Branchen, in denen Saisonarbeit üblich ist, wird die individuelle Einstellungsunterstützung für unbefristete Einstellungen oder für Einstellungen, die über die normale Saison hinausgehen, bereitgestellt. [Die ersten Ergebnisse sind beachtlich: Bereits im Jahr 1998 nahmen 36.403 Personen an dem Programm teil. Auffällig ist jedoch der, im Vergleich zu anderen schwedischen Programmen, sehr niedrige Frauenanteil: er lag bei lediglich 38%. Die meisten Teilnehmer waren zudem vergleichsweise jung: Fast 60% von ihnen waren jünger als 35 Jahren. Gut 53% der Teilnehmer fanden kurz nach Abschluss der Maßnahme eine Beschäftigung, wobei der überwiegende Teil von ihnen unbefristet (14,2%) oder vom gleichen Arbeitgeber (14,7%) eingestellt wurde (AMS International Sekretariat 1999: 17ff.)]

Jobrotation im Rahmen von ADAPT

Neben der gesetzlichen Stellvertretung wurden in Schweden im Rahmen der ADAPT-Initiative des Europäischen Sozialfonds Jobrotationsprojekte durchgeführt. Vom Landesarbeitsamt im Bezirk Örebro wurde zwischen 1997 und 1999 ein großes Pilotprojekt koordiniert. In etwa 30 Unternehmen wurden 757 Beschäftigte für die Qualifizierung freigestellt und von 170 Arbeitslosen vertreten. Dabei handelte es sich – von zwei Ausnahmen abgesehen – um kleine und mittlere Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Sektoren. Vier Unternehmen wiesen sogar nur zehn oder weniger Beschäftigte auf. Die Weiterbildungsphase der Beschäftigten betrug in der Regel ein bis drei Monate. Die Arbeitslosen waren rd. zwei bis drei Monate als Stellvertreter beschäftigt, in zwei Unternehmen betrug ihre Stellvertretungszeit neun bzw. zwölf Monaten.

Die Jobrotationsprojekte waren nicht nur arbeitsmarktpolitisch sehr erfolgreich – rd. 90 % der Stellvertreter fanden im Anschluss eine Beschäftigung. Auch die Weiterbildungsaktivitäten im Rahmen von Jobrotation konnten die Kompetenz der Beschäftigten nachhaltig steigern und haben, wie das folgende Beispiel zeigt, einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen geleistet.

Praxisbeispiel: Jobrotation in Schweden: ISS Städservice

ISS Städservice ist ein Unternehmen der Reinigungsbranche mit 60 Angestellten und gehört zu ISS Sverige AB, einem in ganz Schweden aktivem Dienstleistungsunternehmen mit 9.000 Beschäftigten (ISS Sverige AB gehört zu ISS, einer Unternehmensgruppe im Dienstleistungsgewerbe mit 140.000 Beschäftigten in 32 Ländern; Stand 1997).

ISS Städservice führte im Jahr 1997 ein dreimonatiges Jobrotationsprojekt durch. An der Weiterbildung nahmen 16 teilzeitbeschäftigte Angestellte teil. Die Weiterbildung wurde zum Teil unternehmensintern, zum Teil bei externen Bildungsanbietern durchgeführt. Dabei wurden die Beschäftigten mit neuen Reinigungstechnologien (Maschinen) vertraut gemacht; Kundenkontakt, umweltbezogene Aspekte und besondere Anforderungen der Tätigkeit ("Risiko-Reinigung" in Krankenhäusern) waren weitere Themen. Im Anschluss an die Weiterbildung konnte das Unternehmen aufgrund des Kompetenzzuwachses seiner Beschäftigten neue Kunden gewinnen. Die Beschäftigten wurden von sieben Langzeitarbeitslosen vertreten, die gemeinsam von dem Unternehmen und der lokalen Arbeitsbehörde ermittelt wurden. Nach einer kurzen Einführungsphase übernahmen die Arbeitslosen zwei Monate lang

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die Tätigkeiten der für die Weiterbildung freigestellten Beschäftigten. Alle Stellvertretungskräfte konnten im Anschluss übernommen werden.

"Durch das Projekt haben wir eine sehr kompetente Belegschaft erhalten sowie die flexible und günstige Gelegenheit, neues Personal zu rekrutieren. Schließlich, und für uns das Beste, haben wir in folge des Projektes neue Kunden gewonnen und konnten damit Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit steigern." (Lena Axelsson, Districtmanager).

Quelle: Hans Karlström, Landesarbeitsamt Örebro (Übersetzung der Verfasser)I

m Bezirk Östergötland wurden zwischen 1996 und 1999 zwei große Jobrotationsprojekte von den ABFs (Arbetarnas Bildningsförbund: private gemeinnützige Bildungsvereinigung für ArbeiterInnen) in Linköping und Norrköping durchgeführt. In einen der beiden Projekte waren etwa 50 Arbeitslose involviert mit einem durchschnittlichen Alter von 50 Jahren. [Vgl. http://www.eujob.dk/s_jrs.html. ]

Im Rahmen des neuen Ziel 3 des ESF wird ein sehr vielversprechender neuer Ansatz in Verbindung mit Jobrotation in Schweden verfolgt. Für die Phase 2000 bis 2006 werden hierfür sechs Milliarden Schwedische Kronen vom Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellt (fast 649 Mio. Euro). Die von EDUCTUS Mälardalen AB [EDUCTUS Mälardalen AB ist ein Institut des TBV. TBV ist ein nationales Aus- und Weiterbildungsinstitut der Gewerkschaften für Fachkräfte, technisches und Verwaltungspersonal, vgl. http://www. eujob.dk/s_educ.html. ] koordinierten Jobrotationsprojekte [Neben EDUCTUS sind weitere Träger in die Umsetzung von Jobrotationsprojekten involviert. Zur Zeit liegen hierzu noch keine Informationen vor. ] starten im Frühjahr 2001 mit einer Laufzeit von zwei Jahren. Sie sollen auf Seiten der Beschäftigten 400 Jahresarbeitsplätze, was zahlenmäßig etwa 1000 Beschäftigten entsprechen wird, mit einbeziehen. Da jede oder jeder Beschäftigte weniger als ein Jahr für Bildungszwecke freigestellt sein wird, sind zahlenmäßig mehr Stellvertretungskräfte als Beschäftigte zu erwarten. Die Projekte werden in den drei größten schwedischen Städten Stockholm, Göteborg, Malmö sowie in drei anderen Regionen umgesetzt und sind nicht auf eine bestimmte Branche begrenzt. Das Besondere an diesem Ansatz ist die erste Phase, in der in den beteiligten Unternehmen eine detaillierte Qualifikationsbedarfsanalyse erhoben wird. Für die hier anfallenden Kosten (in der Produktionszeit) können die Betriebe 50% über den ESF erstattet bekommen. Die zweite Phase dient der Feststellung, welche Mitarbeiter Qualifizierungen benötigen und welcher Art diese sein sollten. Für die Trainingskosten der Mitarbeiter erhalten die Betriebe einen Zuschuss in Höhe von 20% bis 40% vom ESF. Entscheiden sich die Unternehmen nach den beiden ersten Phasen für ein Jobrotationsprojekt, können sie in der dritten Phase geeignete Stellvertreter von EDUCTUS vermittelt bekommen. Die Lohnkosten der Stellvertreter werden von den Arbeitsbehörden übernommen (Torbjörn Trolte, EDUCTUS Mälardalen AB).

Die Teilfinanzierung der Kompetenzanalyse dürfte einen großen Anreiz für Unternehmen darstellen, an den Projekten teilzunehmen. Denn die Erfahrungen zeigen, dass der Vorlauf von Jobrotationsprojekten hohe Planungskosten impliziert (vgl. Kruhøffer

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1999: 23). Zudem sind die Ergebnisse der betrieblichen Qualifikationsbedarfsanalysen für die Arbeitsbehörden von generellem Interesse, da sie eine solide Grundlage für die Entwicklung passgenauer Weiterbildungsprogramme schaffen und die Vermittlungsaktivitäten der Arbeitsämter unterstützen.

3.4.6 Einschätzung

Anfang der 90er Jahre wurden im Zuge der Rezession Qualifizierungsprogrammen in der schwedischen Arbeitsmarktpolitik Priorität eingeräumt. In dieser Phase stellten die Qualifizierungsmaßnahmen das einzige antizyklische Programm dar und boten die Möglichkeit einer schnellen Ausweitung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit. Der Grundgedanke hierbei wie auch bei der Einführung der Regelung zur Weiterbildungsstellvertretung war, die Rezession für die Qualifikationsanpassung und -erhöhung der Erwerbsbevölkerung zu nutzen (AMS International Sekretariat 1999: 2). In dieser Zeit konzentrierten sich die Qualifikationsmaßnahmen weniger auf die sogenannten Risikogruppen, sondern eher auf die leichter zu vermittelnden Arbeitslosen (CEDEFOP 1999: 75). Angesichts der sinkenden Arbeitslosenzahlen der letzten Jahre – im März 2001 lag die Arbeitslosenrate bei 3,9 % [Vgl. http://www.scb.se/eng/index.asp, Zugriff am 15. Mai 2001.] - hat sich die Problemstellung gewandelt. Zum einen gilt es, die schwerer zu vermittelnden Arbeitslosen (wie auch die jüngeren Arbeitslosen) in den Arbeitsmarkt zu (re-)integrieren. Dies kommt auch in dem Zielgruppenbezug der Nachfolgeregelung der Weiterbildungsstellvertretung zum Ausdruck. Wie weit es im Rahmen der Individuellen Einstellungshilfe gelingen wird, Langzeitarbeitslose nachhaltig den Weg zurück in reguläre Berufsleben zu ermöglichen, bleibt abzuwarten.

Auf der anderen Seite gibt es in Schweden einen wachsenden Arbeitskräftemangel, der möglicherweise auch den Langzeitarbeitslosen zugute kommt. So zeigt sich nach Angaben des schwedischen Statistischen Amtes vor allem im Bereich Gesundheit und Soziale Dienstleistungen, aber auch im IT- und im technischen Bereich (Ingenieure) sowie bei den Lehrern ein Fachkräftemangel, der sich bis zum Jahr 2008 voraussichtlich noch verschärfen wird. [Vgl. http://www.scb.se/eng/utbildning/Prognoser/Kortaprognoser/kortaprognosersummary.asp, Zugriff am 15. Mai 2001.] Angesichts des zunehmenden Qualifizierungsbedarfes weisen die (neuen) Jobrotationsprojekte einen besonders vielversprechenden Ansatz auf. Die Kompetenzanalyse im Vorfeld dürfte nicht nur die Erfolgswahrscheinlichkeit der Projekte durch die passgenaue Ausrichtung der Weiterbildung am Unternehmensbedarf stark erhöhen. Darüber hinaus dürfte die Kompetenzanalyse auch von hohem Nutzen für die lokalen Arbeitsmarktakteure, insbesondere die Arbeitsämter, sein.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Schweden 1997 mit einem Programm zur Hebung der Erwachsenenbildung ("kunskapslyftet") eine Bildungsoffensive gestartet hat, die diesen Namen verdient: Beschäftigte und Arbeitslose, die keinen qualifizierenden Bildungsabschluss haben, können eine Weiterbildung auf dem Niveau der Sekundarstufe II beantragen. Dafür werden unterschiedliche, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Angebote in Schulen und Betrieben entwickelt. Die Durchführung liegt

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bei den Kommunen, bei gemeinnützigen und kommerziellen Bildungsträgern und bei den Heimvolkshochschulen. Das Programm hat einen Umfang von ca. 110.000 Weiterbildungsplätzen (Vollzeitäquivalent) und wird von der schwedischen Regierung bis 2002 jährlich mit 3,5 Mrd. SEK (ca. 390 Mill. Euro) gefördert. [Auf Relationen in der Bundesrepublik Deutschland hochgerechnet entspricht dies etwa sieben Mrd. DM und einer Million Weiterbildungsplätzen, also keine "peanuts". ] Ein Teil dieses Programms ist explizit mit Jobrotation verknüpft, d.h. die Förderung von gering qualifizierten Beschäftigten wird von der Einstellung einer arbeitslosen Person auf den frei werdenden Platz abhängig gemacht. Bei anderen Programmteilen ist anzunehmen, dass ihre Inanspruchnahme auf indirekte Weise beschäftigungswirksame Austauschprozesse in Gang setzt, die der Intention von Jobrotation entsprechen.


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