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Renate Nestvogel

'Fremdes' und 'Eigenes' zwischen Ausgrenzung und Vereinnahmung


Eine schwarze Deutsche, als Tochter einer Ghanaerin und eines Deutschen in Deutschland geboren und aufgewachsen, hört eines Tages von ihrer langjährigen deutschen weißen Freundin, ganz vertraulich: „Weißt du, eigentlich habe ich dich nie so richtig als Deutsche gesehen."

Eine weitere Begebenheit: Im Rahmen eines bundesweit ausgeschriebenen Graphikdesigner-Wettbewerbs „Plakate gegen Gewalt und Fremdenhaß" gewannen zwei Studenten aus Essen den 2. Preis unter 1.700 Einsendungen mit großen Portrait-Aufnahmen von 'fremden' Menschen, auf denen oben der Vorname sowie der mit einem Buchstaben abgekürzte Nachname und unten „Mensch" steht. Diese Plakate hatte die Stadt Essen überall ausgestellt.

Ausgrenzung und Vereinnahmung sind Prozesse, die nicht nur einem nationalistischen Denken zugrunde liegen, sondern allgegenwärtig sind. Der Soziologe Zygmunt Bauman (1993) sieht Ausgrenzung und Vereinnahmung als Herrschaftsmechanismen in jeder Gesellschaft gegeben: „Zusammen polarisieren sie die Fremden und versuchen, die bedrückende und beunruhigende Welt zu beseitigen, die zwischen den Nachbarschafts- und Fremdartigkeits-Polen, zwischen 'Inland' und 'Ausland' liegt... Nur als dieses 'Entweder-Oder' bieten die beiden Strategien eine ernstzunehmende Möglichkeit, den sozialen Raum zu kontrollieren. Sie gehören deshalb zum Arsenal aller gesellschaftlichen Herrschaft." Dabei sieht Bauman in den beiden Strategien „keineswegs 'Lösungen' für das 'Problem' der Fremden - weder für die Angst, die sie verursachen, noch für die inhärente Ambivalenz ihres Status und ihrer Rolle; sie sind nur Weisen der Kontrolle des Problems." (ebd., S. 520).

Wir finden sie in früheren Epochen wie in der heutigen Zeit, in wissenschaftlichen Theorien, Ideologien und Alltagssituationen, auf gesellschaftlicher wie individuell-persönlicher Ebene, in der Außenwelt wie in unserer psychischen Innenwelt. Dabei stellt sich auch die Frage, ob die Art, wie

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Fremde hier behandelt werden, nicht strukturelle Ähnlichkeiten mit der Behandlung des sogenannten Eigenen aufweist. Wenn wir uns in die Geschichte dieses Landes und seine Traditionen hineinbegeben oder in unsere Biographie und die darin bedeutsamen Interaktionen mit anderen Menschen, werden wir dort gesellschaftliche wie auch individuelle Formen der Ausgrenzung und Vereinnahmung finden, bei denen keine 'Fremden' im Spiel waren. Wir finden sie in allen Formen hiesiger Gewalt - im Elternhaus, in den Medien, in der Schule und in anderen Institutionen. Harmlose und höchst brutale, beabsichtigte und ungewollte Varianten liegen manchmal dicht nebeneinander. Ein harmloser Knuff kann in eine Schlägerei ausarten, ein harmlos begonnenes Gespräch in eine nachhaltige Feindseligkeit. Es geht darum, sensibler zu werden auch für subtile, abgeschwächte und latente (Vor-) Formen von Gewalt, denn die Übergänge können schnell und fließend sein (vgl. hierzu z.B. Der Spiegel 1995, S. 52).

Im folgenden möchte ich zunächst „selbstähnliche" Strukturen zwischen Makro- und Mikrobereichen von Ausgrenzung und Vereinnahmung aufzeigen. Abschließend zeige ich Alternativen dazu auf und ebenso die Schwierigkeit, sich von einem (gesellschaftlich wie individuell entlastenden) Dualismus zu befreien und eine Multiperspektivität zu entwickeln, die von einer kritischen Reflexion verinnerlichter wie veräußerlichter Herrschaft und einer entsprechenden Handlungsbereitschaft getragen wird.

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1. Die Ausgrenzung von Fremdem (und Eigenem)

Ausgrenzung bedeutet, daß zwischen 'Fremdem' und 'Eigenem' starre Grenzen gezogen werden. Das zu Eigenem Konstruierte hat scheinbar nichts mit dem zu Fremdem Konstruierten zu tun, das Fremde wird ausgegrenzt als das grundlegend Andere und als solches häufig abgewertet. In dieser Kontaktlosigkeit entwickeln sich ausgeprägte „Entweder-Oder"-Variationen mit ihren vielfältigen Stereotypisierungen. Gleichwohl erfüllt das Fremde jenseits der Grenze, an der Kontakt stattfinden könnte, „... die Funktion eines signifikanten Kontrasts, der als Gegenbild gerade die Identität des Eigenen verstärken kann." (Schäffter 1991, S. 19). Dieses starre, verhärtete Konstrukt des Verhältnisses zwischen Eigenem und Fremdem

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findet sich in sexistischen, rassistischen, nationalistischen, antisemitischen und rechtsextremen Weltbildern.

Sexistische Auffassungen von einer Geschlechterpolarität schreiben Männern und Frauen überwiegend 'naturgegebene', aus dem biologischen Geschlecht abgeleitete unterschiedliche bis gegensätzliche Eigenschaften und Verhaltensweisen zu, z.B., indem der Mann mit Ratio und Kultur und die Frau mit Emotion und Natur gleichgesetzt werden. Vor allem aus der Gebärfähigkeit der Frau werden eine Reihe von Eigenschaften abgeleitet, die mit dieser nichts mehr zu tun haben, sondern aus Sozialisationsprozessen hervorgehen, die Männern und Frauen gesellschaftlich vorgegebene geschlechtsspezifische Verhaltensweisen zuordnen. In patriarchalischen Gesellschaften werden „die Frau" und die ihr zugeschriebenen Eigenschaften (z.B. emotional, irrational) durchweg abgewertet, manchmal auch idealisierend überhöht (Mutter, Heilige). Das Merkmal von Herrschaft drückt sich bei den Auf- und Abwertungen darin aus, daß Frauen nicht als selbstbestimmte Subjekte (oder Gruppen) ihr Wesen und ihr Leben definieren und gestalten, sondern sich nur unter Strafe, Ausgrenzung und Ächtung patriarchalisch geprägten männlichen Zuschreibungen entziehen oder widersetzen können (wobei auch Frauen eine wichtige Rolle bei der Festigung patriarchalischer Macht hatten und haben; vgl. hierzu Lerner 1991). Dieses biologistisch-patriarchalische Denken durchzieht die abendländische Geschichte. Ebenso kann eine Geschlechterpolarität auch aus gesellschaftlichen Bedingungen und damit aus dem sozialen Geschlecht konstruiert werden. Eine solche Sichtweise geht aus folgendem Zitat hervor:

„Frauen und Männer leben in einander fremden sozio-kulturellen Räumen, im realen wie im übertragenen Sinne: ihre Handlungsfelder und Aktionsbereiche, ihre Lebenserfahrungen, ihre Deutungsmuster und Wertmaßstäbe stimmen nicht oder nur wenig überein." (Marburger 1991, S. 139).

Rassismus ist eine weitere Ideologie, die eine dezidierte Trennung von 'Eigenem' und 'Fremdem' konstruiert und über die gewaltsame Negierung von Gemeinsamkeiten Ausgrenzung legitimiert. In einer sehr weit gefaßten Definition enthält er folgende Merkmale:

  1. die Zuordnung von geistigen, moralischen etc. Eigenschaften zu bestimmten phänotypischen (äußeren) Merkmalen wie dunkler Hautfar-

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    be, aber auch zu religiösen oder historisch-kulturellen Merkmalen, wie im Fall von Muslimen oder Juden;
    [Fn 1: Wahrnehmungs- und Selektionstheorien der Neurophysiologie (Gehirnforschung) zufolge geht die Kategorisierung von Wahrnehmungsinhalten dem Lernen, also der Erkenntnisgewinnung sowohl voraus als auch mit ihm einher (Edelmann 1993, S. 33, S. 48). Welcher Art die Kategorisierungen sind, hängt von individuellen Erfahrungen ab, die wiederum gesellschaftlich vermittelt sind, wenn auch nicht in einer monokausalen oder deterministischen Form.
    Bei allen Kategorisierungen geht es um „gesellschaftliche Wirklichkeitsdefinitionen und damit um Fragen von Macht und Kontrolle." (Schäffter 1991, S. 14). „Unterscheidungsmuster gliedern die Welt, machen sie verständlich, vorhersehbar und damit in gewissem Maße beherrschbar. Gleichzeitig sind sie aber immer auch Ausdruck des jeweiligen Standorts und eines besonderen Eigeninteresses, das in konkreten Auseinandersetzungen schnell in Konflikt mit anderen Perspektiven der Weltdeutung geraten kann. Daher werden Deutungsmuster der Fremdheit als politisch wirksame unterschwellige Ordnungsleistungen immer dann repressiv, wenn sie sich als natürliche Ordnung verstehen und folglich den ihnen zugrundeliegenden Interessenstandpunkt zu einer objektiven oder universellen Sicht verabsolutieren." (Schäffter 1991, S. 15).
    Colette Guillaumin (1972) weist im Zusammenhang mit Rassismus darauf hin, daß „Kategorisierung sowohl Erkenntnis als auch Unterdrückung gebären" kann und somit ambivalent ist (zitiert nach Balibar 1992, S. 36).]

  2. die starke Wertung der zugeordneten Eigenschaften, wobei diese als negativ, minderwertig oder als radikal anders, gemessen an den der eigenen Gruppe zugeordneten Eigenschaften, eingestuft werden können; in manchen Fällen erfolgt eine positiv-idealisierende Wertung, die aber leicht in ihr Gegenteil umkippen kann (vgl. hierzu Nestvogel 1994; Taguieff 1991, S. 242 spricht von heterophilen Formen des Rassismus);

  3. das Interesse und die Macht, die aus den vorwiegend negativen Wertungen abgeleiteten Diskriminierungen auch durchzusetzen (vgl. hierzu auch Kalpaka/Räthzel 1990). [Fn 2: Poliakov u.a. (1992, S. 40) führen in Anlehnung an Allport (The Nature of Prejudice) fünf Aktionsweisen auf, in denen sich das Rassenvorurteil 'verwirklichen' kann: Verbale Angriffe, Kontaktvermeidungen, Diskriminierungen, direkte körperliche Angriffe und Ausrottung bis hin zum Genozid.]

In der Geschichte findet sich sowohl ein biologischer Rassismus-Begriff als auch einer, der sich auf Herkunft, Geschichte und Kultur von Menschengruppen bezieht, wobei die Übergänge zwischen beiden fließend sind.

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Dem Kolonialismus des letzten Jahrhunderts, insbesondere dem deutschen, lag vor allem ein offen artikulierter biologischer Rassismus zugrunde, der von der Überzeugung einer genetischen, d.h. angeborenen Höherwertigkeit der sogenannten weißen Rasse ausging. Inzwischen hat sich die Erkenntnis verbreitet, daß „zwischen physischen (oder genetischen) und kulturellen Charakteristika kein Kausalverhältnis existiert" (Miles 1991, S. 51), und daß, selbst wenn man die Weltbevölkerung nach phänotypischen Kriterien in Rassen aufteilen würde, dies von geringer wissenschaftlicher Aussagekraft wäre, weil jede mit dem Begriff 'Rasse' zusammengefaßte Population „in sich selbst eine Varianzbreite enthielte, die sich mit der Variation einer beliebigen anderen Kategorie überschneiden würde" (ebd.). D.h., die Unterschiede innerhalb einer sich beispielsweise als Volk definierenden Gruppe von Menschen wie den Deutschen wäre größer als der Unterschied zwischen den Durchschnittsmengen jeder einzelnen 'Rasse'. Es könnten also genauso willkürlich andere physische Merkmale wie Körpergröße, Gewicht, Ohrenform etc. als Bedeutungsträger ausgewählt werden. (Zum Bemühen von Wissenschaftlern seit dem 18. Jahrhundert, verschiedene Merkmale als geeignete Grundlage für eine Einteilung der Menschen in Rassen zu identifizieren, vgl. Poliakov u.a. 1992, S. 15ff. sowie Hund 1993.) Zum Beispiel unterlag die heute noch gängige Farbskala, nach der die Menschheit in schwarze, gelbe, rote, braune, weiße 'Rassen' unterteilt wird, im Laufe der europäischen Geschichte Wandlungen bezüglich der Farbzuordnungen zu bestimmten Völkern. W.D. Hund (1993, S. 1007) persifliert den Prozeß der rassistischen Farbgebung für den „homo asiaticus" z.B. wie folgt: „Eine Durchsicht der umfangreichen europäischen Reiseliteratur nach China zeigt, daß dessen Bewohner ursprünglich nicht gelb gewesen sind. Nach Transsylvanus gelten sie 1522 als ein 'weißhäutiges Volk', welches den 'Deutschen ähnelt'. Für 'weiß wie in Deutschland' erklärt sie auch Bernadino de Escalante in seiner Geschichte Chinas von 1577. Und 1585 betont Juan Gonzales de Medoza, sie seien 'del color de alemanes, italianos y españoles'. Samuel Purchas bescheinigt ihnen 1625 gar, sie wären 'very white'. Im 18. Jh. aber sind die Chinesen gelb geworden. Während sie Linné nach anfänglicher Unsicherheit noch blaßgelb nennt, charakterisiert sie Johann Friedrich Blumenbach schließlich als 'weizengelb', vergleichbar mit gekochten Quitten oder getrockneter Zitronenschale. Im ausgehenden 19. Jahrhundert ist die gelbe Gefahr, yellow peril, péril jaune, ein den Sprachen des europäischen Im-

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perialismus geläufiges Schlagwort." Hieraus schlußfolgert Hund (ebd., S. 1008): „Wenn aber die Indianer nicht von Natur aus rot und die Chinesen nicht von Natur aus gelb sind, sollte es einen wundern, wenn die Schwarzen von Natur aus schwarz wären."

Da Abwertungs- und Ausgrenzungspraktiken auf der Basis von 'Hautfarben' bis heute vorherrschen, wird häufig übersehen, daß sie im Vergleich zu anderen rassistischen Argumentationsmustern neueren Datums sind. Erst „der transatlantische Sklavenhandel initiiert jenen Prozeß, der aus den Äthiopiern der Antike und den Mohren des Mittelalters die Schwarzen der Neuzeit entstehen läßt. Durch ihn werden dunkle Hautfarbe und Sklaverei zusammengeschweißt und die soziale Kategorie des Schwarzen erzeugt." (ebd., S. 1010). Die griechische Antike hingegen, „obwohl sie für die Interpretation sozialer Beziehungen über rassistische Schnittmuster verfügt, bildet ... keinen farblichen Rassismus aus. Ganz offensichtlich liegt das daran, daß die sozial deklassierten gesellschaftlichen Gruppierungen, allererst die Sklaven, in der Regel hellhäutig gewesen sind. Ihre rassistische Diskriminierung hat sich mithin nicht an äußeren Merkmalen orientieren können, sondern auf innere Kriterien richten müssen. Aristoteles bezeichnet daher als Sklaven denjenigen, 'der an der Vernunft nur so weit teilhat, um ihre Gebote zu verstehen, ohne sie zu besitzen'." (ebd., S. 1009). Diese Art von Rassismus durchzieht die Geschichte Europas vor allem als „Klassismus" (Meulenbelt 1993) oder „Klassenrassismus" (Grignon in Taguieff 1991), der Sklaven, kulturellen Minderheiten oder später dem Proletariat und Subproletariat Eigenschaften zuschrieb, die die höheren Schichten selbst nicht zu besitzen meinten. Er richtet sich also gegen Gruppen im eigenen Land, seien sie fremder oder eigener ethnischer Zugehörigkeit.

Ebenso wurden ganze Völker, die der „Farbskala" nach zu den 'Weißen' gehörten, in der europäischen Vergangenheit in unterschiedliche 'Rassen' untergliedert (mediterran, nordisch, slawisch, fränkisch, gallisch etc.). Auch hier vermischen sich zum Teil Rassismus und „Klassismus". Z.B. entwickelten Vertreter des französischen Adels zur Verteidigung ihrer bedrohten Macht und Privilegien die Theorie der zwei (völlig verschiedenen) Völker, aus der sich die französische Nation zusammensetzte: Das adlige Eroberervolk der Germanen, das die älteren Eingeborenen, die Gallier, unter seine Herrschaft gebracht hatte und seine Vorrechte aus dem „Recht

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des Stärkeren" ableitete. Während diese Variante einer rassistischen Ideologie die französische Nation entgegen den Anschauungen der französischen Revolution spaltete, wurde die Idee der Überlegenheit der germanischen Völker (später 'Rasse') in Deutschland genutzt, um sämtliche Schichten eines Volkes, das weder historisch noch geographisch klar definierbar war, über das Konstrukt einer gemeinsamen Herkunft (und Blutsbande) zu vereinigen und ideologisch gegen äußere Feinde abzusichern. Denn nach dieser Prämisse konnte sich jeder ungeachtet seiner Klassenzugehörigkeit als Herrenmensch erweisen. Hannah Arendt (1993, S. 272ff.) sieht in der im 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts in Frankreich entwickelten Ideologie, in der Macht und Recht gleichgesetzt waren, einen Vorläufer der nationalsozialistischen deutschen Rasseideologie. („Das zweite spezifische deutsche Element in den Rasseideologien des neunzehnten Jahrhunderts stammt aus dem Persönlichkeits- und Geniekult, mit dem sich das deutsche Bürger- und Spießbürgertum über seine ursprünglich politisch verursachten Minderwertigkeitsgefühle hinwegzuhelfen suchte." (ebd., S. 285)). Die Ideologie vom Recht des Stärkeren vermischte sich im 19. Jahrhundert mit dem in England verbreiteten Sozialdarwinismus und lieferte wiederum eine geeignete Trennungslinie zwischen Menschen, mit der die Eroberung fremder Regionen und die Ausbeutung fremder Völker gerechtfertigt werden konnte.

In neuerer Zeit, im Zusammenhang mit der Immigration in Europa, gewinnt ein „Rassismus ohne Rassen" an Bedeutung, der an jene rassistischen Traditionen anknüpft, die nicht an körperliche Merkmale gebunden sind. Seine lange historische Tradition sieht der französische Rassismus-Theoretiker Etienne Balibar (1992, S. 32) im Antisemitismus gegeben: „... unter einer Vielzahl von Gesichtspunkten läßt sich der gegenwärtige differentialistische Rassismus seiner Form nach als ein verallgemeinerter Antisemitismus betrachten. Dieser Hinweis ist besonders wichtig, um die gegenwärtige Feindschaft gegenüber den Arabern, vor allem in Frankreich, zu begreifen. Sie ist verbunden mit einem Bild des Islam als einer mit dem europäischen Denken ... unvereinbaren 'Weltanschauung'..." (vgl. hierzu auch Taguieff 1991, S. 246ff. und Meulenbelt 1993, S. 158f). - In Deutschland, ließe sich ergänzen, bezieht sich dieses Bild auf Türkinnen und Türken.

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Dieser kulturalistische Rassismus grenzt sich vom biologischen Rassismus dadurch ab, daß er anerkennt, daß „Rassen keine isolierbaren biologischen Einheiten darstellen" und sich „das Verhalten der Individuen und deren 'Eignung' nicht aus dem Blut und nicht einmal aus den Genen erklären läßt." (Balibar 1992, S. 29). Er bestätigt sogar die humanistischen und antirassistischen Thesen von der Unterschiedlichkeit und Gleichwertigkeit der Kulturen, die allesamt die menschliche Zivilisation konstituieren und gleichermaßen für das Fortschreiten des menschlichen Denkens erforderlich seien (ebd.). Weiterhin unterliegt dem kulturalistischen Rassismus - und hier wird es problematisch - ein Weltbild, das erstens Kulturen als statische Gebilde auffaßt (und nicht als historisch-gesellschaftlich entwickelte dynamische Systeme von Lebensweisen und Denkgewohnheiten; Poliakov u.a. 1992, S. 32). Zweitens wird die historische Tatsache der Vermischung von Kulturen ausgeklammert bzw., wo sie anerkannt wird, als Grund für die Degenerierung von Gesellschaften angesehen. Daraus werden dann folgende Schlußfolgerungen gezogen:

  • „'Kulturvermischungen', die Beseitigung 'kultureller Distanzen' entsprächen dem geistigen Tod der Menschheit und gefährdeten vielleicht sogar die Regulierungsmechanismen, von denen das biologische Überleben der Menschheit abhängt." (Balibar 1992, S. 29f). (Hannah Arendt 1993, S. 286, schreibt hierzu: „Es ist auffallend, daß alle Rassedoktrinen eine starke Affinität zu Untergangslehren haben.")
  • Es gäbe eine „'spontane' Tendenz aller menschlichen Gruppen (womit in der Praxis Nationen gemeint sind ...) ..., ihre Traditionen, und damit ihre Identität zu bewahren." (Balibar, ebd.).
  • Kulturvermischungen - verstanden als Auslöschung von Kulturen - lassen eine in der Natur des Menschen angelegte Abwehrreaktion, individuelle und kollektive Aggressivität hervorbrechen.

An dieser Argumentation wird deutlich, „daß ein biologischer oder genetischer 'Naturalismus' keineswegs den einzigen möglichen Modus einer Naturalisierung menschlicher Verhaltensweisen und Gesellschaftlichkeit darstellt." (Balibar 1992, S. 29f). Auch Kultur und rassistische Verhaltensweisen können so zur quasi zweiten Natur des Menschen konstruiert werden. Folglich ist es aus der Sicht des kulturalistischen Rassismus nur logisch, daß das gegenwärtige Rassismusproblem gelöst werden könne, wenn Toleranzschwellen beachtet und 'natürliche' Distanzen eingehalten

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würden, wobei die Distanzen ethnisch-nationale Grenzen markieren. Damit versucht sich der „kulturalistische" Rassismus als wahrer Antirassismus anzubieten (ebd.).

Die Sichtweise von der Unaufhebbarkeit kultureller Differenzen und der Unvereinbarkeit der Kulturen breitet sich zur Zeit aus. Hierfür müssen noch nicht einmal rechtsextreme Positionen zitiert werden. Wenn Rudolf Augstein im Spiegel (Nr. 23, 1993) über die Türken schreibt: „Sie gehören einem Kulturkreis an, der mit dem unseren vor und nach Prinz Eugen nichts gemein hat... Man stelle sich ein EG-Europa à la Maastricht vor, in dem die Türken Dänen, Engländer, Franzosen oder Spanier werden könnten, ohne doch in den Kulturgärten dieser Länder zu wurzeln", dann ist dies ein „kulturalistischer" Rassismus: Ein solcher ignoriert die von Christen vereinnahmten maurisch-islamischen „Kulturgärten" Andalusiens ebenso wie die muslimischen und afrikanischen, die aus der französischen Kunst und Kultur nicht mehr wegzudenken sind. Ebenso ignoriert er die türkischen und andere Migrantinnen, die seit mehr als 30 Jahren in deutschen „Kulturgärten" gelebt und diese auf ihre Weise fruchtbar gemacht und darin etwas Neues hervorgebracht haben - auch für die Deutschen. Rechtsextreme Fraktionen, die sagen, sie hätten nichts gegen Ausländer und deren Kultur, aber ein Zusammenleben mit ihnen sei aufgrund der Welten, die zwischen der christlichen und der muslimischen Kultur liegen, unmöglich, erhalten hiermit Rückendeckung bis in die politische Mitte dieser Gesellschaft hinein.

'Eigenes' und 'Fremdes' werden hier also säuberlich über ideologische Konstrukte voneinander getrennt, und jegliche Zwischensphäre von Gemeinsamkeiten wird negiert; damit wurde und wird der ideologische Boden vorbereitet, um Eigenes vom Fremden handelnd zu 'säubern' - über Gesetze, Erlasse, Diskriminierungen und Zuschreibungen im Alltag bis hin zu gewalttätigen Angriffen und Vernichtung. In der Tat bietet der „kulturalistische" Rassismus eine Pseudo-Theorie der Ursachen von gesellschaftlicher Aggression an und gleichzeitig eine politische Handlungsorientierung, die für die „Dominanzkultur" (Rommelspacher) vordergründig Entlastung bietet und Probleme zu lösen scheint: Die Opfer rassistischer Gewalt werden zu Verursachen! (Tätern) umgedeutet, folglich gäbe es keinen Rassismus, wenn es diese Täter nicht gäbe, die Deutsche überhaupt erst zu Rassisten werden lassen. Die Handlungsstrategien, die sich

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aus einem kulturalistischen Rassismus ergeben, sind also gewalttätig. Abgesehen von der Umdeutung von Opfern rassistischer Gewalt in Täter wird in dieser Pseudo-Theorie unterschlagen, daß die deutsche Geschichte genügend Beispiele nicht nur für die Ausgrenzung sogenannter Fremder, sondern vor allem für die Konstruktion beliebiger Gruppen zu 'Fremden' liefert.

Aus den bisherigen Ausführungen läßt sich die Schlußfolgerung ziehen, daß im Laufe der Geschichte sehr verschiedene Ideologien und daraus abgeleitete Ausgrenzungspraktiken entwickelt wurden, um gesellschaftliche und individuelle Interessen und Privilegien zu sichern, wobei die verschiedenen Rassismen (biologischer, polygenetischer, religiöser, sozialstruktureller, farblicher, ethnischer und kultureller Art) ein dominantes Muster von Ausgrenzung und Gewalt darstellen. Mit ihren fließenden Übergängen belegen sie, daß die Konstruktion von 'Rassen' „gesellschaftlichen Fiktionen, keinen biologischen Realitäten" entspringt (Miles 1991, S. 96; vgl. hierzu auch Guillaumin 1991, S. 163f. und Taguieff 1991, S. 229f).

Auch wenn Frauen in den patriarchalischen Herrschaftssystemen jeweils eine Stufe unter den Männern angesiedelt waren, waren auch sie in das gesellschaftliche Netz von Klassendünkel, Rassismus und Sexismus eingebunden und haben die Kriterien übernommen, die historisch-gesellschaftlich zur Ausgrenzung und Abwertung bestimmter Gruppen gerade opportun waren. Ihren eigenen Status sicherten sie weniger über die Solidarisierung mit benachteiligten Gruppen als über die Forderung gleicher Rechte innerhalb ihrer eigenen Gruppe (zum Kolonialismus vgl. Mamozai 1982 oder zum Umgang mit schwarzen Deutschen im Nationalsozialismus Oguntoye/Opitz/SchuItz 1986).

Darüber hinaus konstruierten sich die europäischen Gesellschaften auch ihre 'Fremden' aus den eigenen Reihen heraus. Es bedurfte keiner Migrantinnen und Flüchtlinge oder anderer ethnischer Minderheiten, um Menschen als Ketzer, Hexen, Heiden, Katholiken, Protestanten, Kommunisten, Sozialdemokraten, Homosexuelle oder als geistig und körperlich 'minderwertiges Leben' zu stigmatisieren, auszugrenzen und zu vernichten. Wir wissen auch, daß Frauen hierbei nicht nur Opfer, sondern Mittäterinnen und Täterinnen waren und dabei Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen einbrachten und auslebten, die sie im Laufe ihres spezifisch weiblichen Sozialisationsprozesses im Rahmen gesellschaftlicher Bedingungen,

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die sie mit Männern teilten, erwarben (vgl. hierzu Ebbinghaus 1987, Schubert 1991).

Einige erinnern sich vielleicht, daß es in den sechziger Jahren kaum eine studentische Veranstaltung gab, in der nicht jemand saß, der Ausgrenzung in die Worte faßte, „wenn es euch hier nicht paßt, dann geht doch in die DDR". Bei Demonstrationen standen nicht selten ältere Deutsche am Straßenrand und riefen der eigenen deutschen Jugend zu: „Euch sollte man in Arbeitslager stecken" oder schlicht, „Die müßte man vergasen." Die Nach-'Kriegskultur' mancher Älterer brauchte keine 'Fremden', um Ausgrenzung zu praktizieren; sie wandte sich gegen sogenanntes Eigenes und hat damit eine Gewaltkultur tradiert, die sich heute primär, aber nicht nur, gegen sogenannte Fremde richtet: die Objekte der Gewalt sind austauschbar, solange die Gewalt nicht als Teil des 'Eigenen' angenommen und bearbeitet wird.

Neben gewalttätigen Formen der Ausgrenzung gibt es subtile, „nicht bös gemeinte", die gleichwohl unreflektiert tradierte Denkmuster bezüglich Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft enthalten. So hat die eingangs erwähnte schwarze Deutsche aus der Aussage ihrer Freundin, die sie sehr verletzt hat, herausgehört, was der Freundin selbst wohl nicht bewußt war, nämlich, daß Deutschsein und Schwarzsein sich gegenseitig ausschließen.

Unter dem Eindruck der derzeitigen Gewalt und Ausgrenzung gegenüber 'Fremden' gerät die Kehrseite der Abwertung, die Aufwertung bzw. Idealisierung des 'Fremden', leicht aus dem Blickfeld: „Das Gegenbild des Fremden kann indes auch zum positiven Gegensatz einer negativ erlebten Eigenheit umschlagen. Gerät die 'Eigenheit' über fortschreitende Prozesse der Ausgrenzung und Abspaltung zu immer höherer 'Reinheit' und 'Perfektion' in eine Stagnation ihrer Entwicklung, so kann der Komplex des Verdrängten und Ausgegrenzten die Bedeutung einer positiven Alternative erhalten. Die Gleichung wechselt ihr Vorzeichen... Strukturell hat sich jedoch in diesem Ordnungsschema nichts verändert." (Schäffter 1991, S. 21). Der edle Wilde durchzieht als Topos dieser „Negation einer reduzierten und einseitig verfestigten Eigenheit" (ebd.) die europäische Literatur der letzten Jahrhunderte; der heutige Ferntourismus lebt vom Konstrukt der Exotik und dem Versprechen, daß wir sie in unsere entzauberte Welt hineinholen können. Das im Eigenen ausgegrenzte, nicht Gelebte, Abge-

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spaltene oder auch Vernichtete kann also auch in Form von Idealisierungen in die Fremde projiziert werden. Zur Zeit dominiert aber vor allem eine Idealisierung des 'Eigenen', die ihre Konturen zwischen rechtsextremem Lager und politischer Mitte vor allem durch eine dezidierte Abwertung des Fremden erhält. Die letzte Phase kollektiver deutscher Selbstidealisierung, an deren Ideologie des Herrenmenschentums und des auserwählten Volkes auch weiße deutsche Frauen, vor allem als Mütter, teilhatten, liegt noch keine 50 Jahre zurück. Hier ergeben sich, bei allen Unterschieden zwischen den historisch-gesellschaftlichen Zusammenhängen des Nationalsozialismus und der heutigen Zeit, genügend ideologische Anknüpfungspunkte, um die Traditionen der derzeitigen aggressiven Selbst-Aufwertung zu erkennen (vgl. hierzu A. und M. Mitscherlich 1987).

Analog zur Außenwelt enthält auch unsere Innenwelt, in die wir ebenso nur einen begrenzten Einblick haben, viel Abgewehrtes, das nicht als Eigenes erkannt wird, sondern statt dessen verdrängt und in Fremde ausgelagert, projiziert wird. Damit sind die psychischen Formen der Ausgrenzung (Abspaltung, Leugnung, Verschiebung) angesprochen, die das Innere des Angst machenden, nicht kontrollierbaren „ungeliebten Eigenen" betreffen. Viele weisen empört die Annahme von sich, sie könnten selbst z.B. rassistisch oder antisemitisch sein (oder ihren Haß auf die eigene Gesellschaft in die 'Liebe' zu 'Fremden' umkehren, z.B. nach dem Motto: „Liebe Ausländer, laßt uns mit diesen Deutschen nicht allein"). Wie fremd erscheinen wir uns selbst, wenn wir Rassismus oder allgemeiner, ein Bedürfnis nach Ausgrenzung in uns entdecken, sobald wir keine flexibleren, offeneren Wege für den Umgang mit Konflikten finden? (Soziale und familiäre Desintegrationsprozesse zeugen davon, wie verbreitet Ausgrenzung als Mittel der Konfliktregelung angewandt wird.) Dies betrifft auch die sozial oder wissenschaftlich Engagierten, die sich häufig mit dem Anspruch überfordern, vorbildlich, gut zu sein und alles richtig machen zu wollen. Zu einem solchen, meistens schon aus der frühen Kindheit tradierten Muster paßt es nicht, auch negativ definierte Gefühle wie Gier, Haß, Eifersucht oder Neid zuzulassen. Dies zu lernen wäre aber sinnvoll und konstruktiv, denn zulassen, was ohnehin da ist, wäre der erste Schritt, um diese Gefühle zu bearbeiten, zu verarbeiten, sie konstruktiv einzubringen. Tun wir es nicht, werden wir sie immer mit selektivem Blick bei den anderen vermuten, dort bekämpfen, Feindbilder produzieren und damit an den kriegerischen, gewalttätigen Formen dieser Gesellschaft teilnehmen, die

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wir auch in der einen oder anderen Weise verinnerlicht haben und nur in anderen Formen als z.B. Rechtsextreme ausleben. Es geht also um die Bereitschaft, dieses Fremde, d.h. „Eigen"-schaften, die wir nie für möglich gehalten hätten, in uns als Eigenes zu akzeptieren. Mit einer Anti-Haltung ist es weder aus der Innenwelt noch aus der Außenwelt verschwunden. Es reicht nicht zu sagen, wir distanzieren uns von Sexismus, Rassismus, Kolonialismus und Antisemitismus, und ebenso illusorisch wäre es zu glauben, wir könnten diese „ismen" vermeiden. Erstmal sind wir Teil dieses Systems, ob wir das wollen oder nicht.

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2. Die Vereinnahmung von 'Fremdem' (und 'Eigenem')

Vereinnahmung ist durch die Aufhebung von Grenzen gekennzeichnet. Es kommt zu einer Auflösung des Fremden, das zu Eigenem gemacht, vereinnahmt wird.

Auf makro-gesellschaftlicher Ebene findet sich das Muster der Vereinnahmung von Fremdem in den vielen Kriegen wieder, die die innereuropäische Geschichte kennzeichnen und vor allem auch im Kolonialismus. Im Zuge der Eroberung fremder Kontinente durch die Europäer wurde viel Fremdes angeeignet und zu Eigenem erklärt. Die Überlegenheit technisch-militärischer Art, die Europa im Laufe der überseeischen Eroberungen und Zerstörungen entwickelte, wurde ideologisch in eine kulturelle Höherwertigkeit umgedeutet, wie sie im westlichen Fortschrittsdenken seit der Aufklärung enthalten ist. Demnach befinden sich Menschen und Völker auf verschiedenen Kulturstufen, wobei der Westen die höchste Kulturstufe repräsentiert. Dabei wird Fremden - anders als bei rassistischer Auffassung - zugestanden, daß sie sich, wenn sie nur wollen, ungeachtet ihrer Hautfarbe oder kulturellen Zugehörigkeit zur 'höheren Kulturstufe' der Europäer 'emporarbeiten' können - unter Aufgabe ihrer als minderwertig gedachten Kultur. Bis heute vertreten viele in diesem Land die Auffassung, die hiesige Kultur bzw. Gesellschaft sei entwickelter als andere - neuerdings verstärkt durch den ideologischen und ökonomischen 'Sieg' der westlichen Industriewelt über den Osten. Manchmal haben Menschen aus nicht-westlichen Kulturen selbst diesen Standpunkt übernommen („Identifikation mit dem Aggressor"), aber meistens sind diese Höherwertigkeitsgefühle der Deutschen für kulturelle Minderheiten ein Ärgernis.

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In Deutschland war die Tradition der auch anderen zugänglichen eigenen Höherwertigkeit kaum ausgebildet, zumal der biologische Rassismus aus der Kolonialzeit im Faschismus in Form der Überzeugung von der Höherwertigkeit der 'arischen Rasse' noch einmal verstärkt wurde und bis heute das sogenannte Blutsrecht („ius sanguinis") die gesetzliche Grundlage bildet, derzufolge als Deutsch gilt, wer seine deutsche Abstammung geltend machen kann. Auch der viel gebrauchte Satz, „Ausländer haben sich gefälligst anzupassen", der suggeriert, daß sie dann als gleichwertig angesehen werden, ist in seiner Aggressivität ja schon ambivalent und stellt keineswegs gleiche Rechte in Aussicht. Diese Variante von Ethnozentrismus,
[Fn 3: Bezeichnet Ethnozentrismus zunächst nur das Phänomen „der eigenen Beschränktheit durch die historisch-ethnische ... und biographische Vorgegebenheit" (Jouhy 1985, S. 48) und eine gewisse Wertschätzung des 'Eigenen' gegenüber dem Fremden, so enthält der europäische Ethnozentrismus eine vereinnahmende Qualität, indem er anderen seinen Maßstab aufzwingt. Er grenzt sich zwar von einem rassistischen Standpunkt ab, demzufolge Menschen aufgrund bestimmter phänotypischer Merkmale oder zugeschriebener kultureller Eigenschaften als nicht in die 'höhere Kultur' eingliederungsfähig betrachtet werden, ist aber gleichwohl gewalttätig in seiner Abwertung und Intoleranz gegenüber allem, das nicht seinen Normen, Werten, Denk- und Verhaltensmustern entspricht.]
der Fremden unter bestimmten Voraussetzungen - aber oft nur scheinbar - den Zugang zur eigenen 'höherwertigen' Kultur gestattet, kann leicht in einen kulturellen Rassismus, d.h. von Vereinnahmung in Ausgrenzung übergehen.

Bis heute haben sich Vereinnahmungsprozesse im Rahmen internationaler Verflechtungen eher beschleunigt und die Selbstverständlichkeit, mit der Fremdes als Eigenes empfunden wird, eher noch verstärkt. Die Rohstoffe, die wir essen, die wir verarbeitet am Körper tragen, die in unseren Gebäuden und Autos eingebaut sind, sind überall in der Welt gefördert, produziert und zum Teil auch hier von MigrantInnen verarbeitet worden. Wie Fremdes zu Eigenem umgedeutet wird, läßt sich unserer Alltagskultur, hier am Beispiel einer Kakaopackung, entnehmen. Darauf steht: „Für unsere Marke verwenden wir ausschließlich feines holländisches Kakaopulver, das in einem Spezialverfahren aus den besten Kakaobohnen Westafrikas hergestellt wird." Das ganze wird dann noch als „Made in Germany" etikettiert. Wahrscheinlich erklären u.a. diese Transaktionen, die aus einer westafrikanischen Kakaobohne über ihre holländische Veredelung schließlich ein deutsches Produkt machen, warum Afrika mit nur 1%

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am Weltexport beteiligt ist (und damit häufig in abfälliger Weise als ernsthafter Wirtschaftspartner abgeschrieben wird).

In Geographiebüchern für Schulen drückt sich die Vereinnahmung fremder Rohstoffe darin aus, daß Länder der 'Dritten Welt' vor allem unter dem Gesichtspunkt ihrer uns interessierenden Rohstoffe dargestellt werden. (Weitere Beispiele in Nestvogel 1995.)

Eine Vereinnahmung im Sinne von Entgrenzung findet auch beim derzeitigen ideologischen Aufbau der Europäischen Union - bei gleichzeitiger Abschottung nach außen - statt. Das geschieht, indem „positive" Gemeinsamkeiten konstruiert werden, unter Negierung von Differenzen und Konkurrenzen, wie sie die europäische Kriegs- und Kolonialgeschichte enthält. Ich habe viele harmlos beginnende Debatten zu Europa erlebt, z.B. auf Tagungen mit Lehrerinnen, die darum bemüht waren, ihren Schülerinnen einen positiven Europa-Begriff nahezubringen. Schon leise Kritik an einem allzu harmonistischen Europa-Konstrukt konnte eruptionsartig Aggressionen evozieren. Ich erkläre mir diesen plötzlichen Stimmungswechsel mit Tabuisierungen, an denen unter Strafe nicht gerührt werden darf - es könnten zu viele unverarbeitete und unkontrollierbare Konflikte aufgewühlt werden, z.B. latente Feindbilder oder Stereotype, die niemand gerne preisgibt. Neben emotionaler bietet es auch kognitive Entlastung, die Konfliktgeschichte unbearbeitet zu lassen.

Zu den eingangs geschilderten Postern: Viele Deutsche hießen die Aktion durchweg gut und verstanden sie als Beitrag zu einem besseren multikulturellen Miteinander, während viele Nicht-Deutsche sie als „erniedrigend" oder „beleidigend" empfanden: „Da wird uns über ein Plakat mitgeteilt, daß wir auch Menschen sind", sagten sie, oder: „Eigentlich sollten Deutsche wissen, nachdem wir schon in der dritten Generation hier leben, daß wir auch Menschen sind." Andere lehnten es ab, mit Mitleid und positiver Diskriminierung bedacht zu werden oder schlugen als Alternativen vor, auch Deutsche auf solchen Plakaten auszustellen oder Situationen zu dokumentieren, die Deutsche und Nicht-Deutsche bei gemeinsamen Aktionen zeigen oder - „Mensch" durch „Mensch zweiter Klasse" zu ersetzen (vgl. hierzu Ertan 1993). Meines Erachtens lassen sich die Protestaktionen von ImmigrantInnen dadurch erklären, daß hier von deutscher Seite Gemeinsamkeiten bemüht werden, die zwar naturgegebene Grundwahrheiten betreffen, aber gleichzeitig viele gesellschaftliche Probleme eines multikultu-

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rellen Miteinanders ausblenden, wie bspw. die eklatanten sozialen, rechtlichen und ökonomischen Benachteiligungen, die Inländer ohne deutschen Paß hier tagtäglich erleben. Die überwiegend konträren Reaktionen rühren also nicht von kulturellen, sondern positionellen Divergenzen zwischen Deutschen und Einwanderern her. Anstatt der Gewalt auf den Grund zu gehen, flüchten sich Deutsche in das harmonisierende, idealisierende Konstrukt „Mensch". Das ist bequem und kostet nichts, und insofern liegt die Betonung des kleinsten gemeinsamen Nenners „Mensch" ganz im Interesse der Dominanzkultur. Das durchschauen die mit weniger Rechten ausgestatteten MigrantInnen im Gegensatz zu Deutschen und distanzieren sich davon.

Ebenso ist Mitgliedern der Dominanzkultur, insbesondere den sogenannten Ausländerfreunden, oft unverständlich, was verletzend an der Auffassung sein soll, Türken, Griechen oder Italiener der zweiten oder dritten Generation seien ja schon quasi Deutsche. Auch diese Auffassung ignoriert erstens die vielfältigen rechtlichen und sozialen Benachteiligungen, die weiterhin bestehen, zweitens kulturelle Werte, die MigrantInnen wertschätzen, die aber von Deutschen möglicherweise nicht geteilt werden sowie drittens die Tatsache, daß wirklicher Respekt vor den Anderen, den Fremden, sich nicht nur in der Betonung von Gemeinsamkeiten, sondern in der Achtung vor dem Anderssein zeigt (im Sinne „egalitärer Differenz" (Prengel 1994), die allerdings mit den Assimilations- und Homogenisierungstendenzen von Nationalstaaten kollidiert (Bauman 1992)).

In bezug auf das Geschlechterverhältnis beschreibt die Historikerin Gerda Lerner (1991, S. 273) den Vereinnahmungsprozeß wie folgt: „Indem sie (Männer) die Hälfte für das Ganze genommen haben, haben sie nicht nur das Wesentliche von allem, was sie beschreiben, verfehlt, sondern sie haben es auf eine Art zerrissen, daß sie es nicht einmal mehr erkennen können... Solange Männer glauben, daß ihre Erfahrungen, ihre Standpunkte und ihre Ideen die gesamte menschliche Erfahrung, das gesamte menschliche Denken repräsentieren, so lange sind sie nicht nur unfähig, im Bereich des Abstrakten korrekt zu definieren, sondern auch unfähig, die Wirklichkeit genau zu beschreiben."

Aber Tendenzen der Vereinnahmung finden sich auch in der westlichen Frauenbewegung, die überwiegend industrieländerzentriert, weiß und mittelschichtorientiert war und ist und lange Zeit davon ausging, alle Frauen

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hätten dieselben Probleme mit dem Patriarchat, seien weltweit „die letzte Kolonie". Erst in den letzten Jahren entstand eine Sensibilität dafür, daß schwarze Frauen, Migrantinnen, Musliminnen, Frauen in Afrika, Asien und Süd-/Mittelamerika, Kleinbäuerinnen, Frauen aus der Arbeiterschicht etc. zum Teil ganz andere Lebens- und Sozialisationsbedingungen und damit ein anderes Selbst- und Fremdverständnis und eine andere Identität entwickeln als weiße Frauen aus der Dominanzkultur ihnen unterstellen (vgl. hierzu Lutz/Klönne/Kampmann/Nestvogel in Nestvogel 1994).

Schließlich gibt es viele Formen der Vereinnahmung im alltäglichen zwischenmenschlichen Umgang. So drückt sich Aggression in der Schule nicht nur durch Schlagen und Quälen, durch Herabsetzen und sich gegeneinander Verbünden aus, sondern auch durch Bedrängen und Einmischen. „Zu schwerwiegenden Übergriffen kam es, wenn Kinder ... partout den Zugang zu einem Kreis erzwingen wollten und so unsichtbare Grenzen anderer nicht beachteten." (Der Spiegel 1995, S. 48/52 mit Bezugnahme auf Untersuchungen von Lothar Krappmann). Eine besonders aggressive und oft unbewußte Vereinnahmung ist mit alltäglicher Definitionsgewalt verbunden, die versucht, anderen den eigenen Maßstab aufzuzwingen. Häufig wird sie eingekleidet in Ausdrücke wie „Du bist ..." oder „Das ist so und so", anstatt explizit die eigene Meinung oder Sichtweise klarzustellen, neben denen noch andere Blickwinkel Raum hätten. Ebenfalls fallen abwertende Benennungen hierunter wie 'Asylant' oder 'Neger'. Werden sie trotz Aufklärung über deren abwertende Konnotationen verwendet - oft wird ihre Verwendung penetrant und mit einem aggressiven Insistieren auf ihrer Harmlosigkeit verteidigt -, wird hier ein Recht auf Selbstdefinition verletzt zugunsten der Anmaßung von Definitionsgewalt über andere.

Die mit Vereinnahmung verbundene Herrschaft wird zwar von Psychologinnen gesehen, bleibt aber einem großen Teil der weiblichen und männlichen Bevölkerung verschlossen. Ich führe das u.a. darauf zurück, daß Vereinnahmung erlebt wurde, bevor entsprechende kognitive Kategorien zu diesem Phänomen entwickelt wurden, und sie sich als sehr früh verinnerlichte Muster nicht so ohne weiteres kognitiv erschließen lassen. Des weiteren wurde Vereinnahmung im Zusammenhang mit Fürsorge, Verantwortung für das Kind und eingehüllt in den Mantel elterlicher Liebe erlebt bzw. gedeutet. So kennzeichnet die Verschmelzung von Fremdem und Eigenem die erste Lebensphase menschlicher Existenz, es ist das erste

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Grundmuster, in das wir nach unserer Geburt hineinwachsen, und das eine Zeitlang überlebensnotwendig ist. Pathologisch wird es, wenn daran festgehalten wird und keine Loslösung erfolgt. Diese Art von Konfluenz tritt auf, wenn z.B. eine Mutter sich so mit ihrem Kind identifiziert, daß sie kaum noch ein davon getrenntes eigenes Gefühlsleben hat und entsprechend auch dem Kind keinen Raum für die Entwicklung eines flexibleren Beziehungsmodus zwischen Fremdem und Eigenem läßt. Hierbei kommt es dann zu Grenzüberschreitungen im Sinne von Vereinnahmung: „... weder die Körpergrenzen noch die Persönlichkeitsgrenzen werden respektiert, die Grenze zwischen dem Ich und dem anderen bleibt daher undifferenziert. Wer auf derart ungetrennte Weise innerlich mit seinen Eltern und späteren Bezugspersonen verbunden ist, hat kein klares Gefühl für die eigenen Grenzen und kann sie deshalb vor Übergriffen anderer nicht schützen; insofern ist er in Gefahr, immer wieder zum Opfer zu werden. Gleichzeitig kann er aber auch die Grenzen anderer Menschen weder erkennen noch respektieren: Wer einen anderen Menschen aufgrund solch mangelhaft ausgebildeter Ichgrenzen nun auch seinerseits nicht als eigenständige Persönlichkeit wahrnehmen kann, wiederholt ihm gegenüber, was er selbst einst erleiden mußte, indem er nun den anderen wie einen Teil des Selbst behandelt. Er ist infolgedessen unfähig zu erkennen, daß die eigenen Bedürfnisse/Wünsche/Gefühle mit denen des anderen nicht automatisch und selbstverständlich übereinstimmen. Aufgrund dieses Unvermögens fehlt diesen Menschen auch die Fähigkeit, sich in andere hineinzufühlen; mit diesem Mangel wiederum geht die Tendenz einher, sich über die Grenzen und Rechte anderer hinwegzusetzen - nicht etwa deshalb, weil man dies beabsichtigte, sondern weil man sie schlicht und ergreifend nicht wahrnehmen kann." (Heyne 1993, S. 60).

Claudia Heyne betont den destruktiven Charakter dieser Vereinnahmung, der in der Unfähigkeit besteht, „den anderen als 'Person im eigenen Recht' zu sehen und sein Selbstbestimmungsrecht zu respektieren", (ebd., S. 90). Sie führt verschiedene Ausdrucksformen dieser Vereinnahmung auf und unterscheidet dabei zwischen offen destruktiver Aggression (körperlicher, verbaler Art, die Kindesmißhandlungen, incl. sexuellen Mißbrauch an Kindern von Frauen, einschließen) und indirekter destruktiver Aggression, z.B. Überforderung und perfektionistische Ansprüche an das Kind, Überbehütung als Übermaß von Kontrolle und enge Grenzsetzung bezüglich innerer und äußerer Autonomie des Kindes, latenter Inzest, bei dem eine

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sexuelle Beziehung nicht ausagiert wird, aber latent vorhanden ist, wodurch eine ambivalente Abhängigkeit gefestigt wird, die häufig zu verzerrten Realitätswahrnehmungen führt sowie narzistische Ausbeutung, die „all jene Beziehungskonstellationen (umfaßt), in denen die Bedürfnisbefriedigung des/der Ausbeutenden im Vordergrund steht und das Gegenüber in seinen Persönlichkeitsrechten beständig manipuliert und mißachtet wird, weil es im Erleben des/der Ausbeutenden einzig für seine Zwecke zur Verfügung zu stehen hat." (ebd., S. 108).

Ebenso ist ein vereinnahmendes Besitzdenken verbreitet: „Was geht das Sie an, was ich mit meinem Kind mache? Es gehört mir." Das Kind wird „als ein von ihr 'geschaffenes Ding' erlebt", als „Teil ihres Selbst" (Heyne 1993, S. 265, 303, 322). Die 'Richtigkeit' dieses Besitzdenkens wird durchweg in dieser Gesellschaft bestätigt, was sich z.B. in dem häufig beobachtbaren Mangel an Anteilnahme ausdrückt, den Menschen fremden Kindern gegenüber, eben solchen, die ihnen nicht 'gehören', an den Tag legen.

Die Wahrnehmung von nicht nur offenen, sondern auch subtilen Herrschafts- und Vereinnahmungsmechanismen - z.B. Gehorsamsforderungen - würde eine Reihe unangenehmer, als negativ verinnerlichter und tabuisierter Gefühle sowie bitterer Wahrheiten zutage fördern: Wut über elterliche Ge- und Verbote und Schuldgefühle über Verstöße gegen letzere oder allgemein emotionale Ambivalenzen den Eltern gegenüber müßten zugelassen werden; die fürsorgerische und aufopfernde Liebe von Eltern und Verwandten und damit das Selbstbild des geliebten Kindes gerieten dabei möglicherweise ins Wanken. Wer möchte schon statt geliebt vereinnahmt worden sein oder später in den eigenen fürsorgerischen und helfenden Tendenzen, über die Gefühle von Hilflosigkeit verdrängt werden können, Vereinnahmung entdecken?

Die Gesellschaft deckt über Vereinnahmungstendenzen häufig den Mantel des „Guten", und insofern besteht hier ein besonders ausgeprägter blinder Fleck bezüglich subtiler Herrschaftsausübung und Abwertung bzw. Entmündigung der Anderen/Fremden. Je stärker die Mitglieder der Dominanzkultur in das Muster der Vereinnahmung verstrickt sind, desto weniger können sie verstehen, warum sich die sogenannten Fremden dagegen wehren. Die eigenen Erfahrungen der Zwangsassimilation im Rahmen des familialen Herrschaftssystems liegen schon so weit zurück und sind so

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in die Persönlichkeit eingewoben, daß sie der eigenen Wahrnehmung nicht mehr so ohne weiteres zugänglich sind. Diese Zwangsassimilation könnte vielleicht erklären, warum die Forderung an die 'Fremden', sich gefälligst anzupassen, häufig so aggressiv vorgebracht wird. Tatsächlich verhindern diese blinden Flecken das Verständnis für zahlreiche Irritationen, die 'Fremde' im Umgang mit Deutschen empfinden. Versuchen diese es zu vermitteln, stoßen sie auf gekränktes Unverständnis, solange die eigenen Kränkungen im Zusammenhang mit Vereinnahmung nicht „erinnert, wiederholt und durchgearbeitet" (Freud) worden sind.

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3. Alternativen zu Ausgrenzung und Vereinnahmung

Anhand einiger Beispiele habe ich aufzuzeigen versucht, daß Ausgrenzung und Vereinnahmung als Mittel der Kontrolle, der Machtausübung und Definitionsgewalt gegen das 'Fremde' eingesetzt werden wie auch gegen das von bestimmten Normen abweichende 'Eigene' (das in 'Fremdes' umgedeutet wird) und auf gesellschaftlicher, ideologischer, auf individueller und psychologischer Ebene zu finden sind. Sie erzeugen eine dualistische Ordnung von Welt, die laut Bauman (1992) als Kennzeichen der Moderne gilt. Dieser Dualismus blendet das historisch, politisch, ökonomisch, sozial und psychisch zwischen dem Fremden und dem Eigenen, zwischen Männern und Frauen, Ausländern und Inländern Geteilte aus. Deswegen impliziert Dualismus nicht nur eine Unterdrückung des Fremden, sondern auch eine „Unterdrückung von Eigendifferenz" (vgl. hierzu Ghose 1994).

Wird die Sphäre des Gemeinsamen, des „Weder fremd noch eigen" ausgeschaltet, die hierin enthaltene Unentschiedenheit, Unentscheidbarkeit, Mehrdeutigkeit, Verschwommenheit, Ambivalenz etc. nicht ausgehalten und dem Druck eindeutiger Klassifizierungen „geopfert", kommt es - über die „Benennungs-/Klassifikationsfunktion der Sprache - zu „Handlungen des Einschließens und des Ausschließens", die Bauman (1992, S. 15) als „Gewaltakt" kennzeichnet, „der an der Welt verübt wird..."

Ein Beispiel, das diesen Gewaltakt veranschaulicht, brachte der südafrikanische Soziologe Neville Alexander auf einem Kongreß im Jahre 1994 in seinem Beitrag „Auswirkungen kartesianischer Kulturkonzepte auf

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Rassismus und pädagogische Praktiken in kolonialen und neokolonialen Gesellschaftszusammenhängen". Er vertrat darin die These, daß ethnische Kategorien, Sprachgruppen etc. eine Erfindung der Europäer gewesen und viele Benennungen und damit Abgrenzungen und Eingrenzungen von diesen im Interesse z.B. von Landeroberungen vorgenommen worden seien. Für die Einheimischen gäbe es anstelle von krassen Trennungen eher ein Kontinuum in bezug auf Land, Sprachen und ethnische Zugehörigkeit. Er fordert daher, Kultur auf seine ursprüngliche heraklitische Bedeutung zurückzuführen, die eher mit Prozessen denn mit „Dingen", wie heute üblich, assoziiert war (Nestvogel/Scheunpflug 1994, S. 329).

Eine solche Forderung wäre hier nur schwer in die Tat umsetzbar, weil in etablierten Wohlstandsgesellschaften wie dieser eine große Angst vor allem Prozeßhaften, Fließenden, mithin nicht Kontrollierbaren zu bestehen scheint. Das läßt sich an den Bildern und Metaphern ablesen, die im Zusammenhang mit Migration und Flucht vorherrschen, wie 'Asylantenflut', Flüchtlingsströme, Massen, die sich in unser Land ergießen oder wälzen, uns überfluten und überschwemmen etc. und einen Dammbruch bewirken können. Hier werden Phantasien zu Realitäten umgedeutet, die dringend einer realitätsangemessenen Bearbeitung bedürfen.

Neben Herrschaftsfunktionen haben klare Trennungslinien auch kognitive und psychische Entlastungs- und Orientierungsfunktionen im Alltag, und das macht ihren Abbau so schwierig. Die Entlastungs- und Orientierungsfunktion besteht in der Eindeutigkeit der Kategorisierungen, wie sie im Dualismus des 'Entweder - Oder' enthalten sind.

Welche Alternativen gibt es? Vor allem wäre hier die Frage zu stellen, was es bringen würde, sich auf Ambivalenz und Mehrdeutigkeit einzulassen, auf eine dynamische Multiperspektivität, die fragwürdige Grenzziehungen und Erstarrtes auflöst, andere Grenzen respektiert, aber auch Ängste hervorrufen würde. Meines Erachtens könnte es ein Weg sein, Gewalt abzubauen, einen stärkeren Realitätsbezug herzustellen, Gemeinsamkeiten zu erkennen und bewußt, anstelle von Trennungen, aufzubauen, Unterschiede und Unklarheiten zu respektieren und auszuhalten und darüber ein demokratischeres und gleichberechtigteres Miteinander zu praktizieren.

1. Tatsächlich sind Fremdes und Eigenes im Laufe der Geschichte viele Symbiosen eingegangen, freiwillige wie erzwungene, so daß viele konstru-

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ierte Trennungslinien wenig Realitätsbezug haben. Nach mehr als 500 Jahren Kolonialismus, in denen Europäer sich ungerufen und zum Teil gewalttätig in der restlichen Welt ausgebreitet haben, sowie angesichts internationaler Verflechtungen, in die das exportabhängige Deutschland wie kaum ein anderes Land eingebunden ist, muß man/frau sich fragen, was in der Fremde Fremdes und was Eigenes ist. Die Tourismus-Inseln, die Einheimische auf ihrem eigenen Territorium ausgrenzen, die Weltmarktfabriken und Agroplantagen, die Einheimische einbinden, um für den Bedarf der Industrieländer zu produzieren, die Waffen, mit denen dort gekämpft wird, und der Giftmüll, der dort abgeladen wird - all diese Entwicklungen, bei denen die Industrieländer eigene Probleme und Profitinteressen in die Fremde auslagern und diese dafür vereinnahmen, finden kontinuierlich statt. Es gehört offensichtlich mit zu dem Verständnis einer Dominanzkultur, die Deutschen hätten das Recht, sich überall auszubreiten, d.h. fremde Regionen für ihre militärischen, ökonomischen und touristischen Interessen zu vereinnahmen („Wir bezahlen ja dafür", heißt es dann) und andererseits Fremde aus Deutschland auszugrenzen. Umgekehrt ist vieles, was als Eigenes empfunden wird, aus der Fremde gekommen, so daß es einigen historischen Wissens bedarf, um die zahlreichen Fremdeinflüsse noch als solche zu erkennen. Dies betrifft z.B. die muslimische Kultur, die ihre Spuren weit über Medizin, Mathematik oder Astronomie hinaus in Europa hinterlassen hat. An diese Fremdeinflüsse erinnerte in eingängiger Form ein Plakat, das in verschiedenen Städten zu sehen war, und auf dem in etwa stand: „Dein Christus ist ein Jude, Dein Auto ein Japaner, Dein Kaffee brasilianisch. Deine Pizza italienisch. Deine Demokratie griechisch. Deine Zahlen arabisch. Deine Schrift lateinisch und Dein Nachbar nur ein Ausländer?" Man könnte noch hinzufügen. Deine Vorfahren sind RömerInnen, BerberInnen, HugenottInnen, NiederländerInnen, PolInnen etc., und ebenso könnten sie auch aus Afrika, Rußland, Italien, Griechenland, Jugoslawien oder der Türkei stammen. Deutsch sein ist nach diesem Verständnis also aus einer multikulturellen Vorgeschichte erwachsen.

Es ist eine dringende Aufgabe der Bildungsarbeit, diese historischen Entwicklungen und internationalen Verflechtungen zu vermitteln, u.a. um der weit verbreiteten Vorstellung entgegenzuarbeiten, Migration sei ein Merkmal von 'Fremden' und zudem nur dieser Zeit (zur Geschichte der Wanderungsbewegungen vgl. Bade 1992). Über die Einbeziehung von biogra-

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phischen Untersuchungen in den eigenen Familien und im Verwandten- und Bekanntenkreis könnten Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Wanderungsbewegungen von Deutschen und Nicht-Deutschen erarbeitet werden. Eßgewohnheiten, Kleidung, Technik etc. vermögen einen persönlichen Zugang zu weltgesellschaftlichen Verflechtungen herzustellen und dadurch das Verstehen abstrakter und scheinbar weit entfernter Prozesse zu erleichtern. Ebenso läßt sich der heutige Rassismus gegen schwarze und andere Menschen nur unter Einbeziehung des deutschen Faschismus und Kolonialismus verstehen.

2. ist zu berücksichtigen, daß das, was als fremd bezeichnet wird, unterschiedlich ist, je nachdem, wann wer wo danach gefragt wird. Die 'Fremden', die heutzutage in „brain stormings" oder Assoziationsübungen von Deutschen der „Dominanzkultur" auftauchen, sind überwiegend TürkInnen und MuslIminnen sowie dunkelhäutige Menschen (Flüchtlinge) aus Afrika und Asien und manchmal Roma. Menschen jenseits unserer staatlichen Grenzen, von den Nachbarländern bis hin zu den Khoisan in der Kalahari-Wüste oder den Ureinwohnern Australiens, geraten kaum in unsere Wahrnehmung, wenn wir an ‘Fremde' denken. Es ist also festzustellen, daß Fremde vor allem Menschen sind, die in diesem Land und nicht außerhalb der deutschen Grenzen leben.

Dieses Nähe-Distanz-Verhältnis zum Fremden beschrieb Georg Simmel (1908, S. 685f.) zu Anfang dieses Jahrhunderts wie folgt: „Die Einheit von Nähe und Entferntheit, die jegliches Verhältnis zwischen Menschen enthält, ist hier zu einer, am kürzesten so zu formulierenden Konstellation gelangt: die Distanz innerhalb des Verhältnisses bedeutet, daß der Nahe fern ist, das Fremdsein aber, daß der Fremde nah ist. ... die Bewohner des Sirius sind uns nicht eigentlich fremd (...), sondern sie existieren überhaupt nicht für uns, sie stehen jenseits von Fern und Nah. Der Fremde ist ein Element der Gruppe selbst..."

Allerdings erhalten nicht alle hier lebenden Fremden die Zuschreibung des Fremden. Es sind diejenigen, bei denen Fremdheit an äußeren sowie an kulturell-religiösen Merkmalen festgemacht werden kann. Äußere Merkmale sind dabei für die Zuschreibung von Fremdheit so gewichtig, daß auch schwarze Deutsche und andere Nachfahren aus bi-kulturellen Ehen darunter subsumiert werden.

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Wie nahe das 'Fremde' am Eigenen angesiedelt ist, geht auch aus früheren Lexika hervor. So waren die „Ortsfremden", denen von „Fremdenverkehrsbüros" „Fremdenzimmer" vermittelt wurden (und werden) üblicherweise Deutsche (rororo-Lexikon in neun Bänden, 1966). Aber selbst bei Ortsfremden hört das Fremdsein in Deutschland nicht auf. So heißt es in Grimms Deutschem Wörterbuch von 1854 (S. 125f): „Man sagt, wir haben heute fremde, d.h. gäste zu tisch, auch wenn es nachbarn sind." Oder:

„ein mann hat drei kinder, zwei eigne söhne und eine fremde tochter (der frau aus erster ehe); ... unter seinen mädchen sitzt auch ein fremdes (nicht ein ausländisches, sondern ein nachbarnkind, das nicht in die familie gehört.)"

Für die Bildungsarbeit wäre es sicher wichtig zu wissen, daß Kategorien wie „Fremde, Andere, Ausländer" und „Einheimische, Eigene, Inländer" keinesfalls die Trennschärfe aufweisen, die sie suggerieren, sondern daß die Übergänge fließend sind und immer wieder neue Beziehungen zwischen Fremdem und Eigenem konstruiert werden können - üblicherweise von Mitgliedern der Dominanzkultur. Nach mehr als 30 Jahren Zusammenleben mit MigrantInnen, die nicht ungebeten kamen, sondern gerufen worden sind, kann man/frau sich fragen, wie fremd die MigrantInnen und deren Kinder, die hier geboren sind, deren Heimat de facto hier ist, noch wirklich sind, wieviel an gemeinsamer Sozialisation uns inzwischen neben Unterschieden verbindet, und ob das, was als fremd an ihnen wahrgenommen wird, nicht z.T. das Ergebnis der Be-Fremdung und Be-Mächtigung ist, die sie hier in Form von Ausgrenzung wie auch Vereinnahmung erleben. Andererseits ist zu fragen, wieviel Gemeinsamkeit zwischen Deutschen besteht, die seit Generationen verstreut um den Erdball leben? Wie schwierig es ist, Gemeinsamkeit auf Deutschtum aufzubauen, erleben Ost- und Westdeutsche ja zur Zeit im Prozeß der Wiedervereinigung.

3. Analog zum Dualismus Fremdes - Eigenes wäre auch ein geschlechtsrollenspezifischer Dualismus in Frage zu stellen. Er ist zu stereotyp, als daß er die realen Lebenswelten vieler Männer und Frauen angemessen erfassen könnte. Die Gemeinsamkeiten an Lebenserfahrungen, Deutungsmustern und Wertmaßstäben, die Männer und Frauen derselben Gesellschaft trotz geschlechtsspezifischer Sozialisationsunterschiede teilen, geraten dabei völlig aus dem Blick, obgleich sie sich, wie Untersuchungen zu Rechtsextremismus unter Frauen zeigen, besonders deutlich im Hin-

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blick auf das 'Fremde' offenbaren. Auch trägt die Fixierung auf das Geschlecht als einzigem sozialen Rollenzuweiser unter Ausklammerung von Klassen-, Schicht-, ethnischer Zugehörigkeit etc. dazu bei, daß die nicht durch das Geschlecht determinierten Anteile von Frauen an der Macht und an der Absicherung patriarchalischer Herrschaft ausgeblendet werden.

Schließlich wird bei einer Reduzierung von Trennungslinien auf männlich/weiblich übersehen, daß arbeitsteilige kapitalistische Gesellschaften vielfältige Trennungslinien produzieren (Jung/Alt, Kopf-/Handarbeit, Inländer/Ausländer, Gesunde/Kranke, Arme/Reiche, Gebildete/Ungebildete etc.), die ihrerseits einen großen Einfluß auf die Lebensgestaltungsmöglichkeiten von Frauen und auch von Männern haben.

4. Sinnvoller ist es daher, von einem Konzept der Pluralität von Subjektpositionen auszugehen, das auch die Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen erfaßt, die sich dem dualistischen Verständnis von männlich - weiblich, fremd - eigen, ost - west etc. entziehen. Diesem Konzept von differentiellen Subjektpositionen kommt in der interkulturellen Bildungsarbeit insofern ein wichtiger Stellenwert zu, als es die simplen Dualismen, „Du Türke - ich Deutsch" (oder verletzend: „Sind Sie Jüdin oder Feministin?"/Levine 1994 oder persiflierend: „Du schwarz - ich weiss"/Riepe 1992) in komplexere und realitätsgemäßere Zugehörigkeiten überführt. Solche Zugehörigkeiten können dafür sensibilisieren, daß es unterschiedliche „Wir" geben mag. Das „Wir" kann sich auf die Familie, auf Freunde, auf eine Jugendgruppe, einen Klassen- oder Schulverband, auf eine Berufsgruppe, eine Firma, auf eine Stadt, eine ethnische Gruppe oder Untergruppe, auf das Geschlecht, die Staatsangehörigkeit, das Territorium des multikulturellen Deutschland beziehen sowie auf Europa, andere Kontinente oder auf die sogenannte 'Eine Welt'. Diese „Wir" bilden sich heraus, bleiben erhalten oder vergehen wieder, sie sind von kurzer oder längerer Dauer, sie können ins Bewußtsein gebracht oder ignoriert, gefördert oder - zugunsten von Dualismen - vernachlässigt werden, sie mögen tief im Unbewußten verankert sein wie die Bindungen aus der frühen Kindheit oder eher bewußt erzeugt werden, sie können ausgrenzend und vereinnahmend sein, und ebenso können sie sich ergänzen. Sie spiegeln die verschiedenen Facetten der eigenen Lebenswelt wider und die Verbundenheit mit wie auch die Grenzen zu anderen. Ein differentielles Wir ermöglicht es, ethnien- und andere Zugehörigkeiten übergreifende Gemeinsamkeiten her-

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zustellen (sei es über eine multikulturelle Fußball-AG, über eine Folkloregruppe oder eine AG, die gegenseitige Fremd- und Feindbilder aufarbeiten möchte; zu letzterem vgl. Atac-Geiger 1994). Die Möglichkeit des Balancierens zwischen verschiedenen Wir muß sicherlich geübt, handlungsorientiert erfahren und bewußt gemacht werden. Denn vorherrschend ist eine „entweder-oder"-Auffassung, wie sie sich z.B. in dem zum Teil sehr aggressiven „Nein" zur doppelten Staatsbürgerschaft für MigrantInnen äußert sowie in anderen Vorstellungen, die keinen Raum dafür lassen, sich als deutsch und türkisch, als schwarz und deutsch und afrikanisch, jüdisch und feministisch selbst zu bestimmen.

5. Schließlich wäre auf psychologischer Ebene das ausgegrenzte Eigene, wie bspw. Projektionen, nicht mehr dem Fremden zu unterstellen, sondern als Eigenes zu erkennen. Ebenso wäre das als Eigenes vereinnahmte Fremde als Fremdes zu respektieren (z.B. zu erkennen, daß so manche Leistungen, die Deutschen Stolz und Selbstwert vermitteln, nicht von diesen allein, sondern auch von vielen anderen erbracht worden sind) - und auszuhalten, daß dieser Prozeß wahrscheinlich niemals in Eindeutigkeit münden wird. Möglicherweise entsteht daraus ein anderes Bewußtsein für die eigenen „Innenwelten" oder, wie der Philosoph Waldenfels (1991, S. 67) es beschreibt, für die „Andersheit meiner selbst. - Wenn Eigenes sich im Zusammenspiel mit Fremdem herausbildet, so dringt die Andersheit auch in die Sphäre der Intrasubjektivität ein. Es gibt dann keinen originären Eigenbereich, der eine Selbstaneignung oder auch eine Fremdaneignung zuließe... das Ich findet nie ganz und gar seinen Ort und ist somit nie völlig es selbst, sondern immer auch ein anderes."

Alternativen zu Ausgrenzung und Vereinnahmung sind in der historisch-gesellschaftlichen Realität genügend vorhanden, sie müssen nur wahrgenommen, mit Bedeutung, Sinn belegt und bewußt gelebt werden. Auch muß das Bedürfnis nach Macht sowie nach einfacher Entlastung und Orientierung durchschaut werden, das immer wieder eine Tendenz zum Dualismus erzeugt.

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