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Beispiele für kommunale Beschäftigungspolitik


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Harald Elke
Kommunale Arbeitsmarktpolitik am Beispiel Oberhausen


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1. Das Problem Arbeitslosigkeit gefährdet den sozialen Frieden

Seit mehr als zwei Jahrzehnten haben wir es sowohl auf bundesdeutscher als auch auf europäischer Ebene mit einer steigenden Arbeitslosigkeit zu tun. Zur Zeit sind in Europa über 18 Mio. Menschen arbeitslos, davon ca. 4 Mio. in Deutschland.

Der Verlust einer Erwerbstätigkeit entzieht den Betroffenen die Möglichkeit einer eigenständigen Absicherung ihrer materiellen Existenz. Der Gesellschaft geht das kreative Potential einer ganzen gesellschaftlichen Gruppe verloren. Die Arbeitslosen, denen auch ihr Selbstwertgefühl verlorengeht, werden dadurch einer gesellschaftlichen Teilhabe beraubt. Massenarbeitslosigkeit wird damit zum Nährboden von Entsolidarisierung und bedingt einen schleichenden Legitimationsverlust demokratischer Gesellschaften. Die potentielle Gefahr einer Rechtsradikalisierung darf nicht unterschätzt werden.

Durch den Strukturwandel im Bereich Kohle und Stahl sind in Oberhausen ca. 30.000 Arbeitsplätze verlorengegangen. Nur ein Teil davon konnte bisher durch den Dienstleistungsbereich ausgeglichen werden. Über Vorruhestandsregelungen und Sozialpläne haben wir insbesondere im Arbeiterbereich viele, die noch arbeiten wollten und konnten, in die dauerhafte Arbeitslosigkeit gezwungen und haben deren Töchter und Söhne oftmals einen Einstieg in den Arbeitsmarkt nicht bieten können, weil das Qualifikationsniveau dieser Personengruppe den neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt nicht gewachsen ist.

Die meisten Fachleute gehen davon aus, daß die Dauerarbeitslosigkeit eine immens persönlichkeitszerstörende Komponente hat und deshalb Maßnahmen zur (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt mindestens solange dauern sollten, wie die vorangegangene Arbeitslosigkeit. 10 bis 15 Jahre kommen da schnell zusammen, für die es aber keine Finanzierungsmög-

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lichkeit gibt. Das erklärt auch, warum die einfache Formel „Arbeitslosigkeit + Qualifizierung = Reintegration in den Arbeitsmarkt" insbesondere für den Personenkreis der langzeitarbeitslosen SozialhilfeempfängerInnen wenig erfolgreich ist. Trotzdem muß man die Bedeutung der Qualifizierung immer wieder betonen, weil durch sie das individuelle Risiko der Arbeitslosigkeit gesenkt wird (die Arbeitslosigkeit ist bei Unqualifizierten erheblich höher als bei Qualifizierten).

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2. Die Kommunen tragen zunehmend die Kosten der Arbeitslosigkeit

Die finanziellen Kosten der Arbeitslosigkeit sind immens. Viele Kosten werden bei der Betrachtung kaum einbezogen oder sind nur schwer zu ermitteln, wie beispielsweise die höhere Krankheitsanfälligkeit bei Arbeitslosen und der Vandalismus. Der Kaufkraftverlust und die Einnahmeverluste bei den Steuern und Versicherungssystemen müßten m.E. ebenfalls mehr Augenmerk erhalten. Würden alle gesellschaftlichen Kosten der Arbeitslosigkeit zusammengefaßt werden, so wäre eine Finanzierung von Arbeit z.B. als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) kaum teurer (zumindest gab es immer wieder solche Betrachtungen, die die gesellschaftlichen Kosten der Arbeitslosigkeit zusammenfaßten und die zu diesem Ergebnis kamen).

Aber anstatt einen solchen Ansatz in Angriff zu nehmen, wurden und werden vom Bund die Kosten der Arbeitslosigkeit auf die Kommunen verschoben. Beleg dafür ist der stetige Leistungsabbau beim Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Dies zeigt das Ansteigen der Sozialhilfe in Oberhausen. 1986 betrugen die Sozialausgaben 55,42 Mio. DM, und 1995 waren es mehr als 130 Mio. DM. Trotz dieser schwierigen Situation der Kommunen gibt es von Seiten der Bundesregierung weitere Kürzungserwägungen bei Leistungen für Arbeitslose.

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3. Über eine kommunale Arbeitsmarktpolitik dürfen keine Illusionen bestehen

Wir haben es mit einem gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsdefizit zu tun, das durch eine kommunale/regionale Arbeitsmarktpolitik auch nicht

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annähernd lösbar ist. Dies verdeutlicht die Zahl der Plätze der aktiven Arbeitsmarktpolitik in NRW im Jahr 1992 von ca. 128.000 (ABM ca. 22.000, Fortbildung und Umschulung (FuU) ca. 96.000 und höchstens 10.000 in Landesprogrammen). Demgegenüber gingen allein von August 1992 bis Juli 1993 in NRW 131.700 Arbeitsplätze verloren bei einer Gesamtarbeitslosigkeit von 718.000 (August 1993).

Man muß sich vergegenwärtigen: Es gibt weder europäische Länder noch deutsche oder europäische Regionen, die einen Ausweg aus der Beschäftigungskrise gefunden hätten. Das globale Problem braucht grundsätzliche Lösungsansätze, wie z.B. neue Arbeitsfelder im Umweltschutzsektor, gerechtere Verteilung von Arbeit, sozialverträgliche Flexibilisierung von Arbeit, wie z.B. Job-sharing, Gleitzeitregelungen, wenn sie nicht dazu genutzt werden, zusätzliche Überstunden oder gar Personalabbau durchzusetzen.

Alle diese Aufgaben entziehen sich weitgehend der Einflußnahme der Kommunen. Trotzdem dürfen wir uns nicht mit der Arbeitslosigkeit abfinden. Deshalb sind neben den sogenannten großen Lösungsansätzen auch kleine örtlich- oder regionalbezogene Ansätze wichtig.

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4. Notwendigkeit einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik und die Einhaltung vernünftiger Standards

Die Arbeitslosigkeit hat einerseits einen belastenden finanziellen Effekt für die Kommunen, der Spielräume einengt und dazu führt, daß weniger öffentliche Aufträge vergeben werden können, was nicht im Interesse der Wirtschaft liegen dürfte. Darüber hinaus entsteht ein brisanter hochexplosiver gesellschaftlicher Sprengstoff, wenn weite Teile der arbeitsfähigen Menschen ausgegrenzt werden. Deshalb bleibt keine andere Alternative, als mit den vorhandenen Instrumentarien einer aktiven Arbeitsmarktpolitik die Folgen der Arbeitslosigkeit etwas abzumildern.

Die Versuche, den Standard der tariflichen Bezahlung zu senken, wird für die Kommunen eher negative Folgen haben. Nur die tarifliche Entlohnung ermöglicht eine Unabhängigkeit von der Sozialhilfe. Untertarifliche Bezahlung hat nicht nur den Effekt, daß die Kommunen eine „ergänzende Sozialhilfe" zahlen müssen (Rechtsanspruch), sondern vor allem den Effekt für die Betroffenen, daß sich an ihrer Einkommenssituation nichts

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oder nur sehr wenig ändert. Dies drückt die Motivation zur Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die über eine Qualifizierung eine (Re-)Integration in den „ersten" Arbeitsmarkt anstreben sollten.

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5. Ansätze einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik

Kommunale Arbeitsmarktpolitik sollte zielgruppenbezogen sein. Im folgenden nenne ich die wichtigsten Zielgruppen, für die in Oberhausen Maßnahmenangebote bestehen:

  • Jugendliche (arbeitslose Jugendliche, Jugendliche im Übergang von der Schule zur Berufsausbildung und Jugendliche im Übergang nach der Ausbildung)
    Bei den Maßnahmen für Jugendliche handelt es sich um eine Zukunftsinvestition von großer Bedeutung, denn die Jugendlichen ohne Ausbildung und Arbeit, die nicht aufgefangen werden können, werden langfristig von der Sozialhilfe abhängig sein. Bei den Maßnahmen für Jugendliche hat sich eine abgestimmte Maßnahmenpalette, getragen durch ein Verbundsystem, entwickelt. Insgesamt werden den Jugendlichen zum Stand August 1995 1.382 Plätze in den Bereichen Berufsvorbereitung (314), überbetriebliche Ausbildung (150), Beschäftigung (136) und ausbildungsbegleitende Hilfen (ca. 264) bei verschiedenen Trägern zur Verfügung gestellt.

  • Frauen nach einer Familienphase
    Frauen benötigen besondere Hilfen, um die Hürden zu überwinden, die gegen einen beruflichen Wiedereinstieg entstanden sind. Besondere frauenpolitische Ansätze haben sich bei den Trägern im Bereich der Altenpflege und bei sozialen Diensten entwickelt. Orientierungsmaßnahmen haben eine große pädagogische Bedeutung, weil sie Frauen nach einer Familienphase wieder ans Lernen heranführen. In Oberhausen gibt es neben Qualifikationsangeboten im Bereich Altenpflege und mobile soziale Hilfsdienste auch verschiedene Angebote zur beruflichen Weiterqualifikation im Bereich Bürokommunikation.

  • Langzeitarbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen
    Während kurzfristig Arbeitslose über das Arbeitsamt Angebote zu ABM und FuU erhalten, fallen Langzeitarbeitslose und Sozialhilfe-

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    empfängerInnen weitgehend aus der Arbeitsamtsförderung heraus, weil die Arbeitsämter ABM fast ausschließlich ihrem eigenen Klientel, d.h. den Empfängern von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe, zur Verfügung stellen. Da vor allem diese Gruppe hohe Kosten in der Sozialhilfe verursacht, können durch Qualifizierung und Beschäftigung dieser Zielgruppe Spareffekte erzielt werden.
    Deshalb wurden in Oberhausen die öffentlichen Finanzierungsmöglichkeiten im Landesprogramm „Arbeit statt Sozialhilfe" (AsS) genutzt (ca. 100 Plätze). Darüber hinaus wird das Landesprogramm AQUA (Arbeit und Qualifizierung) für SozialhilfeempfängerInnen (Qualifizierung statt Sozialhilfe, QsS) genutzt. In diesem Programm werden 15 Plätze und zeitweise 30 Plätze angeboten. Außerdem werden derzeit Orientierungsmaßnahmen im Hotel- und Gaststättenbereich für SozialhilfeempfängerInnen durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanzierte Programme angeboten. Als ein zusätzliches kommunales Programm wurde ein kommunales AsS-Programm für 50 Plätze eingerichtet. Lohnkostenzuschüsse werden für ein Jahr in Höhe von 850,-DM monatlich gewährt, wenn die Unternehmen bereit sind. SozialhilfeempfängerInnen einzustellen und nach der Förderung ein Jahr weiterzubeschäftigen.

  • Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte
    Durch den ESF besteht die Finanzierungsmöglichkeit von Qualifizierungsmaßnahmen, die den Strukturwandel begünstigen sollen. Die Zielgruppe der Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit Bedrohten kann über diese sogenannten Ziel-2-Programme gefördert werden. Bisher wurden der Region Oberhausen ca. 72 Mio. DM aus der Ziel-2-Förderung zur Verfügung gestellt.
    Es macht Sinn, diese Qualifizierungsmaßnahmen möglichst wirtschaftsnah zu organisieren, um den Übergang in das Beschäftigungssystem zu erleichtern, denn die ESF-Mittel stehen vorwiegend für eine präventive Arbeitsmarktpolitik des Landes NRW zur Verfügung. Die von Arbeitslosigkeit Bedrohten sollen in ihrem Betrieb von Bildungsträgern so qualifiziert werden, daß eine Weiterbeschäftigung im gleichen oder einem anderen Betrieb möglich ist und damit Arbeitslosigkeit vermieden wird.

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6. Den erreichten Maßnahmebestand absichern

Bei den hier vorgestellten Maßnahmen handelt es sich vorwiegend um Maßnahmeangebote, die sich aufgrund der öffentlichen Finanzierung so in Oberhausen entwickelt haben. Der Rat hat kürzlich bei der Erörterung einer Anfrage zur Beschäftigungsförderung in diesem Zusammenhang festgestellt, daß die Verwaltung ihre „Hausaufgaben" insofern erledigt hat, als sie die vorhandenen Fördermöglichkeiten in der Beschäftigungsförderung voll - und zum Teil über die Quotierungen hinaus - ausgeschöpft hat. Dieser Weg ist also ausgereizt. Auf absehbare Zeit sind bei den öffentlichen Programmen eher Rückführungen als Ausweitungen zu erwarten.

Die beabsichtigten Veränderungen im Arbeitsförderungsrecht werden alle Kommunen zum Umdenken zwingen. Das zukünftige Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wird weniger denn je ein Finanzierungsinstrument kommunaler Arbeitsmarktpolitik sein. Die Kommunen werden deshalb zunehmend eigene Wege der Beschäftigungsförderung gehen müssen, auch in der Finanzierung. Denn es wäre fatal, sich aufgrund der schwieriger werdenden Finanzierungsbedingungen vom Ansatz einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik zurückzuziehen. Die aus der Arbeitslosigkeit resultierenden sozialen Probleme würden unwillkürlich zunehmen.

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7. Für eine kommunale Beschäftigungsförderung werden zukünftig mehr kommunale Mittel aufzuwenden sein

Das Land NRW wird die Kürzungen im AFG nicht ausgleichen können. Im Gegenteil: trotz des relativ hohen Stellenwertes der Arbeitsmarktpolitik sind bei der Landesförderung wegen der Finanzierungsprobleme auf Landesebene Konsolidierungsmaßnahmen zu erwarten. Der kommunale Anteil der Finanzierung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wird in dem Maße zunehmen müssen, in dem sich Bund und Länder zurückziehen.

Deshalb müssen neben den verstärkten finanziellen Anstrengungen der Kommune neue finanzielle Ressourcen eröffnet werden. Eine realistische Möglichkeit stellt die Verzahnung von Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik dar. Damit dies nicht nur ein Schlagwort bleibt, muß der Konsens von Kommune und örtlicher Wirtschaft erreicht werden.

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Es ist unwahrscheinlich, daß in der Beschäftigungsförderung nennenswerte Fortschritte erzielt werden können, ohne dafür entsprechende kommunale Finanzmittel bereitzustellen.

Im Unterausschuß Beschäftigungsförderung hat man darauf bereits reagiert und ein zusätzliches kommunales AsS-Programm sowie ein kommunales Lohnkostenzuschußprogramm angeregt.

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8. Neue Wege/Perspektiven

Bei einem größeren Engagement der Kommune in der Beschäftigungsförderung und einem höheren finanziellen Einsatz wird die Relation von Mitteleinsatz und Effekten genau zu bewerten sein. Damit die Effekte möglichst hoch ausfallen, sollte auch über neue Wege nachgedacht werden.

Dabei sind insbesondere jene Ansätze interessant, die auf der anderen Seite zu Einsparungen führen oder zumindest keine verstärkten kommunalen Ausgaben zur Folge haben. Ich denke hierbei einerseits an die Einsparungen bei der Sozialhilfe, die für jeden einzelnen erzielt werden, der Arbeit bekommt. Allerdings muß das Arbeitsplatzangebot für diese Zielgruppe erhöht werden. Eine Möglichkeit ist es, bei städtischen Aufträgen vermehrt arbeitslose Sozialhilfeempfänger einzubeziehen. Tabus, wie die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften und eine entsprechende Auftragsvergabe oder die Einbeziehung der gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung, müssen beiseite geschoben werden, wenn die Beschäftigungsförderung in Oberhausen qualitative Schritte nach vorn machen soll. Dies schließt ein Nachdenken über neue Organisationsformen der Beschäftigungsförderung mit ein.

Es mangelt in unserer Gesellschaft nicht an Arbeit, sondern daran, notwendige und sinnvolle Arbeit zu bezahlen. Ich will einige Beispiele von sinnvoller und notwendiger Arbeit nennen:

Umweltschutz

  • Bodenentsiegelung,

  • Flächenaufbereitung,

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  • Renaturierung (die Renaturierung der Emscher ist eine arbeitsintensive Aufgabe für mehrere Jahrzehnte),

  • Recycling in vielen Bereichen, wie z.B. Plastik, Elektronikschrott, Automobilrecycling, intensivere Wertstoffsammlung und -rückführung,

  • weitere Anlage und Pflege von Biotopen (Beispiele: Weierschule und Schönefeld).

Urbane Strukturverbesserungen

  • Verbesserung des Radwegenetzes,

  • Anlage und Pflege von neuen Parks und Kinderspielplätzen,

  • Dach- und Innenhofbegrünungen,

  • Serviceleistungen für Radfahrer, z.B. bewachtes Parken in der Innenstadt und am Bahnhof,

  • zusätzlicher Wohnungsbau unter Einbeziehung von Qualifizierung und Beschäftigung,

  • multikulturelle Kleingartenanlagen.

Soziale Strukturverbesserungen

  • Verbesserung der Betreuung bestimmter Zielgruppen, insbesondere neue kostengünstigere Formen in der Altenarbeit,

  • Wohnungsrenovierungen für SozialhilfeempfängerInnen,

  • Versorgung von SozialhilfeempfängerInnen mit Kleidung und Hausrat,

  • verstärkte Versorgung der Bevölkerung mit Kultur und Freizeitangeboten.

Einige dieser Ansätze sind bisher daran gescheitert, daß sich das Handwerk und der Handel dagegen gewehrt haben. Das Argument, daß ein Verlagern öffentlicher Aufträge in einen zweiten Arbeitsmarkt neue Arbeitslosigkeit produziert, sollte zwar sehr ernst genommen werden. Es müssen aber auch im Konsens mit der Wirtschaft Spielräume für Versuche und Modelle geschaffen werden, um so zu neuen Beschäftigungsfeldern für SozialhilfeempfängerInnen zu kommen. Im übrigen sieht beispielsweise das Konzept

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der Sozialen Betriebe vor, daß die Bezuschussung eines Sozialen Betriebes degressiv abnimmt und am Ende ein konkurrenzfähiger Betrieb stehen soll. Und Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Das Konzept der Sozialen Betriebe stammt aus Niedersachsen, wo es seit einigen Jahren angewandt wird. Meist handelt es sich um Serviceangebote von SozialhilfeempfängerInnen für SozialhilfeempfängerInnen, wie z.B. recycelte Möbel, Elektrogeräte u.ä. Die Sozialen Betriebe sind in die Koalitionsvereinbarungen in NRW aufgenommen worden, und es bleibt noch abzuwarten, wie die entsprechenden Programme umgesetzt werden.

Viele der genannten Aufgaben könnten durch ABM finanziert werden. Aber zum einen wurden ABM-Mittel immer wieder gekürzt und zum anderen hat sich ABM immer mehr zu einem Instrument entwickelt, das nahezu ausschließlich den Leistungsempfängern der Arbeitsverwaltung zur Verfügung steht und nicht denen, die nur von Sozialhilfe abhängig sind. Einige der Beispiele verursachen nicht nur neue Kosten, sondern helfen, alte Kosten zu sparen, wie z.B. neue Formen ambulanter Altenpflege statt teurer Heimunterbringung oder die Verhinderung von Kosten in der Justiz und im Strafvollzug durch eine verbesserte präventive Betreuung oder Wohnungsbau unter Einbeziehung der Zielgruppen statt der teuren Anmietung von Hotels und Containern und der teuren Unterhaltung von Wohnraum für Obdachlose.

Da diese Spareffekte oft nur schwer zu berechnen sind und zeitverzögert eintreten, ist noch viel Überzeugungsarbeit notwendig, angesichts leerer Kassen auf diese Weise in die Zukunft zu investieren. Trotzdem bleibt der Slogan richtig: Es ist sinnvoller, Arbeit anstatt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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