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[Seite der Druckausg.: Fortsetzung S. 10]

3. Hausarbeit als geschlechtsspezifische Arbeit von Frauen

Haus- und Sorgearbeit in privaten Haushalten ist überwiegend Frauenarbeit, ob sie unbezahlt, ungeschützt oder professionell erbracht wird, und sie ist eine typische Frauenarbeit. Frauen leisten nach der Zeitbudget-Untersuchung im Durchschnitt ca. 35 Stunden in der Woche unbezahlte Arbeit, Männer

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allerdings nur 20 Stunden. Demgegenüber haben Frauen im Durchschnitt nur 15 Stunden in der Woche bezahlte Arbeit, Männer dagegen 30 Stunden. 80% der von Frauen geleisteten unbezahlten Arbeiten sind hauswirtschaftliche Dienstleistungen. Leben Mann und Frau zusammen, übernimmt der Mann im Durchschnitt ein Viertel der klassischen Hausarbeit wie Putzen und Kochen, während die Wäschepflege fast ausschließlich von Frauen übernommen wird. Frauen haben immer den Löwenanteil der hauswirtschaftlichen Arbeit, sie leisten täglich in folgendem Umfang mehr Stunden Hausarbeit als Männer:

  • Sind Frau und Mann erwerbstätig ohne Kinder, leisten Frauen 2,5 Stunden mehr Hausarbeit als Männer.
  • Sind Kinder vorhanden und nur der Mann erwerbstätig, leisten Frauen 4,17 Stunden mehr Hausarbeit als Männer.
  • Sind Kinder da und beide erwerbstätig, leisten Frauen 2,5 Stunden Hausarbeit mehr als Männer.
  • Sind beide über 60 Jahre und nicht erwerbstätig, leisten Frauen 2,19 Stunden mehr Hausarbeit als Männer. (BMFuS, S. 12)

Auch die Kinderbetreuung ist überwiegend Frauensache. Sind Kinder unter 6 Jahren vorhanden, wenden erwerbstätige Mütter im Durchschnitt mehr als doppelt so viel Zeit für die Kinderbetreuung auf als die erwerbstätigen Väter, nichterwerbstätige Mütter mehr als das Dreifache als die Väter. Die geringe Beteiligung der Männer an Haus- und Sorgearbeit wird auch durch andere Untersuchungen belegt, sie ist über alle Schichten hinweg vorhanden, in Ost und West, Stadt und Land nachzuweisen (IPOS 1994).

Hausarbeit wird aber nicht nur unbezahlt überwiegend von Frauen erledigt, auch unter denen, die in sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen oder in Schwarzarbeit die hauswirtschaftlichen Dienstleistungen in den Privathaushalten erbringen, liegt der Frauenanteil bei ca. 90% . Der Umfang dieser ungeschützten Arbeit ist enorm: Schätzungen bzw. Erhebungsergebnisse schwanken zwischen Angaben über 700.000 (Ochs 1996) und 2,4 Millionen (Odiema 1992) dieser Arbeitsverhältnisse. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Privathaushalten ist dagegen verschwindend gering, 1995 waren es 35000 Personen, der Frauenanteil betrug 89%.
In den Berufen, in denen der Arbeitsplatz in privaten Haushalten liegt, (Hauswirtschafter/-in, Kinderpfleger/-in, Altenpfleger/-in und Familienhelfer/-inn) werden ganz überwiegend Frauen ausgebildet.

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Demnach gibt es im Bereich hauswirtschaftlicher Dienstleistungen einen überwiegend weiblichen unbezahlten Haus- und Sorgearbeitsbereich, einen fast ausschließlich weiblichen Schwarzarbeitsmarkt, einen fast ausschließlich weiblichen Erwerbsarbeitsmarkt mit ungeschützten Beschäftigungsfeldern und einen relativ unbedeutenden Teilarbeitsmarkt für typische Frauenberufe. Die geschlechtsspezifische Segregation, also die Spaltung in geschlechtsspezifische Teilarbeitsmärkte, so ist aus der feministischen Arbeitsmarktforschung bekannt, hat immer zur Folge, daß die typischen Frauenarbeitsmärkte schlechtere Bedingungen, schlechtere Bezahlung und schlechteres Ansehen aufweisen als die typisch männlichen Teilarbeitsmärkte. Begründungen, die auf die besondere Eignung der dort anfallenden Arbeitsaufgaben für Frauen bzw. Männer oder gar der Frauen bzw. der Männer für die Arbeitsaufgaben rekurrieren, basieren auf den traditionellen Geschlechterbildern und stimmen mit der Arbeitsrealität nicht überein (Stiegler 1995). Eine Arbeitsmarktpolitik, die die geschlechtsspezifische Segregation als Frauendiskriminierung wahrnimmt, müßte daher versuchen, eine Mischung der Geschlechter in allen Arbeitsfeldern herzustellen und dürfte auf keinen Fall neue geschlechtsspezifische Segregationen fördern.

In der Debatte um die Neuorganisation der Hausarbeit fehlt diese Perspektive auf das Geschlechterverhältnis in den Arbeitsmärkten, obwohl alle Bemühungen mit der schlechten Arbeitsmarktlage der Frauen begründet werden. Die soziale Absicherung hauswirtschaftlicher Arbeitsplätze steht im Vordergrund. Sicher ist es auch für die betroffenen Frauen von Vorteil, wenn sie, anstatt in ungeschützten oder schwarzen Arbeitsverhältnissen zu bleiben, durch ihre Arbeit in die sozialen Sicherungssysteme aufgenommen werden. Dennoch wird durch die aktive Förderung eines solchen Arbeitsmarktsegmentes die Voraussetzung dafür geschaffen, daß immer mehr Frauen hier ihren Platz finden. Die Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wird durch die Schaffung eines Teilarbeitsmarktes im hauswirtschaftlichen Bereich nicht abgebaut sondern verstärkt: Dieses neue Arbeitsmarktsegment wird sich schnell mit all denen füllen, die auf dem Arbeitsmarkt ansonsten wenig Chancen haben: Junge Frauen, die nach der Ausbildung in typischen Frauenberufen nicht übernommen werden, qualifizierte Frauen nach der sogenannten Familienphase, Frauen aus der Erwerbslosigkeit. Die Erfahrungen in Ostdeutschland haben gezeigt, daß hochintelligente Mädchen sehr schnell zu den Benachteiligten des Arbeitsmarktes geworden sind und überproportional in sogenannten Maßnahmen gefördert werden, z.T. auch hauswirtschaftlich ausgebildet

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werden. Ebenso ist hervorragend ausgebildeten Frauen, die durch den Strukturwandel erwerbslos geworden sind, die Umschulung zur Hauswirtschafterin angeboten worden

Die Haus- und Sorgearbeit ist gesellschaftlich nicht nur verdrängt, sie ist auch abgewertet. Diese Abwertung drückt sich unter anderem darin aus, daß sie als ideales Beschäftigungsfeld für Benachteiligte erscheint. Undifferenziert wird Hausarbeit dabei als eine Gesamtarbeit betrachtet und Kinderbetreuung und Einkaufsdienste auf eine Stufe gestellt. Die Komplexität der Haus- und Sorgearbeit wird weder gesehen noch bewertet. Alles, was an Arbeit in einem Haushalt anfällt, gilt als Hausarbeit und kann angeblich als haushaltsnahe Dienstleistung von jedermann bzw. jeder Frau erbracht werden. Diese Pauschalisierung zeigt, wie unklar die Vorstellungen über die Qualität, die Anforderungen und die Belastungen bei den so verschiedenen Arbeiten in privaten Haushalten sind. In vielen Modellversuchen werden schwer vermittelbare erwerbslose Frauen, Langzeitarbeitslose oder ähnliche Zielgruppen der Arbeitsmarktpolitik in Dienstleistungsagenturen aufgenommen. So wird durch die Frauen, die bereits auch durch die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt stigmatisiert sind, die Stigmatisierung des Berufsfeldes verstärkt. Die Haus- und Sorgearbeit in privaten Haushalten wird nicht in ihrer anspruchsvollen Qualität, sondern eher in ihrer fast unendlichen Integrationsfunktion genutzt. Die Chancen, qualifizierte Arbeitsfelder zu schneiden und zu bedienen, die Arbeit zu differenzieren, neu zu definieren und damit aufzuwerten, wird damit vertan. Die Gefahr einer weiteren Abwertung von traditionellen Frauenberufen wie Familienpfleger/-in, Hauswirtschafter/-in und Kinderpfleger/-in ist nicht zu übersehen. Eine der Folgen dieser fortgesetzten Abwertung wird sein, daß die äußerst niedrige Vergütung in diesem Segment erhalten bleibt.

Sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze für Frauen gibt es demgegenüber eher in gemischt geschlechtlichen Arbeitsmarktsegmenten oder in traditionellen Männerbereichen, interessante Arbeitsplätze in den von Frauen selbst geschaffenen Projekten. Hier liegen die Alternativen für eine Förderung der Frauenerwerbsarbeit. Um die negativen Effekte weiterer Segregation abzuschwächen, sollten mindestens gleichzeitig Beschäftigungsprogramme für Frauen in diesen Bereichen politisch gewollt und finanziell gut ausgestattet werden.

Das Frauentypische an der Hausarbeit ist die dienende und unterstützende Hilfsfunktion, die in das traditionelle Frauenbild paßt. Ein Teil der Hausarbeit

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ist der Dienst für Männer, die diese Arbeit weder für sich noch für ihre Kinder oder pflegebedürftigen Verwandte tun. Bei jeder globalen Subventionierung hauswirtschaftlicher Dienstleistungen durch den Staat wird diese fatale Verschleierung der Dienste für erwachsene Männer fortgesetzt, und damit diese Form der Geschlechterhierarchie stabilisiert. Es muß also bei der politischen Neugestaltung dieser Arbeit eine wichtige Rolle spielen, welche Arbeit für wen in den Haushalten geleistet und staatlich gefördert wird. Wenn die Ehegattin und Mutter keinen Unterschied beim Füllen der Waschmaschine zwischen Oberhemd und Kinderpullover machen kann, darf diese Verklitterung bei der gesellschaftlichen Gestaltung dieser Arbeit nicht reproduziert werden. Der verborgene Mechanismus, mit dem der Ehemann bei der Versorgung der Kinder durch die Ehefrau gleichzeitig mitversorgt wird, muß gesehen und außer Kraft gesetzt werden. Eine Alternative zur finanziellen Förderung der Bedienung des Mannes wäre die Schaffung politischer Voraussetzungen, die es ermöglichen, daß jeder erwachsene Mensch die Zeit und die Kompetenz besäße, die für ihn oder sie selber erforderlichen Hausarbeiten zu leisten. Dazu wäre nicht nur die Verkürzung der Normalarbeitszeit erforderlich, dazu müßte auch die Wertschätzung dieser Arbeit wachsen und die Entprivilegierung der Männer von ihrem offenbar natürlichen Recht auf Bedienung durchgesetzt werden.

Die Hausarbeit darf also nicht undifferenziert als Komplex, so wie sie z.Zt. erscheint, behandelt werden. Um nicht zur Stabilisierung der Geschlechterhierarchie beizutragen, muß unterschieden werden in die Arbeit, die jemand für sich selber tut, und die Arbeit, die jemand für andere tut, die sie selber nicht leisten können, bzw. für andere, die sie selber nicht leisten wollen. Das Konzept der SPD-Fraktion zeigt Ansätze zu dieser Differenzierung, denn die staatliche Unterstützung wird nicht pauschal für alle Dienstleistungen in privaten Haushalten gewährt, sondern nur, wenn der Haushalt bestimmte Kriterien erfüllt, wenn also kleine Kinder da sind oder Betagte. Nicht deutlich benannt, aber faktisch ist damit eine reine Dienstleistung für Erwachsene aus der staatlichen Förderung herausgenommen. Das CDU-Modell sieht demgegenüber im Jahressteuergesetz 1997 gar keine Differenzierung nach sozialen Kriterien mehr vor. Danach wird jede Art von haushaltsnaher Dienstleistung, egal für wen sie geleistet wird, subventioniert. Genauso, wie die unbezahlte Arbeit der Ehefrau, soweit sie sie ausschließlich leistet, durch das Ehegattensplitting staatlich gefördert wird, wird nun die minderbezahlte Arbeit von Frauen für erwachsene Männer einer oberen Klasse staatlich gefördert. Die Struktur, in der der Ehemann sich neben oder statt der unbezahlt

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arbeitenden Ehefrau von einer zweiten minderbezahlten Frau die persönlichen Dienstleistungen erbringen läßt, bleibt erhalten und darüber hinaus wird sie staatlich unterstützt. Das Subsidiaritätsprinzip, ein Lieblingsprinzip konservativer Sozialstaatsdenker und ein hervorragendes Sparinstrument, wird an dieser Stelle mit Füßen getreten: Gerade gut verdienende erwachsene Männer könnten sich selber helfen, was ihre Grundversorgung angeht. Sie sind auf keinen Fall eine Zielgruppe sozialstaatlicher Unterstützung, wozu sie allerdings nach dem CDU Konzept gemacht werden. Dieses Konzept muß als Verstärkung der Geschlechterhierarchie interpretiert werden.

Während das frauentypische Dienen für den (Ehe)-mann nicht durch weitere politische Maßnahmen verstärkt werden darf, ist das sogenannte Frauentypische an der Hausarbeit, wenn sie für Kinder, Kranke und Alte geleistet wird, als geschlechterideologisch zu entlarven: Diese Arbeit ist gesellschaftlich notwendig, basiert nicht auf Privilegien sondern auf Lebensbedürfnissen und ist gesellschaftliche Arbeit, bei der die, die sie tun, wenn sie es brauchen, umfassend zu unterstützen sind. Eine solche Unterstützung ist jedoch auch nach dem SPD-Modell noch nicht vorhanden, denn es ist in dieser Hinsicht unzulänglich ausgestattet. Wer die Einkommensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland betrachtet, sieht, daß insbesondere Alleinerziehende und Paare mit Kindern unter 6 Jahren über die geringsten finanziellen Ressourcen verfügen: In diesen Haushalten ist aber die Menge der für Kinder zu leistenden Hausarbeit sehr viel größer als in Haushalten mit älteren Kindern oder ohne Kinder. Gerade diese Haushalte werden aber auch keine 15 DM Stundenlohn aufbringen, um sich von der notwendigen Hausarbeit zu entlasten. Das SPD Modell in der jetzigen finanziellen Ausstattung überfordert ihre ökonomische Kraft bei weitem. Demgegenüber würde das Modell zumindestens für eine bestimmte wohlhabende Gruppe der Betagten wirksam. Alte Menschen, die ihre Hausarbeit nicht mehr alleine schaffen und eine wohnungsnahe Unterstützung brauchen, werden nach dem SPD-Modell sozialstaatliche Unterstützung erhalten. Untersuchungen haben ergeben, daß ein Viertel der Männer und 7% der Frauen über 80 Jahren nicht mehr in der Lage sind, sich selber hauswirtschaftlich zu versorgen (Bäcker u.a. 1995) und darüber hinaus 45% der über 65jährigen noch im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung wohnen. Wenn diese Gruppe über die Dienstleistungsagenturen und Gutscheine bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unterstützt werden, so entlastet das auch wiederum viele Frauen, die als Töchter, Schwiegertöchter, Nichten oder Enkelinnen diese Arbeit bisher unbezahlt verrichten.

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Alle Konzepte zur Neuorganisation der Hausarbeit sind in einer geschlechtsneutralen Form formuliert. Nach dem CDU-Modell kann auch eine gut verdienende Single-Frau die Steuererleichterung in Anspruch nehmen. Diese Möglichkeit widerlegt allerdings nicht die oben beschriebene Wirkung auf das Geschlechterverhältnis: Angesichts der Einkommensverteilung zwischen Männern und Frauen, angesichts aber auch der Hausarbeitssozialisation von Frauen werden es mehrheitlich gut verdienende Paare sein, die die Steuervergünstigung nutzen, und für die die staatliche Unterstützung der Hausarbeit eine staatliche Unterstützung der Arbeit für sich selber ist. Die 2,2 Millionen Haushalte der DINKS ( doppeltes Einkommen, keine Kinder) sind auch die Zielgruppe des CDU-staatlichen Steuervorteils: Sie profitieren von der angebotenen Steuererleichterung am meisten, für sie rechnet sich die vermehrte Beschäftigung für hauswirtschaftliche Dienstleistungen. Für den immer schon von der Hausarbeit entlasteten Ehemann ändert sich wenig, er muß allerdings einen staatlich subventionierten Preis für die Dienstleistungen an seiner Person bezahlen. Für die Ehefrau bringt dieses Konzept eine Entlastung von der konkreten Arbeit, allerdings muß sie ebenfalls einen subventionierten Preis bezahlen. Die immer schon in den oberen Schichten praktizierte Verlagerung der Hausarbeit von der Ehefrau auf eine andere Frau, die dafür minderbezahlt wird, bringt keine generelle Veränderung in der Geschlechterhierarchie. Die Bedienung der Männer durch Frauen, auch wenn sie bezahlt erfolgt, bleibt erhalten. Veränderungen gibt es allerdings innerhalb der Geschlechtergruppe Frauen: Die Bezahlung vormals unbezahlter Hausarbeiten für Männer hat unterschiedliche Folgen für die betroffenen Frauen: Für die Ehefrau erhöht sich die Unabhängigkeit vom Ehemann dadurch, daß sie selber nicht mehr diese Arbeit für ihn leisten muß, statt dessen einer Erwerbsarbeit mit eigenem Einkommen nachgehen kann. Eine solche Entlastung gibt es für die dienstleistende Frau in keiner Weise: Bei ihrem geringen Einkommen aus der Hausarbeit für Fremde wird sie es sich nicht leisten können, eine andere Frau für ihre eigene Hausarbeit zu bezahlen, also wird sie ihrerseits die Hausarbeit auch für ihren Ehemann unbezahlt leisten. Eine relative Verbesserung ihrer Situation ergibt sich dann, wenn sie mit ihrem eigenen Lohn auch eine eigenständige soziale Absicherung erhält, ein kleiner Schritt in die Unabhängigkeit vom Ehemann oder vom Staat. Betrachtet man den hohen Anteil von Migrantinnen, die zur Zeit in ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen Hausarbeit verrichten, und oft sogar über eine, in Deutschland nicht anerkannte hohe Qualifikation in technischen, medizinischen oder pädagogischen Feldern besitzen, dann zeigt

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sich eine andere Ungleichheit zwischen Frauen: Während die einen einer Erwerbsarbeit nachgehen und die ungeliebte Hausarbeit für ein geringes Entgelt übertragen, bietet dieses Entgelt für die anderen die einzige Chance, Geld zu verdienen, weil sie als Migrantinnen keine Anerkennung ihrer Qualifikationen erhalten und keine andere Erwerbsarbeit bekommen. Diese Entwicklung verweist auf eine neue, internationale Arbeitsteilung zwischen Frauen, bei der die Ungleichheit über die ethnische Herkunft hergestellt wird (Friese 1995).

Der Fortschritt für die Frauen, die ökonomisch stark genug sind, sich zu entlasten, wird mit einem strukturellen Rückschritt erkauft: Der Frauenarbeitsmarkt wird durch den Aufbau eines neuen, minderen Segmentes verschlechtert, die patriarchale Dienstleistungsform nicht aufgehoben: Frauen verrichten für Männer die Reproduktionsarbeiten.

Die Problematik der geschlechtsspezifischen Segmentierung und Schaffung eines minderen Frauenerwerbsarbeitsmarktes statt dessen Auflösung ist in beiden Modellen nicht gelöst, die geschlechtstypische Problematik der staatlichen Subventionierung von Männern für hauswirtschaftliche Dienstleistungen von Frauen wird im SPD-Modell ansatzweise berücksichtigt. Bislang gibt es wenig politische Kräfte, die auf eine Verlagerung der Hausarbeit auf Männer setzen:

Neben der individuellen Qualifizierungschance insbesondere in sozialer Kompetenz wäre das auch ein indirektes, aber hochwirksames Programm zur Förderung der Erwerbsarbeit von Frauen. Würden nämlich Männer ihre Erwerbsarbeitszeit um die Zeit reduzieren, die sie zur Hausarbeit brauchen, entstünde dadurch ein großer Bedarf an Arbeitskräften, der durch Frauen gedeckt werden könnte, und zwar in allen Arbeitsmarktsegmenten, in denen Männer arbeiten, insbesondere auch in denen, die bessere Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen bieten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999

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