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TEILDOKUMENT:

    Melanie Miehl
    Hauptbereiche muslimischer Religionsausübung

    1. Einleitung


[Seite der Druckausg.:63]


Melanie Miehl
Hauptbereiche muslimischer Religionsausübung

1. Einleitung

Die Beschäftigung mit Fragen islamischer Religionsausübung in Deutschland führt unter den gegenwärtigen Bedingungen rasch zu Fragen grundsätzlicher Natur. Was als Diskussion über den Moscheebau im Stadtviertel beginnt, endet nicht selten mit der Frage nach dem Wesen einer Moschee, ihrem Stellenwert im Glaubensleben der Muslime, nach „dem" Islam an sich.

Im folgenden soll daher ein Blick auf die grundlegenden Inhalte und Formen muslimischer Religionsausübung geworfen werden. Diese Einführung möchte einem solchen Informationsbedürfnis entgegenkommen und die Grundlagen darstellen, die oft hinter den konkreten Fragestellungen stehen, ohne ausreichend zur Kenntnis zu kommen.

Dabei muß es um eine Auswahl gehen, die versucht, einen virtuellen Extrakt aus der Vielfalt islamischer Glaubens- und Lebensweise zu ziehen, die kein „oberstes Lehramt" besitzt oder anstrebt und die über die Jahrhunderte und durch die Fülle der Kulturen, mit denen der Islam im Laufe seiner Ausbreitung in Kontakt kam, ganz verschiedene Ausprägungen gefunden hat. „Den" Islam gibt es sowenig wie „das" Christentum, und nicht immer läßt sich im Leben des Einzelnen oder auch islamischer Gemeinschaften genau trennen zwischen religiös motivierten Handlungen und solchen, die ihre Ursache in kulturellen Prägungen haben.

In diesem Spannungsfeld einen Ausgleich zu finden, ist schwierig. Einerseits droht die Gefahr, einen homo islamicus zu konstruieren, andererseits mag man sich ins Unverbindliche verlieren. So liegt es in der Natur der Sache, daß sich zu fast jeder der darzustellenden Auffassungen auch eine Gegenauffassung finden läßt. Besonders in Fragen des islamischen Rechtes herrscht eine eher pragmatische Haltung, die eine Anpassung an verschiedenste Gegebenheiten ermöglicht.

Ausgehend von den Grundgegebenheiten lassen sich vielfältige Spielräume ausloten und begründen. Dies zu tun erfordert muslimischerseits eine nicht zu unterschätzende religiöse und kulturelle Anstrengung. Vor diesem Hintergrund ist es nur recht und billig, daß auch Nichtmuslime sich der Mühe nicht entziehen, diese Prozesse nachzuvollziehen und zu würdigen, indem sie sich mit dem islamic way of life auseinandersetzen. Ohne ein Basiswissen um religiöse Zusammenhänge bleibt eine Verständigung letztlich zur Oberflächlichkeit verurteilt, der es nicht gelingen kann, dem Islam die Aura des Fremden zu nehmen. Die folgende Einführung soll einige solcher Basisbausteine liefern, im Wissen darum, daß sie das Thema selbstverständlich nicht erschöpfen kann - ein Umstand, der im Wesen des Islam selbst begründet liegt, der stets einen vernünftigen Ausgleich zwischen Strenge und Menschlichkeit anstrebt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2001

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