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TEILDOKUMENT:


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Michael Wollenschläger
Grundzüge eines europäischen Einwanderungskonzeptes




1. Europäische Lösung der Einwanderungsfrage?

Im Zusammenhang mit der Frage eines europäischen Einwanderungskonzeptes ist darauf hinzuweisen, daß spätestens nach dem Zerfall des Ostblocks der Begriff Europa an Schärfe verloren hat. So kann man darunter verstehen

  • alle Staaten, die sich Werten wie Rechtsstaat, Demokratie, soziale Marktwirtschaft verschrieben haben, damit mittlerweile auch zahlreiche Staaten des ehemaligen Ostblocks;

  • alle Staaten des Europarates, einer internationalen Organisation, die sich vor allem dem Schutz der Menschenrechte verpflichtet fühlt,

  • alle EU-Staaten wegen der besonderen Verbundenheit, die die supranationale Rechtsordnung schafft - also die zwölf EU-Staaten sowie weitere Mitgliedstaaten ab 1995.[Fn_1]

Die folgenden Überlegungen für ein europäisches Einwanderungskonzept[Fn_2] gehen von einem Begriff Europas im Sinne der Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus, wobei das Konzept mit Abwandlungen sicherlich auch andere europäische Staaten miteinbeziehen kann. Das will ich hier aber nicht näher vertiefen. Das wachsende Interesse der Europäischen Union an den Fragen des Zugangs und des Aufenthalts von Drittstaatsangehörigen[Fn_3] beruht zum einen auf der Tatsache, daß trotz des offiziellen Einwanderungs- und Anwerbestopps nahezu alle Mitgliedstaaten faktisch

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Einwanderungsländer geblieben sind. So zählt die Europäische Union annähernd 10 Millionen legale Zuwanderer aus Drittstaaten. Allein die Niederlande verfolgte in den vergangenen Jahrzehnten in beschränktem Maße ausdrücklich eine Einwanderungspolitik;[Fn_4] auch Staaten des EWR-Raumes haben bereits nationale Zuwanderungsregelungen, wie z.B. Schweden.[Fn_5] Ansätze für eine Einwanderungsgesetzgebung finden sich auch im neuen Aufenthaltsrecht in Österreich,[Fn_6] wobei sich die Regelung weitgehend auf eine Kontingentierung beschränkt. Die Mitgliedstaaten der EU sehen sich weiterhin einem verstärkten Zuwanderungsdruck aufgrund des politischen Zusammenbruchs im Osten ausgesetzt.[Fn_7] Ebenso hat in einem Europa ohne Binnengrenzen die Aufnahme eines Drittstaatsangehörigen durch einen EU-Mitgliedstaat zwangsläufig auch Auswirkungen auf die anderen EU-Staaten. Der Wegfall der Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union zieht die faktische Freizügigkeit auch der Drittstaatsangehörigen nach sich und eröffnet so die Möglichkeit illegaler Weiterwanderung und illegaler Erwerbstätigkeit in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Diese faktische Freizügigkeit für Drittstaatsangehörige erfordert auch weitgehend einen Verzicht auf nationale Einwanderungsregelungen, so sinnvoll und erstrebenswert diese bis zur Erreichung einer europaweiten Lösung sind.[Fn_8] Die harmonische Wirtschaftsentwicklung innerhalb der europäischen Union könnte gefährdet werden ebenso wie die Aufgabenerfüllung (Art. 2 EGV).[Fn_9] Nur eine gemeinschaftsweite Einwanderungsgesetzgebung ist in

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der Lage, die Gemeinschaftsaufgabe Zuwanderung effektiv und sozialverträglich zu erfüllen. Weitere Überlegungen für eine europaweite Einwanderungsgesetzgebung sind die Bevölkerungsentwicklung innerhalb der EU, der Arbeitskräftebedarf innerhalb der EU, trotz hoher Arbeitslosigkeit mit den Auswirkungen für die Wirtschaft und den damit verbundenen Folgen für die Sozialversicherungssysteme, insbesondere deren Finanzierung.[Fn_10]

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2. Ziele einer Einwanderungsgesetzgebung

Ziele einer Einwanderungsgesetzgebung sind:[Fn_11]

  • Steuerungsinstrument für einen geregelten Zugang

  • Sicherung der Voll- bzw. Teilintegration der Zuwanderer

  • Entlastung des Asylrechts

  • Akzeptanz und Sozialverträglichkeit der Zuwanderung

  • Verhinderung der Illegalität.

In der Mitteilung der Kommission der EG an den Rat und das Europäische Parlament vom 23. Februar 1994[Fn_12] werden in einem Vorwort die Hauptkomponenten einer wirksamen Einwanderungspolitik umschrieben:

  • Einflußnahme auf den Zuwanderungsdruck, insbesondere durch Zusammenarbeit mit den wichtigsten Ursprungsländern der Zuwanderung nach Europa.

  • Versuch einer Steuerung der Einwanderung, damit diese innerhalb lenkbarer Strukturen abläuft.

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  • Stärkung der Politiken zur Integration der legalen Zuwanderer.

Diese Hauptkomponenten einer wirksamen Einwanderungspolitik stimmen weitgehend mit den Zielen einer Einwanderungsgesetzgebung überein.

In der Mitteilung heißt es weiter, daß ein derart umfassendes Konzept es möglich mache, „Maßnahmen im Bereich der Kontrolle und der Aufnahmeverfahren mit einer langfristigen Zusammenarbeit mit den Ursprungsländern und Regionen und einer aktiven Politik zur Stärkung der Rechte der bereits in der Union niedergelassenen Angehörigen dieser Drittländer, zu verbinden."

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3. Rahmenbedingungen für eine europäische Einwanderungsgesetzgebung



3.1 Zum Begriff der Einwanderung[Fn_13]

Einwanderung umfaßt die Wohnsitznahme oder die Aufenthaltsbegründung.[Fn_14] Von ihm erfaßt werden also auch Flüchtlinge, Aussiedler (BRD), Arbeitsmigranten der fünfziger und sechziger Jahre (Gastarbeiter), auch wenn diese noch rückkehrwillig waren. Der engere Begriff der Einwanderung, welcher auch der aktuellen Diskussion um die Einwanderungspolitik zugrunde liegt, umfaßt die Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen, nicht erfaßt werden das Asyl- und das Flüchtlingsrecht, denen ein humanitäres Anliegen zugrunde liegt. Das heißt also, das Flüchtlings- und Asylrecht wird nicht überlagert von einer Einwanderungsgesetzgebung. Die Einwanderungsgesetzgebung ergänzt diese Bereiche. Lediglich bei der Frage der Koordinierung beider Regelungsbereiche, beim humanitären Familiennachzug und bei der (zusätzlichen) Aufnahme von Flüchtlingskontingenten auf der Grundlage des Einwanderungsrechts lassen sich Überschneidungen nicht vermeiden. Hinsichtlich der Einwanderung bestehen unterschiedliche Ausgangsbedingungen. Es ist hinzuweisen auf die

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besondere Lage der ehemaligen Kolonialmächte wie Frankreich, Spanien, Niederlande, Großbritannien.[Fn_15] Hierher gehört auch die besondere Situation der Bundesrepublik Deutschland bei der Aufnahme von Aussiedlern und Spätaussiedler.[Fn_16]

3.2 Kompetenzen der Europäischen Union

Die gegenwärtige Kompetenz der Europäischen Union, Fragen der Einwanderung von Drittstaatsangehörigen zu regeln, ist unklar. Art. 118 EGV (Zusammenarbeit in sozialen Fragen) ermächtigt nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes nur insoweit zu einer gemeinschaftlichen Wanderungspolitik, „als sie die Lage der Arbeitnehmer aus Drittländern im Zusammenhang mit deren Einfluß auf den Arbeitsmarkt in der Gemeinschaft und auf die Arbeitsbedingungen betrifft".[Fn_17] Diese sozialpolitische Kompetenz beläßt die Regelung des Zugangs aber ausschließlich bei den Mitgliedstaaten. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch ausdrücklich offengelassen, wie sich diese Kompetenzverteilung bei der Integrationsstufe des vollendeten Binnenmarktes darstellt.

Fraglich erscheint auch, ob die Vorschriften über die Freizügigkeit (Art. 48ff. EGV), die primär auf Mobilität innerhalb der Europäischen Gemeinschaft gerichtet sind, hierfür eine Grundlage geben könnten.[Fn_18] Abgesehen von der Freizügigkeit für Familienangehörige aus Drittstaaten[Fn_19] werden darüber hinaus von der herrschenden Meinung[Fn_20] nur Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates als Adressaten der Freizügigkeitsgarantie angesehen.

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Eine Möglichkeit, den Zuzug von Drittstaatsangehörigen gemeinschaftsfrei zu regeln, bietet die Beitrittsassoziierung gemäß Art. 238ff. EGV.[Fn_21] So wurde mit der Türkei vereinbart, daß die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise hergestellt werden soll. Bislang gewährt jedoch auch dieses Vertragswerk keine Zugangsrechte in die Europäische Union; die Beschlüsse des Assoziationsrates beschränken sich im wesentlichen auf die Ausgestaltung des Aufenthalts bereits zugezogener türkischer Staatsangehöriger.[Fn_22] Schließlich wäre zu erwägen, ob im Hinblick auf den Wegfall der Binnengrenzen in der bereits oben angedeuteten Gefahr der illegalen Weiterwanderung der Gemeinschaft nicht aus Art. 100 i.V.m. Art. Sa/Art. 7a EGV die Kompetenz zukommt, die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen zu regeln.[Fn_23]

Ausdrückliche Erwähnung im Vertrag der Europäischen Gemeinschaft finden Politik und Rechtssetzung im Hinblick auf Drittstaatsangehörige erst seit Inkrafttreten der Maastrichter Reform,wenngleich das auf diesem Gebiet vereinbarte Integrationsniveau hinter den Erwartungen zurückblieb.[Fn_24] Der neue Art. 100c des EG-Vertrages bildet die Grundlage für eine einheitliche Visa-Politik gegenüber nicht EU-Staaten. Die Festlegung der Länder, deren Staatsangehörige der Visumpflicht unterliegen, erfordert bis Ende 1995 grundsätzlich Einstimmigkeit im Rat;[Fn_25] danach genügt hierfür die qualifizierte Mehrheit. Als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse werden Art. K 1 Nr. 3 des Vertrages über die Europäische Union bezeichnet:

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Die Einwanderungspolitik und die Politik gegenüber den Staatsangehörigen dritter Länder

  • die Voraussetzungen für die Einreise und den Verkehr von Staatsangehörigen dritter Länder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten;
  • die Voraussetzungen für den Aufenthalt von Staatsangehörigen dritter Länder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, einschließlich der Familienzusammenführung und des Zugangs zur Beschäftigung;
  • die Bekämpfung der illegalen Einwanderung, des illegalen Aufenthalts und der illegalen Arbeit von Staatsangehörigen dritter Länder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten.

Das hierfür zunächst vorgesehene Verfahren der Zusammenarbeit beschränkt sich auf Unterrichtung und Konsultierung der Mitgliedstaaten untereinander, um ihr Vorgehen zu koordinieren.[Fn_26] Eine Kompetenzvorschrift für die Schaffung einer EU-Einwanderungsverordnung bietet diese Vorschrift nicht. Die Möglichkeit einer echten Vergemeinschaftung der Einwanderungspolitik eröffnet allerdings Art. K 9 S. 1 des EU-Vertrages: „Der Rat kann auf Initiative der Kommission oder eines Mitgliedstaates einstimmig beschließen, daß Art. 100c des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf Maßnahmen, in den in Art. K 1 Ziff. 1-6 (also auch die Einwanderungspolitik und die Politik gegenüber den Staatsangehörigen dritter Länder im oben angeführten Sinn) genannten Bereichen anwendbar ist und das entsprechende Abstimmungsverfahren festlegen".

Da die Erweiterung der Kompetenz der EU eine Vertragsänderung darstellt, weist Art. K 9 S. 2 EUV auf die Notwendigkeit der Ratifikation durch die Mitgliedstaaten hin. Die Maastrichter Reform führt demnach rechtlich nur auf dem Gebiet der Visapolitik zu einer Vertiefung der Integration. Das Verfahren der Zusammenarbeit und die politische Zielsetzung in Art. K 9 des EU-Vertrages können aber als Ausdruck der Erkenntnis aufgefaßt werden, daß allein eine gemeinsame EU-Einwanderungspolitik der Dimension der zu bewältigenden Probleme gerecht wird.

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3.3 Regelungsvorhaben innerhalb der EU

Bereits im Jahre 1990 wurde ein Übereinkommen der Mitgliedstaaten über das Überschreiten der Außengrenze vereinbart, welches im Juli 1991 unterzeichnet werden sollte. Aufgrund eines bilateralen britisch-spanischen Protokolls (Gibraltar-Frage) verzögert sich die Unterzeichnung immer noch. Dieses Übereinkommen enthält Bestimmungen bezüglich der Erteilung und Benutzung von Visa.

Inzwischen hat die EG-Kommission am 10.12.1993 einen Entwurf für ein Übereinkommen für die Personenkontrolle beim Überschreiten der Außengrenzen vorgelegt. Dieser Vorschlag ist gestützt auf Art. K 3 Abs. 2 des EU-Vertrages.[Fn_27] Folgende Gründe hierfür werden ins Feld geführt: Das gemeinsame Ziel ist ein Binnenmarkt, in dem der freie Verkehr gemäß den Bestimmungen des Art. 7a EGV sichergestellt ist. Diese Verwirklichung macht wirksame Personenkontrollen gemäß gemeinsamer Regelungen an den Außengrenzen dieser Staaten sowie eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Umsetzung einer gemeinsamen Politik in diesem Bereich erforderlich.

Des weiteren ist auf den gleichfalls am 10.12.1993 von der Kommission vorgelegten Vorschlag einer Verordnung zur Bestimmung der Drittländer hinzuweisen, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen.[Fn_28] Der Vorschlag für eine Verordnung beruht auf Art. 100c EGV.

Zunächst wird auf den integralen Bestandteil dieser Bestimmung hingewiesen. Des weiteren werden die Maßnahmen nicht über Art. 3b Abs. 3 EGV hinausgehen (Erforderlichkeit). Die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Visa sei unerläßlich für die uneingeschränkte Verwirklichung von Art. 100c und stelle eine wichtige Begleitmaßnahme für die Realisierung der in Art. 7a verankerten Freizügigkeit dar. Im Anhang werden dann 125 Länder aufgelistet, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenze im Besitz eines Visums sein

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müssen.[Fn_29] Über beide Vorschläge konnte bisher keine Einigung im Ministerrat der Europäischen Union erzielt werden, wobei der Status von Gibraltar eine entscheidende Rolle spielt.[Fn_30] Inzwischen hat das Europäische Parlament zwei weitere Kommissionsvorschläge zu einer einheitlichen Visagestaltung sowie zum Datenschutz verabschiedet.[Fn_31]

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4. Strukturen einer europäischen Einwanderungsgesetzgebung[Fn_32]



4.1 Regelung des Zuganges

Die Adressaten einer europäischen Einwanderungsgesetzgebung sind die Drittstaatsangehörigen. Die Entscheidung über die Zulassung im Rahmen der Einwanderung in die Europäische Union kann nur eine Ermessensentscheidung sein. Ein Einwanderungsanspruch besteht nicht. Der allgemeine Grundsatz der Rechtstaatlichkeit fordert allerdings auch im Einwanderungsrecht die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Allerdings gehen in diesem Zusammenhang nationale Regelungen, welche Privilegien für Familienangehörige vorsehen, vor. Um das System transparent zu machen und auch die Möglichkeiten transparent zu gestalten, muß eine solche Einwanderungsregelung Ausschlußtatbestände, z.B. für ausgewiesene Drittstaatsangehörige, für erfolglose Asylbewerber vorsehen, wobei jedoch immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Spätestens drei Jahre nach bestands- oder rechtskräftiger Ablehnung bzw. nach Rücknahme des Asylantrages muß es dem Drittstaatsangehörigen wieder möglich sein, ein Einwanderungsverfahren zu betreiben.

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4.2 Einwanderungsquoten

Wesentlicher Bestandteil einer Regelung ist die Bildung von Einwanderungsquoten.[Fn_33] Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Höhe der Einwanderungsquoten sollte beim Europäischen Parlament oder bei einem Ausschuß des Parlamentes liegen, wobei im Rahmen eines Anhörungsverfahrens die Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen vorgesehen sein sollte. Die von mir vorgesehene Konzeption geht von der Bildung von Teilquoten aus:

  • Aufnahme aus humanitären Gründen

      = Personen, die nicht die Voraussetzung der Genfer Konvention erfüllen

      = Familienzusammenführung, welche teilweise bereits national geregelt ist, ansonsten zusätzliche Einwanderungsmöglichkeiten über diese Teilquote,

  • Aufnahme aus wirtschaftlichen Gründen.

Im Rahmen der jährlichen Quotenfestsetzung ist die anderweitige Zuwanderung zu berücksichtigen und anzurechnen, also alle Personen (Drittstaatsangehörige), denen der dauernde Aufenthalt außerhalb des Einwanderungsrechts erlaubt bzw. erlaubt werden muß: Das sind Asylberechtigte, Flüchtlinge, deren Aufenthalt trotz Ablehnung genehmigt wird und Familienangehörige, denen der Nachzug aufgrund der nationalen Ausländergesetze erlaubt wurde. Diese Anrechnung erfolgt aufgrund der Vorjahresstatistik. Die Asylbewerberzahlen haben keinen Einfluß auf die jährliche Quotenfestsetzung. Trotz der teilweise langen Verfahrensdauer ist das Bleiberecht von Asylbewerbern vor der Entscheidung über den Asylantrag ein vorläufiges. Eine Konkurrenz mit der auf Dauer angelegten Einwanderung besteht jedenfalls dann nicht, wenn das Ziel der Beschleunigung der Asylverfahren in absehbarer Zeit erreicht werden sollte.

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4.3 Entscheidungskriterien im Einzelfall[Fn_34]

Quote A: Aufnahme aus wirtschaftlichen Gründen:[Fn_35]

Diese Teilquote verfolgt ökonomische und sozialpolitische Interessen, also:

    Arbeitsmarktlage,

    Ausbildung,

    Zusage eines Arbeitgebers,

    ausreichender Wohnraum,

    Bezug zur Europäischen Union,

    Alter des Einwanderungswilligen,

    Berücksichtigung erfolgloser Einwanderungsbewerber (Erschöpfung der Quote).

In diesem Zusammenhang müssen auch die insbesondere entwicklungspolitischen Interessen der Herkunftsländer abgewogen werden, also beispielsweise der Aufbau des Herkunftslandes.

Quote B: Aufnahme aus humanitären Gründen[Fn_36]

Kriterien:

    Familienangehörige, die nicht bereits aufgrund nationaler Regelung nachzugsberechtigt sind,

    möglicher Anspruch aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Schutz von Ehe und Familie),

    Aufnahme von Flüchtlingen im weiteren Sinne - Kriterium hierbei ist allein die Schutzbedürftigkeit.

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Der Antrag sollte über die Auslandsvertretung der Mitgliedstaaten der EU gestellt werden. Er wird weitergeleitet an eine zentrale EU-Einwanderungsbehörde, die dann nach Maßgabe der Quote und der oben genannten Kriterien entscheidet.

4.4 Zugangsverfahren und Verteilung[Fn_37]

Bei der Verteilung der Einwanderer ist entscheidend das Verhältnis der Bevölkerungszahl zur Anzahl der Einwanderer. Es werden für jeden EU-Staat Unterquoten gebildet, wobei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der EU-Staaten nicht berücksichtigt wird, da sie durch Maßnahmen innerhalb der EU ausgeglichen wird. Bei der konkreten Zuweisung sind die Interessen des Einwanderungswilligen zu berücksichtigen. Die EU-Staaten haben das Recht, bei der Einwanderungsbehörde die Zuteilung bestimmter Personengruppen zu beantragen. Ausnahmen gelten für den Bereich des Familiennachzuges. Die Verteilung innerhalb der Mitgliedstaaten der EU soll nationalen Regelungen vorbehalten werden. Besondere Kriterien können hier familiäre oder berufliche Verbundenheit sein. Der Rechtsschutz sollte wie folgt ausgestaltet werden: Für die Ermessensentscheidung über die Einwanderung sollte als Kontrollinstanz der Europäische Gerichtshof dienen (§ 173 EGV). Das Verfahren ist grundsätzlich vom Ausland durchzuführen.

4.5 Ausgestaltung des Aufenthalts[Fn_38]

Bei einer positiven Entscheidung über die Einwanderung sind der Ehegatte und die minderjährigen Kinder mit einwanderungsberechtigt. Sie erhalten ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Von der positiven Entscheidung über die Einwanderung sollte innerhalb eines Jahres Gebrauch gemacht werden. Innerhalb einer Probephase von fünf Jahren ist eine eingeschränkte Ausweisungsmöglichkeit gegeben. Scheidung oder (teilweise Auflösung)

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der Haushaltsgemeinschaft haben dagegen keine aufenthaltsrechtlichen Auswirkungen, da die Unterhaltsverpflichtungen in der Regel bestehen bleiben und dadurch für den Aufnahmestaat keine zusätzlichen Belastungen entstehen. Nach Ablauf der Probephase erhält der Einwanderungsberechtigte, sein Ehegatte sowie seine minderjährigen Kinder die volle Freizügigkeit und alle Rechte eines Unionsbürgers. Das gilt natürlich auch dann, wenn die minderjährigen Kinder nach Ablauf der Probephase volljährig geworden sind.

4.6 Erwerb der Staatsangehörigkeit[Fn_39]

Nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren sollte ein uneingeschränkter Anspruch auf Einbürgerung bestehen, auch unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Nach sieben Jahren sollte ein automatischer Erwerb der Staatsangehörigkeit erfolgen, wobei die Einbürgerung erst wirksam werden sollte, wenn der so Eingebürgerte von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch gemacht hat.

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5. Flankierende Maßnahmen

Eine solche Einwanderungsgesetzgebung darf natürlich nicht vergessen, daß eine Armutsbekämpfung in der Dritten Welt unabdingbare Voraussetzung für die Eindämmung der Wanderung ist. Des weiteren gilt es auch die sonstigen Wanderungs- und Fluchtursachen zu bekämpfen. Für die Eingewanderten müßten Bildungsmaßnahmen in umfassenden Sinne ergriffen werden. Als Vorbild könnte hierbei die Integration von Vertriebenen und Aussiedlern in der Bundesrepublik Deutschland dienen. Des weiteren sind Überlegungen zur Repatriierung von Bürgerkriegs- und Kriegsflüchtlingen, ebenso wie zur Rückkehr und Wiederansiedlung von Flüchtlingen und Asylberechtigten in ihrem Heimatland auf freiwilliger Basis anzustellen. Daneben gilt es die illegale Zuwanderung zu bekämpfen, wobei die illegalen Zuwanderer unter Beachtung der Menschenrechte und völkerrechtlicher Mindeststandards für fremde Staatsangehörige zu be-

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handeln sind. Auch bei dieser Personengruppe sollte die freiwillige Rückkehr gefördert werden, wobei die Ausweisung die „ultima ratio" darstellen sollte. Erfreulich wäre in diesem Zusammenhang eine Orientierung an der UN-Konvention über den Schutz der Rechte der Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien, welche Grundrechte, auch der illegalen Wanderarbeitnehmer enthält.[Fn_40] Allerdings ist diese Konvention bislang nur von ganz wenigen Staaten unterzeichnet und ratifiziert worden.

Nur ein solches umfassendes Regelungswerk wird zur Akzeptanz der Zuwanderung innerhalb der Bevölkerung fuhren und gleichzeitig die mit der Zuwanderung zusammenhängenden Fragen transparent machen.



    [Fußnoten - in der Druckausgabe jeweils auf den betreffenden Seiten unten stehend]

    Fn. 1: Ab 1. 1. 1995 Österreich und Schweden.

    Fn. 2: Die Überlegungen beruhen auf Wollenschläger, Grundlagen und Anforderungen einer europäischen Einwanderungsregelung in: Weidenfeld (Hrsg.): Das europäische Einwanderungskonzept, Strategien und Optionen für Europa 1994, S. 161 ff.

    Fn. 3: Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18.11.1992, Nr. A 3-0280/92.PE 162.994.

    Fn. 4: Entzinger: Länderstudie „Niederlande", in: Heinelt (Hrsg.): Zuwanderungspolitik in Europa, 1994, S. 195ff.

    Fn. 5: Schweden gehört seit 1. 1. 1995 zu den EU-Staaten.

    Fn. 6: Faßmann, Münz: Länderstudie „Österreich", in Heinelt, a.a.O. (Fn. 4), S. 302ff.

    Fn. 7: Opitz: Die Migrations- und Flüchtlingsproblematik nach Beendigung des Ost-West-Konflikts. Globale und europäische Dimension, in: Knapp (Hrsg.): Migration im neuen Europa, 1994, S. 51 ff., 57ff.

    Fn. 8: Wollenschläger: Gutachten für den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages zur Frage, ob ein umfassendes Einwanderungskonzept für die Bereiche Asylrecht, Flüchtlingsrecht, Aussiedler- und Saisonwanderer grundsätzlich möglich ist, 1991, ders., Konturen einer Einwanderungsgesetzgebung, in: Blanke (Hrsg.): Zuwanderung und Asyl in der Konkurrenzgesellschaft, 1993, S. 259ff; Mehrländer, Schultze: Einwanderungskonzept für die Bundesrepublik Deutschland, in: Von der Ausländer- zur Einwanderungspolitik, Friedrich-Ebert-Stiftung, Gesprächskreis Arbeit und Soziales Nr. 32 (1993), S. 25ff.

    Fn. 9: Wollenschläger, a.a.O. (Fn. 2), S. 164.

    Fn. 10: Gimbach: Die Zuwanderungspolitik der Europäischen Union. Interessen - Hintergründe - Perspektiven, in Weidenfeld, a.a.O. (Fn. 2), S. 49ff, 87f.

    Fn. 11: Allgemein zu den Rahmenbedingungen einer Einwanderungsgesetzgebung siehe Wollenschläger, a.a.O. (Fn. 8), S. 263ff.

    Fn. 12: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament (COM (94) 23 endg.). Siehe hierzu auch Bunz, Neuenfeld: Europäische Asyl- und Zuwanderungspolitik, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitschrift Das Parlament, Nr. B 48/94 v. 2.12.1994, S. 37ff.,39ff.

    Fn. 13: Siehe Fn. 12, S. 47.

    Fn. 14: BVerwG v. 20.8.1970, BVerwGE 36, S. 45ff., 51; zu abweichenden Begriffsbedeutungen in England und Frankreich vgl. Taschner, in: Hailbronner (Hrsg.): Asyl- und Einwanderungsrecht im europäischen Vergleich, 1992, S. 113fF., 114.

    Fn. 15: Siehe dazu die Länderberichte in Heinelt, a.a.O. (Fn. 4), S. 195ff

    Fn. 16: Zur neuen Rechtslage siehe Alexy: Zur Neuregelung des Aussiedlerzuzuges, NwVZ1993, S. 1171ff.

    Fn. 17: EuGeH1987, S. 3203.

    Fn. 18: Dazu ausführlich Hilf: Europäisches Gemeinschaftsrecht und Drittstaatsangehörige, in: Hailbronner, Ress, Stein: Staat- und Völkerrechtsordnung, 1989, S. 339ff, 349ff.

    Fn. 19: Vor allem Art. 10 VO/EWG/1612/68 (Familienangehörige der Arbeitnehmer).

    Fn. 20: Vgl. nur Oppermann, in: Europarecht, 1991, Rn. 1418.

    Fn. 21: Grundlegend EuGHE 987, S. 3719.

    Fn. 22: Art. 12 des Assoziierungsabkommens und Art. 36 des Zusatzprotokolls.

    Fn. 23: Zur aufenthaltsrechtlichen Bedeutung der Assoziierung mit der Türkei EuGH, DVB1. 1993, S. 307ff.

    Fn. 24: Vgl. zu den neuen Vertragsbestimmungen im Hinblick auf Drittstaatsangehörige Hailbronner: Perspektiven einer europäischen Asylrechtsharmonisierung nach der Maastrichter Gipfelkonferenz, ZAR 1992, S. 51ff, 54f; ders., Die europäische Asylrechtsharmonisierung nach dem Vertrag von Maastricht, ZAR 1995, S. 3ff; Weber: Einwanderungs- und Asylpolitik nach Maastricht, ZAR 1993, S. 11ff, 14f.

    Fn. 25: Die qualifizierte Mehrheit genügt nur bei Notlagen in einem Drittstaat, die zu einem „plötzlichen Zustrom von Staatsangehörigen dieses Landes" (Art. 100c) führen.

    Fn. 26: Vgl. im einzelnen Art. K 3 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union.

    Fn. 27: AB1. EG Nr. C 11/6 vom 15. 1. 1994

    Fn. 28: AB1. EG Nr. C 11/8 vom 15.1.1994.

    Fn. 29: AB1. EG Nr. C 11/17 vom 15.1.1994.

    Fn. 30: Siehe Das Parlament vom 3.2.1995, S. 10.

    Fn. 31: KOM (94) 287 endg.

    Fn. 32: Siehe hierzu sowie zum folgenden Wollenschläger, a.a.O. (Fn. 2), S. 171 ff.

    Fn. 33: Wollenschläger, a.a.O., S. 174f.

    Fn. 34: Wollenschläger, a.a.O., S. 175ff.

    Fn. 35: Siehe Art. 11 meines Entwurfes einer Einwanderungsverordnung für die Europäische Union, a.a.O. (Fn. 2), S. 187.

    Fn. 36: Siehe Art. 12 und 13 meines Entwurfes, a.a.O. (Fn. 2), S. 188.

    Fn. 37: Siehe dazu im einzelnen Art. 15, 16, 17 und 18 meines Entwurfs, a.a.O. (Fn. 2), S. 189f.

    Fn. 38: Wollenschläger, a.a.O. (Fn. 2), S. 179ff. sowie Art. 19, 20, 21 meines Entwurfs.

    Fn. 39: Wollenschläger, a.a.O. (Fn. 2), S. 181f.

    Fn. 40: Siehe auch Mitteilung der Kommission, a.a.O. (Fn. 12), S. 32.


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