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Lode van Outrive
Möglichkeiten zur Realisierung einer Einwanderungspolitik auf europäischer Ebene


Wer sich näher über diese Möglichkeiten informieren möchte, sollte sich natürlich mit dem befassen, was die Mitglieder der ehemaligen „Ad-hoc-Gruppe Einwanderung" (seit Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht bekannt als Rat der Justiz- und Innenminister) zu diesem Thema zu sagen haben, was die Europäische Kommission bisher getan hat und wie das Europäische Parlament damit umgeht. In diesem Zusammenhang sind natürlich auch die Auswirkungen des Schengener Übereinkommens der neun Unterzeichnerstaaten zu erwähnen.

An erster Stelle sollten natürlich die Vorstellungen des Parlaments und der Kommission erwähnt werden, denn sie legen den Finger auf eine Reihe wunder Punkte, die die Minister zwar verursacht haben, aber nicht heilen.

1978 lassen sich erste Anzeichen erkennen, daß sich die Europäische Kommission für das Thema Migrationspolitik interessiert: sie legt den Entwurf einer Richtlinie vor, die auf die Harmonisierung der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten beim Kampf gegen illegale Einwanderung und illegale Arbeit abstellt.[Fn_1] Dieser Entwurf verschwindet in der Schublade des Ministerrates und wird nie mehr gesehen.

1985 wird das erste Übereinkommen von Schengen zur Abschaffung der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen von fünf Ländern unterzeichnet. Interessanterweise beschließt die Europäische Kommission nahezu zeitgleich mit dieser englisch-französischen Initiative eine sogenannte Verfügung, um ein Verfahren zur vorherigen Abstimmung der Mitgliedstaaten in der Einwanderungspolitik und gemeinsamem Handeln gegenüber Drittländern einzuführen.[Fn_2] Die Befugnis hierzu wird von fünf Ländern (darunter von den beiden Initiatoren des Schengener Übereinkommens) vor dem

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Europäischen Gerichtshof in Luxemburg angefochten. Der Rechtsstandpunkt der Kommission wird weitgehend (aber nicht vollständig) abgelehnt: dies ist eine nationale Angelegenheit! Dann erscheint 1988 eine moderater formulierte Verfugung, die jedoch ohne Konsequenzen bleibt.

1985 ist allerdings auch das Jahr des berüchtigten Weißbuchs der Europäischen Kommission: die Realisierung des Binnenmarktes zum l. Januar 1993. Dieses Dokument enthält Vorschläge zur Koordinierung der Regelungen in den Bereichen Wohnsitz, Einreise, Zugang zu den Arbeitsmärkten für Nicht-EG-Mitglieder, Asylgesetzgebung, Status von Flüchtlingen und gemeinsame Visa-Politik. In den folgenden Jahren kündigt die Kommission eine Reihe von Richtlinien an, doch es wird nie etwas daraus.[Fn_3] Diese Haltung der Kommission ruft noch immer heftigen Widerspruch hervor, insbesondere beim Europäischen Parlament, das sich auf Art. 155 des Vertrags beruft, in dem die Kommission die Aufgabe erhält, die Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zu überwachen.[Fn_4]

Doch die Kommission bleibt nicht untätig: am 23. Oktober 1991 veröffentlicht sie, unter vielem anderen, einen „Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Einwanderung."[Fn_5] Dieses Dokument hinterläßt keinen nachhaltigen Eindruck.

Schon mehrmals hatte sich das Europäische Parlament für eine Einwanderungspolitik ausgesprochen, und am 18. November 1992 tat es dies -deutlicher als zuvor - erneut. Ich möchte hier die wichtigsten Auszüge anfuhren.[Fn_6]

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Das Europäische Parlament:

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Politik

1. betont die Notwendigkeit einer Harmonisierung der Einwanderungspolitik auf europäischer Ebene, um sicherzustellen, daß Drittausländer durch das Gemeinschaftsrecht geschützt sind;

2. verweist auf die Bedeutung einer rationalen Kanalisierung der Migrationsbewegungen und fordert von der Kommission, eine Art Europäisches Überwachungszentrum zur Erfassung der Migrationsbewegungen ins Leben zu rufen;

3. vertritt den Standpunkt, daß der Migrationsdruck erleichtert werden kann, wenn die Herkunftsländer Unterstützung zur wirtschaftlichen Entwicklung erhalten;

4. betont die Notwendigkeit einer Koordinierung der Bereiche Einwanderungspolitik, internationale Entwicklungshilfe, Handelspolitik und wirtschaftliche/soziale Kooperation mit Drittländern bei der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten; es weist auf die Notwendigkeit hin, diese Politik mit den EFTA-Ländern abzustimmen;

5. fordert den zuständigen Ausschuß auf, zusammen mit dem Ausschuß für Wirtschaft und Soziales eine Europäische Einwanderungs-Charta zu entwerfen;

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Nachfrage an Arbeitskräften

6. regt an, daß „die abzusehende Entwicklung bei Nachfrage und Angebot an Arbeitskräften in Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und den entsprechenden Herkunftsländern" Niederschlag finden;

7. fordert die Ausstellung von vorläufigen Arbeitserlaubnissen, um einerseits der Nachfrage zu genügen und es andererseits den Arbeitsmigranten zu ermöglichen, ihren Lebensunterhalt für eine befristete Zeit auf

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unseren Arbeitsmärkten zu verdienen. Mit diesem Ziel unterstützt es den Vorschlag der Kommission zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für zeitlich befristete Arbeitsverträge nach den Prinzipien der ILO-Empfehlung Nr. 86(1949).

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Familienzusammenführung

8. weist daraufhin, daß sich das Recht auf Familienzusammenführung direkt aus dem Aufenthaltstitel ableitet und besteht auf dem Recht jedes legal in einem EG-Land lebenden Menschen, auf Wunsch den (die) Ehegatten(gattin) und Kinder unter 18 Jahren nachzuholen; es fordert, daß alle Drittausländer, die nach Heirat eines EG-Bürgers ihren Wohnsitz in einem EG-Land haben, auch dann ihr Recht auf Wohnsitz behalten, wenn diese Ehe scheitert und zu Trennung bzw. Scheidung führt;

9. fordert die Kommission auf zum Entwurf einer Rahmenrichtlinie zur Einwanderung, gefolgt von spezifischen Richtlinien zu Familienzusammenführung, Zugang zum Arbeitsmarkt, beruflicher Ausbildung, Rückwanderung und befristeter Arbeit.

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Freizügigkeit und Visa

10. betont die Notwendigkeit, allen in einem EG-Mitgliedstaat Wohnsitzberechtigten die Freizügigkeit innerhalb der EFTA-Länder zu gewähren;

11. fordert dazu auf, daß Richtlinie 9D/366/EWG auch auf Nicht-EG-Studierende ausgedehnt wird;

12. weist daraufhin, daß die Rückwanderung von Migranten mit Wohnsitzberechtigung nur auf freiwilliger Basis erfolgen kann;

13. fordert die frühzeitige Schaffung von geeigneten Instrumenten für eine gemeinsame Visa-Politik, wie sie in Artikel 100c (1) und (3) des Vertrags zur Europäischen Union vorgesehen sind, und fordert deshalb die Kommission auf, baldmöglichst entsprechende Vorschläge einzureichen;

14. vertritt den Standpunkt, daß eine gemeinsame Visa-Politik sich genauestens nach den internationalen Menschenrechtsvereinbarungen zu richten hat;

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15. ist der Meinung, daß alle Drittausländer, die sich um ein EG-Visum bemühen, diesen Sichtvermerk innerhalb angemessener Zeit erhalten sollen;

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Illegale Migration und Arbeit

16. erwägt den Einsatz von Maßnahmen zur Bekämpfung sämtlicher Formen der illegalen Migration und fordert das Recht auf Wohnsitz nur für diejenigen illegalen Einwanderer, die für ihren Aufenthalt humanitäre Gründe angeben können;

17. fordert Regelungen der Gemeinschaft zur Kontrolle der illegalen Beschäftigung und schwere Strafen für Arbeitgeber, die illegale Einwanderer beschäftigen;

18. vertritt den Standpunkt, daß illegale Einwanderer, die zum Zweck der Arbeitsaufnahme in die EG eingereist sind, rückgeführt werden müssen, sofern dadurch nicht ihre Gesundheit bzw. körperliche Unversehrtheit gefährdet sind;

19. fordert die Verhinderung von illegaler Beschäftigung durch Strafandrohung und durch die Einführung von Arbeitsverträgen, bei denen unbeschadet der grundlegenden sozialen Rechte der betreffenden Arbeitnehmer den spezifischen Bedürfhissen der betroffenen Sektoren Rechnung getragen wird, sowie durch die Abschaffung sämtlicher Regelungen, die dazu geeignet sind, legale Einwanderer zu illegalen Einwanderern zu machen;

20. fordert die Kommission auf, vor Ende 1993 dem Parlament einen neuen Vorschlag zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung zu unterbreiten;

21. fordert Informationskampagnen in den Herkunftsländern der Einwanderer über die mit einer illegalen Einwanderung verbundenen Risiken und Probleme;

22. fordert die Kommission auf, mit den wichtigsten Herkunftsländern illegaler Einwanderer Rückübernahmevereinbarungen abzuschließen.

Damit waren gleich zu Beginn sämtliche Themen aufgelistet, zusammen mit Hinweisen des Parlaments, wie mit ihnen zu verfahren ist.

Am 23. Februar 1994 formuliert die Kommission eine neue „Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament zu Einwanderung und Asyl-

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politik".[Fn_7] In diesem Dokument argumentiert sie zu recht, daß beide Problemkreise ein nicht zu leugnender Bestandteil der Realität seien, daß die EU vom Norden bis zum Süden zu einer Einwanderungsregion geworden sei und daß damit durch Erarbeitung einer gemeinsamen Politik positiv umzugehen sei. Der EG zufolge muß dies gleichzeitig auf drei Gebieten erfolgen: der Einwanderungsdruck muß bewältigt werden, die Einwanderung muß kontrolliert werden, es muß eine klarere Politik gegenüber den legalen Einwanderern formuliert werden. Darüber hinaus wird die Pflicht der Politiker betont, objektive Informationen zu geben und die Bürger nicht in einem Zustand der Ungewißheit zu lassen.

Gerechtigkeit und Effizienz müssen gemeinsames Ziel sein. Es sollte angestrebt werden, Sozial-, Wirtschafts-, Außen-, Entwicklungs- und Einwanderungspolitik zu koordinieren. Insbesondere wird auf eine gemeinsam festgelegte Quote für solche Einwanderer gedrängt, bei denen dies möglich ist: Arbeitnehmer, Selbständige und Studierende. Die Kommission bezieht sich auf zahlreiche Initiativen außerhalb der Union bezüglich Asyl und Einwanderung und empfiehlt nachdrücklich, daß man nicht immer nur alles wiederholen, sondern einmal versuchen sollte, die bereits existierenden internationalen Initiativen zu unterstützen, Vereinbarungen zuzustimmen und sie zu respektieren. Sie weist zu Recht darauf hin, daß zur Information über einige Länder auch andere als die offiziellen Informationsquellen heranzuziehen sind. Und genauso zu Recht besteht sie darauf, daß die Mitgliedstaaten sich gegenseitig unterstützen, anstatt sich nur den Schwarzen Peter zuzuschieben. Einige kritische Bemerkungen zielen unmißverständlich auf die zuständigen Minister: so z.B. im Hinblick auf die Maßnahmen zur Familienzusammenführung und zur Beschäftigung von Nicht-EG-Bürgern. All diese vom Parlament bereits vorgebrachten Themen finden sich in diesem Bericht. Auch eine Aufnahmepolitik aus humanitären Gründen sowie für die Menschen, die nicht rückgeführt werden können („Non-Refoulement") wird angesprochen.

Die Kommission hat ihr im Vertrag von Maastricht verbrieftes Initiativrecht genutzt und auf die Beschwerden über den Mangel an Initiativen zur Förderung der Freizügigkeit im Personenverkehr reagiert; sie hat selbst zwei Initiativen ergriffen, und zwar in den Bereichen Grenzübertritt

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an den Außengrenzen und Visa-Politik.[Fn_8] Sie hat eine Liste von 129 „Drittländern" erstellt, deren Bürger zur Einreise in die EU-Staaten einen Sichtvermerk benötigen. Darüber hinaus wurde eine Liste von 20 Ländern erstellt, deren Bürger kein Visum benötigen, und schließlich eine Liste mit 30 Ländern, bei denen die EU-Mitgliedstaaten noch unterschiedlich verfahren (einige verlangen einen Sichtvermerk, andere nicht). Der Kommission zufolge sind unterschiedliche Verfahrensweisen bei den einzelnen Mitgliedstaaten für einen Übergangszeitraum gestattet, längstens jedoch bis zum 30. Juni 1996. Dann muß der Rat entscheiden, für welche Länder eine Visumpflicht eingeführt bzw. beibehalten werden soll und für welche nicht. Nach Ablauf der Übergangsfrist wird ein für einen Mitgliedstaat ausgestellter Sichtvermerk auch das Überschreiten der Außengrenzen zu jedem anderen Mitgliedstaat ermöglichen.

Das Europäische Parlament schlägt drei wichtige Änderungen des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine gemeinsame Visa-Politik vor: Erstens soll in Artikel 100c eine Definition der unterschiedlichen Visa-Kategorien aufgenommen werden. Zweitens soll die Übergangszeit, während derer unterschiedliche Verfahrensweisen bei der Visumpflicht für die einzelnen Mitgliedstaaten erlaubt sind, verkürzt werden. Das Europäische Parlament spricht sich dafür aus, die Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1995 zu befristen. Drittens sind nationale Visa abzuschaffen und durch EG-Visa zu ersetzten, die für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten. Darüber hinaus hat das Europäische Parlament eine Reihe von Änderungsvorschlägen verabschiedet. Einer dieser Änderungen zufolge soll die Festlegung von Drittländern, die in diese Ausschlußliste aufzunehmen sind, nach absolut klaren, öffentlichen und objektiven Kriterien erfolgen. Drittländer, die derzeit nicht auf dieser Ausschlußliste stehen, sollen auch in Zukunft nicht dazukommen. Das Europäische Parlament ist zudem der Meinung, daß diese Ausschlußliste (Liste der Dritt-

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länder, deren Bürger zur Einreise einen Sichtvermerk benötigen) regelmäßig überprüft werden soll, und zwar auf Vorschlag eines der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Kommission und nach Abstimmung mit dem Europäischen Parlament.

In seiner Reaktion auf die vorgeschlagenen Änderungen gab der Europäische Kommissar Vanni d'Archirafi derjenigen Änderung seine volle Unterstützung, die darauf abzielt, daß Drittausländer mit einem gültigen Aufenthaltstitel für einen der EG-Mitgliedstaaten kein Visum zur Einreise in andere EG-Mitgliedstaaten benötigen.

Was den Beschluß bezüglich der Außengrenzen anbelangt, so liegt nach dem Vorschlag der Kommission die Zuständigkeit für eine vorläufige Auslegung der Vereinbarung beim Europäischen Gerichtshof, was sich mit den Ansichten des Europäischen Parlaments deckt. Nach Auffassung des Europäischen Parlaments enthält der Vorschlag der Kommission allerdings einige Punkte, die einer Anmerkung bzw. Korrektur bedürfen. So z.B. sieht Artikel 14 des Entwurfs der Vereinbarung zum Grenzübertritt an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten vor, daß die Mitgliedstaaten in ihre jeweilige nationale Gesetzgebung Bestimmungen aufnehmen, welche die Beförderer dazu verpflichten, sicherzustellen, daß die von ihnen beförderten Drittausländer im Besitz gültiger Grenzübertrittsdokumente und Sichtvermerke sind. Andernfalls werden die Beförderungsunternehmer mit hohen Strafen belegt, und sie müssen sowohl die Reisekosten als auch Unterhaltskosten für den Zeitraum zwischen Ein- und Ausreise tragen. Dieser Artikel 14 widerspricht dem Geist der Genfer Flüchtlingskonvention. Der Entwurf der Vereinbarung sieht ein Standardvisum vor, das für alle Mitgliedstaaten gilt. Diese Standardvisa werden jedoch nur für eine kurze Aufenthaltsdauer von bis zu drei Monaten ausgestellt. Sämtliche anderen Sichtvermerke (Visaverlängerungen, Visa für langjährigen Aufenthalt und Visa für Sonderfälle) bleiben eine nationale Angelegenheit und gelten nur für den ausstellenden Mitgliedstaat. Auf diesem Gebiet ist noch viel zu regeln, u.a. in Absprache mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten. Der Europäische Kommissar Vanni d'Archirafi und auch Kommissar Padraig Flynn äußerten ihren Willen, eine Reihe der Vorschläge des Europäischen Parlaments vor dem Rat zu unterstützen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob der Rat diese Änderungen kurzfristig verabschieden wird. Dazu besteht aber wenig Hoffnung.

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Es steht außer Frage, daß die Minister, nunmehr: der Rat, hier die Verantwortung tragen. Und genauso klar ist, daß keine gemeinsame Europäische Migrationspolitik verfolgt wird und somit auch keine diversifizierte Politik gegenüber den unterschiedlichen Einwanderergruppen:

1. Zunächst weigern sich die Minister offensichtlich, sich der Instrumente der Gemeinschaft zu bedienen; dies war vor Maastricht der Fall, und danach ist es noch immer so (z.B. bei der Anwendung von Art. lOOc). Schon bei der Unterzeichnung der Einigungsakte 1985 und ungeachtet der Zustimmung zum Inhalt (auch zur Immigration) des Weißbuchs der Kommission von 1985, legt der Europäische Rat eine „Erklärung" zu Artikel 8a (u.a. über die Freizügigkeit) vor. In dieser Erklärung fordern die Regierungen das Recht, „zur Förderung der Freizügigkeit unter Wahrung der Kompetenzen der Gemeinschaft ... in bezug auf Einlaß, Freizügigkeit und Wohnsitz von Drittausländern" innergemeinschaftlich und mit Drittstaaten zu kooperieren. Dies bedeutet die Etablierung der berüchtigten „Ad-hoc-Gruppe Einwanderung", die nun, nach Maastricht, „Arbeitsgruppe Asyl und Immigration" (GD I) genannt wird. Somit macht Titel VI des Vertrags von Maastricht den gesamten Themenkomplex Migration zu einer „Angelegenheit gemeinschaftlichen Interesses", in der einstimmige Beschlüsse der Regierungen erforderlich sind. Nur die Festlegung der Länder mit Visumpflicht und die Visamodelle sind Gemeinschaftssache. Außerdem liegt seit dem 13. Juli 1994 der Entwurf einer Resolution „zur Einführung eines einheitlichen Visums-Modells" vor.[Fn_9] ... Es scheint nicht einmal möglich, sich über die Liste der Länder mit Visumpflicht zu einigen, eben sowenig gelingt es den Ministern, die Konvention zur Überschreitung der Außengrenzen vom 24. Juni 1991 fertigzustellen, und zwar wegen der noch immer mangelhaften Organisation der Kontrolle der Außengrenzen und wegen des Streits zwischen Spanien und England über die Kontrolle der Grenzen um Gibraltar.

Die Vorschläge des Europäischen Parlaments zur Visapraxis und zur Kontrolle der Außengrenzen werden ignoriert, und der Ministerrat scheint das Thema nicht einmal als Angelegenheit der Gemeinschaft nach Artikel 100c zu betrachten. Wenn die Minister also von 'Harmonisierung' sprechen, mißbrauchen sie diesen Begriff.

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2. Es ist wirklich auffallend, wie sehr sich die Initiativen überlappen. Nicht nur das Schengener Übereinkommen behandelt dieses Problem, sondern auch die TREVI-Gruppen zur internationalen Zusammenarbeit bei Polizei und Zoll - seit Maastricht die 'Arbeitsgruppe Kooperation Polizei und Zoll (GD II). Kaum bekannt ist, daß es bereits seit dem 24. Januar 1991 die Wien-Gruppe (32 Länder) gibt, die sich vorwiegend mit Migrationsproblemen aus östlichen und zentraleuropäischen Ländern befaßt. Seit dem 30. Oktober 1991 arbeitet der Berlin Club (27 Länder) zum Thema illegale Einwanderung. Weitere in diesem Bereich aktive Organisationen und Institutionen sind der Europäische Rat (Direktion für intraeuropäische Migration (CMDG)), OCDE (SOPEMI), U.N., IAO, IOM, ECE, IME, GATT, CVSE.[Fn_10] Es bleibt abzuwarten, ob hier eine Koordination erfolgen wird, und wenn ja, wie das dann konkret aussieht.

3. Es ist nahezu unmöglich, festzustellen, was bei einer Reihe von Resolutionen, Erlassen und Empfehlungen konkret herauskommt. Konventionen nach dem Völkerrecht gibt es in diesem Bereich nicht! Es liegt auf der Hand, daß die Minister die nationale Gesetzgebung auf die gleiche - oft restriktive - Art und Weise umgesetzt sehen wollen. Ob ihnen das gelingen wird, ist manchmal schwer zu sagen, dies umso mehr, als die „Instrumente" keine angemessene rechtliche Grundlage nach dem Völkerrecht darstellen. Und auch die Frage bleibt offen, ob dies mit der dritten Säule gelingen wird - dem K-Artikel 3. Liest man die Protokolle der Treffen der Minister und des Rats, angefangen beim sogenannten Palma-Dokument der Koordinatoren von 1989, über die Erklärungen von Maastricht (Dezember 1991), Lissabon (Juni 1992), Edinburgh (Dezember 1992), London (November/Dezember 1992), Kopenhagen (Juni 1993), Brüssel (November und Dezember 1993, März 1994), Thessaloniki (Mai 1994), Luxemburg (Juni 1994), Korfu (Juni 1994) und Berlin (September 1994), bis hin zum Handlungs- und Prioritätenplan von 1994 und zu den Absichten unter der deutschen Präsidentschaft, so erstaunt es, daß immer wieder dieselben Punkte diskutiert, Bestandsaufnahmen durchgeführt und Erklärungen herausgegeben werden. Die Probleme scheinen in der Tat bekannt zu sein, nur wird wenig Konkretes geleistet.

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4. Damit kommen wir zu den wenigen positiven Ergebnissen:

  • Ein Modell für ein gemeinsames Visum ist in Arbeit (s.o.).
  • CIREFI (Zentrum für Information, Diskussion und Austausch zu Grenzübertritt und Einwanderung), das aufgrund des Beschlusses in Lissabon vom Juni 1992 ins Leben gerufen wurde, scheint zu funktionieren. Aber wie und mit welchem Ergebnis? Warum diese Geheimnistuerei? Warum nicht ein offenes „Clearing"-Haus?
  • Unter der deutschen Präsidentschaft soll offenbar die Freizügigkeit legal ansässiger Drittausländer geregelt werden, als Antwort auf die Frage, die sich schon im Dezember 1991 in Maastricht gestellt hat.
  • Eine Resolution vom Juni 1993, vom gleichen Datum und gleichen Ort, befaßt sich mit der Unterstützung von Flüchtlingen aus dem früheren Jugoslawien (und von Menschen, die aufgrund anderer humanitärer Gründe als Flüchtlinge gelten). Aber noch immer gibt es keine einheitliche gesetzliche Regelung für diese Menschen.

5. Die meiner Meinung nach negativen und repressiven bzw. restriktiven Vereinbarungen, die in den Mitgliedstaaten in Kraft gesetzt werden, sind sehr zahlreich. Die Minister scheinen nicht zu erkennen, daß sich das Fehlen einer konstruktiven Politik nur stimulierend auf die illegale Einwanderung auswirkt.

  • Einwanderung, organisiertes Verbrechen, Drogen(handel) und Schwarzarbeit werden auf höchst ärgerliche Weise permanent zueinander in Beziehung gesetzt. Dies schürt den Rassismus nur weiter.
  • Die meisten Minister weigern sich, über Lastenteilung und Quotenregelungen nachzudenken.
  • Die Rückübemahme- und Rückwanderungsabkommen mit Drittländern sind bislang nicht gemeinschaftlich, sondern weiterhin nur bilateral.
  • Eine Empfehlung vom Juni 1993 (Kopenhagen) gibt den EG-Ländern mehr Kompetenzen, um Einwanderer, die möglicherweise illegal auf EG-Territorium leben, besser kontrollieren zu können. Ein ins Auge stechender Aspekt ist hierbei, daß ein Einwanderer, der im Besitz eines Aufenthaltstitels für ein EG-Land ist, ausgewiesen werden kann, wenn

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    er jemandem, der illegal in der EG lebt, anbietet, bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche in der EG behilflich zu sein!

  • Gleichzeitig (und am gleichen Ort) wurde die Resolution zur Familienzusammenführung ausgearbeitet, mit empfindlichen Restriktionen hinsichtlich Art und Alter der berechtigten Personen, Warte- und Aufenthaltszeiten, Heiratsurkunden usw.

Hier kann man nicht von einer Harmonisierung der Gesetzgebung sprechen, vielmehr von einer Zusammenstellung von Optionen, um den Familiennachzug möglichst zu begrenzen. Die Formulierungen der Resolution sind viel zu vage, und eine Reihe von Fragen bleiben ungelöst. So wird die Frage, ob Ausländer und eigene Staatsbürger im Hinblick auf Familienzusammenführung unterschiedlich behandelt werden können, völlig außer acht gelassen. Nach der derzeitigen Formulierung könnten die Mitgliedstaaten diese Resolution als Aufforderung betrachten, all diese Restriktionen in ihre Gesetzgebung zu übernehmen. Gleichzeitig enthält der Text der Resolution keinerlei Garantien zum Schutz des Familienlebens. Und wieder einmal ist die rechtliche Grundlage unklar. Einerseits verpflichten sich die Minister, ihre nationale Gesetzgebung bis zum 1. Januar 1995 an den Resolutionsentwurf anzupassen. Andererseits legt der Text explizit fest, daß die Grundsätze der Resolution nicht rechtsverbindlich sind und daß Einzelpersonen daraus keine Rechtsansprüche ableiten können. Daß zudem von einer übernationalen richterlichen Kontrolle keine Rede sein kann, führt zu schwerem Schaden für die Effektivität und die harmonisierende Wirkung, wie auch für die Legitimität der intendierten Regelung.

Mit keinem Wort wird in dieser Resolution das Recht erwähnt, Kinder aus früheren Ehen oder Eltern (im Rentenalter) nachkommen zu lassen. Nach der Rechtsprechung der Europäischen Menschenrechtskommission stehen diese Formen des Familienlebens jedoch in vielen Fällen unter dem Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Die EG-Minister geben lediglich Lippenbekenntnisse zum Grundsatz der Nicht-Diskriminierung von legalen Einwanderern gegenüber EG-Bürgern ab. Die Tatsache, daß sie Drittausländer hinten anstellen, wenn es um ihre Grundrechte geht, könnte sehr wohl den Eindruck erzeugen oder verstärken, daß Nicht-EG-Einwanderer gegenüber EG-Bürgern minderwertig sind.

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Bis zum 1. Januar 1996 haben die EU-Mitgliedstaaten Zeit, ihre nationale Gesetzgebung an die Entscheidungen anzupassen, d.h. bis dahin können die Regelungen für Drittausländer hinsichtlich Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt noch etwas weiter gefaßt bleiben als es die scharfen Bestimmungen der Resolution fordern. Die Bestimmungen hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, Drittausländern Zugang zu ihrem Arbeitsmarkt zu gewähren, wenn sie vor dem Datum des Inkrafttretens der Resolution mit Drittländern, zu denen sie enge Verbindungen haben, Vereinbarungen getroffen haben. Die Mitgliedstaaten haben jedoch - bei Vorhandensein solcher Vereinbarungen - einvernehmlich beschlossen, auf der Grundlage der Resolution baldmöglichst erneute Verhandlungen aufzunehmen. Auch hier stellt sich wieder die Frage, ob diese Resolution zwingende Gesetzeskraft besitzt.

Am 20. und 21 Juni 1994 tagte in Luxemburg der Rat der Innen- und Justizminister. Der mit Abstand wichtigste Punkt der Tagesordnung war der Beschluß über Einreisebeschränkungen von Drittausländern zum Zweck der Arbeitsaufnahme in den Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten werden Drittausländern die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zum Zweck der Arbeitsaufnahme nicht gestatten, sie werden dies nur dann in Erwägung ziehen, wenn offene Stellen im jeweiligen Land nicht mit eigenen Staatsbürgern, EG-Bürgern oder Nicht-EG-Ausländern, die bereits einen Aufenthaltstitel im Mitgliedstaat haben und in den Arbeitsmarkt eingegliedert sind, besetzt werden können. Arbeitserlaubnisse für Drittausländer werden nur für einen begrenzten Zeitraum und mit strengen Auflagen erteilt. So dürfen Saisonarbeiter nur bis zu sechs Monaten in der EU bleiben; danach müssen sie für den gleichen Zeitraum ihren Wohnsitz wieder außerhalb der EU nehmen, ehe sie erneut einreisen dürfen, Eine Verlängerung dieses Aufenthaltstitels wird nur bewilligt, wenn die Tätigkeit, für die sie ursprünglich eingelassen wurden, noch nicht beendet ist. Auszubildende werden zunächst für ein Jahr eingelassen, und der Aufenthalt wird nur bis zum Ende der Ausbildung verlängert. Für alle anderen Drittausländer kann die Erlaubnis für maximal vier Jahre ausgesprochen werden, wobei die Art der Tätigkeit und der Arbeitgeber namentlich genannt sein müssen. Ein Drittausländer wird zum Zweck der Arbeitsaufnahme erst eingelassen, wenn die entsprechende Genehmigung eingeholt wurde und er oder sie im Besitz des erforderlichen Sichtvermerks bzw. Aufenthaltstitels ist.

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6. Was wahrscheinlich funktionieren wird, ist das Schengener Übereinkommen und das Schengener Informationssystem (SIS), der Vorbote eines Europäischen Informationssystems (EIS). Wie es heißt, wird das SIS ab Anfang 1995 betriebsbereit sein, obwohl das für Anfang 1990 angekündigt war. Es wird jedoch nur für die fünf Erstunterzeichnerländer angewendet, und zwar zur Überwachung von Asylbegehrenden und Einwanderern! Das Schengener Übereinkommen von 1991 sieht auch Einwanderungsbestimmungen zur Kontrolle der Außen- und Binnengrenzen der Mitgliedstaaten vor. Die Außengrenzen können nur an bestimmten Grenzübertrittspunkten und zu bestimmten Zeiten überschritten werden. Die Schengen-Staaten bestimmen gemeinsam, für welche Länder befristete Sichtvermerke (3 Monate) erforderlich sind, die die Freizügigkeit innerhalb der entsprechenden Staaten garantieren. Die Ausgabe eines für längere Zeit gültigen Visums bleibt Sache des jeweiligen Staates. Eine gründliche Überprüfung der Dokumente ist vorgesehen. Nicht-EG-Ausländer dürfen sich frei bewegen, müssen sich jedoch unabhängig vom Ort des Wohnsitzes bei einer noch zu bestimmenden Behörde melden. „Ausschreibung zur Einreiseverweigerung" ist möglich: wenn der Bewerber eine Gefahr für die öffentlichen Ordnung oder die innere Sicherheit darstellt, erhält er keinen Sichtvermerk bzw. der Aufenthaltstitel wird ihm entzogen. Darüber werden auch die anderen Staaten in Kenntnis gesetzt. Begleitende Maßnahmen sind ebenfalls vorgesehen: ein Beförderungsunternehmer, der einen Drittausländer ohne gültige Dokumente in ein Land bringt, muß ihn wieder zurückführen und wird darüber hinaus bestraft. Im März 1991 wurde eine ergänzende Vereinbarung mit Polen zur Abschaffung der Visumpflicht getroffen, unter der Bedingung, daß Polen illegale Einwanderer zurücknimmt. Ähnliche Vereinbarungen werden mit anderen VISEGRAD-Ländern und, wo möglich, mit anderen Staaten getroffen.

Die Kritikpunkte an dem Übereinkommen sind wohlbekannt: mangelnde Beachtung des rechtlichen Status möglicherweise betroffener Bürger, Mangel an externer Kontrolle, ungenügender Schutz der Privatsphäre und exzessive Autonomie der Polizei im Bereich Informationsaustausch. Immerhin schafft das Schengener Übereinkommen die Visumpflicht für Drittausländer mit gültigem Aufenthaltstitel ab, so daß sich diese im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten frei bewegen können.

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Schlußbemerkungen

1. Unlängst geschah etwas Seltsames. Am 16. Dezember 1994 erklärte der Präsident des Europäischen Gerichtshofes Öle Due, in den Vereinbarungen und Verträgen im Bereich Einwanderung solle erwähnt werden, daß Einwanderer die Möglichkeit haben, ihr Anliegen dem Gericht vorzutragen. Auch die Richter am Europäischen Gerichtshof scheinen sich über einiges zu ärgern.

2. Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament kommen sich langsam näher. Der Bericht von 1994 ist ein positives Dokument. Meiner Ansicht nach ist die Kommission allerdings reichlich naiv in ihren Erwartungen zur Umsetzung der K-Artikel, der dritten Säule des Vertrags von Maastricht. Nach diesen wenigen Monaten ist hinreichend klar, daß die Innen- und Justizminister schlicht so tun, als existierte der Vertrag und seine dritte Säule nicht. Es wurden ein paar Etiketten ausgetauscht, und das war's! Die Starrköpfigkeit des Ministerrats zu allgemeinen Angelegenheiten führt dazu, daß dem Europäischen Parlament nichts an Informationen und Vorschlägen zukommt. Und genauso unglaublich ist die Aussage der Kommission, gerade jetzt werde viel für die Integration von Drittausländern getan! Die Regelungen, auf die sich die Minister in der sogenannten „Ad-hoc-Gruppe Einwanderung" schon vor Inkrafttreten des EU-Vertrags geeinigt haben, könnten durchaus etwas mehr Kritik von Seiten der Kommission vertragen, z.B. daß sie einfach nicht funktionieren. Kein Wort wird über das Schicksal derjenigen verloren, deren Verhandlung vorbei ist und die ihre Rechtsmittel ausgeschöpft haben, ebenso wird viel zu wenig betont, daß sich der Kampf eigentlich gegen die Arbeitgeber und Beförderer illegaler Einwanderer richten sollte. Man könnte der Kommission zudem vorwerfen, daß sie in Anhang III eine sehr persönliche Auswahl der vom Europäischen Parlament als relevant bezeichneten Punkte getroffen hat, und daß sie einige wichtige Vorschläge bezüglich der Rechte von Drittausländern nicht erwähnt: Zugang zu Informationen über Organisationen und Bürger in den Mitgliedstaaten selbst; eine unabhängige Behörde, die über die Zulassung zum Asylverfahren entscheidet; die Erarbeitung klarer Bestimmungen für alle Kategorien von Einwanderern; die Definition des Flüchtlingsbegriffes.

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3. Die politische Linie, die die Minister verfolgen, ist verkehrt. Man kann unablässig predigen, daß die Genfer Flüchtlingskonvention und die europäische Menschenrechtskonvention sowie die europäische Tradition von sozialer Gerechtigkeit und Menschenrechten respektiert werden müssen. Aber im Grunde ist es doch so, daß es - trotz der Tatsache, daß nahezu 10 Millionen Drittausländer in der EG leben, trotz der steigenden Zahl der Asylanträge, trotz des echten, jedoch oftmals versteckten Bedarfs auf bestimmten Arbeitsmarktsektoren einiger Mitgliedstaaten, trotz der immensen und offensichtlich kaum mehr zu ermittelnden Anzahl illegaler Einwanderer, trotz der vielen bilateralen Einwanderungsvereinbarungen, insbesondere für Arbeitnehmer - weder den Mitgliedstaaten noch der EU als Ganzem gelingt, sich selbst ausdrücklich als Einwanderungsregion zu betrachten oder ihrer Bevölkerung diesen Gedanken, oder wichtiger noch: diese Realität näherzubringen. Hier ist es natürlich von größter Bedeutung, gute und insbesondere sachlich richtige Informationen zu sammeln und weiterzugeben, und nicht all die Phänomene und Probleme im Zusammenhang mit Asyl und Einwanderung in einen Topf zu werfen. Normalisierung würde auch bedeuten, daß eine koordinierte Politik verfolgt wird, die das Ganze nicht nur als rein wirtschaftliche Angelegenheit oder als Problem der polizeilichen oder gerichtlichen Kontrolle behandelt. Die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte sind mindestens genauso wichtig, aber auch Entwicklungshilfe, Wirtschafts-, Finanz- und Handelspolitik hängen untrennbar mit diesem Problemkreis zusammen.

    [Fußnoten - in der Druckausgabe jeweils auf den betreffenden Seiten unten stehend]

    Fn. 1: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, C 97, 1978, S. 9.

    Fn. 2: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, I.217/25, 1985 - Verfügung vom 8. Juli 1985.

    Fn. 3: In einem Bericht an den Rat (COM (88) 640 endg., S. 4) von 1988 wird dieses Betätigungsfeld explizit der Kooperation der Mitgliedstaaten überlassen.

    Fn. 4: Die Kommission gab stets zur Antwort, es gebe keine rechtliche Grundlage dafür, Probleme mit Migration oder Freizügigkeit auf Gemeinschaftsebene zu behandeln... Aber warum werden dann Entwürfe für Richtlinien angekündigt?

    Fn. 5: SEC (19) 1857endg.

    Fn. 6: - Abschlußbericht des Konsultationsverfahrens von der Kommission der EG an den Rat über Richtlinien für eine gemeinsame Migrationspolitik, zusammen mit dem Resolutionsentwurf des Rats (COM (85) 48 endg.), 9.5.1985, Doc. A3-0004/85;
    - Resolution über die neue Ost-West-Problematik und die neuen Nord-Süd-Beziehungen. Die Rolle der Kommission und der 12., 14.5.1992, Doc A3-0392/91;
    - Resolution über die Freizügigkeit im Personenverkehr und über nationale Sicherheitsprobleme der Gemeinschaft, 13.9.1991, Doc. A3-0199/91;
    - Resolution über eine europäische Migrationspolitik, 18.11.1992, Doc. A3-0280/92.

    Fn. 7: COM (94) 23 endg.

    Fn. 8: Bericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament: Vorschlag einer auf der Grundlage von Artikel K3 des Vertrages der Europäischen Union basierenden Verordnung zum Entwurf einer Vereinbarung über das Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten; Vorschlag für eine auf Artikel 100c des Gründungsvertrages der Europäischen Gemeinschaften basierenden Regelung zur Festlegung der Drittländer, deren Staatsangehörige im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes sein müssen, wenn sie die Außengrenzen der Mitgliedstaaten überschreiten (COM (93) 684).

    Fn. 9: COM (94) 287-94/0163 (CNS).

    Fn. 10: Anhang III des Berichts der Kommission von 1994 enthält einen interessanten Oberblick.


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