FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:

[Seite der Druckausg.: 38 = Leerseite]

[Seite der Druckausg.: 39 ]


Arbeitsgruppe I: Ansätze und Konzepte beruflicher Bildung in strukturschwachen Gebieten
- Statement -


Gerhard Prosche
Ausbildungsverbund im Handwerk: Gemeinsame Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher im überbetrieblichen Ausbildungszentrum und Handwerksbetrieben - BIBB-Modellversuch


Das Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) Rudolstadt-Schwarza der Handwerkskammer Ostthüringen Gera wurde am 23.11.1990 gegründet und seit diesem Zeitpunkt mit Unterstützung des Bundes und des Landes zu einer modernen handwerklichen Bildungseinrichtung ausgebaut.

Für Bildungsmaßnahmen in den Berufsfeldern

  • Metalltechnik
  • Elektrotechnik
  • Bautechnik
  • Holztechnik
  • Kaufmännische Berufe
  • Textil- und Gebäudereinigung und
  • Umwelttechnik

stehen insgesamt 350 Praxisplätze und 300 Theorieplätze sowie 120 Internatsplätze zur Verfügung.

In diesen Berufsfeldern führt das BTZ

  • Lehrgänge der Überbetrieblichen Lehrunterweisung für Lehrlinge aus Handwerksbetrieben,
  • Meisterlehrgänge
  • Lehrgänge zum „Betriebswirt des Handwerks"
  • Umschulungen und Fortbildungslehrgänge

durch.

[Seite der Druckausg.: 40 ]

Seit Gründung des BTZ werden jährlich mehrere Lehrlingsklassen in Form der überbetrieblichen Berufsausbildung nach § 40 c des AFG ausgebildet und Förderungslehrgänge für benachteiligte Jugendliche durchgeführt.

Die dabei gesammelten Erfahrungen führten zur Erarbeitung und Beantragung des Modellversuches „Ausbildungsverbund im Handwerk: Gemeinsame Berufsausbildung benachteiligter Jugendlicher im überbetrieblichen Ausbildungszentrum und Handwerksbetrieben." [Fn.1: Die Durchführung dieses Modellversuches ist beim Bundesinstitut für Berufsbildung beantragt. Wir hoffen auf eine positive Entscheidung. Die Erarbeitung des Konzeptes wurde wissenschaftlich vom „Institut für berufliche Bildung Arbeitsmarkt und Sozialpolitik GmbH i.G." begleitet. Für die Hilfe und Unterstützung möchten wir Herrn Christoph Eckhardt, Verantwortlicher Leiter der wissenschaftlichen Begleituntersuchung, besonders danken.]

Dieser Modellversuch hat folgende Zielstellung und innovative Schwerpunkte:

1. Ausgangssituation, Problem bzw. Defizitbeschreibung

Die Zielgruppe des Modellversuchs sind „benachteiligte Jugendliche" wie

  • lernbeeinträchtigte Auszubildende
  • sozial benachteiligte Auszubildende
  • ausländische Auszubildende
  • jugendliche Spätaussiedler.

Die berufliche Ausbildung dieser Jugendlichen erfolgt fast ausschließlich in überbetrieblichen Bildungseinrichtungen nach § 40 c Abs. 2 des AFG.

Sie haben auch in den neuen Bundesländern fast keine Chancen, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu erhalten.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, daß der nach § 40 c Abs. 2 vorgesehene Übergang von der überbetrieblichen in die betriebliche Ausbildung nur bei einem Teil der Jugendlichen erfolgreich ist. Auch die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses nach abgeschlossener überbetrieblicher Berufsausbildung gestaltet sich schwierig.

[Seite der Druckausg.: 41 ]

Das Handwerk hat sich in den neuen Bundesländern zum bedeutendsten Wirtschaftsfaktor entwickelt. Das zeigt sich auch in der jährlich steigenden Zahl an Ausbildungsplätzen in handwerklichen Betrieben. Der Grundgedanke des Modellversuches ist es, durch eine Verbundausbildung zwischen dem überbetrieblichen Berufsbildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer und den Handwerksbetrieben weitere zusätzliche Ausbildungskapazitäten im Handwerk zu erschließen und für die genannten Jugendlichen zu nutzen. Gleichzeitig soll damit eine praxisrelevantere und damit den Ausgangsbedingungen der Jugendlichen besser entsprechende Gestaltung der Berufsausbildung erreicht werden.

Durch die gemeinsame Gestaltung der Ausbildung können die Vorteile einer planmäßigen und systematischen beruflichen Grundqualifizierung im BTZ mit den Vorzügen einer realitätsnahen Ausbildung in den Betrieben verbunden werden. In dieses Konzept soll die Berufsschule mit eingebunden werden.

In diesem MV soll - im Unterschied zur bisherigen, wenig erfolgreichen Praxis - der Übergang in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis nicht zu einem festgelegten Termin nach dem ersten Ausbildungsjahr erfolgen. Vielmehr wird eine überbetriebliche Ausbildung mit zunehmenden betrieblichen Anteilen angestrebt, in deren Verlauf der Wechsel des Ausbildungsverhältnisses zeitlich flexibel geschehen kann.

2. Ziele und innovatives Konzept des Modellversuches

Die Ausgangshypothese lautet:

Durch eine Ausbildung im Verbund zwischen überbetrieblichem Berufsbildungs- und Technologiezentrum und Betrieben unter Beteiligung der Berufsschule lassen sich zusätzliche Ausbildungskapazitäten in Handwerksbetrieben gezielt für die berufliche Integration benachteiligter Jugendlicher und junger Erwachsener nutzen.

Durch eine kooperative und verzahnte Ausbildung benachteiligter Jugendlicher in anerkannten Ausbildungsberufen nach § 25 HWO lassen sich im Vergleich zur bisherigen handwerklichen Berufsausbildung und im Ver-

[Seite der Druckausg.: 42 ]

gleich zur bisherigen Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen nach § 40 c AFG größere Ausbildungserfolge erzielen.

Kernpunkte des Modellversuches sind

  • die konzeptionelle Gestaltung des Übergangs in die betriebliche Ausbildung in Form von überbetrieblich begleiteten betrieblichen Ausbildungsphasen,

  • die Begleitung und Beratung der betrieblichen Ausbildungsbeauftragten,

  • die Koordination der inhaltlichen Kooperation der beteiligten Bildungsinstitutionen BTZ, Betrieb, Berufsschule und

  • die konzeptionelle Gestaltung der sozialpädagogischen Begleitung des Übergangs von überbetrieblicher in betriebliche Ausbildung und nach abgeschlossener Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis.

Der Modellversuch beabsichtigt, ein integratives und verzahntes Ausbildungskonzept für benachteiligte Jugendliche „aus einem Guß" zu erproben, in dem die Elemente Ausbildungsvorbereitung, überbetriebliche Ausbildung nach § 40 c AFG einschließlich handwerkstypischer überbetrieblicher Lehrunterweisung, ausbildungsbegleitende Hilfen nach § 40 c AFG miteinander verbunden werden und auch mit der Berufsschule kooperativ verzahnt werden.

Einschließlich einer einjährigen Ausbildungsvorbereitung zum Beispiel im Förderungslehrgang sowie einer dreijährigen Lehrzeit werden insgesamt vier Jahre genutzt. Die Ausbildung in einer handwerkseigenen Einrichtung soll von Anfang an die Integration der Auszubildenden in das Handwerk fördern und die Verantwortung des Handwerks für die Ausbildung und Beschäftigung benachteiligter Zielgruppen steigern.

Ziel ist es, einen vollen Berufsabschluß zu erreichen und nicht die Ausbildung zum Beispiel mit einer Helferqualifikation zu beenden. Es ist vorgesehen, den Modellversuch mit der Ausbildung in den Berufen Maurer und Gas-/Wasserinstallateur durchzuführen.

Der Erfolg dieses Konzeptes soll sich in Form

  • zusätzlicher Ausbildungsplätze in Handwerksbetrieben,

  • einer Senkung von Ausbildungsabbrüchen,

[Seite der Druckausg.: 43 ]

  • erhöhtem Ausbildungserfolg (Prüfungsergebnisse),

  • erhöhter Übergangsquoten in betriebliche Ausbildung,

  • langfristiger Absicherung der Arbeitsplätze nach Beendigung der Ausbildung

niederschlagen.

Im Unterschied zum Modellversuch „Curriculare Materialien für die handwerksbetriebliche Berufsausbildung lernbeeinträchtigter Jugendlicher" der Handwerkskammer Mittelfranken bezieht sich dieser MV auf die Zielgruppe derjenigen benachteiligten Jugendlichen nach § 40 c AFG, die laut DA „aufgrund ihrer schulischen Defizite oder sozialer Schwierigkeiten auch mit ausbildungsbegleitenden Hilfen noch nicht in einem Betrieb ausgebildet werden können'' [Fn.2: Dienstblatt der Bundesanstalt für Arbeit. Dienstblatt Runderlaß 91/91 vom 19.6.91 -§ 4 DA 4.11.] und deshalb einer intensiven Förderung während einer Berufsausbildung in einer überbetrieblichen Einrichtung bedürfen (DA 4.11).

3. Arbeitsschwerpunkte für die erfolgreiche Durchsetzung des Modellversuches

Im folgenden werden die wesentlichen Schwerpunkte des Modellversuches ausgehend vom derzeitigen Arbeitsstand kurz dargestellt:

3.1 Im Mittelpunkt steht die Verzahnung zwischen überbetrieblicher Ausbildung im BTZ und der betrieblichen Ausbildung. Während in der Ausbildungsvorbereitung und im 1. Ausbildungsjahr vorwiegend überbetriebliche Phasen im BTZ stattfinden, sollen in dem 2. Ausbildungsjahr betriebliche Phasen zunehmend stärkeres Gewicht bekommen. Im Unterschied zur herkömmlichen Praxis in der ..Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen" (BüE) nach § 40 c AFG, die den Berufsausbildungspraktika oft nur die Funktion „Betriebsrealität kennenlernen" zuweist, soll hier von vornherein ein mit den Betrieben abgestimmtes Gesamtcurriculum entwickelt werden. Die betrieblichen Phasen erhalten - neben realitätsgerechtem, auftragsbezogenem Arbeiten - die Funktion,

[Seite der Druckausg.: 44 ]

diejenigen Qualifizierungsinhalte anwendungsorientiert zu erweitern und zu vertiefen, die sich am besten unmittelbar im Arbeitsprozeß erwerben lassen. Gleichzeitig soll mit diesen Phasen der Übergang in ein betriebliches Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnis vorbereitet werden.

In den überbetrieblichen Phasen bedeutet dies, Ausbildungskonzepte und Methoden zu erproben, die Theorie und Praxis miteinander verzahnen, sehr stark handlungs- und anwendungsorientiert sind und auf diese Weise nicht nur den betrieblichen Anforderungen möglichst nahe kommen, sondern auch besonders gute Voraussetzungen zur Förderung von Motivation und Lernen bieten.

Für die betriebliche Phase bedeutet dies, daß Lerninhalte anhand von Lern- und Arbeitsaufträgen erworben werden, auf schon vorhandene Qualifikationen aufbauen, diese erweitern und vertiefen.

Hierzu bedarf es der Ausgestaltung betrieblicher Lern- und Arbeitsaufträge, die den spezifischen Lernmöglichkeiten und Lernanforderungen benachteiligter Jugendlicher gerecht werden.

Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn auch die betrieblichen Ausbildungsphasen vom Ausbildungsteam des BTZ geplant, begleitet und unterstützt werden.

Dabei ist zum Beispiel gemeinsam festzulegen,

  • welche Voraussetzungen durch die überbetriebliche Ausbildung hierfür zu schaffen sind,
  • wie die Auszubildenden auf die Aufträge im Betrieb vorbereitet werden,
  • welchen Grad von Selbständigkeit die Auszubildenden in der jeweiligen betriebliche Phase erreichen sollen,
  • in welcher Form fachliche Anleitung durch den Betrieb stattfindet, welche Unterstützung hierzu durch das Berufsbildungszentrum zu leisten ist.

3.2 Eine erfolgreiche und aufeinander aufbauende bzw. sich ergänzende Durchführung betrieblicher und überbetrieblicher Ausbildungsphasen kann nur erreicht werden, wenn neben abgestimmten Lernzielen auch die

[Seite der Druckausg.: 45 ]

didaktisch-methodische und pädagogische Gestaltung beider Phasen aufeinander abgestimmt sind. Die Qualifizierung der Auszubildenden wird in den Handwerksbetrieben meist von Gesellen übernommen. Diese verfügen in der Regel über wenig Erfahrungen bei der Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen.

In diesem Modellversuch soll nun mit der Begleitung der betrieblichen Ausbildungsbeauftragten ein weiteres innovatives Konzept zur Förderung der pädagogischen Arbeit in den Betrieben entwickelt und erprobt werden. Ausbilder des BTZ unterstützen die in den Betrieben mit Ausbildungsfunktionen betrauten Mitarbeiter durch eine begleitende Beratung und Qualifizierung. Grundlage ist die gemeinsame Verantwortlichkeit für die Ausbildung und Förderung der Auszubildenden.

Im Rahmen der Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen bedeutet dieses Vorgehen einen Wandel des Funktionsverständnisses von betrieblichen Berufsausbildungspraktika und eine Ausweitung der Aufgaben von Ausbildern.

Diese enge Zusammenarbeit zwischen betrieblichen und überbetrieblichen Ausbildern soll auch bei der Durchführung von ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) für betriebliche Lehrlinge weitergeführt werden. Dieser Aspekt gewinnt besondere Bedeutung für die benachteiligten Jugendlichen, die während der Lehrzeit in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis übernommen werden und auch mit Hilfe von abH ihre Ausbildung erfolgreich abschließen.

3.3 Durch ein gemeinsames Qualifizierungskonzept zwischen überbetrieblicher Ausbildungsstätte und Berufsschule soll das unverbundene Nebeneinander zwischen theoretischer Ausbildung in der Berufsschule und der praktischen Ausbildung in der Lehrwerkstatt oder im Betrieb überbrückt werden. Benachteiligte Jugendliche lernen besser, wenn sie die Theorie in der Praxis „begreifen" können. Damit die Auszubildenden den Bezug zwischen dem Berufsschulstoff und der Praxis herstellen, muß eine Abstimmung der Lerninhalte erfolgen. Es soll eine Form des projektorientierten Lernens entwickelt werden, in der Berufsschule und Praxis zusammenarbeiten.

[Seite der Druckausg.: 46 ]

Im Berufsbildungssystem der ehemaligen DDR lagen die Berufsschule, die betriebliche Berufsausbildung und die praktische Ausbildung in der Produktion in der gemeinsamen Verantwortung des Betriebes. Daraus ergaben sich in der Praxis vielfältige Anknüpfungspunkte der Zusammenarbeit. Ausbilder wurden in den theoretischen Unterricht einbezogen.

Umgekehrt lag es auch für die Lehrer nahe, den Kontakt zur Ausbildungswerkstatt zu haben. Es haben sich langjährig gewachsene kollegiale Beziehungen entwickelt - eine der wichtigsten Voraussetzungen für Kooperation überhaupt. In diesem Modellversuch soll nun an die noch vorhandenen Beziehungen zwischen Berufsschule und BTZ sowie der Handwerkerschaft angeknüpft und der Versuch gemacht werden, beispielhafte Kooperationsbeziehungen zwischen Berufsschule, BTZ und Handwerksbetrieben zu entwickeln.

Das bedeutet zum Beispiel:

  • Die Lerninhalte der Berufsschule werden mit der praktischen Ausbildung im Berufsbildungs- und Technologiezentrum abgestimmt. Theoretische Inhalte werden in Bezug zur jeweiligen Praxis gesetzt. Die in der Praxis zu bearbeitenden Projekte oder Aufträge werden so ausgewählt, daß die Theorie zum Beispiel des ersten Ausbildungsjahres damit verbunden werden kann.

  • Der Berufsschulunterricht wird fächerübergreifend und projektbezogen organisiert.

  • Die Mitarbeiter/innen des Berufsbildungszentrums können am Berufsschulunterricht beteiligt werden. Sie bringen Praxisaspekte in den Unterricht ein und setzen eigene Akzente bei der Theorievermittlung. Sie unterstützen die Berufsschullehrer bei der Betreuung von Gruppenarbeit und bei differenzierten Lernformen. Mit ihrer Hilfe kann Lernförderung in den Unterricht integriert werden.

  • Berufsschullehrer führen zumindest Teile des Berufsschulunterrichtes in den Räumen des Berufsbildungszentrums durch, um durch größere Praxisnähe das Verständnis von Theorie zu erleichtern. Dies kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn Theorie Bestandteil von Problemlösungsaufgaben im Rahmen praktischer Ausbildungsprojekte ist oder wenn Theorie durch größere Anschaulichkeit (etwa durch die Arbeit an der Maschine) besser erlernt werden kann.

[Seite der Druckausg.: 47 ]

3.4 Der Erfolg des Modellversuchs wird wesentlich durch den Übergang der Auszubildenden in betriebliche Ausbildungs- und später durch die Übernahme in betriebliche Arbeitsverhältnisse bestimmt. Durch gezielte sozialpädagogische Begleitung des Übergangs in den betrieblichen Ausbildungs- und Arbeitsprozeß werden die Jugendlichen und das Unternehmen unterstützt.

Das betrifft vor allem folgende Prozesse:

  • Unterstützung des Jugendlichen bei der Auswahl des zukünftigen Betriebes auf Grund der Erfahrungen aus den Berufsausbildungspraktika in den Betrieben,

  • Herstellung einer sozialen und beruflichen Akzeptanz zwischen zukünftigem Arbeitgeber und Arbeitnehmer/in,

  • Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen, der Beantragung finanzieller Unterstützung und entsprechender Fördermittel für die Integrationsphase,

  • Sozialpädagogische Begleitung im (neuen) Arbeitsverhältnis bis zur erfolgreichen Beendigung der Probezeit einschließlich Unterstützung des Jugendlichen zur sozialen Integration wie Wohnungssuche und Gestaltung des sozialen Umfeldes.

Der Modellversuch wird Konzepte der Begleitung des Übergangs entwickeln und erproben.

An dieser Stelle konnten nur einige wesentliche Grundgedanken des konzipierten Modellversuches dargestellt werden. Wir hoffen, damit einen Ansatzpunkt zur Verbesserung der beruflichen Bildung benachteiligter Jugendlicher realisieren zu können.

[Seite der Druckausg.: 48 = Leerseite ]

[Seite der Druckausg.: 49 ]

Page Top Arbeitsgruppe I: Ansätze und Konzepte beruflicher Bildung in strukturschwachen Gebieten
- Statement -

Steffen Lemme

Der DGB-Landesbezirk Thüringen begrüßt, daß zur Thematik „Brauchen wir eine neue Ausbildungskultur?" in der Berufsausbildung diese Konferenz durchgeführt wird. Die Lehrstellensituation der Schulabgänger des Jahrganges 1995 in den neuen Bundesländern ist nach unserer Meinung geprägt von einer tiefgreifenden Strukturkrise des Systems der beruflichen Bildung. Unseres Erachtens führen die enormen quantitativen Probleme zur Verdrängung der Diskussion um die Qualität der Berufsausbildung schlechthin. Gerade deshalb ist diese Fachkonferenz sehr wichtig, damit der gesellschaftliche Problemdruck auch mit aktiver Unterstützung aller an der Berufsausbildung Beteiligten endlich zu grundlegenden Veränderungen im System der Beruflichen Bildung führt.

Allgemein schätzen wir ein, daß Ausbildungsleistungen in der gesamten Bundesrepublik in Größenordnungen abgebaut werden. Grundsätzlich sind wir in diesem Zusammenhang der Auffassung, daß junge Frauen und Männer die gleichen Ausbildungschancen erhalten müssen.

Diese Aussage setzt nach einem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichtes von 1981 ein auswahlfähiges Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen voraus. Das heißt, daß mindestens 12% mehr Ausbildungsplätze als Bewerber vorhanden sein müssen.

Gestatten Sie mir, daß ich zu Beginn meiner Ausführungen anhand einiger Zahlen die sehr ernste Lage in der Berufsausbildung in Thüringen verdeutliche:

Wir schätzen ein, daß 1995 mit ca. 34.000 AusbildungsplatzbewerberInnen auf dem Ausbildungsmarkt zu rechnen ist. Nicht beachtet dabei sind die sogenannten Konkurslehrlinge, welche nach Aussagen vor allem aus dem Handwerksbereich durch Betriebsschließungen eine steigende Tendenz aufweisen.

[Seite der Druckausg.: 50 ]

Offiziellen Angaben der Arbeitsämter zufolge haben sich bis Ende März 1995 bereits 25.409 BewerberInnen gemeldet. Nicht vermittelt werden konnten davon bis April 1995 19.176 Bewerberinnen. Allein diese Zahlen belegen die Dramatik der Situation,

Denn bis Ende März lagen den Arbeitsämtern gerade einmal 11.030 besetzbare betriebliche Ausbildungsstellen vor. Das heißt konkret, daß derzeit nur für jeden dritten Bewerber ein Ausbildungsplatz im Landesdurchschnitt zur Verfügung steht.

Das sind Fakten, die in ihrer traurigen Wahrheit das Defizit an Ausbildungsplätzen klar verdeutlichen. Und auch für den Monat April kommt kein Silberstreif am Horizont auf. Die Lücke zwischen Bewerbern und betrieblichen Ausbildungsstellen klafft nach wie vor. In Thüringen gibt es zahlreiche Schulabschlußklassen, in denen erst ganze drei bis fünf Jugendliche einen Ausbildungsplatz haben.

In den vergangenen Jahren wurden die Gewerkschaften mehr als einmal als „Schwarzmaler" und Pessimisten bezeichnet, wenn sie auf die äußerst prekäre Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt aufmerksam machten. Die Signale, die die Gewerkschaften damit setzten, führten jedoch nur dazu, daß zur Absicherung der Ausbildungsplatzstellen außerbetriebliche Landes- und Bundessonderfinanzierungen in erheblichem Ausmaße über die Regierungstische gingen. Gegen die tatsächliche Ursache der von Jahr zu Jahr steigenden Ausbildungsplatznot wurde jedoch nichts Entscheidendes unternommen:

Nämlich anzukämpfen gegen die Konjunkturabhängigkeit des Systems der dualen Berufsausbildung.

Vor welchem Scherbenhaufen stehen wir jetzt? Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht es in seiner Analyse folgendermaßen:

  1. Die Säule des dualen Systems im Freistaat Thüringen bildet durch seine überproportionale Ausbildungsleistung das Thüringer Handwerk. Obwohl wir wissen, daß oftmals damit auch billige Arbeitskräfte genutzt oder besser benutzt werden.

  2. Im industriellen und dienstleistenden Bereich dagegen wird unserer Meinung nach unterproportional ausgebildet. Neben den allgemeinen Ausflüchten, daß die Wirtschaft noch in den Kinderschuhen stecke oder die Unternehmen erst noch weiter Fuß fassen müßten auf dem

[Seite der Druckausg.: 51 ]

    Markt, wird auch die große Anzahl der Umschüler als Argument benutzt, nicht ausbilden zu müssen. Wir schätzen aber ein, daß der Satz „Ausbildung sichert die Fachkräfte für morgen!" unter dem Anpassungsdruck und damit Kostendruck der international agierenden Unternehmen zunehmend zu einer Phrase verkommt. Und das, obwohl die Wirtschaftsverbände und Kammern schon heute einschätzen, daß spätestens ab 1997 in einigen Branchen in Thüringen ausgebildete Fachkräfte fehlen werden.

  1. Eine äußerst negative Bilanz hat auch der öffentliche Dienst vorzuweisen. Nicht einmal ein Prozent an Ausbildungsleistung wird erbracht. Und das kontinuierlich seit 1991. Das mag ja im allgemeinen für die Beamtenmentalität sprechen, doch wenn weder in Landesämtern, kommunalen Behörden noch in Ministerien Bereitschaft zur Ausbildung gezeigt wird, wo ist da das vielgepriesene Vorbild öffentlicher Dienste? Eine wohl berechtigte Frage.

  2. Nur der Bereich der freien Berufe nimmt in der Bilanz der neuen Bundesländer in Thüringen eine Position ein, die noch als positiv zu bewerten ist. Jedoch läßt sich auch hier eine abnehmende Ausbildungsbereitschaft nachvollziehen, die nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß dieser Bereich keine Landesförderung mehr erhält.

  3. Mit der Privatisierung bei der Eisenbahn und der Deutschen Post entsteht ein zusätzliches Fiasko. Vor dem Hintergrund sogenannter Rationalisierungsmaßnahmen werden Ausbildungsleistungen nicht mehr durchgeführt, obwohl die entsprechenden Kapazitäten dafür vorhanden sind. Es kommt deshalb nicht nur zu einem enormen Rückgang an beruflicher Erstausbildung, sondern auch zu Entlassungen des geschulten Ausbildungspersonals.
    Hinzu kommen die Stillegungen von Ausbildungseinrichtungen, obwohl diese seit der Einführung des Systems der dualen Berufsausbildung laufend auf den neuesten Stand gebracht wurden. Ich sage es frei heraus: Die berufliche Bildung in Deutschland steckt in einem Dilemma.

Soweit die Analyse. Bislang schlechte Aussichten, was ist also zu tun? Da die Gewerkschaften dafür bekannt sind, ihren Forderungskatalog parat zu haben, werde auch ich Sie jetzt mit den Forderungen des DGB zur dualen Berufsausbildung konfrontieren:

[Seite der Druckausg.: 52 ]

Wir sind der Meinung, daß berufliche Erstausbildung als entscheidender Standortfaktor für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft der neuen Bundesländer anzusehen ist. Weltweit wird unser System der beruflichen Bildung als beispielgebend angesehen. Wir meinen allerdings, daß unser System flexibler und differenzierter gestaltet werden muß. Fehlentwicklungen und Erstarrungen haben dabei nichts zu suchen. Ihnen muß entgegengewirkt werden.

Was heißt das nun konkret?

Nach Ansicht der Gewerkschaften muß das duale System der beruflichen Erstausbildung erhalten, aber enorm gestärkt werden.

Da sich die bundesdeutsche Berufsausbildung in einer finanziellen Krise befindet, ja von der Konjunktur abhängig ist, müssen reformistische Wege gegangen werden. Ein neues Finanzierungssystem der beruflichen Erstausbildung ist deshalb überfällig.

Aus diesem Grunde fordern die Gewerkschaften einen finanziellen Lastenausgleich zwischen Unternehmen, die ausbilden, und den sogenannten Trittbrettfahrern, also denen, die nicht ausbilden. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als die Formel: „Wer nicht ausbildet, muß zahlen!" Wer ausbildet, soll entlastet werden, und wer über den eigenen Bedarf hinaus ausbildet, soll gefördert werden.

Wir stellen fest, daß die bisherigen Bemühungen aller Akteure in der beruflichen Bildung keine erhebliche Entlastung brachten. Klar ist, daß Appelle in dieser Situation nicht weiterhelfen. Was allerdings weiterhilft, sind betriebliche Ausbildungsstellen.

Eine konkrete Schlußfolgerung ist für uns deshalb, daß vor allem die Wirtschaft an ihre Ausbildungszusagen gegenüber dem Bundeskanzler erinnert werden muß. Und mit dieser Forderung stehen wir bekanntermaßen nicht allein. Das meint und sagt auch der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, so.

Wir warnen in diesem Zusammenhang noch einmal in aller Deutlichkeit davor, daß das System der dualen Ausbildung in kurzer Zeit zusammen-

[Seite der Druckausg.: 53 ]

brechen wird. wenn nicht endlich die zwei Drittel Ausbildungsabstauber, also die, die nicht ausbilden, in die Pflicht genommen werden.

Es geht nicht mehr ohne einen Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Betrieben. Erst dann wird das Ausbildungsplatzangebot wieder steigen. Und das ist angesichts der demographischen Entwicklung und der unzureichenden Entwicklung im industriellen Sektor zwingend. Wer das duale Ausbildungssystem erhalten will, muß also jetzt sein Finanzierungssystem ändern. Und das geht eben auch nur mit einer Veränderung der Ausbildungskultur.

Lassen Sie mich zum Abschluß noch eines bemerken. Wir als Gewerkschaften sind der Ansicht, daß die Endlichkeit der öffentlichen Haushalte die grundlegenden Reformen im System der dualen Bildung wesentlich beschleunigen wird.

[Seite der Druckausg.: 54 = Leerseite ]

[Seite der Druckausg.: 55 ]

Page Top Arbeitsgruppe I: Ansätze und Konzepte beruflicher Bildung in strukturschwachen Gebieten
- Statement -

Ilona Conrad

Welchen Rahmen läßt der Gesetzgeber für Ansätze und Konzepte einer Neuorientierung einer beruflichen Bildung in strukturschwachen Gebieten?

Die Ausbildungsordnungen sind bundeseinheitlich geregelt. Die zuständigen Kammern achten sehr gewissenhaft auf ihre Einhaltung. Das ist meines Erachtens auch richtig. Ein Bankkaufmann oder Tischler aus Bautzen, der im Verlaufe seines Berufslebens nach Hamburg zieht, sollte dort nicht wegen der fehlenden Anerkennung seines Ausbildungsabschlusses zur ungelernten Arbeitskraft werden. Die Folgen eines Verzichts auf bundeseinheitliche Ausbildungsinhalte hätten schwerwiegende Auswirkungen auf die Mobilität und Flexibilität des einzelnen Arbeitnehmers.

Eine Neuorientierung der beruflichen Bildung wäre möglich hinsichtlich der Zuständigkeiten für die Ausbildung. Momentan ist die Wirtschaft, also im wesentlichen Industrie, Handwerk, Handel und die sogenannten freien Berufe Hauptträger der Ausbildung, Sie bilden die Jugendlichen aus, die später in ihrem Unternehmen beschäftigt werden sollen. Oftmals bilden sie darüber hinaus weitere Jugendliche aus.

Ich vermisse in unserer Gesprächsrunde die Vertreter der Arbeitgeberverbände. Ausbildung losgelöst von der Wirtschaft kann nicht Ziel unserer Erörterung sein. Die Diskussion neuer Ausbildungskonzepte ist nur sinnvoll gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft. Vielen Unternehmen fällt es momentan schwer, auszubilden. Deshalb aber die Schlußfolgerung zu ziehen, daß andere diese Aufgabe übernehmen müssen, ist eine Diskussion vorbei an den Inhalten der Ausbildung und den Interessen der Auszubildenden.

[Seite der Druckausg.: 56 ]

Gestatten Sie mir auch eine andere Frage.

Wenn die Zuständigkeit für die Ausbildung verändert werden soll, wer soll sie übernehmen?

In den vergangenen fünf Jahren haben Bund, Länder und die Bundesanstalt in beachtlichem Umfang Ausbildung finanziert. Erinnert sei an den § 40 c Abs. 4 des AFG der DDR und an die Gemeinschaftsinitiative Ost der Jahre 1993 und 1994. Mit diesen Programmen war den Arbeitsämtern die Möglichkeit gegeben, im Interesse der Jugendlichen Ausbildungsplätze bei freien Trägern zu finanzieren. Für Tausende war damit der berufliche Start über eine Ausbildung gesichert. Diese Programme waren sehr sinnvoll und in Anbetracht der gegenwärtigen Ausbildungslücke wünschen wir uns auch für 1995 eine Gemeinschaftsinitiative zur Förderung von Ausbildungsplätzen.

Wir dürfen aber nicht übersehen, daß diese Programme nicht die duale Ausbildung in den Unternehmen der Wirtschaft ersetzen können. Sie sind Übergangsregelungen. Lediglich für Personen, die vorübergehend oder dauerhaft den Anforderungen des Arbeits- und Ausbildungsstellenmarktes nicht gewachsen sind, hat der Gesetzgeber Möglichkeiten einer geförderten Ausbildung ohne zeitliche Begrenzung geschaffen.

Ich erinnere hierbei an die Förderung sozial benachteiligter Jugendlicher nach § 40 c Abs. 2 AFG und den Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation, in § 10 SGB I festgeschrieben.

Diese Personengruppen stellen jedoch glücklicherweise nur einen geringen Anteil der Ausbildungsplatzsuchenden dar.

In Sachsen waren zum Ausbildungsbeginn 1994 lediglich 7,7% der Bewerber Rehabilitanden und 2,7% der Bewerber haben eine Ausbildung nach § 40 c Abs. 2 AFG begonnen. D.h., rund 90% der Bewerber sind potentielle Klientel einer betrieblichen Ausbildung,

[Seite der Druckausg.: 57 ]

Wie stellt sich nun die Situation der Jugendlichen in den strukturschwachen Regionen dar?

Ich habe aus den Arbeitsämtern Sachsens die Arbeitsämter Annaberg und Bautzen mit einer Arbeitslosenquote von 21,8% in Annaberg und 17,5% in Bautzen ausgewählt.

Ihnen stelle ich gegenüber die Arbeitsämter Dresden mit einer Arbeitslosenquote von 11,7% und Leipzig mit 12,4%. Der LAA-Durchschnitt liegt bei 15,4% Arbeitslosenquote.

Der Anteil junger Menschen unter 25 Jahre in Prozent an allen Arbeitslosen schwankt in den vier Arbeitsämtern zwischen 8,8% in Leipzig, 9,5% in Annaberg, 9,9% in Dresden und 10,6% in Bautzen.

Sie sehen deutliche Unterschiede zur Arbeitslosenquote. Die Mobilität junger Menschen, die nach der Ausbildung keinen Arbeitsplatz finden, ist in der Regel größer als bei älteren oder familiär gebundenen. Annaberg grenzt an strukturell günstigere Bezirke wie Zwickau, Chemnitz, aber auch Plauen. Im Amtsbezirk Bautzen sind weite Teile zumindest im Tagespendelbereich nicht an strukturstärkere Regionen angeschlossen. Daraus erklärt sich die Abweichung dieser Jugendarbeitslosigkeit von der Allgemeinarbeitslosenquote.

Im Februar 1995 hatten wir in diesen Arbeitsämtern folgende Ausbildungsplatzdefizite (dargestellt wird hier die Relation zwischen Bewerbern je Berufsausbildungsstelle):

Arbeitsamtsbereich Annaberg:

4,6 Bewerber je Berufsausbildungsstelle

Arbeitsamtsbereich Bautzen:

3,9 Bewerber je Berufsausbildungsstelle

Arbeitsamtsbereich Dresden:

1,7 Bewerber je Berufsausbildungsstelle

Arbeitsamtsbereich Leipzig:

1,9 Bewerber je Berufsausbildungsstelle

Eine deutliche Analogie zur Arbeitslosenquote ist hierbei erkennbar. Betrachtet man das Berufswahlverhalten der Jugendlichen in diesen Arbeitsämtern, ist die Hitliste der Berufe fast deckungsgleich.

Demgegenüber ist das Verhältnis der angebotenen Stellen stark abhängig vom regionalen Arbeitsmarkt. Eine höhere Zahl angebotener Stellen im Verhältnis zu den gemeldeten Bewerbern gibt es nur in einigen Metall-

[Seite der Druckausg.: 58 ]

und Elektroberufen, für den Fleischer und den Landwirt. Das schlechteste Verhältnis haben die Berufe:

Datenverarbeitungskaufmann

mit 5 Stellen auf 247 Bewerber,

Hotelfachmann

mit 153 Stellen auf 1.892 Bewerber

und Arzthelfer

mit 154 Stellen auf 1.470 Bewerber.

(Diese Angaben beziehen sich auf den gesamten LAA-Bezirk.)

Ich bitte sie, diese Übersicht nur als eine Auswahl zu betrachten. Sie ließe sich noch sehr, sehr weit fortführen.

Deutliche Unterschiede zwischen den strukturschwachen und den weniger strukturschwachen Regionen sind nur in der Zahl der fehlenden Stellen erkennbar. Deutliche Unterschiede zwischen den Berufen oder den Berufswahlverhalten sind nicht erkennbar.

Eine Verbesserung des Angebotes an Ausbildungsstellen in den strukturschwachen Gebieten ist in erster Linie gekoppelt an eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation dieser Gebiete. Arbeitspolitische Maßnahmen der Bundesanstalt wie z.B. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Maßnahmen nach § 249 h entlasten zwar den Arbeitsmarkt, schaffen aber keine Ausbildungsplätze.

Die Förderung von Ausbildungsplätzen führt zwar zur momentanen Versorgung der Jugendlichen, schafft aber keine dauerhaften Arbeitsplätze für diese jungen Menschen. Die Situation in den strukturschwachen Gebieten stellt sich inhaltlich nicht anders dar als in weniger strukturschwachen Regionen. In Annaberg fehlen derzeit, statistisch gesehen, 2.922 Ausbildungsplätze. In dem wesentlich größeren Amtsbereich Leipzig fehlen, statistisch, 3.428 Ausbildungsplätze. Erinnert sei an die Quote in Annaberg 4,6 Bewerber auf eine Ausbildungsstelle, in Leipzig 1,9 Bewerber auf eine Ausbildungsstelle. Diese Zahlen zeigen, daß nicht nur in den strukturschwachen Regionen Hilfe notwendig ist. Eine alleinige Förderung dieser Regionen wäre der Situation nicht angemessen. Zur Entlastung der Gesamtsituation sollte jedoch gerade in den strukturschwachen Regionen eine dieser Region angemessene Wirtschaftsförderung einsetzen.

Eine gezielte Unterstützung der Wirtschaft, die nicht immer mit einer finanziellen Förderung verbunden sein muß, schafft dauerhafte Arbeitsplätze und in der Folge auch Ausbildungsplätze.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2000

Previous Page TOC Next Page