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Jerzy Kanal
Politische und gesellschaftliche Strategien gegen Antisemitismus: Aktivitäten der Jüdischen Gemeinde zu Berlin


Um meine Ausführungen zum eigentlichen Thema - unseren politischen und gesellschaftlichen Strategien gegen Antisemitismus - wirklich verständlich machen zu können, möchte ich zunächst einmal in einem historischen Rückblick den Weg erläutern, den die Jüdische Gemeinde zu Berlin und die Gemeinschaft der Juden in Deutschland insgesamt in den letzten Jahrzehnten zurückgelegt hat.

Die auf etwa 45.000 Seelen dezimierte jüdische Gemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland hat in den vergangenen beinahe 50 Jahren vielfach ihre Vitalität beweisen und ihren Standort in der sie umgebenden Gesellschaft behaupten können. Das kann heute als eine Selbstverständlichkeit festgestellt werden, wenn man sich jedoch die Situation in der Stunde "Null" vor Augen führt, begreift man erst die ganze Bedeutung dieser "selbstverständlichen Feststellung".

Rabbiner Leo Baeck sagte damals: "Für uns Juden ist eine Geschichtsepoche zu Ende gegangen. Eine solche geht zu Ende, wenn immer eine Hoffnung, ein Glaube, eine Zuversicht endgültig zu Grabe getragen werden muß. Unser Glaube war es, daß deutscher und jüdischer Geist auf deutschem Boden sich treffen und durch ihre Vermählung zum Segen werden könnten. Das war eine Illusion. Die Epoche der Juden in Deutschland ist ein für allemal vorbei."

Leo Baeck stand in dieser Zeit mit seiner Überzeugung nicht allein. Weite Teile des Judentums auf der ganzen Welt vertraten die Auffassung, daß nach der nationalsozialistischen Katastrophe jüdisches Leben in Deutschland nicht mehr möglich sein wird. Es war anfangs nur eine kleine Gruppe von Menschen, die die bittere Notwendigkeit der Hilfe für die konkreten Juden nicht übersehen konnte, welche nach den überstandenen Verfolgungen aus der Illegalität, aus der Emigra-

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tion und aus verschiedenen Konzentrationslagern zurückgekehrt sind. Einer der bedeutendsten und hervorstechendsten unter ihnen war mein verstorbener Vorgänger als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, der auch das Amt des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland bekleidete - Heinz Galinski.

Die oft physisch und psychisch zerbrochenen Menschen, von denen die meisten Deutschland nur als Transitgebiet unterwegs nach Amerika oder das damalige Palästina betrachteten, brauchten menschenwürdige Lebensbedingungen, um den Schock der letzten Jahre zu überwinden. Und dazu war der stabile Rahmen normal funktionierender jüdischer Gemeinden erforderlich.

Es war ein langer Prozeß, in dem sich die Auffassung der Aufbaugemeinden gegen die ursprüngliche der sog. "Liquidationsgemeinden" durchgesetzt hat, aber nach und nach setzten sich immer mehr Gemeinden zum Ziel, ein dauerhaftes Netz nicht nur der Kultuseinrichtungen, sondern auch der sozialen, der Erziehungs- und der Kulturinstitutionen für ihre Mitglieder zu errichten.

Eine wichtige Lehre aus der Tragödie war für uns, daß sich jedes künftige jüdische Gemeindeleben von dem Leben der Umwelt nicht ausklinken, daß die jüdische Gemeinschaft nie wieder in die Isolation geraten darf - kurz, daß die von uns zu errichtenden Gemeinden politische Gemeinden werden müssen. Dabei muß politisch in dem ursprünglichen, erweiterten Sinne dieses Wortes und nicht als parteipolitisch verstanden werden.

In diesem Sinne ist es wesentlich, die Öffentlichkeitsarbeit der jüdischen Gemeinschaft in der Bundesrepublik zu intensivieren. Der Ort, an dem sich diese Öffentlichkeitsarbeit konzentriert, ist die zentrale Dachorganisation der jüdischen Gemeinschaft - der Zentralrat der Juden in Deutschland. Die Hauptrichtung unserer Tätigkeit muß es sein, auf das Ziel eines menschenwürdigen Zusammenlebens auf der Basis Gleicher mit Gleichen mit unserer sozialen Umwelt hinzuarbeiten.

Die wichtigste Voraussetzung dafür bildet in der gegebenen Situation wirksamer Abbau von Vorurteilen. Den wiederum macht nur Aufklä-

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rung möglich, Verbreitung vom Wissen über jüdische Sitten und Bräuche, über unsere Geschichte in allen ihren Teilen - mit einem Wort: eine grundsätzliche Öffnung der Gemeinden nach außen, die dazu angetan ist, Schwellenängste abzubauen.

Ein wichtiges Vorzeichen in diesem Prozeß muß es bleiben, die Geschichte stets vor den Augen zu behalten, die wir mit unserer Umwelt gemeinsam haben, und das in ihren fruchtbaren gleichwohl wie in ihren furchtbaren Abschnitten. Wir dürfen es nicht zulassen, daß das tragischste Kapitel in der Geschichte der europäischen Juden in Vergessenheit gerät, daß Versuche unternommen werden, es zu relativieren oder gar zu leugnen, daß Verdrängungsmechanismen in Gang gesetzt und gefördert werden. Wichtig ist natürlich, in dieser Arbeit nicht allein zu bleiben, sondern sie vielmehr mit allen Kräften in der Gesellschaft gemeinsam zu verrichten, die sich durch ihre Zielsetzung als Bundesgenossen anbieten, und zwar ohne Ansehen der parteipolitischen Zugehörigkeit.

Unsere Aufgabe verlagert sich dabei wesentlich durch den im Prozeß begriffenen Generationswechsel. Während es erfreulich ist, daß durch die Abnahme des von der Propagandamaschinerie des "Dritten Reiches" vergifteten Bevölkerungsanteils auch ein Teil der extremen antisemitischen Einstellungen aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwindet, werden wir zunehmend bei der jungen Generation mit Unwissen und Gleichgültigkeit konfrontiert, die die Gefahr einer un-reflektierten Wiederkehr gewisser Erscheinungen aus der finsteren Vergangenheit in sich bergen.

Gleichzeitig muß unsere aufklärerische Tätigkeit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Beitrag lenken, den Juden in der deutschen Geschichte auf allen Gebieten des menschlichen Schaffens - sei es in der Kultur, in der Wissenschaft, der Wirtschaft oder der Politik -geleistet haben. Wir müssen natürlich in erster Linie selbst das Ausmaß dieses Beitrags verinnerlichen und im innerjüdischen Leben keine Gelegenheit auslassen, um an die großen jüdischen Erneuerer in der deutschen Geschichte würdigend zu erinnern, und müssen dann - mit diesem Wissen ausgerüstet - der nichtjüdischen Öffent-

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lichkeit deutlich machen, daß die Verbrechen der nationalsozialistischen Schreckenszeit gegen einen der Stützpfeiler der modernen deutschen Gesellschaft gerichtet waren, ohne den die Errungenschaften vor allem des 19. Jahrhunderts gar nicht denkbar gewesen wären.

Vor allem in diesem Zusammenhang ist auch unsere Öffentlichkeits- und Kulturarbeit zu sehen: unsere Bemühungen richten sich darauf, unserer Umwelt deutlich vor die Augen zu führen, was das Wesen des Judentums ausmacht, welchen Beitrag die Juden für die wissenschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes geleistet haben, was unser Standort und unser Bekenntnis in dieser Gesellschaft darstellt. Kurz, wir bemühen uns, unseren nicht-jüdischen Nachbarn das Judentum transparent zu machen und somit den Vorurteilen entgegenzuwirken, die jahrhundertelang in der Bevölkerung künstlich genährt worden sind.

Aber die Öffnung der jüdischen Gemeinschaft in der Bundesrepublik, das bedeutet auch ganz konkrete praktische Schritte in der täglichen Politik. Es bedeutet vor allem verstärkte Kontaktaufnahmen mit allen organisierten demokratischen Kräften der Gesellschaft, Gespräche mit politischen Verantwortungsträgern, mit Parteien und ihren Nebenorganisationen - wie es bei unserer heutigen Begegnung der Fall ist -, mit Gewerkschaften, mit Jugendorganisationen und Kirchen, und besonders bei den letzteren erscheint es als besonders wünschenswert, die gegenseitigen Kontakte auf der Basis der Dauerhaftigkeit und der Regelmäßigkeit zu installieren, da es viele Probleme gibt, die bei beiden beteiligten Seiten ähnlich gelagert sind. Unser besonderes Anliegen ist es dabei, die Kirchen dazu zu bewegen, ihre missionierende Tätigkeit unter jüdischer Bevölkerung einzustellen. Leider gibt es auch heute noch solche Fälle, bei denen die Notlage unserer Zuwanderer aus der ehemaligen UdSSR ausgenutzt wird.

Auf einen einfachen gemeinsamen Nenner ließe sich die Öffnung der jüdischen Gemeinschaft mit dem Motto bringen - Gespräche mit jedem führen, der gesprächsbereit ist. Durch einen solchen Prozeß können wir uns in die Lage versetzen, die breitestmögliche Basis für

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unsere verpflichtende Aufgabe zu schaffen, deren Kontinuität nie in Frage gestellt werden darf: eben für die kompromißlose Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Neonazismus.

Gerade in der letzten Zeit, mit den sinkenden Zahlen der Asylbewerber in der Bundesrepublik, gerät der Antisemitismus wieder immer mehr in den Vordergrund der Wühlarbeit der rechtsextremistischen Ideologen, und somit werden wir als Juden immer mehr zum Angriffsziel dieser demokratiefeindlichen Strömungen. Diese Tatsache versetzt uns in den direkten Zugzwang der Abwehr, die wir als Gemeinschaft unseren Mitgliedern schuldig sind. Wir sind allerdings der Meinung, daß es eine äußerst kurzsichtige Politik der Verantwortlichen im Lande wäre, uns die Hauptlast der Bekämpfung dieser Erscheinungen aufzubürden. Wir würden uns wünschen, daß uns als Betroffenen die Rolle des ewigen Mahners erspart werden würde, dadurch nämlich, daß die Gesamtgesellschaft die Gefahr des Antisemitismus als einer traditionell antidemokratischen Bewegung erkennen und mit wirksamen Gegenmaßnahmen nicht erst auf unsere Hinweise warten würde.

Hier muß begreiflicherweise unser Hauptaugenmerk auf die junge Generation gerichtet sein. Wir müssen noch mehr als zuvor darauf bestehen, daß sich keine Relikte aus der verhängnisvollen Vergangenheit in die Erziehung einschleichen. Dazu ist es nicht nur notwendig, auf die Inhalt der erscheinenden und im Gebrauch befindlichen Lehrbücher zu achten, sondern auch dafür zu sorgen, daß die Unterrichtsrahmenpläne eine Erziehung von jungen Menschen garantieren, die eine demokratische Entwicklung auch in den kommenden Generationen zu sichern in der Lage sein werden.

Besonders in diesem Zusammenhang müssen wir immer wieder darauf hinweisen, daß unsere Kritik kein Selbstzweck ist, sondern immer der aufrichtigen Sorge um die Wahrung der Demokratie entspringt -einer Sorge, die gerade für uns nach der bitteren Erfahrung der Schreckenszeit kein Abstraktum, sondern ein elementares und existentielles Empfinden darstellt. Im Dialog mit der jungen Generation

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betonen wir immer wieder, daß die heutige Jugend keine persönliche Schuld trägt. Wir müssen aber darauf drängen, daß auch die verhängnisvollen Teile der jüngsten deutschen Geschichte als eigene angenommen werden.

Was wir der heutigen jungen Generation zu sagen haben, basiert eher auf der Notwendigkeit eines jeden Individuums, zu der Geschichte des eigenen Volkes zu stehen, aus ihr zu lernen. Wenn die eigene Geschichte Schatten wirft, so ist es nicht damit getan, sich aus diesen Schatten hinauszuschleichen. Man muß vielmehr in der Lage sein, das wirkliche Ausmaß dieser Schatten abschätzen zu können, um durch das eigene Wirken ihre Last auf die eigenen Nachkommen zu vermindern. So manches in den Entwicklungen der letzten Jahrzehnte wäre für uns wie für unsere Umwelt leichter gewesen, wenn sich eine solche Einstellung zu diesem Kapitel der Geschichte durchgesetzt hätte, als sie noch keine Geschichte war.

Wie schon angedeutet, bedarf es für den konstruktiven Dialog mit der Umwelt, der zu einem Miteinander zweier gleichwertiger Partner führen soll, eines ebenso konstruktiven Prozesses der ständigen Festigung der eigenen Identität. Schon um die Berechenbarkeit für den Gesprächspartner zu gewährleisten, muß man sich der eigenen Positionen genau bewußt sein, und dazu ist es notwendig, sie klar und deutlich herauszubilden. In diesem Prozeß spielt unsere lebendige Beziehung zu dem Staat Israel eine wesentliche Rolle, die als eine der Grundfesten zum modernen jüdischen Leben gehört.

Die Existenz des jüdischen Staates ist und bleibt einer der wichtigsten Faktoren der jüdischen Existenz überall auf der Welt und die Impulse, die unsere Arbeit aus Israel erhält, sind unverzichtbar. Ungeachtet der gelegentlichen Belastungen sind wir daher in schweren Stunden, die der jüdische Staat unterwegs zu einem endlich in Sichtweite scheinenden dauerhaften Frieden durchmacht, mehr denn je dazu aufgerufen, unserer Solidarität mit Israel - wenn es auch manchmal eine kritische Solidarität sein kann - deutlich Ausdruck zu verleihen. Dennoch ist es ein oft wiederholter Fehler, den wir immer von neuem korrigieren müssen, uns für Israelis zu halten. Und ich

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kann gar nicht oft genug auf die bereits vielfach wissenschaftlich nachgewiesene Tatsache hinweisen, daß der besonders von der Linken oft zur Schau getragene virulente Antizionismus nichts anderes als eine moderne Form des traditionellen Antisemitismus darstellt.

Die Geschichte des Antisemitismus in Europa ist so alt wie die Geschichte der Wirkung der christlichen Kirchen in diesem Raum. Jahrhundertelang schürten die Kirchen Mißtrauen und die abstrusesten Anschuldigungen gegenüber der jüdischen Bevölkerung, mit dem Ergebnis, daß fast alle Volksbewegungen - von den Kreuzzügen bis zu den Revolutionen des Jahres 1848 - mit antijüdischen Pogromen eingeleitet wurden.

Als das Zeitalter der Aufklärungen den Stellenwert der Religionen im gesellschaftlichen Denken relativierte, trat der dem Positivismus entsprungene rassische Antisemitismus in die Fußstapfen des traditionellen religiösen Antisemitismus. Man hätte meinen wollen, daß nach den furchtbaren Exzessen, in die sich der Rassenwahn im nationalsozialistischen Deutschland versteigerte, eine Fortsetzung dieser dumpfen Demagogie nicht mehr möglich sein würde. Und doch werden wir auch heute noch mit allen drei Formen des Antisemitismus - mit dem religiösen, dem rassischen und dem als Antizionismus getarnten politischen - konfrontiert.

Die möglichen Wege der Vorbeugung sehe ich in Aufklärung über das Wesen des Judentums, die dazu führen sollte, das Fremde weniger fremd und verständlich zu machen. Wir leisten dazu unseren Beitrag mit unserer Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit, aber beispielsweise auch dadurch, daß in den Einrichtungen unserer Kinder- und Jugendarbeit jüdische wie nichtjüdische Kinder betreut werden. Noch wichtiger erscheint mir diesbezüglich allerdings die Erziehung zur Toleranz, zu der die jüdische Gemeinschaft nur mit ihren Hinweisen beitragen kann. Das Ziel einer solchen Erziehung müßte es sein, der jungen Generation die Fähigkeit beizubringen, das Fremde und das Andere insgesamt nicht mißtrauisch zu beargwöhnen, sondern sich damit aktiv und produktiv auseinander zu setzen. Dazu gehört auch die Erziehung zur Streitkultur und zur Befähigung, Konflikte fried-

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lieh und gewaltlos auszutragen und zu lösen. Diese Aufgaben sind in der schulischen Erziehung und der verantwortungsvollen Informationspolitik der Medien und der wichtigen politischen Kräfte in der Gesellschaft anzusiedeln.

In den Augenblicken und Fällen allerdings, wo diese Mechanismen versagt haben und der Antisemitismus die Gestalt gewaltsamer Ausschreitungen annimmt, ist die Justiz mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gefordert. Gerade in diesem Lande, das vor einem halben Jahrhundert die Folgen eines Regimes zu spüren bekam, dessen wesentliche ideologische Maxime der rassische Antisemitismus gewesen ist, müßte die Sensibilität für die Gefahr des Antisemitismus im politischen Alltag besonders hoch sein. Es wäre eine Energieverschwendung, wenn die Gesellschaft ihre Kräfte in eine Aufklärung der bereits Gewalttätigen investieren würde. Hier gilt leider nur noch die Strenge des Gesetzes. Diesbezüglich muß von der Justiz verlangt werden, daß sie uns künftig Urteile wie das von Mannheim erspart: eine solche Rechtsprechung ist nur dazu angetan, die intoleranten Kräfte in der Gesellschaft zu weiteren Taten zu ermutigen. Ebenso erwarten wir von den Ordnungskräften und der Polizei, daß sie ihrem Auftrag gerecht werden und Vorkommnisse wie jene in Magdeburg zu verhindern wissen.

Was den bei weitem überwiegenden Teil der Jugend betrifft, der keineswegs leicht zu strafbaren Handlungen neigt, so müssen in intensivster Weise die vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden. Das bedeutet konsequente Aufklärung in Elternhäusern, in den Schulen und an den Lehrstellen, die den jungen Menschen die Schädlichkeit und Unsinnigkeit von Gewalt, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus vor Augen führt. Die Träger dieser Aufgabe sind in erster Linie die Eltern, die Lehrer, die Erzieher und die Sozialwissenschaftler, aber auch alle anderen Bürger, die sich in ihrem jeweiligen Umkreis unermüdlich und permanent dafür einsetzen sollten, daß eine solide demokratische Entwicklung der jungen Menschen in diesem Land gewährleistet wird. Nur dank der Tatsache, daß es in den letzten Monaten die Ansätze zu einem solchen Bewusstsein

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schon gab, bekommen die rechtsradikalen Gewalttäter heute immer weniger Zulauf.

Zusammenfassend möchte ich also noch einmal darauf hinweisen, daß wir als direkt Betroffene selbstverständlich am stärksten motiviert sind, gegen den Antisemitismus aktiv vorzugehen, daß aber unser Beitrag durch unsere vergleichsweise geringen Einflußmöglichkeiten eingeschränkt bleibt, und daß es ein schicksalhafter Fehler der nichtjüdischen Gesellschaft wäre, den Antisemitismus für ein Problem zu halten, daß die Juden allein betrifft.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2003

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