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Peter Prill, Saul Revel, Wolfgang Schäl-Helmers
Das Regionale Beschäftigungsbündnis Bremen und Bremerhaven im Rahmen des EU-Programms Territorial Employment Pacts


1. Entwicklung und Anbindung des Regionalen Beschäftigungsbündnisses

Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales beteiligte sich 1997 an einer EU-weiten Ausschreibung um die Förderung eines Territorial Employment Pacts (TEP). Es wurden 90 Projekte bewilligt, neun in Deutschland, eines davon gemeinsam für Bremen und Bremerhaven.

Der Antrag aus Bremen und Bremerhaven wurde gestellt, weil der TEP-Ansatz die Möglichkeit eröffnete, auf neuen Wegen unter Beteiligung der verschiedenen Arbeitsmarktakteure innovative Projekte auf den Weg zu bringen. Es sollte die Chance genutzt werden, frühzeitig dem Diskussionsprozeß um die AGENDA 2000, der die Reform der EU-Strukturfonds einleitete, auf der regionalen Handlungsebene zu entsprechen. Zudem erhielt die EU mit dem Beschäftigungskapitel von Amsterdam erstmals eine beschäftigungspolitische Kompetenz. Beide Entwicklungen ließen erwarten, daß der bündnisorientierte TEP-Ansatz zukünftig im Rahmen der EU-Strukturpolitik an Bedeutung gewinnen würde. Das Land Bremen und seine arbeitsmarktpolitischen Akteure sollten schon von Beginn an unmittelbar an dieser Entwicklung teilhaben können.

Das Regionale Beschäftigungsbündnis Bremen und Bremerhaven sollte und soll die Effektivität und Effizienz regionaler Arbeitsmarktpolitik verbessern helfen und möglichst frühzeitig das Expertenwissen regionaler Akteure für die Projektplanung und -gestaltung einbeziehen. [Fn.1: Stichworte wie Partnership und Bottom up Approach werden in diesem Zusammenhang immer wieder genannt. EU-geförderte Projekte sollen demnach möglichst breit regional verankert sein. Arbeitsmarktpolitik soll das regionale endogene Potential umfassend ausschöpfen. Sollen Erfahrungen verschiedener Akteure in konkrete Projekte einfließen, ist dies nur in einem kooperativen Arbeitszusammenhang vorstellbar. Eigenständige Akteure werden nicht zu aktivieren sein, wenn ihnen Ziele oder Arbeitsergebnisse diktiert werden.]

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Das Bündnis-Sekretariat des Regionalen Beschäftigungsbündnisses ist bei einer Landesbehörde, dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales angesiedelt. Vor dem Hintergrund der spezifischen Situation eines kleinen Bundeslandes mit erheblichen wirtschaftsstrukturellen Problemen [Fn.2: Das Land Bremen mit den beiden Städten Bremen und Bremerhaven verzeichnet aufgrund des anhaltenden Strukturwandels seit Jahren eine der höchsten Arbeitslosenquoten der westdeutschen Bundesländer. Die Beschäftigungskrise ist auf die rückläufige Beschäftigungsentwicklung im industriellen Sektor, insbesondere auf den Zusammenbruch wichtiger Werften und die immer noch nicht ausreichend positive Entwicklung des Dienstleistungssektors zurückzuführen. Im November 1999 betrug die Arbeitslosenquote der abhängigen zivilen Erwerbspersonen für die Stadt Bremen 14,2 % und für Bremerhaven 18,4 % (im westdeutschen Durchschnitt 9,3%).] und engmaschigen Beziehungsgeflechten bot sich diese Anbindung an. Es ging zunächst darum, auf einer strategischen Ebene die Gewerkschaften, Unternehmensverbände, Kammern und verschiedenen Senatsressorts zu beteiligen. In dem Stadtstaat Bremen haben diese Akteure unmittelbaren Einfluß auf die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik. Die wichtigsten Funktionsträger treffen in vielen Strukturen, darunter die Selbstverwaltungsorgane der Arbeitsämter, immer wieder aufeinander und treffen Entscheidungen, die bis zu einzelnen Projekten und Maßnahmen reichen.

Um die Arbeit des Regionalen Beschäftigungsbündnisses anzustoßen, wurde im September 1997 das Bündnis-Sekretariat beim Senator für Arbeit eingerichtet. Die Mitarbeiter des Bündnis-Sekretariats gingen auf die potentiellen Bündnispartner zu und eruierten, welche Projekte in einem gemeinsamen Arbeitsprozeß initiiert und mit guten Realisierungschancen organisiert werden könnten. Das Ergebnis dieser mehrmonatigen Arbeitsphase war ein abgestimmter, sehr konkreter Aktionsplan und die Entstehung einer Beiratsstruktur, in der über die wesentlichen Weichenstellungen im Bündnis entschieden und die Arbeit der einzelnen Projekte kritisch und konstruktiv begleitet werden sollte.

Die Ansiedlung des Bündnis-Sekretariats beim Senator für Arbeit hat sich als hilfreich erwiesen. Da das Regionale Beschäftigungsbündnis selbst nur über ein sehr knappes Budget verfügt, mußten die Mittel zur Finanzierung der Projekte mobilisiert werden.

Für Bremen und Bremerhaven existiert mit dem Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm (BAP) beim Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Ju-

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gend und Soziales das zentrale Finanzierungsinstrument, mit dem die grundlegende Finanzierung von Arbeitsfördermaßnahmen aus Mitteln des Landes und der EU sichergestellt wird. Gleichzeitig sorgt das Arbeitsressort gemeinsam mit den Arbeitsämtern in Bremen und Bremerhaven für einen koordinierten Mitteleinsatz. Die Anliegen des Regionalen Beschäftigungsbündnisses und seines Bündnis-Sekretariats konnten also ganz unmittelbar bei der Haushaltsplanung eingebracht und die Projekte sehr zeitnah geplant und begonnen werden.

Im April 1999 wurde in Bremen in Anlehnung an die bundespolitische Entwicklung das Bündnis für Arbeit und Ausbildung in Bremen und Bremerhaven durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen initiiert. [Fn.3: Am 26. April 1999 hat sich das Bündnis für Arbeit und Ausbildung in Bremen und Bremer haven konstituiert. Im Bündnis sind die wichtigsten regionalen Arbeitsmarktakteure ver treten. In ihrer gemeinsamen Erklärung wird die Sicherung und Schaffung von Arbeits - und Ausbildungsplätzen als zentrale gesellschaftliche Herausforderung in der Freien Hanse stadt Bremen betont. Tarifvertragliche Angelegenheiten sollen nicht Gegenstand des Bündnisses sein. Im Mittelpunkt des Bündnisses sollen konkrete Verabredungen stehen, die in Bremen und Bremerhaven umgesetzt werden können. Die Beteiligten konstituierten sich als Steuerungsgruppe (Plenum) und vereinbarten Arbeitsgruppen, an denen weitere Institutionen beteiligt werden sollen. Die Federführung liegt beim Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales. Entscheidungen werden im Plenum und in den Arbeitsgruppen nach dem Konsensprinzip getroffen.]
Die positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit des Regionalen Beschäftigungsbündnisses haben zweifelsohne die Entstehung des politisch angelegten Bündnisses gefördert. Auch wenn dieses Bündnis als vornehmlich politische Initiative stärker auf die Entwicklung der Arbeitsmarktpolitik des Landes ausgerichtet ist, zeigte sich, daß beide Bündnisse sowohl in inhaltlicher Hinsicht wie auch bezüglich der Steuerungsgremien Überschneidungen aufwiesen. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, arbeitet das Regionale Beschäftigungsbündnis Bremen und Bremerhaven daher seit Juli 1999 unter dem Dach des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung. Zur inhaltlichen Verzahnung beider Bündnisse wurden die Projekte des Regionalen Beschäftigungsbündnisses thematisch jeweils einer der fünf Arbeitsgruppen des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung zugeordnet (vgl. Übersicht).

Mit der Schaffung des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung und der Integration des Regionalen Beschäftigungsbündnisses konnte ein wesentliches Anliegen des Regionalen Beschäftigungsbündnisses, nämlich Bündnisstruk-

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turen über den durch die EU geförderten Zeitraum hinaus zu initiieren, umgesetzt werden.

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2. Konzeption und Struktur

Im folgenden sollen der arbeitsmarktpolitische Ansatz, die Akteure, die institutionelle Struktur sowie das Programm des Regionalen Beschäftigungsbündnisses vorgestellt werden.

Der Ansatz des bremischen Paktes fußt auf der Überzeugung, daß für ein erfolgreiches Bündnis auf regionaler Ebene zwei Voraussetzungen gegeben sein müssen: Erstens bedarf es der aktiven und verbindlichen Einbeziehung der wichtigsten arbeitsmarktpolitischen Gestaltungsakteure in der Region und zweitens sollte der Bündnisprozeß eine insgesamt erfolgreiche arbeitsmarktpolitische Praxis am Beispiel von „Good Practice-Projekten" transportieren. Letzteres schließt im Einzelfall Mißerfolge durchaus ein.

Aufgrund der eingangs dargestellten positiven Voraussetzungen eines kleinräumig angelegten Stadtstaates sowie der landespolitischen Bündniserfahrungen aus dem Jahr 1996 gelang es den Initiatoren im Jahr 1997 in relativ kurzer Zeit, die Bündnispartnerschaft zu begründen, einen Konsens über ein Arbeitsprogramm mit sowohl strategischer wie operationeller Ausrichtung herzustellen und die beiden Elemente „Struktur" und „Programm" verbindlich festzulegen.

Auf der politisch-strategischen Ebene verständigten sich 15 institutionelle Akteure, d.h. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkammern, Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Arbeitsämter, die fachlich beteiligten Senatsressorts Wirtschaft, Arbeit und Soziales sowie der Magistrat als Kommunalverwaltung der Stadt Bremerhaven auf die Bündnispartnerschaft.

Bündnisstrategie und operationelles Programm bilden zusammen den Aktionsplan. Darin sind vier Aktionsfelder definiert worden, die in die beschäftigungspolitische Strategie des Landes Bremen eingebettet sind. Als bündnispolitische Aktionsfelder sind

  • neue Arbeitszeitmodelle,

  • neue Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich,

  • neue Ansätze der Zielgruppenförderung sowie

  • Arbeitsmarkttransparenz

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identifiziert worden. In diesen vier Aktionsfeldern werden 13 beschäftigungsfördernde Modellprojekte bzw. Programmpakete umgesetzt, die Gegenstand des nachfolgenden Gliederungspunktes sind.

Auf der operativen Ebene werden die Projekte des Aktionsplanes unter Beteiligung von Klein- und Mittelunternehmen, Instituten aus den Bereichen Forschung und Innovation, Beratungs- und Vermittlungsagenturen, Unternehmensberatungen sowie Weiterbildungs- und Beschäftigungsträgern umgesetzt. Ein Teil der Projekte wird vom Bündnis-Sekretariat selbst implementiert.

Das Bündnis-Sekretariat fungiert als Koordinierungsinstanz der Bündnisaktivitäten. Seine Aufgabe besteht darin, innovative Projekte zur Beschäftigungsförderung zu entwickeln und zu begleiten, diese Projekte mit den Bündnisakteuren abzustimmen und die Ergebnisse in die arbeitsmarktpolitische Landschaft zu vermitteln sowie den Transfer von „Good Practice-Projekten" auf regionaler und überregionaler Ebene zu organisieren. Die Phase der Entwicklung neuer Projekte ist in der zweiten Jahreshälfte 1999 weitestgehend abgeschlossen, da der ursprüngliche Förderzeitraum zum 31.12.1999 endet und der Schwerpunkt der Arbeit im Verlängerungsjahr 2000 auf der Dokumentation und Sicherung der Projektergebnisse, auf Transfer- und Vernetzungsaktivitäten sowie auf der Integration des Bündnisansatzes in die Regelförderung („Mainstreaming") liegen wird.

Personal und Finanzausstattung

Das Regionale Beschäftigungsbündnis verfügt über folgende personelle und finanzielle Grundausstattung: Das Bündnis-Sekretariat ist für die Hauptförderphase über 27 Monate mit 1,5 Personalstellen und einem Sachmitteletat von insgesamt 250.000 Euro ausgestattet, von denen 200.000 Euro als Zuschuß des Europäischen Sozialfonds gewährt werden. Damit stehen für die Durchführung von Arbeitsmarktprojekten nur geringe finanzielle Mittel zur Verfügung. Zur Finanzierung seiner operativen Aktivitäten ist das Beschäftigungsbündnis daher auf andere Finanzierungsquellen angewiesen. Neben finanziellen Beiträgen der Bündnispartner, projektbezogenen Erlösen sowie privaten Mitteln werden in größerem Umfang Mittel des Landes Bremen, der Kommunen Bremen und Bremerhaven, der Bundesanstalt für Arbeit und der einschlägigen Ziele und Gemeinschaftsinitiativen des Europäischen Sozialfonds in Anspruch genommen. Hinsichtlich der Finanzierung des opera-

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tionellen Programms des Bündnisses ist somit das Mainstreaming des Bündnisansatzes bereits realisiert.

Bilanzierend kann festgestellt werden, daß es durch die Anbindung des Bündnis-Sekretariats bei der für Arbeitsmarktpolitik zuständigen Landesbehörde mit einer entsprechenden Prioritätensetzung und Finanzausstattung möglich war, im Regionalen Beschäftigungsbündnis ein Projektvolumen von ca. 12 Mio. Euro zu mobilisieren und zu begleiten.

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3. Projekte

3.1 Gesamtschau

Der Aktionsplan des Bündnisses umfaßt in seinem operationellen Teil 13 Einzelprojekte, die vier Aktionsfeldern zugeordnet sind. [Fn.4: Stand des Aktionsplans einschließlich des Verlängerungszeitraums bis zum 31.12.2000.]
Im folgenden werden diese Projekte in tabellarischer Form vorgestellt. Die Zuordnung zu einem Aktionsfeld wird mit folgenden Kürzeln angezeigt:

  • Neue Arbeitszeitmodelle (AZ)

  • Neue Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich (DL)

  • Neue Ansätze der Zielgruppenförderung (ZG)

  • Arbeitsmarkttransparenz (AMT)

Die Tabelle enthält außerdem die Zuordnung der Projekte zu einer der fünf folgenden Arbeitsgruppen des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung:

  • AG 1 Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungsplätze

  • AG 2 Illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit

  • AG 3 Unterstützung arbeitszeitpolitischer Maßnahmen

  • AG 4 Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit

  • AG 5 Innovative Wirtschaftspolitik

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Nr.

Kurztitel, Feld, AG

Gegenstand und Ziel

1

Publikation „Neue Arbeitszeitmodelle" (AZ); AG 3

Exemplarische Darstellung von 21 regionalen betrieblichen Arbeitszeitmodellen mit dem Ziel, die Diskussion und Akzeptanz betrieblicher Arbeitszeitpolitik im Land Bremen zu fördern

2

Veranstaltungen „Neue Arbeitszeitmodelle" (AZ); AG 3

Fachveranstaltungen unter Einbeziehung der Sozialpartner sowie von Betrieben, Beratungseinrichtungen und Arbeitsämtern

3

Begleitung „Neue Arbeitszeitmodelle" (AZ); AG 3

Kampagne zur Altersteilzeit; Abbau von Überstunden durch die Beschäftigung von Arbeitslosen

4

Dienstleistungsagenturen für Frauen (DL); AG 2

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von ehemals arbeitslosen Frauen in Hauswirtschaftsagenturen; Abbau von Schwarzarbeit, marktförmige Organisation dieses Segments

5

Zentrum „Handel und Dienstleistung" (DL); AG 5

Planung eines innerstädtischen Zentrums mit neuer Angebotspalette; Erhöhung der Einzelhandelsqualität in der Bremer Innenstadt

6

Telearbeitszentrum (DL); AG 4

Beschäftigungs-, Beratungs- und Qualifizierungsprojekte im Bereich von DV-Anwendungen in städtischer Randlage (in Planung)

7

Qualifizierungsoffensive (DL); AG 4

Strategisches Qualifizierungsprogramm u.a. in den Bereichen IuK-Technologien, Gesundheitssektor, regionale Strukturentwicklung

8

Qualifizierung „Call Center" (ZG); AG 4

Festlegung, Abstimmung und Umsetzung des Qualifizierungsbedarfs zur Akquisition und Bestandspflege von Call Centern

9

Qualifizierung von Migranten (ZG); AG 1

Akquisition von Ausbildungsplätzen in ausländischen Betrieben; Vorbereitung von Ausbildern auf die Ausbildereignungsprüfung

10

Job Rotation (ZG); AG 3

Vermittlung von Arbeitslosen als Stellvertreter für Stammkräfte in KMU, die an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen

11

Sozialverträgliche Zeitarbeit (ZG); AG 3

Vermittlungsagenturen für Zeitarbeit mit gezieltem Anteil von Arbeitslosen bei tariflicher Entlohnung und ergänzender Qualifizierung

12

Homepage Beschäftigungsbündnis (AMT); alle AGs

Einrichtung und Betreuung einer Bündnis-Homepage mit Links zu den Bündnispartnern; Darstellung des Profils regionaler Arbeitsmarktpolitik

13

Internet Club (ZG); AG 1

Job-Club für Jugendliche in einem benachteiligten Stadtteil, der sich gegenwärtig in einem positiven Veränderungsprozeß befindet

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3.2 Darstellung ausgewählter Einzelprojekte

Um zumindest einen Teil der Projekte detaillierter ausweisen zu können, stellen wir für die vier Aktionsfelder jeweils ein Projekt beispielhaft vor.

Aktionsfeld:

Neue Arbeitszeitmodelle

Projekt:

Publikation „Neue Arbeitszeitmodelle in Bremen und Bremerhaven"

Dem arbeitszeitpolitischen Bundestrend entsprechend gewinnen neue Arbeitszeitregelungen auch in Bremen und Bremerhaven weiter an Bedeutung. Diese Entwicklung hat das Regionale Beschäftigungsbündnis aufgegriffen und – sofern von den Tarifpartnern gewünscht – mit konkreten Maßnahmen unterstützt. Während der Planungsphase der einzelnen Bündnisprojekte Anfang 1998 bestand die begründete Vermutung, daß

  • die Landschaft betrieblicher Arbeitszeitmodelle noch weitestgehend unbekannt ist,

  • es ein öffentliches Interesse an einer Erhebung und Diskussion von interessanten Modellen gibt und

  • die Veröffentlichung und Debatte einen Anreizcharakter für die Verbreitung von betrieblichen Lösungen haben könnte.

Die Bündnispartner beauftragten das Institut „Arbeit und Region" an der Universität Bremen, auf betrieblicher Ebene entwickelte und umgesetzte Arbeitszeitmodelle in Bremen und Bremerhaven zu recherchieren und in standardisierter Weise zu beschreiben. Für die Auswahl der Modelle entwickelten die Bündnispartner einen Kriterienkatalog.

Danach sollten die Modelle

  • beschäftigungssichernd oder beschäftigungsschaffend wirken,

  • die Teilzeitquote erhöhen,

  • sozial vorteilhaft (z.B. familienfreundlich) sein,

  • die Flexibilität von Unternehmen und die Zeitsouveränität der Beschäftigten erhöhen,

  • die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken.

Im März 1999 wurden die Ergebnisse des Auftrags in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt und unter großer Beteiligung von Betriebsvertretern,

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Akteuren aus Politik und Verwaltung sowie weiteren Multiplikatoren diskutiert. Nach Abstimmung mit den beteiligten Betrieben und den Bündnispartnern, insbesondere den Unternehmensverbänden und Gewerkschaften, sind 21 Modelle im Juni 1999 der Fachöffentlichkeit in einer ansprechenden Publikation vorgestellt und für die weitere Arbeit zur Verfügung gestellt worden.

Aufgrund der großen regionalen und überregionalen Nachfrage an der Publikation und der Frage, mit welchen Erfolgen, aber auch Problemen sich der Prozeß der Einführung betrieblicher Arbeitszeitmodelle vollzieht, ist eine Anschlußdokumentation in der Diskussion, die diese Fragen gezielt aufgreift.

Aktionsfeld:

Neue Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich

Projekt:

Hauswirtschaftliche Dienstleistungsagenturen

Mit diesem Projekt wird arbeitsmarktpolitisch in der Grauzone ungeschützter Beschäftigung im hauswirtschaftlichen Bereich interveniert, die sich bei genauem Hinsehen vielfach als Schwarzarbeit herausstellt. In mehreren Agenturen werden auf lokaler Ebene hauswirtschaftliche Dienstleistungen akquiriert, gebündelt und im Rahmen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen bei gemeinnützigen Trägern erbracht.

Die Beschäftigten sind ehemals (langzeit-)arbeitslose Frauen, die neben einer tariflichen Entlohnung systematisch qualifiziert werden und, wenn möglich und sinnvoll, einen berufsqualifizierenden Abschluß erhalten.

Das Projekt agiert damit auf zwei Handlungsfeldern einer Arbeitsmarktpolitik mit frauenspezifischer Ausrichtung:

  • Abbau von ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen und indirekte Bekämpfung der Schwarzarbeit,

  • Schaffung von Arbeitsplätzen über am Markt akquirierte Dienstleistungen.

Auftraggeber gegenüber den Agenturen sind neben privaten Haushalten und gemeinnützigen Organisationen auch behinderte oder anderweitig benachteiligte Menschen, bei denen die Kosten teilweise von anderen Kostenträgern übernommen werden.

Die Ende 1998 vorgenommene Auswertung des Ausgangsprojekts „Q-Rage" zeigte

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  • gute Beschäftigungsergebnisse für die Teilnehmerinnen,

  • eine steigende Nachfrage nach den angebotenen Dienstleistungen bei nahezu vollständiger Auslastung der Kapazitäten sowie

  • eine degressive öffentliche Förderung.

Bisher sind im Rahmen der hiesigen Dienstleistungsagenturen 38 Vollzeitarbeitsplätze für Frauen geschaffen worden.

Die Erfolge des Projekts haben das Bündnis dazu veranlaßt, es anläßlich der „Europäischen Konferenz zur Verbreitung der Territorialen Beschäftigungspakte" im November 1999 in Brüssel als Good Practice-Instrument („Tool") vorzustellen.

Die Entwicklung dieses Ansatzes zu einem auf andere regionale, wirtschaftliche und soziale Bedingungen übertragbaren Instrument im Sinne des Transfergedankens der Europäischen Kommission wird Gegenstand der zukünftigen Arbeit sein. Dazu ist eine Veranstaltung zu den Rahmenbedingungen der Behauptung hauswirtschaftlicher Dienstleistungen am Markt in Planung.

Aktionsfeld:

Neue Ansätze der Zielgruppenförderung

Projekt:

Beratungsstelle zur Qualifizierung ausländischer Nachwuchskräfte

Die Ausbildungsplatzsituation ist in Bremen seit Jahren angespannt und nur mit besonderen Initiativen (zusätzliche überbetriebliche Angebote, Hot-Line, Ausbildungsverbünde, individuelle und direkte Ansprache aller unversorgten Jugendlichen etc.) ist es den Bündnispartnern im Jahr 1999 gelungen, die Anzahl der mit Ausbildungsplätzen unversorgten Jugendlichen zu senken.

Ausländische Jugendliche sind von der Enge des Ausbildungsmarktes besonders betroffen. Gleichzeitig zeigten überregionale Erfahrungen, daß bei Arbeitgebern ausländischer Herkunft noch unerschlossene Ausbildungs- und Arbeitsplatzpotentiale vorhanden sind. In der Folge der in den sechziger und siebziger Jahren angeworbenen „Gastarbeiter", aber auch der anerkannten Asylbewerber sind in Bremen ca. 2.000 Unternehmungen entstanden. Die Betriebsinhaber sind jedoch häufig nicht hinreichend dafür qualifiziert oder noch nicht dazu bereit, Ausbildungsplätze einzurichten.

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Die Gründe für die relative Ausbildungsabstinenz bei Unternehmern wie auch teilweise bei Jugendlichen beruhen nur zum Teil auf Defiziten an formalen Qualifikationen und Berufsbildungsinformationen, sondern auch auf im Vergleich zu Deutschland anderen Unternehmens- und damit Ausbildungskulturen der Herkunftsländer. Vor diesem Hintergrund initiierten die Bündnispartner ein Projekt mit dem Ziel, ein latent vorhandenes Ausbildungsplatzpotential zu aktivieren. [Fn.5: Die Bedeutung, die diesem Ansatz auch auf Bundesebene beigemessen wird, zeigte sich am „Tag des Ausbildungsplatzes" der Bundesanstalt für Arbeit am 8. Juni 1999, an dem deren Präsident Jagoda auch einen türkischen Lebensmittelgroßhandel aufsuchte und ausländische Arbeitgeber zur Einrichtung von Lehrstellen aufforderte. Diese Initiative wurde in der Tagespresse bundesweit aufgegriffen.]
Die Prüfungsvorbereitung ausländischer Selbständiger zur Ausbildungsbefähigung durch die örtlichen Handelskammern sowie die Akquisition von Ausbildungsplätzen bei den Absolventen stehen im Mittelpunkt des Projektes. Ergänzend werden intensive Beratungs- und Informationsangebote u.a. in Vereinen, Schulen, Einrichtungen der außerschulischen Jugendarbeit und bei der Berufsberatung der Arbeitsämter als Partner des Beschäftigungsbündnisses vorgehalten.

Das Projekt kann gute Ergebnisse vorweisen. Bisher haben 26 Selbständige die Ausbildereignungsprüfung abgelegt, weitere Unternehmer nehmen zur Zeit an Ausbilderkursen teil. Es wurden 47 zusätzliche Ausbildungsplätze nach dem dualen Ausbildungssystem in Betrieben mit ausländischen Inhabern mobilisiert; die Einrichtung weiterer Ausbildungsverhältnisse ist in Vorbereitung. Ferner sind zwei Ausbildungsverbünde geschaffen worden (Förderung im Rahmen des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms des Landes) und die Gründung eines Ausbildervereins steht unmittelbar bevor.

Die beteiligten Bündnispartner gehen davon aus, daß die positiven Ausbildungserfahrungen ausländischer Selbständiger mit dem dualen System einen Multiplikatoreneffekt haben werden. Diese Intention wird u.a. dadurch unterstützt, daß Unternehmer in sogenannten „Bossrunden" ihre Ausbildungserfahrungen an Interessierte weitergeben. Die festzustellende Tendenz einer generellen Professionalisierung der Geschäftstätigkeit ausländischer Inhaber dürfte auch der Professionalisierung ihres Ausbildungsverhaltens Vorschub leisten und so zur Integration in die hiesige Unternehmenskultur beitragen.

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Die guten Erfahrungen mit dem Projekt gingen in einen Beschluß der Ausbildungskonferenz des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung am 18.10.1999 ein, in dem dazu aufgefordert wurde, daß „die Bemühungen, zusätzliche Ausbildungsplätze in Betrieben ausländischer Inhaber zu akquirieren, intensiviert werden (sollen)". Dieser Beschluß fordert die Verantwortlichen geradezu auf, für eine Fortführung des Ansatzes nach Auslaufen der Modellphase im Sommer 2000 Sorge zu tragen.

Auch die bremischen Projekterfolge haben einen Beitrag dazu geleistet, daß die Bundesministerin für Bildung und Forschung sowie der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Sommer 1999 die „Koordinierungsstelle Ausbildung in ausländischen Unternehmen (KAUSA)" eingerichtet haben. Am 10. Dezember 1999 veranstaltete KAUSA in Bremen die „Fachtagung Nord" mit fachlicher Beteiligung der Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie politischer Beteiligung der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marie-Luise Beck, und des Präsidenten des Bremer Senats, Dr. Henning Scherf.

Aktionsfeld:

Arbeitsmarkttransparenz

Projekt:

Homepage „Bremer und Bremerhavener Arbeitsmarkt im Internet

Eine der strategischen Orientierungen der Bündnispartner war es, mit einer Homepage des Regionalen Beschäftigungsbündnisses zu einer Erhöhung der Arbeitsmarkttransparenz im Land Bremen beizutragen und die Vernetzung der Arbeitsmarktakteure über das Internet zu stimulieren.

Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit einem durch die Europäische Union kofinanzierten regionalen Vorhaben („BRISE", Bremer Regionale Informationsgesellschafts-Strategie-Entwicklung) entwickelt und im 1. Quartal 1999 mit der Einrichtung der Website www.bo-je.de („bremen online – job entwicklung") erfolgreich installiert.

Die Homepage enthält Servicerubriken mit Informationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer („Arbeitgeberboje" bzw. „Arbeitnehmerboje"), ein „Forum" (Rubrik für aktuelle Mitteilungen) und einen „Lotsen" mit einem Arbeitsmarktglossar.

Wie intendiert, hat die Homepage die Einrichtung von Internetseiten bei den hiesigen Arbeitsmarktakteuren stimuliert, so daß mittlerweile zu allen Bünd-

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nispartnern und ihren Angeboten Links existieren. Technisch wird die Homepage von einem bremischen Provider betreut, die redaktionelle Pflege liegt beim Bündnis-Sekretariat.

Ein Schwerpunkt der Weiterentwicklung der Homepage liegt auf der Vernetzung mit weiteren Akteuren an der arbeitsmarktpolitischen Basis auf verbandlicher sowie Träger- und Projektebene. Mittelfristig wird mit dem Projekt das ambitionierte Ziel verfolgt, eine Vernetzung zu allen bremischen Projekten herzustellen, die aus dem Europäischen Sozialfonds kofinanziert werden.

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4. Entwicklungsperspektiven der Bündnispartnerschaft

Bündnispartnerschaften – also der Versuch, ohne Aufgabe des eigenen Interessenstandpunktes sich mit den anderen Arbeitsmarktakteuren auf gemeinsame Aktionen zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation zu verständigen – dürften um so einfacher zu organisieren sein, je konkreter der Bündnisgegenstand formuliert werden kann.

Auf der Ebene konkreter arbeitsmarktpolitischer Projekte, wie sie für das Regionale Beschäftigungsbündnis kennzeichnend sind, sind die politischen Risiken für die Bündnispartner gut abschätzbar, das Verhalten der Partner untereinander gut kalkulierbar. Gegenseitiges Vertrauen als Basis gemeinsamer Anstrengungen kann sich trotz unterschiedlicher Standpunkte unter diesen Umständen entwickeln.

Die arbeitsmarktpolitische Förderung einer hauswirtschaftlichen Dienstleistungsagentur etwa, deren Marktsegmente für die Partner gut überschaubar sind, verringert die Gefahr all zu sehr ordnungspolitisch geprägter Debatten um Wettbewerbsverzerrungen. Am konkreten Objekt wird vielmehr die Entwicklung einer innovativen arbeitsmarktpolitischen Praxis und ihre kritische Reflexion möglich. Das konkrete Projekt befördert eine Diskussion um reale, nicht um vermeintliche Effekte. Dieser Zwang zur konkreten, nicht-ideologischen Auseinandersetzung ist für die Weiterentwicklung der aktiven Arbeitsmarktpolitik von großem Wert.

Je weniger konkret die Gegenstände von Bündnispartnerschaften sind, je komplexer und „politischer" sie werden, um so anspruchsvoller und schwieriger werden die Aushandlungsprozesse.

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Ein in der politischen Reichweite „kleiner", weil projektbezogener Bündnisansatz hat es leichter als Ansätze „mittlerer Reichweite" (auf der Ebene von Bundesländern) oder „größerer Reichweite" (Bündnisprojekte auf Ebene der Nationalstaaten oder der Europäischen Union). Diesen Startvorteil von Bündnissen „kleinerer" Reichweite hat sich die Bremer Arbeitsmarktpolitik zunutze gemacht.

Die Konstituierung des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung in Bremen und Bremerhaven im April 1999 hat zweifellos auch von den positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit im EU-geförderten Regionalen Beschäftigungsbündnis in Bremen und Bremerhaven profitiert.

Der Vorteil des projektbezogenen Ansatzes der Territorial Employment Pacts ist aber auch seine Begrenzung.

Positive Erfahrungen in konkreten Projekten sollten deshalb auch zur Veränderung politischer Rahmenbedingungen führen, um Piloterfahrungen für die arbeitsmarktpolitische Praxis verallgemeinern zu können. Ob dieser qualitative Sprung in den Bündnisaktivitäten gelingt, wird die Zukunft zeigen. Für einzelne Projektzusammenhänge zeichnen sich Multiplikatorwirkungen schon heute erkennbar ab.

Zur Einbeziehung aller relevanten Partner in die Planung und Umsetzung von Arbeitsmarktpolitik gibt es keine vernünftige Alternative. In vielen Feldern der Arbeitsmarktpolitik sind die gegenseitigen Anforderungen und Voraussetzungen (qualifikatorisch, sozial, kulturell) sehr differenziert, so daß es sich verbietet, Arbeitsmarktpolitik als „hoheitliche" Aufgabe zu organisieren. Öffentliche Arbeitsförderung ist deshalb auf vielfältige und kompetente Partnerschaften angewiesen.

Dabei besteht allerdings in Konsensgebilden, wie es Bündnisse und Partnerschaften sind, die Gefahr, daß Konflikte nicht zielorientiert ausgetragen werden und zu abnehmender Dynamik in der Arbeitsförderung führen. Die Politik muß also darauf achten, eigene Handlungsspielräume zu erhalten, notfalls auch gegen die Interessen einzelner Bündnispartner, ohne dabei funktionierende Bündnisse zu gefährden. Allerdings: auch ohne explizite Bündnispolitik gehört dieser Balanceakt schon lange zum Repertoire der meisten arbeitsmarktpolitischen Entscheidungsträger, jedenfalls all derjenigen, die Arbeitsmarktpolitik nicht auf ein Nischendasein festlegen wollen.

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Perspektiven haben die Erfahrungen aus Bündnispartnerschaften insbesondere dann, wenn sie Eingang in die regelhafte arbeitsmarktpolitische Förderpraxis findet. Nicht zu allen Anlässen können aufwendige Bündnisstrukturen geschaffen werden. Das wäre weder dem Großteil arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen angemessen noch hätten die Bündnispartner hierfür Zeit und Muße. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften steht nur begrenzt Personal für diese Aktivitäten zur Verfügung.

Die sich im Land Bremen entwickelnde Arbeitsteilung zwischen dem „politischen" Bündnis für Arbeit und Ausbildung (mit seinen vorrangig projektübergreifenden und strategischen Entscheidungen) einerseits und dem Regionalen Beschäftigungsbündnis / Bündnis-Sekretariat (mit seinen operativen und exemplarisch projektbezogenen Aktionen) anderseits ist eine mögliche Antwort, dem Spannungsfeld zwischen dem Anspruch nach Partizipation und notwendiger Praktikabilität gerecht zu werden.

Darüber hinaus müssen die Interessen der unterschiedlichen Akteure noch stärker als bislang auch unterhalb der offiziellen Verbandsebene vor Ort, etwa bei stadtteilbezogenen Interessengemeinschaften von Unternehmern, eingebunden werden.

Für Bremen und Bremerhaven sollen wichtige Elemente aus den Erfahrungen des Regionalen Beschäftigungsbündnisses für die zukünftige Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik im Land Bremen genutzt werden.

  • Die Projektkonzipierung und -implementierung muß noch enger und verbindlicher mit unmittelbar tangierten Akteuren der Branche und dem Projektgebiet abgestimmt werden,

  • die Kooperation mit ihnen gesucht werden.

  • Durch Vernetzung der Projekte unterschiedlicher Partner können Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitsreserven mobilisiert und entwickeltes Know-how transferiert werden.

  • Im Bündnisbeirat des Regionalen Beschäftigungsbündnisses und jetzt im Plenum und in den Arbeitsgruppen des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung in Bremen und Bremerhaven sind hochrangige Entscheidungsträger der verschiedenen Akteursgruppen vertreten. Die Erfahrung zeigt, daß die Diskussion um konkrete Projekte diese Entscheider näher an die differenzierte arbeitsmarktpolitische Wirklichkeit heranführt, als es viele

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    Grundsatzdebatten vermögen. Örtliche Bündnisaktivitäten sollten deshalb immer auch projektbezogen konkret gestaltet werden und sich nicht auf die Setzung von Rahmenbedingungen beschränken.

  • Bündnisstrukturen sind dazu geeignet, das Selbstbewußtsein der einzelnen Projektverantwortlichen zu stärken, sie bekommen ein Feedback von Akteuren außerhalb ihres üblichen Aktionsfeldes. Das Signal, „wir haben Interesse an Ihrer Arbeit und wollen Sie auch in Zukunft begleiten", also nicht nur finanziell, sondern auch ideell fördern, ist nicht zu unterschätzen.

  • Die Erhöhung der Transparenz auf dem Arbeitsmarkt, ein wesentliches Anliegen von Bündnisprojekten, wird zukünftig auch bedeuten, daß Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen öfter über ausschreibungsähnliche Verfahren gesucht werden, um im Wettbewerb die vielversprechendsten Konzeptionen für arbeitsmarktpolitische Problemlösungen zu finden.

  • Die Auswahl arbeitsmarktpolitischer Anbieter wird dabei immer öfter im Diskurs der Akteure erfolgen.

Die im Jahr 2000 beginnende neue ESF-Förderperiode mit ihren den Partnerschaftsgedanken intensiver einfordernden Strukturen (Bildung von regionalen Begleitausschüssen in Ziel-2-Gebieten und von „Entwicklungspartnerschaften" im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL oder die Gewährung von Globalzuschüssen an lokale Initiativen) einerseits und die Neuorganisation der bremischen Arbeitsmarktpolitik (privatrechtliche Organisation operativer Aufgaben der Arbeitsförderung, Profilierung der senatorischen Behörde als strategisch steuernder und Rahmenbedingungen setzender Akteur) andererseits sind geeignete Anlässe, den skizzierten Elementen von Bündnispartnerschaften noch größere Bedeutung für die bremische Arbeitsmarktpolitik zukommen zu lassen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2000

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