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TEILDOKUMENT:

Beispiele für kommunale Beschäftigungspolitik


[Seite der Druckausg.: 31 ]


Gerd Ackermann
Stadt Krefeld: Zentralstelle für Beschäftigungsförderung


In vielen Städten Nordrhein-Westfalens ist kommunale Beschäftigungsförderung, wie insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland, zu einem zentralen Aufgabengebiet geworden.

Damit reagieren die Kommunen insbesondere auf zwei Bedingungsfaktoren:

  1. Ein wesentliches Merkmal des derzeitigen Strukturwandels ist die Verfestigung und Ausweitung der Langzeitarbeitslosigkeit. Nach Ansicht vieler Experten werden Verbesserungen im konjunkturellen Bereich und wirtschaftliches Wachstum auch mittelfristig nicht dazu führen, die Arbeitsmarktlage für diese Personengruppe entscheidend zu entspannen.

  2. Die Spar- und Konsolidierungsprogramme des Bundes im Bereich des Arbeitsförderungsgesetzes bedingen eine nicht unerhebliche Überwälzung der durch Arbeitslosigkeit entstehenden Kosten der öffentlichen Hand auf die Kommunen. Dies führt zu entsprechenden Steigerungen der Sozialhilfeaufwendungen der Gebietskörperschaften.

Diese Situation trifft in besonderer Weise auch auf Krefeld zu und hat u.a. das Land veranlaßt, Teile der Stadt mit in die ProRegio Gebietskulisse aufzunehmen.

Vor diesem Hintergrund hatte eine Projektgruppe im Rahmen eines Krefelder Mitarbeiterprojektes der Verwaltung „Mitarbeiter/innen gestalten ihre Verwaltung und senken Kosten" Anfang 1994 die Aufgabe, das Problem für Krefeld zu analysieren und einen geeigneten Vorschlag zu machen, wie dem dramatischen Anstieg der Sozialhilfefälle entgegengewirkt werden kann.

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Die kommunale Zentralstelle in der Verwaltung für Qualifizierung und Beschäftigung (Bezeichnung: „Zentralstelle für Beschäftigungsförderung/ZFB") wurde - der Empfehlung der Projektgruppe folgend - zum 1.9.1994 eingerichtet. Wegen der besonderen Bedeutung der Angelegenheit ist sie dem unmittelbaren Stabsbereich des Oberstadtdirektors zugeordnet.

Die Zentralstelle hat die Aufgabe, beschäftigungsfördernde Initiativen in den Bereichen Soziales, Bildung, Jugend und Gleichstellung zu entwickeln und mit Aspekten der Stadtentwicklung, der Wirtschaftsförderung und des Umweltschutzes zu verknüpfen. Sie hat über die zuvor genannten Aufgaben hinaus einen Schwerpunkt in der verstärkten Einwerbung von Fördermitteln und der möglichen Verknüpfung von Förderprogrammen der EU, des Bundes und des Landes. Des weiteren obliegt ihr die - auch personalwirtschaftliche - Abwicklung aller Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Stadt Krefeld.

Mitte 1995 hat sie auch die Aufgaben des Regionalsekretariates in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Krefeld für die neu eingerichtete Arbeitsmarktregion „Kreis Viersen/Stadt Krefeld" übernommen.

Die Zentralstelle ist mit vier Personalstellen ausgestattet. Zusätzlich werden zur Zeit 14 Mitarbeiter/innen mit zeitlich befristeten Verträgen eingesetzt, die in den EU- bzw. landeskofinanzierten Projekten zu 100%, über ABM bzw. über Lohnkostenzuschüsse anteilig refinanziert werden.

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Aktivitäten der Zentralstelle für Beschäftigungsförderung

Die ZFB hat seit ihrer Einrichtung die unten aufgeführten Aktivitäten zur Beschäftigungsförderung entwickelt und in Zusammenarbeit mit Fachämtern der Verwaltung und anderen arbeitsmarktpolitischen Akteuren realisiert. Leitlinien des Handelns sind dabei:

  • Eine möglichst intensive Zusammenarbeit mit dem 1. Arbeitsmarkt, insbesondere mit dem Handwerk und Klein- und Mittelbetrieben, damit im Anschluß an Qualifizierungsmaßnahmen Einstellungen auch realisiert werden können.

  • Die Einbeziehung möglichst vieler Qualifizierungsträger aus der bestehenden Trägerlandschaft. Hier konnte eine gute und erfolgversprechen-

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    de Zusammenarbeit mit der Tertia GWb, der Volkshochschule, den beruflichen Schulen sowie den Bildungszentren des Bauhandwerks erreicht werden.

  • Eine möglichst hohe Berücksichtigung von Sozialhilfeempfängern/innen in allen Aktivitäten der ZFB, um für diese Zielgruppe einen Übergang in den Arbeitsmarkt zu erreichen.

  • Eine enge und gute Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt Krefeld; dies konnte u.a. über eine modellhafte Vereinbarung zwischen der Stadt Krefeld und dem Arbeitsamt Krefeld über die Einbeziehung von Sozialhilfeempfängern/innen in Maßnahmen der Arbeitsverwaltung dokumentiert werden.

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Projekte, die von der Zentralstelle für Beschäftigungsförderung in Kooperation mit anderen Ämtern und (Bildungs-)lnstitutionen durchgeführt werden

Die ZFB hat für 214 Teilnehmer/innen (davon 106 Teilnehmer/innen, die zuvor Sozialhilfe bezogen) in der Regel EU- bzw. landeskofinanzierte Bildungsprojekte eingerichtet. Diese wenden sich im wesentlichen an die Zielgruppen Jugendliche, Berufsrückkehrerinnen sowie Langzeitarbeitslose. Sie beinhalten Orientierungs-, Qualifizierungs- und Beschäftigungsphasen.

Die Spannbreite reicht von „Arbeiten und Lernen" für Jugendliche über Qualifizierungsprojekte für Frauen im Bereich „Ausbildung zur staatlich geprüften Kinderpflegerin" sowie „Bürokommunikation", dem Angebot von sozialpädagogisch betreuten „Einzelumschulungen" im Handwerk sowie im Dienstleistungsbereich für Langzeitarbeitslose bis zu Qualifikationen im Bauhaupt- und Baunebengewerbe im Rahmen eines Umbauprojektes stadtbildprägender Gebäude zu einer Kindertagesstätte unter Mitförderung des Städtebauministeriums.

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Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

Die ZFB konnte in Zusammenarbeit mit anderen städtischen Ämtern 1995 im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ca. 500 Einsatzmöglich-

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keiten (150 mehr als in den Jahren zuvor) anbieten. Aufgrund einer Vereinbarung der Stadt Krefeld mit dem Gesamtpersonalrat sowie der Gewerkschaft ÖTV werden Beschäftigte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Stadt Krefeld in der Regel zu 90% der vorgesehenen tariflichen Vergütung entlohnt. Diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind mit einer Qualifizierung von 10% der Gesamtarbeitszeit versehen. Die Qualifizierungsmaßnahmen werden über die ZFB organisiert.

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Informations- und Beratungssystem für Sozialhilfeempfänger/innen

Die ZFB hat in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt (Sachgebiet „Hilfe zur Arbeit") ein Informations- und Beratungssystem mit dem Ziel aufgebaut, die Chancen für Sozialhilfeempfänger/innen auf dem 1. Arbeitsmarkt zu verbessern.

Alle neuen Antragsteller/innen für Sozialhilfe führen obligatorisch im Sachgebiet „Hilfe zur Arbeit" ein Informations- und Beratungsgespräch. Hierbei können für den Sozialhilfeträger Stadt Krefeld wichtige Informationen über die individuellen Möglichkeiten zur Reintegration der Antragsteller gewonnen sowie auf weitere Beratungsangebote verwiesen werden. Für diese intensivere Informations- und Beratungstätigkeit wurden dem Fachbereich „Hilfe zur Arbeit" AFG- bzw. AFG-plus-geförderte Fachkräfte zusätzlich zur Verfügung gestellt. Die Erhebung der Daten erfolgt in enger Abstimmung mit der Arbeitsverwaltung.

Den ganz oder teilweise dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Antragsteller/innen wird die Teilnahme an einer „Maßnahme der Arbeitsberatung" (MdA) sowie an nachfolgenden Feststellungsmaßnahmen angeboten. Ziel der MdA's und Feststellungsmaßnahmen ist, dem arbeitslosen Sozialhilfeempfänger weitere Beratungs- und Informationssituationen zu bieten sowie ein Bewerbungstraining durchzuführen.

In die MdA's empfohlene Sozialhilfeempfänger/innen, die dieses Angebot nicht annehmen, werden vom Fachbereich „Hilfe zur Arbeit" zu einem erneuten Beratungsgespräch eingeladen. Sollte diese Person keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe geltend machen, werden vom Fachbereich „Hilfe zur Arbeit" weitere Schritte nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) eingeleitet.

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Dieses System wurde zum Mai 1995 eingerichtet. Bisher haben 122 Sozialhilfeempfänger/innen ihren Antrag auf Sozialhilfe nicht aufrechterhalten, nachdem sie mit diesem Angebot konfrontiert wurden.

229 Personen haben bisher an einer „Maßnahme der Arbeitsberatung" teilgenommen, 49 an einer nachlaufenden Feststellungsmaßnahme. Darüber hinaus konnten durch das Informations- und Beratungssystem in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt Krefeld insgesamt 80 Personen in weitere Qualifizierungs- bzw. Umschulungsmaßnahmen oder direkt in Arbeit vermittelt werden.

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Gewährung von Lohnkostenzuschüssen aus Sozialhilfeleistungen an Arbeitgeber

Zugleich wurden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt Richtlinien für die Gewährung von auf ein Jahr befristeten Lohnkostenzuschüssen für Arbeitgeber in Höhe der durchschnittlich aufgewendeten individuellen Sozialhilfe erarbeitet. Der Lohnkostenzuschuß wird von der Stadt Krefeld für die Dauer von einem Jahr für Beschäftigungsverhältnisse gezahlt, die in eine Dauerbeschäftigung übergehen (in der Regel jedoch mindestens 18 Monate betragen sollen). Eine Probezeit wird eingeräumt. Die Entlohnung soll ortsüblich sein bzw. den tariflichen Vorschriften entsprechen.

Diese neu geschaffene Möglichkeit ist von den Arbeitgebern der Region gut angenommen worden. Insgesamt konnten 61 Sozialhilfeempfänger/innen in lohnkostenzuschußgeförderte Arbeitsverhältnisse überwechseln. Weitere Beschäftigungsverhältnisse sind von Arbeitgebern der Region nachgefragt.

Insgesamt haben die oben skizzierten unterschiedlichen Ansatzmöglichkeiten, Sozialhilfeempfänger/innen in den 1. Arbeitsmarkt zu reintegrieren, in 1995 dazu geführt, daß trotz einer steigenden Anzahl von Sozialhilfeempfänger/innen die monatlichen Aufwendungen im Bereich Hilfe zum Lebensunterhalt stabilisiert werden konnten.

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Ausbau der Aktivitäten

Das Informations- und Beratungssystem für Sozialhilfeempfänger/innen soll stärker als bisher auch den seit längerer Zeit Sozialhilfe beziehenden Personenkreis berücksichtigen. Über die bestehenden ca. 115 Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen des Landesprogrammes „Arbeit statt Sozialhilfe" sowie Arbeitsverhältnissen nach § 19 BSHG hinaus wird die Ergänzung um ein kommunales Programm „Arbeit statt Sozialhilfe" zur Zeit geprüft.

Im Bereich der Projekte sollen bewährte Maßnahmen fortgeschrieben sowie verstärkte Bemühungen in den Bereichen „Flächenrecycling" sowie „Ökologisch-pädagogische Umgestaltung von Kinderspielplätzen" unter Kofinanzierung der beteiligten Landesministerien erreicht werden.

Inwieweit die bevorstehenden/geplanten Änderungen im Bereich des BSHG sowie des AFG hier Möglichkeiten des weiteren Ausbaues lassen, bleibt abzuwarten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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