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TEILDOKUMENT:
Wie kann man den Wohnungsbau verbilligen? Geht man davon aus, daß unter den Anbietern von Wohnungen Konkurrenz herrscht, kann eine Verbilligung des Wohnungsbaus zwei Gruppen zugute kommen: den Wohnungsnutzern und den Grundeigentümern.
Ansatzpunkt 1: Lockerere Bauvorschriften Geringere staatliche Auflagen zur baulichen Qualität und der Ausstattung von Wohnbauten (u.a. Tiefgaragen, Energievorschriften, Schalldämmung) können deren Erstellung verbilligen. Beschleunigte Genehmigungsverfahren wirken in die gleiche Richtung. Einwände:
Ansatzpunkt 2: Rationelleres Bauen Wohnungsbau läßt sich auch ohne Abstriche bei der Qualität verbilligen. Diesem Ziel dienen einheitliche Baupläne, als Folge davon Verwendung massengefertigter Bauteile, durchrationalisiertes Zusammenfügen und bessere Baustellenlogistik, Zusammenfassung von Gewerken sowie von Planung und Durchführung, bessere Materialverwertung, Verarbeitung des Bauaushubs auf dem Grundstück, und andere Rationalisierungsmaßnahmen. Der Effekt ist besonders groß bei Großbauprojekten (über 50 Wohnungseinheiten).
Anreize: Kopplung der Wohnungsbauförderung an rationelles Bauen (z.B. Preisobergrenzen für Förderung oder Zusatzförderung für kosteneffektive Bauvorhaben) Propagierung durch aktive Information potentieller Bauherren sowie durch Vorzeigeprojekte Öffentliche Aufträge an Anbieter durchrationalisierter Bauleistungen im Rahmen von großflächigen Erschließungsmaßnahmen Einwauml;nde:
Ansatzpunkt 3: Billigere Bauleistungen Verbilligung beim Bau kann auf viererlei Weise erreicht werden:
Effizienz ist zum Teil eine Folge der technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen (siehe Ansatzpunkte 1 und 2). Sie kommt aber auch durch verschärften Wettbewerb zustande. Die Wohnungspolitik kann den Wettbewerbsdruck auf die Anbieter von Bauleistungen erhöhen, indem sie bei der Wohnungsbauförderung aktiv eine große Zahl von Angeboten mobilisiert und konsequent nur diejenigen mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis berücksichtigt (Kungelei" zwischen Bauwirtschaft und Wohnungspolitik unterbinden!). Die Effizienzfrage stellt sich auch für die Vorleistungen wie z.B. die Baumaterialien. Der Preis für Bauholz ließe sich etwa durch eine Verkürzung der Vermarktungskette verringern. Niedrigere Gewinne sind ebenfalls die Folge von schärferem Wettbewerb. Dieser ist vor allem zu Zeiten geringer Kapazitätsauslastung der Bauwirtschaft gegeben. Antizyklische Bauförderung (soweit es die Zinsen zulassen) kann dies verstärkt ausnutzen. Mehr Wettbewerb bezieht sich auch auf die gegenwärtig kartellartig festgelegten Gebührenordnungen für Architekten und Ingenieure. Hier wären Änderungen via Gesetzgebung nötig (z.B. Abkopplung der Honorare von den Baukosten). Niedrigeren Arbeitskosten dient der Rückgriff auf ausländische Bauarbeiter. Einwand: Macht einheimische Arbeitskräfte arbeitslos bzw. zwingt sie ebenfalls zum Akzeptieren niedriger Löhne. Da die Begünstigten zum großen Teil Eigenheimerwerber mittleren Einkommens sind, wird so von unten nach oben umverteilt. Gegeneinwand: Im Zuge internationaler Wirtschaftskreisläufe entstehen neue Hochlohnjobs in anderen Bereichen, so wie dies auch bei Billigimporten der Fall ist. Freiwillige Eigenarbeit der Bauherren läßt sich vermehrt einsetzen, wenn die Bauplanung diese Option systematisch miteinbezieht und für die nötigen Voraussetzungen (Werkzeuge, Einweisung u.a.) sorgt. Staatliche Anreize und Propagierung können auch hier aktivierend wirken. Ansatzpunkt 4: Mehr Weisungsbefugnis für Länder/Bund, um kommunalen Widerstand gegen Billigwohnquartiere auszuschalten Die Erstellung von Billigwohnungen mit schlichter Ausstattung ist technisch und baurechtlich möglich. Sie trifft auch auf Nachfrage. Aber sie scheitert in großem Umfang am Widerstand der Kommunen gegen die Entstehung von Unterschicht-Wohnquartieren auf ihrem Gebiet. Da dieser Widerstand im Mehrheitswillen der jeweiligen Bürgerschaft verankert ist und auf kommunaler Ebene deshalb fast stets Mehrheiten findet, läßt er sich nur auf höherer politischer Ebene ausschalten. Das Recht auf angemessenen Wohnraum muß hier gegen den verständlichen Egoismus der betroffenen Nachbarschaften durchgesetzt werden. Diesem Ziel muß ein Teil der kommunalen Selbstbestimmung geopfert werden - ähnlich wie bei Infrastrukturmaßnahmen mit überregionaler Bedeutung. Ansatzpunkt 5: Billigere Erschließung von Bauland Dies haben die Kommunen direkt in der Hand. Sie können sich hier mit weniger hohen Standards begnügen. Ansatzpunkt 6: Flächensparendes Bauen Spielt dort eine Rolle, wo Bauland besonders teuer ist. Hängt dort von den kommunalen Planungsvorgaben ab. Ansonsten wäre größere Flächennutzung pro Wohnungsflächeneinheit billiger (am billigsten sind einstöckige, nicht unterkellerte Bauten). Einwände: Anonymität von Wohnhochhäusern fördert asoziales Verhalten (Vandalismus etc.). Beeinträchtigung historischer Ortsbilder durch Hochbauten. Ansatzpunkt 7: Niedrigere Baulandpreise durch mehr Baulandangebot Ein höheres Angebot an Bauland verringert dessen Knappheitspreis und verbilligt so unmittelbar das Bauen. Außerdem ermöglicht es, zumindest in Randlagen, billiges eingeschossiges Bauen mit seiner extensiven Flächennutzung. Ein höheres Baulandangebot ist vor allem in den Randlagen von Zentren (statt zentrumsfern) wünschenswert (umweltfreundlichere Transportkonsequenzen). Zu nutzen sind auch Gewerbebrachen und dünn bebaute Siedlungsgebiete, die für Verdichtung freigegeben werden können. Der Schlüssel zu all dem liegt bei der kommunalen Planung. Auf sie müßte durch Anreize und gesetzlichen Druck eingewirkt werden. Einwand:Billigeres Bauland führt zu ökologisch unerwünschtem verschwenderischem Umgang damit (Zersiedelung, Landschaftsverbrauch, mehr Transportbedarf). Ansatzpunkt 8: Niedrigere Baulandpreise durch Grundstücksbewirtschaftung Der Preis von Bauland kann durch administrativ verfügte Obergrenzen unter dem Knappheitspreis gehalten werden. Die Zuteilung an die Nachfrager erfolgt dann durch Rationierung. Alternativ kann preistreibende Nachfrage vom Grundstücksmarkt ferngehalten werden (z.B. durch Reservierung von Grundflächen für Wohn- statt Bürobauten, bzw. für große Wohnanlagen). Einwände: Dies widerspricht marktwirtschaftlichen Grundsätzen. Es führt zur Zweiteilung des Marktes, wenn es nicht flächendeckend angewandt wird. Die Zuteilung solchermaßen billig gehaltener Wohnungen wird zum Privileg für relativ Wenige. Hoher Kontrollaufwand, wenn Versilberung" des Privilegs durch baldigen Wiederverkauf oder durch Erheben von hohen Knappheitsmieten (da weiterhin marktpreistreibende Übernachfrage) verhindert werden soll. Reservierung von Grundflächen für Wohnbauten verbilligt nicht allgemein, sondern nur in teueren Zentrallagen. Dies ist wichtig für umweltverträgliche und städtebaulich erwünschte Siedlungsstrukturen, aber nicht unbedingt für Behebung von Wohnungsnot. Grundstücksbewirtschaftung ist ständig offen für Veränderungen in der politischen Willensbildung. Dies begünstigt die Spekulation und die dazugehörige Pervertierung der Grundstücksnutzung zur Druckausübung (z.B. Verkommenlassen von Wohnbauten). © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999 |