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Klaus Schalkhäuser
Ein Modell zur Neugestaltung der Arzthonorierung in der vertragsärztlichen Versorgung




Die Ausgangslage

Durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 wurden im vertragsärztlichen Bereich unseres Gesundheitssystems zukunftsorientierte, strukturverändernde Aufgaben gestellt, deren Lösungen sich schwierig gestalten, da die Auffassungsunterschiede der daran Beteiligten stark differieren und bereits zu sichtbarer innerärztlichen Polarisierung geführt haben.

Der Gliederungsauftrag in eine definierte hausärztliche und fachärztliche Versorgungsebene (§ 73 SGB V) mit Einführung einer hausärztlichen Grundvergütung (§ 87 SGB V) war nicht geeignet, einen Dissens zwischen den Hausärzten und einigen fachärztlichen Berufsverbänden zu vermeiden. Die Laborreform, die die notwendigen Finanzmittel für die hausärztliche Grundvergütung freisetzen sollte, mit Zuweisung arztgruppenspezifischer Budgets zum 1. April 1994 sowie die sogenannte „kleine" EBM-Reform im Bereich der sprechenden Medizin zum 1. Oktober 1994, hatten einen spürbaren Umverteilungseffekt fachärztlicher Honoraranteile in die hausärztliche Vergütung zur Folge.

Von besonderer Bedeutung ist der Auftrag des Gesetzgebers in § 87 Abs. 2a SGB V, wonach die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgeführten Leistungen zu Leistungskomplexen zusammenzufassen sind und Einzelleistungsvergütungen nur noch vorgesehen werden können, soweit dies medizinisch erforderlich ist.

Ein erstes Konzept des Vorstandes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Umsetzung dieser Vorgabe scheiterte, ein modifiziertes Modell wurde im Dezember 1994 durch die Vertreterversammlung der KBV positiv beurteilt und im Mai 1995 verabschiedet. Ob dieser EBM-Reform 1995 in dieser Form seitens der Spitzenverbände der Krankenkassen zugestimmt wird, darf nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen im Arbeitsausschuß durchaus begründet bezweifelt werden. Zwar sind

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pauschal zu vergütende Komplexe in Form unterschiedlicher Module gebildet worden, sie entsprechen aber keineswegs durchgehend den für die einzelnen Fachgruppen ablaufbezogenen bzw. verfahrenswerten Leistungskomplexen medizinischer Prozeduren. Darüber hinaus ist zu befürchten, daß durch eine laufradähnliche Mengenausweitung bei den verbleibenden Einzelleistungen ein dramatischer Punktwertverfall eintritt.

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EBM-Modell „Urologie"

Das Präsidium des Berufsverbandes der Deutschen Urologen (BDU) hat sich frühzeitig mit dieser Entwicklung auseinandergesetzt und ein alternatives Modell für eine EBM-Reform entwickelt, das nicht nur die Vorgaben des Gesetzgebers umsetzt, sondern auch beiträgt, einen nicht kalkulierbaren Punktwertverfall, der nicht nur Folge eines gedeckelten Budgets und der Arztdichte ist, sondern auch durch bisweilen medizinisch nicht begründbare Leistungsausweitung zur ökonomischen Verbesserung der Praxissituation ausgelöst wird, zu minimieren.

Das Kernstück dieses Modells ist die Bildung von Symptom- und diagnosebezogenen Pauschalen unter Einschluß von Einzelleistungsvergütung mit Budgetobergrenze für spezielle ärztliche Kernleistungen sowie ablaufbezogene Leistungskomplexe. Diese Idee folgt den Vorgaben der Sonderentgelte und Fallpauschalen in der stationären Krankenversorgung, aber auch Grundsätzen der Prävention sowie Auflagen bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Prävention mit gesetzlicher Grundlage hat vorgeschriebene Handlungsabläufe, Fallpauschalen und Sonderentgelte im Krankenhaus sind Festlegungen, wie im einzelnen Fall verfahren werden soll, und ein vergleichbares Verfähren gilt bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit, wenn ein rechtsmittelfähiger Bescheid erteilt werden muß.

Nach ärztlichem Grundsatz gelangt man üblicherweise vom Symptom zur Diagnose und von der Diagnose zur Indikation, der notwendigen Behandlungsart. Symptompauschalen dieses Modells enthalten obligate, also stets zu erbringende Leistungen, und fakultative, also medizinisch begründbare Leistungen. Die Inhalte dieser Symptom- und Indikationskomplexe werden definiert durch ärztlichen Sachverstand. Dieses Vorgehen mit vorgegebenen Leitlinien für Diagnostik und Therapie bietet nicht nur Vorteile

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für systematisierte Diagnoseverfahren, eine reproduzierbare Qualitätssicherung sowie eine schnelle Reaktionsmöglichkeit sich verändernder diagnostischer und therapeutischer Verfahren, sondern ermöglicht eine wirtschaftliche Leistungserbringung durch Förderung unterschiedlicher Kooperationsformen in der Praxisausübung bei vorauskalkulierbarem Arzteinkommen.

Die finanzielle Bewertung dieser Komplexe erfolgt auf der Basis betriebswirtschaftlicher Ergebnisse einer bereits vorliegenden betriebswirtschaftlichen Analyse urologischer Praxen. Das EBM-Modell „Urologie" läßt Rationalisierungsgewinne für die Fachgruppe erwarten. Nach geltendem EBM-Recht würden alle anderen Arztgruppen davon profitieren. Insofern muß das Budget der Urologen aus dem Gesamtbudget der vertragsärztlichen Versorgung ausgegliedert werden. Als Vertragspartner für dieses Modellvorhaben bieten sich der Berufsverband unter dem „Dach" der KBV und die Krankenkassenverbände an.

Der Berufsverband der Deutschen Urologen ist von der Richtigkeit seines Beitrages zur Reform der Arzthonorierung überzeugt, da Politik, Krankenkassenverbände und Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen vergleichbare Reformschritte für eine finanzierbare Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung auf hohem Niveau über das Jahr 2000 hinaus entwickelt und jüngst vorgestellt haben.

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© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2000

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