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Karl-Wilhelm Lange
Städtepartnerschaft zwischen Chelmno und Hannoversch-Münden


Lew Kopelew, der große Freund der Deutschen, hat neulich kurz und treffend erklärt:

    "Ein brennendes Zimmer kann das ganze europäische Haus zerstören."

Das europäische Haus gleicht gegenwärtig einer Baustelle, denn es ist keinesfalls vollendet, und wie wir alle von Baustellen wissen, besteht ständig das Risiko, daß kleinere oder auch größere Brände ausbrechen und unsere ganze Aufmerksamkeit muß darauf gerichtet sein, das Entstehen eines Brandes zu verhindern. Unsere Aufgabe ist eine doppelte: Während wir das europäische Haus bauen, gleichzeitig auf Brände zu achten und sie so schnell wie möglich auszutreten. Natürlich hat Lew Kopelew mit dem geschulten und sicheren Urteil des Schriftstellers uns mit seiner Bemerkung darauf hinweisen wollen, daß die Welle der Fremdenfeindlichkeit und der Gewalt in Deutschland, die uns Deutschen nicht weniger Sorgen macht als unseren Nachbarn in West und Ost, die zarte Pflanze guter nachbarschaftlicher Beziehungen, eines friedlichen Miteinander ernsthaft gefährdet.

Um so wichtiger sind gerade in dieser schwierigen Phase neben vielen Begegnungen privater Art die Städtepartnerschaften, die – wenn sie dicht gewoben werden – ein sicheres Netzwerk in Polen und Deutschland schaffen können gegen alle Vorurteile, gegen Fremdenfeindlichkeit und einen Nationalismus, der seine scheinbare Stärke dadurch gewinnt und von der eigenen Unsicherheit und Angst ablenkt, indem er jenseits der eigenen Nation und der nationalen Grenze nur Gegner und Feinde erkennt.

Mit meinem Vortrag möchte ich über eine jener beispielhaften polnisch/deutschen-deutsch/polnischen Partnerschaften berichten, die im Zeichen der Demokratisierung und des politischen Umbruchs durch die

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Entscheidungen frei gewählter Räte in Chelmno und in Hann. Münden zustandegekommen sind.

Nach der Revolution, nach der friedlichen Ablösung der kommunistischen Herrschaft in Polen, die auch "die Wende" in der DDR auslöste und der wir schließlich die Vereinigung der beiden deutschen Nachkriegsstaaten zu einem Volk verdanken, hatten zunächst die Regierungen beider Staaten das Wort. Am 14. November 1989 vereinbarten Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und Bundeskanzler Helmut Kohl in dem Regierungsabkommen über die deutsch-polnischen/polnisch-deutschen Beziehungen unter Ziffer 52, daß in der Heimatstadt des sozialdemokratischen Staatsmannes Kurt Schumacher in Chelmno/Kulm eine Erinnerungstafel an seinem Geburtshaus angebracht werden solle, die erstmals in der Nachkriegsgeschichte zugleich in polnisch und deutscher Sprache an diesen großen Sohn der Stadt Kulm erinnern sollte, als Symbol dafür, daß dieser große Deutsche Polen, Deutschland und Chelmno gehört.

Am 13. Oktober 1990, also knapp ein Jahr nach dem Abschluß dieses Regierungsabkommens, das einen ganz neuen Abschnitt für die Entwicklung der Beziehungen und der künftigen Zusammenarbeit unserer beiden Völker begründen sollte, wurde in Chelmno am 95. Geburtstag Kurt Schumachers die Tafel an seinem Geburtshaus feierlich enthüllt. Vorangegangen war im gleichen Jahr der Besuch des deutschen Bundespräsidenten in Polen am 2. Mai 1990, und es hatten in Chelmno wie in ganz Polen zum ersten Mal nach über 50 Jahren am 28. Mai 1990 die ersten freien Kommunalwahlen stattgefunden, die auf der Grundlage des Gesetzes über die gemeindliche Selbstverwaltung in Polen vom 8. März 1990 zum ersten Mal die eigenen örtlichen Angelegenheiten wieder frei gewählten Bürgern der Stadt Chelmno in die Hände legte.

Dieser neugewählte Rat, der mit dem heutigen Ratsvorsitzenden Joachim Tchorzewski, mit dem jungen neuen Bürgermeister Piotr Mittelstaedt und seinem Stellvertreter Marek Jeziorski mit Elan an die Arbeit ging, nutzte die neuen Freiheitsrechte und Entscheidungsspielräume dazu aus, ohne – wie in der Vergangenheit – auf die Zustimmung der zentralen Stellen in Warschau und der Parteiinstanzen in Chelmno und Thorun angewiesen zu sein, der Anbringung der Tafel am Geburtshaus Kurt Schumachers zuzustimmen und in direkten Verhand-

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lungen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung die Einzelheiten zu regeln. So kam es zu der bewegenden Veranstaltung am 13. Oktober 1990, die durch den Stadtrat in Chelmno und seine obersten Repräsentanten, durch die Spitzen der Friedrich-Ebert-Stiftung und durch den deutschen Botschafter aus Warschau einen hohen, auch international beachteten Rang erhielt.

Unmittelbar nach dieser Entscheidung, die die Entschlossenheit des Rates der Stadt Chelmno widerspiegelte, die neuen Freiheitsräume der gemeindlichen Selbstverwaltung auch tatsächlich auszuschöpfen, wandten sich im Auftrage des Rates, dessen Vorsitzender Joachim Tchorzewski und Bürgermeister Piotr Mittelstaedt, mit einem Schreiben vom November 1990 an die Stadt Hann. Münden mit der Anfrage, ob wir interessiert seien, partnerschaftliche Kontakte zwischen unseren Städten zu knüpfen.

Als "ehrlicher Makler" zwischen Chelmno und Hann. Münden erwarb sich bei diesen ersten brieflichen Kontakten unser Freund Peter Schneider aus Dransfeld – einer kleinen Stadt in der Nachbarschaft von Hann. Münden – besondere Verdienste, weil er als Pressesprecher der Friedrich-Ebert-Stiftung die örtlichen Verhältnisse in Chelmno und die Repräsentanten des Rates und der örtlichen Verwaltung kennengelernt hatte und auf entsprechende Anfragen die ihm ebenfalls wohl vertraute Stadt Hann. Münden ins Gespräch gebracht hatte. So kam es zu einem ersten Informationsbesuch einer Delegation aus Chelmno in der Zeit vom 19.-21. Dezember 1990, die Joachim Tchorzewski, Bürgermeister Mittelstaedt und seinen Vertreter Marek Jeziorski im Anschluß an eine kommunalpolitische Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung zu einem Besuch nach Hann. Münden führte. Wir – die Verantwortlichen in Hann. Münden – empfanden diese Anregung, diesen Anstoß der Stadt Chelmno und ihre Anfrage als eine außerordentlich glückliche Entwicklung.

Internationale Partnerschaften, der internationale Jugendaustausch und die Entwicklung von Städtefreundschaften besaßen bei uns einen hohen Stellenwert, stießen auf ganz besonderes Interesse, weil wir zur Stadt Suresnes in Frankreich eine der sehr frühen Städteverbindungen nach dem Zweiten Weltkrieg geknüpft hatten. Diese Verbindung hat sich beim Jugend- und Schüleraustausch, bei wirtschaftlichen Kontakten,

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Ausstellungen und Messen, bei kulturellen Begegnungen und auch im Dialog der jeweils verantwortlichen Kräfte im Rat und in der Verwaltung außerordentlich bewährt. Der Europarat in Straßburg hatte unsere Partnerschaft und ihre erfolgreiche Arbeit mit der Verleihung der Europafahne gewürdigt und in jedem Jahr erhielt diese Städtefreundschaft neue Impulse, gewann an Kraft und Tiefe und es gab überhaupt keine Anzeichen von Routine oder Ermüdung. Im Gegenteil, wir spürten und hatten erfahren, daß die rd. 2000 Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Frankreich entscheidend beigetragen hatten zum Abbau alter Feindbilder, zu einem neuen Dialog und zu einem Netzwerk, das die Grundlage darstellte für den Bau des europäischen Hauses.

Unsere französischen Freunde hatten ihrerseits eine Partnerschaft mit der Stadt Holon in Israel gegründet und ebneten uns den Weg aus diesem Bund zweier Städte ein Bündnis dreier Partnerstädte dadurch zu schaffen, daß wir unter aktiver Förderung und Mithilfe unserer französischen Freunde eine eigene Partnerschaft begründeten. Während die "große Politik", während Regierungsabkommen und internationale Verträge das tägliche Leben der Menschen in unseren Städten kaum entscheidend beeinflussen, vollziehen sich Städtepartnerschaften und Städtefreundschaften unter der direkten Beobachtung, unter praktischer Mitwirkung und Mitverantwortung und mit dem Appell an die gesamte Bürgerschaft, sich aktiv an der Ausgestaltung und Entwicklung der Beziehungen zu beteiligen. Gerade Städtepartnerschaften zu Frankreich und Israel verknüpfen Vergangenheit und Gegenwart, erinnern an historische und politische Verantwortung, öffnen den Blick auf Krieg, auf Blutvergießen, auf die mörderische Expansionspolitik der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, deren Opfer neben Frankreich vor allem auch Polen und das jüdische Volk geworden sind.

Erich Kästner, der große deutsche Schriftsteller, appelliert an uns mit dem Wort:

    "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es."

und der berühmte Stanislaw Jerzy Lee weist uns mit seinen "unfrisierten Gedanken" in die gleiche Richtung: "Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit. Aber – wie kommt man zu den Tätigkeitsworten?"

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Die gemeindliche Selbstverwaltung, der beste Teil der öffentlichen Verwaltung in unseren Ländern, ist ganz und gar ausgerichtet darauf, durch praktisches Tun, durch eigenes Engagement, durch Mithandeln und eigene Verantwortung unserer Bürger die Verhältnisse zu verändern oder zu beeinflussen. Und Städtepartnerschaften sind Säulen des Dialogs, Brücken zur Versöhnung, der wichtigste Beitrag für ein friedliches Miteinander, für den Aufbau eines europäischen Hauses, über den Regierungsabkommen Verabredungen treffen, über den sie Grundsätzliches vereinbaren können, die aber nur mit Leben zu erfüllen sind, wenn Städte und ihre Bürgerschaften von den Angeboten und Handlungsmöglichkeiten der Rechtsgrundlagen auch tatsächlich Gebrauch machen.

Nun hatten wir auch durch den Kontakt mit den israelischen Freunden in Holon erfahren und hatten uns davon überzeugen können, welchen Beitrag gerade polnische Juden zum Aufbau des israelischen Staates und seiner Städte geleistet hatten, die vor der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten ihre polnische Heimat hatten verlassen müssen und Zuflucht in Israel gefunden hatten. Zu ihnen zählen auch bedeutende Persönlichkeiten im Rat der Stadt Holon, Repräsentanten der örtlichen Wirtschaft, Künstler und Wissenschaftler. Sie sprachen mit uns jiddisch, wir lernten ihre Biographien, ihr Leben und die tragische Geschichte ihrer Familien kennen und ihre ungebrochene Liebe, ihre heimliche Sehnsucht nach dem Land ihrer Väter und Mütter. Und so wuchs in uns der Wunsch, die Richtung des langen Weges in das Exil, in die Diaspora oder das Land der Bibel umzukehren und von Israel und Deutschland zu den Wurzeln der polnisch-jüdischen und der jüdisch-deutschen Geschichte zurückzukehren. In diesem Stand der Überlegungen und des Nachdenkens erreichte uns in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1990 der Brief unserer polnischen Freunde, und die Delegation aus Chelmno mit Joachim Tchorzewski, Piotr Mittelstaedt und Marek Jeziorski erschien uns fast wie ein Besuch der "Heiligen Drei Könige".

Übrigens, daß wir uns so gut verstanden, sehr viel voneinander erfahren konnten und daß zwischen den beteiligten Repräsentanten, wie es so schön in unserer Sprache heißt "der Funke übersprang", hing natürlich auch damit zusammen, daß uns Frau Danka Spranger, die hier auch heute bei unserer Tagung als Dolmetscherin Meisterliches leistet, im Dialog zur Seite stand.

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So kamen sich Chelmno, die unter den Städten Polens zu Recht als "Stern an der Weichsel", und die Stadt Hann. Münden, die man hier unter den historischen Fachwerkstädten in Deutschland als "Stern an der Weser" bezeichnet und die mitten im Märchenland der Brüder Grimm liegt, schnell näher. Unsere Rathäuser in Chelmno und Hann. Münden zählen zu den schönsten Renaissance-Bauten ihrer Zeit in Europa und es war natürlich auch etwas zu spüren vom Geist und von der Kraft Kurt Schumachers, jenes großen deutschen Staatsmannes, der durch Herkunft und politische Leistung die Fundamente für die Brücke zwischen Polen und Deutschland und für die beginnende Städtefreundschaft zwischen Hann. Münden und Chelmno verkörperte.

Lassen Sie mich nun noch ergänzend berichten über die Organisation unserer ersten Schritte bis zum förmlichen Abschluß des Partnerschaftsvertrages und auch über die kommunalpolitische Diskussion innerhalb des Rates. Sehr erleichtert wurden die ersten organisatorischen Schritte dadurch, daß sich in unserer Stadt bereits zur Pflege der anderen Partnerschaften ein "Partnerschaftsverein" gebildet hatte, in dem Vertreter aller politischen Parteien, zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen und vor allem auch der Stadtjugendring vertreten war, die Dachorganisation aller Jugendgruppen unserer Stadt.

Es gehört zu den organisatorischen Prinzipien und Grundsätzen für die Partnerschaftsarbeit, daß im Mittelpunkt aller Planungen der Jugendaustausch, der Austausch von Sport-, Kultur- und Schülergruppen steht. Deshalb verfügt der Stadtjugendring sowohl über entsprechende praktische Erfahrungen beim Partnerschaftsaustausch wie über das erforderliche Management. Der ehrenamtlich tätige Vorstand des Stadtjugendrings kann sich bei der Umsetzung seiner Initiativen und Aktivitäten auf einen hauptamtlichen Geschäftsführer stützen, der ganz überwiegend durch die Zuschüsse der Stadt an den Stadtjugendring bezahlt wird.

Der Stadtjugendring widmete sich mit großem Engagement und mit starker Motivation der neuen Aufgabe und organisierte bereits im März 1991 eine Informationsfahrt nach Chelmno, an der Vertreter zahlreicher Jugendorganisationen teilnahmen. Der Stadtjugendring verstand diese erste Fahrt nach Chelmno als Angebot an die sog. "Multiplikatoren", die in der Jugendarbeit der Vereine aktiv Tätigen, um dem beginnenden

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Jugendaustausch mit Chelmno in Zukunft die entsprechenden Impulse zu geben. Im Juni des gleichen Jahres folgte diesem Treffen eine weitere vom Partnerschaftsverein organisierte Fahrt mit 15 Teilnehmern, die an Rat und Verwaltung der Stadt Chelmno sowie an Vereine und Jugendgruppen eine Gegeneinladung aussprachen, der rd. 100 Gäste aus Chelmno folgten, darunter Mitglieder des Rates, der Stadtverwaltung, eine Volkstanzgruppe sowie ein Jugendorchester. Alle Besucher waren im übrigen in Familien aufgenommen und daraus entwickelte sich sehr rasch eine enge und herzliche Beziehung, die über den Tag hinaus wirken sollte.

Stadtverordnetenvorsteher Joachim Tchorzewski und Bürgermeister Piotr Mittelstaedt überbrachten bei diesem großen Treffen den förmlichen Wunsch des Rates der Stadt Chelmno, eine Partnerschaft mit der Stadt Hann. Münden abzuschließen und der Rat der Stadt Hann. Münden erklärte seine Bereitschaft, darüber unmittelbar nach der im Oktober 1991 stattfindenden Kommunalwahl zu entscheiden.

Inzwischen hatten nämlich der Vorsitzende der Vereinigung "ehemaliger Kulmer" in einem Briefwechsel mit Vertretern einer großen Ratsfraktion sich kritisch zu der beabsichtigten Partnerschaft geäußert und es erschien dem Rat in seiner Gesamtheit deshalb tunlich, die Angelegenheit aus dem Beginn des Kommunalwahlkampfes herauszuhalten. Deshalb beauftragte mich der Rat zunächst über den Entwurf eines Partnerschaftsvertrages in Chelmno zu verhandeln, dem die beiden Räte in Chelmno und Hann. Münden am 4. bzw. 19. Dezember 1991 einstimmig ihre Zustimmung gaben. Inzwischen haben wir in feierlicher Form –umrahmt von zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, unter Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit in unseren beiden Städten in Gegenwart der jeweiligen Botschafter – die Partnerschaftsurkunden im Mai in Hann. Münden und im Juli 1992 in Chelmno unterzeichnet und eine Fülle praktischer Schritte verabredet. Dazu zählen

  • ein breiter Jugendaustausch unter Beteiligung zahlreicher Jugendgruppen und Sportvereine;
  • schulische Kontakte zwischen den Gymnasien und
  • für 1993 sind sechs Treffen mit rd. 150 Teilnehmern in Chelmno und in Hann. Münden geplant. Die Organisation hierfür liegt in den bewährten Händen des Stadtjugendrings und wird mit Zuschüssen

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    des Partnerschaftsvereins unterstützt, soweit nicht Mittel des deutsch-polnischen Jugendwerks dafür zur Verfügung stehen;

  • Verwaltungshilfen mit technischem Gerät, darunter Fahrzeuge, Telefax, Schreibmaschinen, Diktier- und Kopiergeräte;
  • Investitionen, die nach den Vorschlägen des Rates der Stadt Chelmno für öffentliche Einrichtungen bestimmt sind. Der Rat der Stadt Chelmno bestimmt den jährlichen Investitionsschwerpunkt und der Rat der Stadt Hann. Münden hat beschlossen, dafür jährlich mind. 25.000 DM bereitzustellen.

Bitte verstehen Sie diese Bereitschaft der Stadt, auch Investitionshilfen zu gewähren, nicht so, als ob Hann. Münden über den Schatz des Königs Krösus verfüge! Im Gegenteil, wir sind nicht auf Rosen gebettet. Aber wir möchten gern dem Rat der Stadt Chelmno und den Bürgern der Stadt signalisieren, daß wir unter Zurückstellung eigener notwendiger Wünsche unserer Partnerstadt in der schwierigen Phase der Umstellung von der zentralistischen Kommandoverwaltung zu einer autonomen und freien Stadtverwaltung, in der der Rat als oberster Souverän die Geschicke und die Entwicklung der Stadt Chelmno lenkt, beistehen wollen. Dazu zählt auch, daß die Bürger in Chelmno erkennen und erfahren, daß Partnerschaft etwas sehr Praktisches ist, was direkt und unmittelbar den Menschen dient. Aus dieser Einsicht heraus haben die beiden Räte sich auf diese Vorgehensweise verständigt und beide Verwaltungen arbeiten eng bei der Planung und bei der Durchführung zusammen und lernen voneinander.

Lassen Sie mich abschließend bemerken, daß es für mich und für alle Beteiligten in Hann. Münden ein ganz großes Erlebnis war, mit den nach über 50 Jahren erstmals frei gewählten Repräsentanten der Stadt Chelmno zusammenzuarbeiten, dabei ganz im Stile und im Geist demokratischer Selbstverwaltung, ohne höhere Instanzen und Behörden fragen zu müssen, frei über alle wesentlichen Elemente dieser Partnerschaft zu entscheiden und dabei in dem Bewußtsein zu handeln, historische und politische Schuld abzutragen, Brücken der Freundschaft, der Verständigung, des guten Miteinander zu bauen und durch unseren kleinen Schritt zwischen Chelmno und Hann. Münden, dem wärmenden Feuer der bestehenden und auch künftiger polnisch-deutscher Städtepartnerschaften durch ein gutes Beispiel neue Nahrung zu geben. Ich

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danke auch vor diesem Forum meinen und unseren Freunden aus Chelmno, daß sie ganz im Geiste ihres großen Sohnes Kurt Schumacher meiner Stadt die Hand in freundschaftlichem Geiste entgegengestreckt haben und grüße alle Teilnehmer dieser Veranstaltung, die die besten Traditionen des langen und historisch fruchtbaren polnisch-deutschen, deutsch-polnischen Dialogs repräsentieren.

Wir befinden uns – wir sind auf einem guten Wege.

[Seite der Druckausg.: 52 = Leerseite]


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Februar 2002

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