Bibliothek der FESNetz-QuellePressemitteilungenHilfeImpressum

Zum Thema: Gewerkschaften in der Dritten Welt

Freie, demokratische und handlungsfähige Gewerkschaften -
Säulen demokratischer und zivilgesellschaftlicher Entwicklungen auch in der Dritten Welt

Jährliche Berichte vom Internationalen Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) oder von Amnesty International (AI) zeigen, dass vor allem in Ländern der Dritten Welt Gewerkschaften und Gewerkschafter nicht nur wachsendem politischen Druck und zunehmender Einschränkung ihrer Rechte ausgesetzt sind - sondern häufig auch Opfer von Gewalttaten. In seinem Jahresbericht 2005 berichtet der IBFG von 145 ermordeten Gewerkschaftern, einer steigenden Zahl von Morddrohungen und Repressalien gegen Gewerkschafter.
Daher ist die Solidarität und die Unterstützung durch Gewerkschaften in demokratischen Rechtsstaaten, durch NGOs und internationale Gewerkschaftsorganisationen dringend geboten. Wie unsere Geschichte zeigt, führt nur die gemeinsame und solidarische Interessenvertretung der Arbeitnehmer mit ihren Gewerkschaften zu menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen.

Die Gewerkschaften werden durch die weitreichenden Folgen der ökonomischen Globalisierung vor bislang unbekannte Herausforderungen gestellt. Traditionelle Handlungsmuster greifen nicht mehr und national begrenzte Strategien erweisen sich oft als unzureichend. Die Internationalisierung von Kapital, Produktion und Dienstleistungen sowie das politische Gewicht der transnationalen Unternehmen bei der Setzung globaler Regeln zwingen Gewerkschaften, auch auf globaler Ebene aktiv zu werden, wenn sie dem Anspruch, soziale Rechte der Arbeitnehmer weltweit zu vertreten, gerecht werden wollen.

Gerade für Gewerkschaften in der Dritten Welt ist die internationale Solidarität von großer Bedeutung, um die Interessen der Arbeitnehmer wirksam vertreten zu können. Wenn eine Gewerkschaft einer internationalen Gewerkschaftsorganisation ihrer Branche angehört, wird es für Unternehmen schwieriger, ihre Wünsche und Forderungen zu ignorieren. Die Finanzmacht großer Unternehmen braucht das Gegengewicht einer starken internationalen Gemeinschaft der Arbeitnehmer. Denn weder der Markt noch ein fortschreitend liberalisierter und deregulierter Weltmarkt garantiert Arbeitnehmern ein lebensnotwendiges Einkommen oder menschenwürdige Arbeitsbedingungen. In diesem Sinne sind Gewerkschaften keine Organisationen Europas oder des "Westens", sondern Organisationen zur Interessenvertretung von Arbeitnehmern weltweit.

Internationale Gewerkschaftsorganisationen, die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) oder Institutionen wie die Friedrich-Ebert-Stiftung nutzen eine breite Palette von Möglichkeiten und Instrumenten, um Gewerkschaften in der Dritten Welt zu unterstützen: Neben der direkten Unterstützung der Organisationen vor Ort werden Rahmenabkommen über Arbeitsbedingungen mit weltweit tätigen Unternehmen gefördert, die Entwicklung regionaler gewerkschaftlicher Zusammenarbeit und der internationale Austausch. Neue Ansätze unter Mitwirkung der FES sind die Entwicklung eines Masterstudienganges "Labour Policies and Globalisation", zu dem Gewerkschafter aus allen Teilen der Welt für ein Jahr an Hochschulen in Kassel und Berlin eingeladen werden, oder die Kooperation der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem 2004 gegründeten internationalen Netzwerk für Gewerkschaftsforschung ("Global Union Research Network"/GURN).

_________________
Rainer Gries
Stellvertretender Leiter der Bibliothek
der Friedrich-Ebert-Stiftung

Gewerkschaften in
der Dritten Welt

Kenia: Automobilarbeiter
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Rainer Gries