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Zur Notwendigkeit des Abschieds vom vergangenen Erfolg

Jeder Versuch, die künftigen Entwicklungsaussichten der südostasiatischen Krisenländer einzuschätzen, muß der großen Lernfähigkeit Rechnung tragen, die die meisten regionalen Eliten in den letzten drei Jahrzehnten unter Beweis gestellt haben. Stichwort: "Fast Learners!" Sie werden aus der Krise lernen, und zwar nachhaltig. Einige haben den Beweis bereits angetreten. Das East Asian Miracle hat stattgefunden. Es war keine Luftspiegelung und auch kein Mythos. Die Krise beweist nur, daß selbst Wunder in einer immer globaler werdenden Wirtschaftslandschaft nicht völlig unfallsicher sind, und genau das macht die Litanei der letzten achtzehn Monate so verdrießlich, was in Asien alles falsch und faul sei, und zwar vornehmlich, weil es nicht so gehandhabt werde wie im neoliberalen Amerika. Dennoch bleibt die Frage: Was wird man lernen (müssen)?

Die Krisengesellschaften müssen lernen, und sie werden es aller Voraussicht nach, daß die Suche nach einer neuen Entwicklungsorientierung unumgänglich ist. Die alten Wege, so sehr sie sich in der Vergangenheit bewährt haben, dürften in Zukunft weitgehend versperrt sein. Das ist eine der grundlegenden Lektionen, die sich aus der fortschreitenden Globalisierung der Weltwirtschaft ergibt und die gelernt werden will, wenn weitere Krisen vermieden werden sollen.

Alle Strategien, die nicht direkt auf unternehmerische Gewinnerzielung ausgerichtet sind, sei es das Denken in Marktanteilen oder sonst irgendein nicht primär gewinnorientiertes Grundverständnis, dürften in Zukunft vor allem deswegen zum Scheitern verurteilt sein, weil - als Ergebnis des permanent steigenden weltweiten Wettbewerbsdrucks - in keinem einzigen Bereich des internationalen Wirtschaftslebens noch solche Gewinnmargen realisiert werden können, die es den Akteuren erlauben, den Aufbau starker Marktpositionen in anderen Bereichen über Jahre hinweg unternehmensintern zu "subventionieren". Damit ist die wesentliche Voraussetzung für die bisherigen Entwicklungs- und Unternehmensstrategien entfallen. Japan war zugleich das erste und letzte Land, das diesen Weg bis zur Spitze der Weltwirtschaft vollenden konnte, aber auch Japan steht - wie seit 1989/90 ersichtlich ist - mitten in einer langwierigen und schweren globalen Anpassungskrise. Für alle anderen ist dieser Weg unter den veränderten weltwirtschaftlichen Bedingungen zu einer Sackgasse geworden ist, was die Suche nach neuen Wegen zu einer nationalen Überlebensfrage macht. Ferner muß für die Länder in der Krise in Zukunft eine neue Maxime der nationalen Entwicklung gelten: Mehr "Look Around", weniger "Look East"! Das ist das, was man in Taiwan, dem unternehmerisch flexibelsten Land in der gesamten Region, schon immer gewußt und getan hat.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2000

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