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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 9 = Zwischentitelblatt]


Teil A:
Ökonomie des Vermeidens
Einführung und Begründung


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I. Zusammenfassung und Thesen

1. Alle gesellschaftlichen Bereiche befinden sich heute auf dem Weg zu einer Weltgesellschaft. Mit dem Eintritt in die neue Epoche verändern sich die wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen grundlegend. Hinzu kommt, daß die ökologischen Grenzen des Wachstums sichtbar werden. Auf die neuen Bedingungen müssen neue Antworten gegeben werden, um die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft in ein Gleichgewicht zu bringen und das wachsende Gestaltungs- und Modernisierungsdefizit zu beseitigen.

2. Der UN-Erdgipfel von 1992 war ein ermutigendes Zeichen. Er hat gezeigt, daß die Weltgemeinschaft den großen Reformbedarf erkannt hat. Rio stellte den engen Zusammenhang zwischen Umwelt und Entwicklung heraus und übernahm damit das Konzept der Brundtland-Kommission von 1987, die als Ausweg aus den bedrohlichen sozialen und ökologischen Trends "sustainable development" vorgeschlagen hat.

3. Sustainable development erweitert Entscheidungen in Wirtschaft und Gesellschaft um eine längerfristige zeitliche Perspektive. Hierbei wird die soziale und ökologische Ausrichtung der wirtschaftlichen und technischen Dynamik entscheidend für Stabilität, Wohlstand und Freiheit: Die Entwicklung muß die Bedürfnisse der heutigen Generationen in einer Weise befriedigen, daß die Möglichkeiten künftiger Generationen nicht gefährdet werden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil wählen zu können.

4. Der Erdgipfel hat diesen Ansatz zur Idee der Nachhaltigkeit, wir sagen Zukunftsfähigkeit, weiterentwickelt. Sie ist die zeitgemäße Antwort auf die neue globale Epoche von Umbrüchen und Unsicherheiten. Im Zentrum steht ein magisches Dreieck mit den drei gleichberechtigten Zielen Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Leistungs- und Innovationskraft.

5. Die Beschlüsse des Erdgipfels sind in der Zwischenzeit von über 170 Staaten der Erde anerkannt. Davon geht eine große Kraft aus, die das Denken und Handeln der Menschen verändern kann. Die weltweite Umsetzung von Zukunftsfähigkeit braucht kein globales Regime, sie verbindet die Menschen, Gruppen und Nationen durch das gemeinsame Leitbild, das dennoch unterschiedliche Wege, Schwerpunkte und Konzepte beinhaltet. Sie verbindet alle Ebenen des Staates, die gesellschaftlichen und sozialen Gruppen und die internationale Gemeinschaft, ein Weltmodell ohne starre Regeln und komplizierte Abstimmungsprozesse. Zukunftsfähigkeit ist daher ein lernendes und integratives Konzept.

6. Heute kommt es darauf an, die Leitidee der Zukunftsfähigkeit zu konkretisieren. Drei

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Ansatzpunkte sind besonders wichtig: Produkt- und Verfahrensinnovationen in Richtung auf ökoeffiziente und solare Technologien, mehr Kreativität und demokratische Gestaltungskraft in den Städten und Regionen sowie die Fortentwicklung der Europäischen Integration zu einer Sozial- und Umweltunion. Insbesondere für Europa eröffnen sich damit neue Chancen zur Gestaltung einer neuen Weltordnung.

7. Die Herausforderungen durch Globalisierung, dritte industrielle Revolution, ökologische Grenzen des Wachstums und Bedeutungsverlust der Erwerbsarbeit sind so gewaltig, daß der Status quo nicht zu halten ist. Akzeptanz, Konsens und Zusammenhalt werden nur dann von neuem wachsen, wenn wir von der Tragweite der Veränderungen ausgehen und sie begreifen. Dann ist die ökologische Modernisierung der Wirtschaft keine zusätzliche Belastung, sondern die wichtigste Chance für die weitere Zukunft.

8. In diesem Papier beschreiben wir die Chancen einer ökologischen Innovationsstrategie. Das Interesse daran ist in unserer Gesellschaft groß. Breite Akteurskoalitionen bieten sich an. Deshalb schlagen wir einen neuen Gesellschaftsvertrag auf der Basis der ökologischen Modernisierung vor. Sie schafft eine hohe soziale, beschäftigungspolitische, ökonomische, ökologische und demokratische Dividende.

9. Drei Ansatzpunkte für die ökologische Modernisierung sind besonders wichtig: Die Effizienzrevolution, um die Weichen für energie- und ressourcenschonende Produkte und Verfahren zu stellen und die Zukunftsmärkte gezielt zu erschließen; die Suffizienzstrategie, um neue Wohlstandsmodelle von Gemeinsinn und Lebensqualität zu erproben; die Konsistenzstrategie, um den Schutz von Umwelt und Natur in die wirtschaftlichen und technischen Entscheidungen einzubeziehen und "von der Natur zu lernen".

10. Die Bundesrepublik hat eine Schlüsselrolle in der EU für eine Strategie der ökologischen Modernisierung. Rund eine. Million Menschen sind in diesem Sektor beschäftigt. Das Umweltbewußtsein ist hoch. Viele Unternehmen investieren in ökologische Ziele. Es existiert eine Vielzahl von Einrichtungen, die über ein hohes Innovationswissen verfügen. Außerdem hat die ökologische Modernisierung hohe Beschäftigungswirkungen. Sie ergeben sich aus der Verringerung von Energie- und Rohstoffimporten, höherer Arbeitsintensität und zusätzlichen Nachfrageimpulsen, weil Investitionen in die Ökoeffizienz in der Regel sehr rentabel sind.

11. Die Politik muß für eine erfolgreiche ökologische Modernisierung den Rahmen setzen. Dazu gehören insbesondere eine Integrierte Ressourcenplanung, um systematisch die Effizienz- und Solarmärkte zu entwickeln, und eine ökologisch ausgerichtete Reform der Finanzverfassung. Diese Ökonomie des Vermeidens muß sich vom Leitgedanken der ökonomischen Effizienz leiten lassen. Effizienz heißt vor allem massive Erhöhung der Energie- und Ressourcenproduktivität und langfristige Vorsorge.

12. Eine Ökonomie des Vermeidens von der Materialintensität zur Ressourcenproduktivität eröffnet neue Vorteile für den Wettbewerb und Arbeitsmarkt. Eine Entkoppelung

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zwischen Wachstum und Energie- und Naturverbrauch reicht dafür nicht aus, erst die drastische Reduktion bringt die notwendige Dynamik der Modernisierung in Gang. Der Faktor 4 („doppelter Wohlstand bei halbiertem Ressourcenverbrauch") ist dann vergleichsweise schnell umsetzbar. Langfristig müssen der Energie- und der Ressourcenverbrauch noch sehr viel stärker sinken. Im Energiebereich ist ein theoretisches Einsparpotential von über 40 Prozent nachgewiesen.

13. Die ökologische Modernisierung kann zur Gewinnerstrategie werden, wenn dafür ein Konsens geschaffen und der politische Rahmen gesetzt wird. Dies ist ökologisch notwendig und wirtschaftlich richtig: Nutzen optimieren und Kosten senken. Dabei wird es sektoral auch Verlierer geben, aber insgesamt überwiegen die Vorteile.

14. Bei der ökologischen Modernisierung geht es nicht um eine Teilaufgabe, sondern um die strategische Entscheidung, ob Wirtschaft und Gesellschaft zur anstehenden Grundrenovierung fähig sind. Zukunftsfähigkeit muß zur zentralen Leitlinie in Deutschland und der EU werden.

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II. Anlaß und Aufgabenstellung



1. Neue Herausforderungen brauchen neue Antworten

Zukunftsvisionen brauchen, um zu überzeugen, den "konkreten Überhang" (Ernst Bloch). Sie müssen die Machbarkeit einer besseren Alternative aufzeigen. Das praktische Beispiel kann Unkenntnis, Skepsis und Vorurteile abbauen, die noch immer gegenüber einer Strategie der ökologischen Modernisierung und einer nachhaltigen Wirtschaftsweise vorhanden sind. Diese Vorbehalte sind heute wieder stärker geworden, denn die Gegenwartsprobleme sind so drängend, daß sie scheinbar keinen Raum für weiterführende Überlegungen, Programme und Konzepte lassen. Doch gerade diese sind angesichts der Umbrüche besonders wichtig.

Auf dem UN-Erdgipfel 1992 haben Repräsentanten aus über 170 Staaten die "Ökologisierung von Wirtschaft und Gesellschaft" versprochen. Rio stellte den engen Zusammenhang von Umwelt und Entwicklung heraus. Die Empfehlungen gehen über Umweltschutz im engeren Sinne weit hinaus, sie fordern eine grundlegend neue Gesellschaftspolitik. Das Leitziel von Rio heißt Nachhaltigkeit oder, wie wir vorschlagen, Zukunftsfähigkeit. Hinter diesem programmatischen Ansatz steht der Versuch, auf die veränderten Verhältnisse am Beginn einer neuen globalen Epoche mit einer gemeinsamen und gleichgerichteten Strategie in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu reagieren. Damit soll die Entwicklung auf eine neue stabile und gerechte Basis gestellt werden.

Rio geht auf das Konzept von sustainable development zurück, das 1987 von der UN-Kommission Umwelt und Entwicklung vorgeschlagen wurde. Es ist wie folgt definiert: eine Entwicklung der Gesellschaft, die den Bedürfnissen der heutigen Generationen entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre Bedürfnisse ebenfalls zu befriedigen und ihren Lebensstil wählen zu können.

Dafür kommt im Rahmen der wirtschaftlichen Dynamik (Entwicklung) der Erweiterung der zeitlichen Perspektive (dauerhaft) und den flankierenden Bedingungen (sozial- und umweltgerecht) entscheidende Bedeutung zu. Und ein weiterer Vorteil ist, daß sustainable development ein globales Konzept ist. Es verbindet die nationale Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft mit internationaler Zusammenarbeit in globaler Verantwortung. Die Verbindung von Umwelt und Entwicklung wird zur Weltinnenpolitik.

Sustainable development kann der Wirtschaftsordnung nicht einfach übergestülpt werden, um Ökonomie, Soziales und Umwelt miteinander zu verbinden. Es erfordert vielmehr ein neues Gleichgewicht, was der Club of Rome als "organisches Wachstum" bezeichnet hat. Dieses "magische Dreieck" (Udo-

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Ernst Simonis) hat drei gleichberechtigte Zielpunkte: Schutz der Ökosphäre, gerechte Verteilung der Lebenschancen und wirtschaftliche Leistungs- und Innovationskraft.

Die neue Epoche der Globalisierung, die sich mit großer Geschwindigkeit vor uns ausbreitet, braucht zukunftsweisende Antworten. Wir stellen tagtäglich fest, daß die Welt immer schneller zu einer Welt wird. Aber sie hat noch keine Regeln und macht deshalb vielen Menschen Angst. Ihre Gesetze sind noch nicht geschrieben. So findet ein Sprung von der quantitativen Ausdehnung in eine neue Qualität transnationaler Beziehungen statt, die bisherige Sicherheiten und Rahmensetzungen in Frage stellt. Doch von Rio, das eine weiterführende Antwort gegeben hat, ist bisher nicht viel umgesetzt worden, obwohl die Konventionen von 166 Staaten ratifiziert wurden. Damit ist zwar die Linie von Rio im Grundsatz von der Mehrheit der Staaten akzeptiert, dennoch herrschen fast überall Stagnation und Rückschritt. Die Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind bislang nicht in der Lage, zeitgemäße Antworten zu geben.

Dennoch: Die Grenzen der heutigen Konzepte zeigen sich immer deutlicher. Deshalb wird der Geist von Rio in der praktischen Politik und im Denken der Menschen mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Das Konzept der Zukunftsfähigkeit ist die reformpolitische Alternative zur blinden und ohnmächtigen Hinnahme der Zwänge globaler Märkte. Denn der Markt ist zwar ein guter Diener, aber er darf kein Herr sein.

Wir brauchen eine funktionierende Marktwirtschaft, aber die Gesellschaft selbst darf "nicht zur Marktgesellschaft" (Johannes Rau) werden. Wachsende Ungleichheiten in der Verteilung von Macht und Reichtum führen sonst auch in den bisher privilegierten Industriestaaten zu sozialer Ausgrenzung, verschärften ökologischen Problemen und hoher Massenarbeitslosigkeit.

Zukunftsfähigkeit hat viele Vorteile. Die Durchsetzung global notwendiger Ziele bedarf keines globalen Regimes, das auch nicht in Sicht ist. Vielmehr besteht die Chance, daß aus den gleichen Problemlagen in zahlreichen Ländern, Regionen und gesellschaftlichen Gruppen an der Konkretisierung und Umsetzung der Rio-Ziele gearbeitet wird. In unterschiedlichen Formen werden durch die gemeinsame Idee nationale und internationale Politik miteinander koordiniert; es ergeben sich gemeinsame Chancen, die gesucht und genutzt werden. Drei Ansatzpunkte, die weiter an Bedeutung zunehmen werden, sind besonders wichtig: Die Durchsetzung ökoeffizienter Produkte und Produktionsverfahren, die Stärkung der Innovationskraft der Regionen und die soziale und ökologische Entwicklung der Europäischen Union.

Zukunftsfähigkeit verbindet viele Akteure durch die gemeinsame Leitidee und läßt dennoch völlig unterschiedliche Wege zu. Sie führt soziale Gruppen und Unternehmen, Staaten und Gesellschaften zusammen. Sie fördert Innovation in Wirtschaft und Technik und gibt ihr eine zukunftsweisende Richtung. Sie motiviert die Menschen, sich für die Erneuerung der Gesellschaft einzusetzen und sie mitzugestalten. International schafft sie die Basis für gemeinsame Regeln und mehr Zusammenarbeit. Die Idee ist offen für unterschiedliche Kulturen und neue Wege.

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Zukunftsfähigkeit ist heute der wichtigste Beitrag zur Modernisierung der europäischen Moderne. Seit Beginn der Neuzeit ist die europäische Moderne zum "Weltmodell" aufgestiegen. Seit dem Industriezeitalter beherrscht sie die Vorstellungen von Kultur, Wirtschaft und Entwicklung. Die Dynamik von Wachstum mit stetigen Umwälzungen und Veränderungen hat sich seit der industriellen Revolution gewaltig gesteigert. Rationalisierung und Ausdifferenzierung, Arbeitsteilung und Internationalisierung sind die Grundlagen dieser ökonomisch angetriebenen Modernisierung, die lange Zeit in den westlichen Staaten mehr Wohlstand und Demokratie, mehr soziale Sicherheit und einen hohen Beschäftigungsstand ermöglicht haben. In Deutschland waren hohes Wachstum und ein Interessenausgleich zwischen Kapital und Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten die Basis für einen sozialen Gesellschaftsvertrag und die Garanten politischer Stabilität.

2. Werkstatt Produkte der Zukunft

Die neue, bisher politisch nicht gestaltete Art der Globalisierung entzieht dieser sozialstaatlichen Epoche den Boden. Der entscheidende Grund liegt darin, daß ihr bislang Koordination und Regeln fehlen. Die globalen Finanzmärkte dominieren politsche Entscheidungen und engen auch den Handlungsspielraum der Unternehmen ein, weil Geldanlagen oftmals lukrativer sind als die reale Wertschöpfung. Die wirtschaftliche Entwicklung wird instabil, der Druck auf Arbeit, Sozialsysteme und Umweltschutz nimmt zu. Die Herausforderungen sind groß:

  • Neue Kommunikationstechnologien führen zu einer starken Steigerung in der Produktivität bisheriger Verfahren und Produkte. Sie bekommen einen "Renditevorsprung" vor Produktinnovationen.
  • Im Zuge der Globalisierung lösen die Vernetzung und die Geschwindigkeit der Computer die bisherige Ordnung von Zeit und Raum auf, die sich, nach Paul Virilio, "verflüchtigt". Auch billige und schnelle Transportmittel fördern eine universelle Mobilität, Flexibilität und "Entgrenzung", die auf die Begrenzung unserer endlichen und störanfälligen Erde keine Rücksicht nimmt, solange die sozialen und ökologischen Folgekosten nicht berücksichtigt werden;
  • Mit dem Aufbau des weltweit aufeinander abgestimmten und rund umd die Uhr nutzbaren Börsen- und Devisensystems dominieren die Kapitalmärkte die Entscheidungen der Wirtschaft. Auch das setzt die Gesellschaften unter gewaltigen Anpassungsdruck;
  • Die erweiterten Handlungsmöglichkeiten großer Banken und multinationaler Konzerne zur Durchsetzung ihrer Interessen gefährden das Gleichgewicht in Wirtschaft und Gesellschaft. Die global players sind jedoch nicht nur Motoren des ökonomischen Umbruchs, sie sind auch Getriebene der ungleichen Weltmärkte ohne Führung und Koordination. Um so wichtiger ist die politische Rahmensetzung;
  • Die Grenzen des Wachstums werden deutlich. Ökologische Zerstörung nimmt auf nationale Grenzen keine Rücksicht. Die reale Gefahr einer globalen Klimakatastrophe bedroht alle Menschen.

Unter diesen Bedingungen geht es bei der heutigen Globalisierung um einen grundlegenden

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Umbruch: Sie ist nicht mehr die Erweiterung des Lokalen, Regionalen oder Nationalen, deutsche Unternehmen sind nicht mehr „auch im Ausland" tätig. Vielmehr bestimmt die Globalisierung heute umgekehrt, von den globalen Ungleichheiten und Defiziten her, die Handlungsbedingungen der Städte und Länder und der Nation. Transnationale Unternehmen wandeln sich zu Weltunternehmen, die in einzelnen Ländern aktiv sind oder werden. Dies ist ein Sprung von der Quantität zu einer neuen Qualität:

  • Der enge Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Verteilungsspielraum für Einkommen und Sozialleistungen, der bisher den Sozialstaat ermöglicht hat, besteht nicht mehr. Er kann schon aus ökologischen Gründen in seiner bisher wachstumsabhängigen Form nicht wiederhergestellt werden, weil der Verbrauch und die Belastung der Natur kritische Grenzen erreicht haben.
  • Ohne tiefgreifende Reformen und ohne eine aktive Arbeitsmarktpolitik sinkt in den Industriegesellschaften der Anteil der Erwerbsarbeit. An die Funktionsfähigkeit des Systems der Erwerbsarbeit sind aber auch die soziale Sicherheit, das Selbstwertgefühl der Menschen und die gesellschaftliche Anerkennung geknüpft.

Heute spüren die Menschen, daß es so wie bisher nicht weitergehen wird. In unserer Gesellschaft gibt es ein tiefsitzendes Gefühl von Unsicherheit. Neue Perspektiven für Fortschritt und Verständigung sind dringend notwendig. In unserer Zeit der Umbrüche reicht es nicht aus, nur den Status quo verteidigen zu wollen. Wer morgen sicher leben will, muß heute für Reformen kämpfen. Dieser Satz von Willy Brandt ist aktueller denn je.

Der Arbeitskreis "Werkstatt Produkte der Zukunft" sieht in der Konkretisierung des Konzepts Zukunftsfähigkeit der Industriegesellschaft eine entscheidende Voraussetzung für einen neuen gesellschaftlichen Konsens. Das Konzept ist auch die Basis für Innovationen und künftige Wettbewerbsstärke sowie für die Modernisierung von Politik, Staat und Gesellschaft. Die wichtigsten Ansatzpunkte sind:

  • die Ausrichtung der Politik auf das Leitziel der Zukunftsfähigkeit. Dafür wird von den Vereinten Nationen eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie gefordert, die in einem "nationalen Umweltplan" umgesetzt werden soll;
  • die Fortentwicklung der Europäischen Union zu einer "Nachhaltigkeitsunion", um den Gestaltungsspielraum der nationalen und europäischen Politik zu erweitern und um den sozialen und ökologischen Zielen auch in der Weltwirtschaft mehr Durchsetzungskraft und Geltung zu verschaffen;
  • ökologisch ausgerichtete Innovationen bei Produkten und Verfahren. Sie sind ein wichtiger Beitrag, um der Zukunftsfähigkeit eine wirtschaftlich erfolgreiche Basis zu geben, neue Märkte zu erschließen und die Brücke ins Solarzeitalter zu bauen. Hierfür muß die Politik auf allen Ebenen von der Bildung bis zum Steuersystem die Voraussetzungen schaffen.

Mit der Entwicklung ökonomisch und ökologisch gleichermaßen sinnvoller Produkte und Verfahren, die auch wirtschaftlich erfolgreich sind, kann

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unsere Volkswirtschaft eine innovative und produktive Rolle einnehmen. Dies hat erhebliche Bedeutung für unser Land und auch für die künftige Rolle der Europäischen Union.

Der Weg der ökologischen Modernisierung ist die politische Reaktion auf die Gefahr, daß die Welt mehr und mehr zu einer gespaltenen und zerbrechlichen Einheit zu werden droht. Und sie ist auch der Weg zu einem neuen Fortschrittskonzept, das die sozialen und demokratischen Errungenschaften der westlichen Gesellschaften reformiert, bewahrt und weiterentwickelt.

Wir gehen bei unseren Überlegungen von der Frage aus: Welche Zukunft wollen wir haben und was wird dafür gebraucht? Wie müssen für die sozialen und ökologischen Ziele die politischen Rahmenbedingungen gestaltet werden? Welche Instrumente und Akteurskoalitionen sind notwendig, damit die ökologische Modernisierung die erwarteten Vorteile bringt? Wie können wir die Menschen motivieren, auf allen Ebenen diesen Erneuerungsprozeß mitzugestalten, denn er verlangt eine große solidarische Gemeinschaftsanstrengung?

Und weiter: Wie können die vorhandenen, aber bisher geblockten technischen Potentiale ökologischer Modernisierung in die ökonomischen Entscheidungen einbezogen und möglichst schnell auf die Entwicklung intelligenter Verkehrssysteme, umweltschonender Städte, ressourcensparender Produkte oder energiearmer Gebäude und Maschinen gelenkt werden? Welche beschäftigungspolitischen Chancen ergeben sich aus dieser Strategie?

Der Arbeitskreis „Werkstatt Produkte derZukunft" sieht eine zentrale Perspektive in der Entwicklung und Durchsetzung ökoeffizienter Produkte und Produktionsverfahren sowie der Erschließung der Zukunftsmärkte. Das sind Schlüsselfragen für die realitätstaugliche Konkretisierung von Zukunftsfähigkeit. Sie zu klären, ist ein wichtiger Beitrag für eine neuen Gesellschaftsvertrag. Seine Ziele sind

  • die ökologische Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft;
  • die produktive Nutzung von Kreativität und die Qualifikation der Menschen;
  • die Stabilisierung der Binnenwirtschaft und die Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt;
  • die dauerhafte Integration der Ökologie in die Ökonomie.

Der Arbeitskreis will beispielhaft auf verschiedenen Feldern und in unterschiedlichen Zusammenhängen darstellen, wie von der Herstellungsphase bis zur Entsorgung der Nutzen von Produkten und Dienstleistungen optimiert und dabei die Natur nachhaltig geschont werden kann, wie technische Innovationen mit sozialen Innovationen verbunden werden können. Uns geht es daher nicht allein um eine Beschreibung einzelner Produkte, sondern auch um das Aufzeigen wichtiger Zusammenhänge:

  • Welche Chancen gibt es in ausgewählten Feldern, um zu einer Ökologisierung von Technik, Wirtschaft und Produkten zu kommen?
  • Welche Hemmnisse bestehen für die Umsetzung einer ökologischen Effizienzrevolution?

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  • Welche Konsequenzen hat die Ökologisierung von Wirtschaft und Technik für die Gestaltung der Rahmenbedingungen und für die Implementierung eines neuen Anreizmechanismus in Innovations- und Investitionsentscheidungen?
  • Wie müssen neue Akteurskoalitionen aussehen, die ein Netzwerk für die ökologische Modernisierung bilden können?

Dazu sind die komplexen Voraussetzungen für Innovationen zu erfassen, Hemnisse und Blockaden aufzuzeigen und abzubauen sowie Produktphilosophien herauszuarbeiten. Das Interesse an derartigen Vorschlägen ist groß:

  • In der Gesellschaft gibt es eine hohe Zustimmung für ökologische Ziele. Die potentielle Nachfrage nach ressourcenschonenden und schadstoffarmen Produkten ist zu nutzen, obwohl es heute noch einen großen Widerspruch zwischen ökologischem Anspruch und tatsächlichem Verhalten gibt.
  • Zwischen Forschung und Wirtschaft gibt es eine große Umsetzungslücke bei innovativen Produkten und Verfahren. Einerseits fehlt es in der Forschung an Marktnähe, andererseits gibt es in der Wirtschaft ein hohes Maß an Risikoscheu.
  • Die Wirtschaft braucht technisch attraktive Produkte, neue interessante Märkte und berechenbare Rahmenbedingungen für "Nachhaltiges Wirtschaften". Viele Unternehmen und Wirtschaftsverbände arbeiten an eigenen Leitlinien für "Nachhaltigkeit" oder haben sie bereits vorgelegt.
  • Die Politik muß ihren Absichtserklärungen von Rio konkrete Konzepte folgen lassen, damit es zu dem angestrebten Zukunftsbündnis von Arbeit und Umwelt kommt. Um technische und ökonomische Ziele mit sozialen und ökologischen Zielen zu verbinden, bedarf es politischer Entscheidungen.

Damit sind die wichtigsten Zielgruppen genannt, an die sich unsere Überlegungen wenden. Wir wollen mit unseren Vorschlägen dazu beitragen, die ökologische Modernisierung der Wirtschaft, die für uns Notwendigkeit und Chance zugleich ist, konkret und mehrheitsfähig zu machen.

Im Arbeitskreis "Werkstatt Produkte der Zukunft" haben mitgewirkt:

Joachim Benemann

Dr. Jürgen Malley

Prof. Dr. Ulrich Briefs

Fritjof Mietsch

Marion Caspers-Merk MdB

Michael Müller MdB

Dr. Michael Domitra

Dr. Rudolf Petersen

Toni Engberding

Ulrich Pfeiffer

Elke Ferner MdB

Dr. Richard Ratka

Dr. Gerhard Finking

Dr. Karl-Otto Schallaböck

Bodo Firnhaber

Roland Schneider

Dr. Axel Friedrich

Dr. Werner Schneider

Prof. Dr. Karl Ganser

Ernst Schwanhold MdB

Dr. Rainer Grießhammer

Dr. Ilja-Kristin Seewald

Gert von der Groeben

Joachim Spangenberg

Achim Großmann MdB

Jörg Tauss MdB

Prof. Dr. Peter Hennicke

Dr. Rainer Walz

Thomas Kohl

Dr. Klaus Warnke

Albrecht Koschützke

Renate Watermann

Dr. Peter Krause

Prof. Dr. Alexander Wittkowsky

Prof. Dr. Franz Lehner

Dr. Karl-Friedrich Ziegahn



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III. Die ökologische Modernisierung derVolkswirtschaft - Notwendigkeit und Chance

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1. Ein neuer sozial-ökologischer Gesellschaftsvertrag

Im Gegensatz zu früheren Gesellschaftsformen ist die industriell organisierte Gesellschaft zur "Selbstproduktion von Gesellschaft" (Alain Touraine) fähig. Das heißt, Reformen sind durch soziale Prozesse möglich, Fortschritt kann gestaltet werden. Die Grundlagen für diese Modernisierung sind einerseits die fortwährenden Umwälzungen durch technischen Fortschritt und ökonomische Verwertung, andererseits politische "Gestaltungsmacht", um Demokratie, soziale Gerechtigkeit und kulturelle Emanzipation der Menschen möglich zu machen.

Auf der Basis eines stabilen Wirtschaftswachstums wurde in den letzten Jahrzehnten durch die starke wirtschaftliche Dynamik und die Herausbildung des Sozialstaates gesellschaftlicher Fortschritt möglich. Diese Verständigung war die wichtigste Grundlage für den inneren Frieden, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und den hohen Stand an bezahlter Beschäftigung in der Bundesrepublik.

Mit den veränderten Bedingungen einer Epoche sind diese Erfolge gefährdet. Nach Bert Brecht kann die moderne Gesellschaft nämlich immer Himmel oder Hölle sein. Die Widersprüchlichkeit der Entwicklung zwischen Fortschritt und Rückschritt, die auch Theodor Adorno und Max Horkheimer beschrieben haben, zeigt sich heute in neuer Schärfe. Der Schlüssel zum Himmel ist die Verbindung der wirtschaftlichen und technischen Prozesse mit sozialen und ökologischen Zielen sowie die Ausweitung von Partizipation und Mitgestaltung. Der Kompaß ist die Ökologisierung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entscheidungen, die zugleich ein wichtiger Ansatz für die Erneuerung des sozialen Denkens ist. Denn ökologische Modernisierung ist nur als solidarische Gemeinschaftsanstrengung denkbar, zumal sie mit erheblichen Verteilungs- und Umverteilungseffekten verbunden ist. Damit sich eine gemeinsame Perspektive ergibt müssen Chancen und Lasten gerecht verteilt werden.

Die Grundlage für einen neuen Gesellschaftsvertrag ist die Weiterentwicklung zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft. Mit dem Primat der Politik wird diese Ordnung auf volkswirtschaftliche Rationalität, soziale Gerechtigkeit und ökologische Verträglichkeit ausgerichtet, wobei die ökologische Modernisierung zum Motor für Erneuerung wird. Das erfordert mehr Pluralität und Vielfalt, Wettbewerb und Gestaltungsalternativen. Ohne derartige Leitplanken ist der Marktprozeß blind gegenüber wichtigen Zukunftsaufgaben, deren Lösung dadurch blockiert. Die ökologische Modernisierung verlangt einen neuen Wirt-

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schaftsstil mit mehr Kreativität, Effizienz, Mitbestimmung, Mitgestaltung und Mitverantwortung. Mehr Partizipation ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Dann ergibt sich aus der ökologischen Modernisierung eine vierfache Dividende:

  • die Friedensdividende, weil sie ein wichtiger Beitrag für eine neue friedliche und gerechte Weltordnung ist;
  • die ökonomische Dividende, weil sie zu einem Innovationsschub der Wirtschaft, zur Stärkung von regionalen Kreisläufen und von Klein- und Mittelbetrieben sowie zu neuen Arbeitsplätzen führt;
  • die soziale Dividende, weil mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze die sozialen Sicherungssysteme stabilisieren helfen;
  • die ökologische Dividende, weil durch den Schutz der Umwelt sich die Lebensqualität verbessert und die öffentlichen Kassen von hohen Sanierungskosten entlastet werden.


2. Leitziel: Sozial- und umweltgerechte Entwicklung

Die Unabhängige Kommission Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED), die 1987 eine dauerhaft sozial- und umweltgerechte Entwicklung (sustainable development) zum Leitziel für alle Staaten empfahl, griff den Vorschlag der IUCN auf. Die Internationale der Naturschützer hatte 1980 als erste Organisation dieses Leitbild, das sich am Vorbild einer dauerhaften Waldbewirtschaftung orientiert, proklamiert. Für seine Umsetzung stehen drei Strategien im Zentrum der politischen Diskussion:

  1. die systematische Steigerung der Ressourcenproduktivität (Effizienzstrategie) sowie die Umorientierung auf "mehr immaterielle Produktion" (Jacques Delors);
  2. die Entwicklung ökologisch angepaßter Wirtschafts- und Lebensstile, "neue Wohlstandsmodelle", "Lebensqualität" oder "Zeitwohlstand" (Suffizienzstrategie). Das ist keine platte "Verzichtsstrategie", sondern die Abwendung von einem rein materiellen Wohlstandsverständnis ;
  3. die möglichst weitgehende Kreislaufwirtschaft für Stoff- und Energieumsätze oder die problemlose Einfügung in die Stoffwechselprozesse der Natur (ökologisches Design), um "von der Natur zu lernen", wie der Club of Rome fordert (Konsistenzstrategie).

Für diese sich überschneidenden Strategien gelten "die vier goldenen Regeln des ökologischen Managements": 1.) Nichterneuerbare Ressourcen sollen nur in dem Maße genutzt werden, wie ein gleichwertiger Ersatz durch erneuerbare Ressourcen oder andere Substitute erschlossen wird. 2.) Die Nutzungsrate erneuerbarer Ressourcen darf deren Regenerationsrate nicht überfordern. 3.) Die Emission von Schadstoffen darf die Aufnahmekapazität der Umwelt nicht übersteigen, die Stoffeinträge dürfen die Belastbarkeit der Ökosysteme nicht überfordern. 4.) Wirtschaftliche Entscheidungen und persönliche Verhaltensweisen müssen den nicht beliebig überdehnbaren Faktor der Zeit der Natur beachten.

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Aus diesen Regeln ergeben sich Umwelthandlungsziele, die schrittweise in Reduktionszielen konkretisiert werden müssen, z.B. Klimaschutz durch eine Reduktion und Stabilisierung wärmestauender Gase, Sicherung der natürlichen Grund- und Oberflächengewässer in einem einwandfreien Zustand sowie Schutz der biologischen Vielfalt und Erhalt der vielfältigen Funktionen der Böden, insbesondere ihrer Fruchtbarkeit und Produktivität.

3. Chancen der ökologischen Modernisierung nutzen

Die Voraussetzungen für die ökologische Modernisierung sind in der Bundesrepublik (wie in der Europäischen Union) nicht schlecht. Es existiert ein hohes Umweltbewußtsein. Zahlreiche Institutionen und Organisationen beschäftigen sich mit Umweltfragen. In vielen Betrieben, Verwaltungen und öffentlichen Einrichtungen sind in den letzten Jahren die Anstrengungen für mehr Umweltschutz und Energieeinsparung deutlich verstärkt worden. In der Bevölkerung gibt es eine wachsende Nachfrage nach ökologischen Produkten und Dienstleistungen.

Die Bundesrepublik hat eine starke Umweltschutzindustrie, die allerdings beim Export von Umweltgütern nach der OECD-Statistik in den letzten Jahren vom ersten auf den dritten Platz abgerutscht ist. Überwiegend handelt es sich zwar um "End-of-pipe-Techniken". Aber über 4.000 Unternehmen sind im Bereich der Umwelttechnik tätig und eröffnen auch ein großes Potential an vorsorgendem Umweltschutz. Bei den weltweiten Patentanmeldungen, die umweltrelevant sind, entfielen zwischen 1985 und 1990 knapp 30 Prozent auf die Bundesrepublik.

1994 waren nach Untersuchungen im Auftrag der Bundesregierung rund eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt oder indirekt im Umweltschutz tätig. Das Weltmarktpotential dieses Sektors wird nach einer Schätzung der Unternehmensberatung Kaiser im Jahr 2000 bei etwa 870 Mrd. DM liegen. Er ist damit potentiell eine der stärksten Wirtschaftsbranchen überhaupt. Noch weitaus größer sind die wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Potentiale, wenn es zu einem forcierten Wandel hin zu einem produktions- und produktintegrierten Umweltschutz und zur systematischen Erschließung neuer ökologischer Märkte kommen würde. Allein durch den Umbau des Energiesektors in Richtung auf Energiedienstleistungen und Solarwirtschaft könnten im Saldo, also nach Abzug der substituierten Arbeitsplätze im traditionellen Energieerzeugungsbereich, mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden. Dies haben das DIW und die Fraunhofer-Gesellschaft (ISI) für die Klima-Enquete des Deutschen Bundestages ermittelt.

Die höheren Arbeitsplatzeffekte beruhen im wesentlichen auf drei Faktoren: Verringerung der Energie- und Rohstoffimporte (im Energiebereich entfallen fast 75 Prozent des Verbrauchs auf Import der Energieträger), deutlich niedrigere Arbeitskosten pro Arbeitsplatz bei Vermeidungsstrategien (z.B. Energiedienstleistungen), und Möglichkeiten, eingesparte Kosten in zusätzliche Nachfrage zu leiten.

Die ökologische Modernisierung erfordert konkretes Umsteuern auf der Ebene von Branchen und Regionen, eine Neuordnung des Rechtsrahmens und steuerpolitische Anreize, insbesonde-

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re durch eine ökologisch ausgerichtete Reform des Finanzsystems. Sie ist eine der wichtigsten Basisinnovationen für das nächsten Jahrhundert. Denn nur wer auf den Zukunftsmärkten führend ist, wird auch künftig eine entscheidende Rolle in der Weltwirtschaft spielen.

Tatsächlich wird die wirtschaftspolitische Debatte um den Industriestandort Deutschland jedoch auf Kostensenkungen durch Arbeitsplatz-, Umweltschutz- und Sozialabbau verengt. Diese Begrenzung muß aufgebrochen werden, um die Chancen ressourcen- und energieschonender Verfahren und Produkte sowie der Solarwirtschaft für die Erschließung von Zukunftsmärkten und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu nutzen.

4. Ökologisierung der Wirtschaft ist eine Antwort auf die Globalisierung

Die Globalisierung der Ökonomie durch die multinationalen Unternehmen schränkt den Spielraum für die nationale Politik zwangsläufig ein, solange es nicht zu mehr internationaler Zusammenarbeit und zu einer verbindlichen Verständigung auf soziale und ökologische Normen kommt. Die globale Bewegungsfreiheit multinationaler Unternehmen ist ein wirtschaftliches Faktum. Die Antwort kann weder ein bloßes Anpassen an die internationalen Konkurrenzzwänge noch ein Ignorieren der Veränderungen sein. Auch "Insellösungen", mit denen versucht wird, sich von der globalen Dynamik abzukoppeln, haben kaum eine Chance.

Vor diesem Hintergrund hat das Leitziel der Zukunftsverträglichkeit seine große Bedeutung. Es ist eine Idee, die von Anfang an globalen Anforderungen Rechnung getragen hat. Sie entstand nach Vorarbeiten von Olof Palme mit seinem Konzept der globalen Friedenspartnerschaft sowie den Ergebnissen der Nord-Süd-Kommission von Willy Brandt und den Empfehlungen der Brundtland-Kommission zur Zusammenführung von Umwelt und Entwicklung. Zukunftsfähigkeit schafft ein gemeinsames Dach und gibt der Politik national, international und global neue Richtung, ohne die nationalen Eigenheiten und Wege einzuschränken.

Die sozial- und umweltgerechte Entwicklung wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie ökonomischer Effizienz Rechnung trägt und in immer weiteren Bereichen umgesetzt wird. Trotzdem ist eine nationale Vorreiterrolle unverzichtbar, zumal andere Länder früher oder später nachfolgen werden. Deshalb müssen die Blockaden und Hemmnisse für ökologische Innovationen und für die Erschließung neuer Märkte, für die ja heute schon und in der Zukunft wachsende Nachfrage besteht, schnell und gezielt beseitigt werden.

Umweltpolitik ist Allokationspolitik und muß über politische Rahmensetzung dafür Sorge tragen, daß die ökologische Modernisierung möglichst kostenoptimal umgesetzt wird. Auf diesen Grundgedanken gehen insbesondere die ökologische Steuerreform und das Instrument der Integrierten Ressourcenplanung zur massiven Erhöhung der Energie- und Ressourcenproduktivität zurück. Beide Instrumente sind vorrangig von Effizienzaspekten geprägt. Sustainable development muß im ersten Schritt eine "Effizienzrevolution" (Amory Lovins) sein. Sie muß die großen technischen Potentiale zur Verringerung des Energie- und

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Materialumsatzes nutzen, die heute blockiert werden, obwohl sie in weiten Bereichen rentabel ist.

Die ökologische Modernisierung ist eine Effizienzherausforderung an die Ökonomie. Ihre Umsetzung erfolgt marktkonform, wenn nahezu alle wirtschaftlichen Einzelpläne erreicht und sie zum Strukturwandel gezwungen werden. Die Umweltökonomie ist insofern auch eine Strategie zur volkswirtschaftlichen Minimierung von Kosten und Lasten.

Eine dynamische, an Knappheiten orientierte Umweltpolitik ist keine Gefahr für den "Standort Deutschland". Den Umgang mit sich verändernden Knappheiten und relativen Preisen sind Marktteilnehmer gewohnt. Ihre Reaktionen darauf führen zu innovativen Strukturanpassungen auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite. Voraussetzung ist allerdings, daß die Anpassungsspielräume ausreichend sind.

Die wirkliche Gefahr für unsere Wirtschaft und Gesellschaft liegt nicht in möglichen ökologischen Innovationen, sondern vielmehr in dem vorherrschenden inflexiblen und risikoscheuen Status quo, der unnötige Planungs- und Vermeidungskosten erzeugt. Diese liegen in der Regel höher als die Kosten für den ökologischen Strukturwandel. Doch sie werden wegen der unzureichenden Internalisierung ökologischer Folgekosten nicht den Verursachern, sondern der Allgemeinheit, vor allem künftigen Generationen, angelastet.

Noch größer wird die Gefahr, wenn weitere Umweltschädigungen tatenlos hingenommen werden. Insofern ist es unerläßlich, mit der ökologischen Modernisierung endlich zu beginnen. Da sich die Wirtschaftsstruktur von morgen unter dem Einfluß der politischen und fiskalischen Rahmensetzungen von heute bildet, kommt es darauf an, die Bedingungen für Effizienzrevolution, produkt- und produktionsintegrierten Umweltschutz und die Markterschließung für solare Technologien schnell zu schaffen. Dies ist ein Gebot wirtschaftlicher Effizienz, die Invention und Innovation garantiert.

Die ökologische Modernisierung muß prinzipiell unabhängig davon erfolgen, ob auch andere Länder zu entsprechenden Anpassungen bereit sind. Sie ist ein zentrales nationales Anliegen und bedarf auch nationaler Anstrengungen und Maßnahmen. Eine Vorreiterrolle ist zudem ökonomisch vorteilhaft, weil sie neue Märkte erschließt und dadurch neue Wettbewerbsvorteile eröffnet. Von einem Alleingang kann ohnehin nicht die Rede sein, da bereits mehrere, vor allem europäische Länder z. B. bei der ökologischen Steuerreform weiter sind als die Bundesrepublik.

Deshalb stellt sich nicht die Frage ob, sondern nur die Frage wie die ökologische Modernisierung zu organisieren ist. Dabei wird es sektoral Gewinner und Verlierer geben, was längerfristig struktur- wie umweltpolitisch erwünscht ist. Entscheidend ist, daß die ökologische Modernisierung als gesamtwirtschaftliche "Gewinnerstrategie" erkannt wird. Sie ist wirtschaftlich vorteilhaft, erschließt Zukunftsmärkte, schafft neue Beschäftigung und entlastet die Umwelt.

5. Die ökologische Modernisierung ist zuerst eine Effizienzherausforderung

Die ökologische Modernisierung muß zu einem starken Motor für Reformen in Wissenschaft,

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Wirtschaft, Staat und Politik werden. Dazu kann die Erarbeitung eines nationalen Umweltplans dienen, den die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Juni 1997 von allen Mitgliedstaaten gefordert hat. Dann ermöglicht die ökologische Modernisierung Akzeptanz, Orientierung und Perspektive für die Gesellschaft insgesamt. Auch die wirtschaftlichen Vorteile liegen auf der Hand:

  • bestehende Hemmnisse für Innovationen werden abgebaut, was auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Es entsteht ein systemischer Anreiz, Ressourcen effizient und kostengünstig zu verwenden, Umweltkosten zu senken und auf den Weltmärkten durch entsprechende Produkte Wettbewerbsvorteile zu schaffen;
  • ökonomische Entscheidungen erhalten berechenbare Rahmensetzungen, die das Investitionsrisiko verringern;
  • erhebliche Nachfrageeffekte werden mit der Erschließung der Zukunftsmärkte ausgelöst;
  • der systematisch geförderte ökologische Strukturwandel führt zur Modernisierung des Produktionsapparates und macht die Umweltpolitik für Investoren kalkulierbar;
  • Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen orientieren sich auf ein Ziel. Innovationen werden durch Konzentration in ihrer Wirkung verstärkt und im Tempo beschleunigt;
  • durch Umweltvorsorge werden ökologische Standortverschlechterungen, unbezahlbare Schadenskosten und folgenschwere Verluste an Naturkapital verhindert.

Der erste Schritt ist die Effizienzrevolution. Sie führt zu einer Forcierung und Neuorientierung des technischen Fortschritts von der steigenden zur sinkenden Material-, Energie- und Transportintensität sowie zu einem abnehmenden Flächenverbrauch und geringeren Reststoff-Mengen; kurz, zur Verringerung ökologischer Risiken. Die Effizienzrevolution ist weit mehr als die bloße Abkoppelung des Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum, sie zielt auf eine absolute Reduktion von Energie und Rohstoffen durch den Einsatz von Kapital, Technik und Kreativität.

Eine derartige Strategie muß in allen Bereichen umgesetzt werden, sie bietet sich jedoch vor allem im Energie-, Grundstoff-, Verkehrs- und Bausektor an. Hier können erhebliche Umweltentlastungen erreicht und neue Märkte im Konsens erschlossen werden, die sich als volkswirtschaftlich und oftmals auch betriebswirtschaftlich kostengünstige Alternative zur technologischen Vernichtung von Arbeitsplätzen anbieten. In der Regel ist die Effizienzrevolution durch die Ausweitung von Dienstleistungen mit einer Qualifizierung und Ausweitung der Tätigkeiten vor allem in den Bereichen Beratung, Planung und Handwerk verbunden. Beispielsweise löst eine DM Beratung im Energiedienstleistungsbereich im Durchschnitt 17 DM Investitionen aus.

Schon für diese vorrangig noch technologische Strategie sind weitreichende Veränderungen in den Rahmenbedingungen notwendig. Blockaden und Hemmnisse, die zu ungleichen Wettbewerbschancen und monopolisierten Märkten geführt haben, müssen abgebaut werden. Noch

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größer werden die Anforderungen an die Politik, weil der ökologische Strukturwandel durch eine "Doppelstrategie" aus gezieltem Schrumpfen umweltbelastender Sektoren und der gleichzeitigen gezielten Förderung umweltverträglicher Produkte und Verfahren vorangetrieben werden muß. Die ökologisch gewollte und sozial abgefederte Zurückführung problematischer Industriezweige und Produktionsformen war bisher nur in Ausnahmefällen möglich und ist erst ansatzweise konkretisiert.

Ohne diese Doppelstrategie gerät die Effizienzstrategie jedoch schnell an Grenzen. Das Beispiel Japan, wo es vornehmlich aus energiepolitischen Gründen in den 80er Jahren erhebliche spezifische, aber keine absoluten Umweltentlastungen durch den technischen Fortschritt gegeben hat, zeigt, daß die bloße Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Naturverbrauch nicht ausreicht. In der Regel werden dann die Effizienzverbesserungen durch das Mengenwachstum überkompensiert.

In vielen Bereichen erbringt erst eine derartige "Substitutionsdynamik" (Peter Hennicke) ökologisch notwendige und wirtschaftlich vorteilhafte Ergebnisse. Das heißt: Nur wenn man sie als Vermeidungsansatz versteht, führt die Effizienzrevolution zu positiven Wirkungen. Erst die absolute Senkung der Umweltbelastungen erschließt auf Dauer neue zukunftsfähige Märkte, löst Beschäftigung aus und vergrößert den Verteilungsspielraum. Dies ist möglich, wenn das hohe Einsparpotential mobilisiert wird, das heute nachgewiesen ist. Die umfangreichen Untersuchungen der Klima-Enquete des Deutschen Bundestages haben beispielsweise ein theoretisches Einsparvolumen von über 40 Prozent aufgezeigt.

Letztlich stellt sich bei der ökologischen Modernisierung auch die verdrängte Frage, wie Staat und Politik mit "Wachstum" umgehen. Sustainable development darf jedenfalls nicht in dauerhaftes Wachstum umgedeutet werden. Es geht um Auswählen und Gestalten. Die Konsequenz daraus ist nicht "Null-Wachstum", wohl aber ein ökologisch verträgliches Wachstum, das die Grenzen der Aufnahmefähigkeit der Ökosysteme und den Schutz des Naturkapitals beachtet.

6. Reform von Staat und Politik

Die ökologische Modernisierung muß eng mit den Erneuerungsprozessen von Staat und Politik verbunden werden. Die noch aus dem Preußischen Ordnungsrecht stammenden hierarchischen Interventionsmechanismen sind nicht angemessen, um die technischen und ökonomischen Basisinnovationen für einen langfristigen Modernisierungsschub auszulösen. Sie wirken oftmals sogar blockierend. In der Umweltpolitik stellen sich die Modernisierungsanforderungen besonders zugespitzt, denn hier zeigen sich:

  • Der Widerspruch zwischen öffentlicher Problemerkenntnis und unzureichenden Gegenmaßnahmen;
  • die Widerstände gegen ökologische Handlungsziele kommen nicht nur aus der Wirtschaft, sondern zeigen sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen, so zum Beispiel aus Angst, daß die Veränderungen der Wachstumsmuster zu weiteren Einschränkungen bei der sozialen Sicherung, die eng an Wachstum geknüpft ist; führt,

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  • der Verlust an nationalstaatlicher Handlungsfähigkeit, wodurch sich die globalen Konflikte noch verschärfen;
  • die Abhängigkeit des Interesses an der Umweltpolitik von spektakulären Medienkampagnen oder Umweltkatastrophen bzw. umgekehrt die Ohnmacht der Umweltpolitik, wenn sie von anderen Problemen überlagert wird;
  • die "Verlängerung des Zeithorizonts" und die "Weltkomplexität" (Helmut Willke) ökologischer Fragen, die im Gegensatz zu den reaktiven Verhandlungs- und Entscheidungsmustern der Politik stehen;
  • die "Unangemessenheit der Umweltpolitik" (Martin Jänicke) angesichts der großen Aufgabe des notwendigen Umsteuerns der gesamten industriellen Produktionsweise.

Hinzu kommt die Erkenntnis, daß die bisherige Modernisierung der Industriestruktur zwar teilweise mit einem blauen Himmel über Industriestädten und fischreichen Flüssen vereinbar ist, aber dennoch neue, bisweilen sogar noch schwerwiegendere, da schleichende und nur schwer abbaubare Belastungen entstehen: schwierig zu entsorgende Reststoffe und Sonderabfälle, hohe und wachsende Verkehrsbelastungen auf allen Ebenen, weiter zunehmende Bodendegradierung und Flächenversiegelung, steigender Stromverbrauch und Emissionen, toxische Substanzen, die schon in kleinen Mengen erhebliche Langzeitwirkungen haben. Besonders alarmierend ist die Verknappung der Quellen und Senken für die großen Stoffkreisläufe (Klimaproblematik).

Die heutige Umweltpolitik ist nicht in der Lage, diese Aufgaben zu bewältigen. Die ökologische Modernisierung erfordert die Reform der politischen und gesellschaftlichen Interventionsmöglichkeiten in den Wirtschafts- und Technikprozeß. In diesem Bereich werden neue Formen von Management erprobt. Die Motive dafür sind:

  • statt bürokratischer Detailrechnung die stärkere Gestaltung der Rahmenbedingungen und Handlungszusammenhänge. Dazu zählen auch Reform, Zusammenfassung, Vereinfachung und Transparenz der Regelungen in einem Umweltgesetzbuch;
  • unmittelbar wirkende ökonomische und normative Anreizmechanismen für Innovations- und Investitionsentscheidungen;
  • "Waffengleichheit", vor allem in der Energiewirtschaft, im Wettbewerb für ökologische Alternativen, insbesondere durch die gesetzliche Verankerung von Integrierter Ressourcenplanung und Least-Cost-Planning;
  • Umstellung von reaktiven zu vorsorgenden und vorausschauenden Politikformen wie Vermeiden, Verwerten, Umweltqualitätsziele oder Minimierungsgebote;
  • dezentrale Steuerungsmöglichkeiten wie Ausweitung von Produkt- und Produzentenhaftung, Umwelthaftungsrecht, Öko- und Stoffbilanzen, Öko-Leasing, ökologisch ausgerichtete Reform der Betriebsverfassung;
  • Umstellung der öffentlichen Ausgaben mit dem Ziel der verstärkten Gestaltung über öffentliche Einnahmen (Steuern, Abgaben,

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    Gebühren, Tarife) sowie der Abbau umweltschädlicher Subventionen;

  • Ausweitung partizipativer und verständigungsorientierter Verhandlungsformen für einen sozial-ökologischen Korporatismus. Ein Beitrag dafür ist die Einbeziehung ökologischer Ziele und Interventionsmöglichkeiten in die Regelungen von Mitbestimmung und Betriebsverfassung.

Für die Reform von Wirtschaft und Gesellschaft ist die ökologische Modernisierung von strategischer Bedeutung, weil sie notwendigerweise verbunden ist mit einer innovativen Wirtschaftsleistung, die neue Märkte erschließt; mit Offenheit für neue Akteure, Strategien und Ziele, mit einer Strategie des "langen Atems", der für die Durchsetzung längerfristig wirkender Basisinnovationen unabdingbar ist; und einem neuen Konsens in der Bevölkerung, der Akzeptanz für umfassende Modernisierungsprozesse schafft.

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IV. Die Ökonomie des Vermeidens



1. Von der Materialintensität zur Ressourcenproduktivität

Seit der industriellen Revolution sind nach den Untersuchungen von Friedrich Schmidt-Bleek die meisten Stoffströme exponentiell stark angestiegen, in der Regel weitaus stärker als das Wachstum der Weltbevölkerung. Disen Studien zufolge setzt die Menschheit heute mehr Masse in Bewegung als die gesamte Geologie. Diese Stoffströme führen in der Ökosphäre zu physikalischen, chemischen und biologischen Reaktionen.

Die ökologischen Reaktionen sind dabei - gemessen am Leben des Menschen - oft nur langsam: Ihre Auswirkungen sind aber auch in Bezug auf Ausmaß, Zeit und Ort in der Regel nicht vorhersehbar, zumal die Pufferkapazität vieler Ökosysteme an Grenzen gerät. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren lokale Umweltprobleme die Regel, Ende der 60er Jahre kam die Erkenntnis von der universellen Verbreitung stabiler und naturschädlicher Industriechemikalien, in den 80er Jahren traten das neuartige Waldsterben und der Ozonabbau auf, und heute ist das CO2-Problem die große globale Herausforderung.

Die Menschheit hat sich seit 1800 um den Faktor vier vermehrt. So ist nicht nur die technische Fähigkeit, Stoffströme zu bewegen, stark angestiegen, sondern auch die Zahl der Menschen, die diese Techniken anwenden. Anders als früher werden für die Herstellung eines Massenproduktes nur noch in Ausnahmefällen die Stoffe, die den natürlichen Stoffkreisläufen entnommen werden, in unveränderter Form genutzt. Sie werden vielmehr in vielfacher Weise chemisch und physikalisch verändert. Dies hat dazu geführt, daß die Folgen der natürlichen Abbau- und Umbauprozesse oft nur in sehr langen Zeiträumen beeinflußt werden können.

Jedes Produkt hat zudem einen im Laufe von Produktion und Nutzung immer größer werdenden "ökologischen Rucksack" (Schmidt-Bleek). Dazu zählen die im fertigen Produkt enthaltenen stofflichen Anteile (recyclierte wie primäre Materialien), die Lebenszeit und die Gesamtzahl der erwarteten Dienstleistungs- und Nutzungseinheiten sowie die Abschätzung der Materialien für Gebrauch, Wartung, Reparatur, Reinigung, Recycling und Entsorgung.

Wenn große Stoffströme bewegt werden, um ein Produkt herzustellen, dann hat dieses Produkt oder diese Dienstleistung in der Regel eine hohe Materialintensität bzw. eine niedrige Ressourcenproduktivität. Auch in der Bundesrepublik wird mit sehr viel höherer Materialintensität und entsprechend niedriger Ressourcenproduktivität gearbeitet als dies technisch notwendig wäre. Die Konsequenz heißt: Güter und Dienstleistungen müssen drastisch dematerialisiert und deenergetisiert werden - und zwar

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von der Wiege bis zur Bahre und zuerst in den Industriestaaten.

Die Steigerung von Ressourcenproduktivität erfordert die Berücksichtigung des Faktors Zeit und die Verknüpfung der Produktionsketten mit möglichst kreislaufgeführten Wirtschaftsprozessen. Dies wird sowohl durch die Verlängerung der Nutzungsdauer (einschließlich der Nutzung und Ausweitung der Verwertungskaskaden), als auch durch eine intelligentere Nutzung von Energie und Ressourcen über alle Einsatz- und Umwandlungsstufen erreicht. Diese systematische Steigerung und Optimierung der Ökoproduktivität begrenzt einen grundlegenden Systemfehler unserer Wirtschaftsweise.

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2. Die Steigerung der Nutzungseffizienz

In Zukunft geht es nicht mehr um die Verlängerung der expansiven Naturverbräuche, sondern um die Steigerung der Nutzungseffizienz. Auf drei Ebenen läßt sich die Ökoproduktivität erreichen:

  • beim Einsatz von Materialien, Energie und Wasser, der Nutzung von Flächen sowie beim Umfang der Transportleistungen (Input-Seite);
  • bei den stofflichen und energetischen Wirkungen des Produktions- und Konsumprozesses, insbesondere bei Abfällen, Emissionen und unwiederbringlichen Verlusten sowie den Stoffeinträgen in die Umwelt wie Düngemittel und Pestizide. Hinzu kommen die künftigen Abfälle wie Bauten oder Infrastruktur, Anlagen mit langer Lebensdauer sowie Güter des Endverbrauchers (Output-Seite);
  • bei den räumlichen Umweltauswirkungen: Immissionen, Bodenbeeinträchtigungen, Entnahmen, Verluste bei Arten und Naturflächen (Impacts).

In vielen Sektoren ist eine Strategie zur Steigerung der Ökoproduktivität auch betriebswirtschaftlich vorteilhafter als der heutige hohe Material- und Energieeinsatz. Sie orientiert sich an folgenden Prinzipien: Der Einsatz von Stoffen und Energie wird durch Kapital und Know-how optimiert (Effizienzsteigerung); er wird soweit wie möglich minimiert (Minimierung); Stoffkreisläufe werden möglichst geschlossen, Stoffströme stabilisiert und verlangsamt (Kreislaufführung) und Materialien und Produkte werden "von der Wiege bis zur Bahre" ökologisch verträglicher gestaltet (ökologisches Design).

Die Integration der Ökologie in die Produktions- und Konsumprozesse wird im Bericht zur Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages (Drucksache 13/5050) mit folgenden Zielen beschrieben:

  • Sparsamer Umgang bzw. verringerter Einsatz von Energie und stofflichen Ressourcen in den Produktionsprozessen;
  • Verringerung der "ungenutzten" Abgaben an die Umwelt, z.B. durch Abwärmenutzung;
  • produktionsprozeßinternes Recycling bzw. Kreislaufführung;
  • systematische Verringerung des Reststoffanfalls;
  • Substitution umweltschädlicher Einsatzstoffe;

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  • Substitution umweltschädlicher Produkte und Produktionsformen;
  • ökologische Bewertung und Berücksichtigung auch der Vor- und Folgestufen der Produktionsprozesse;
  • Förderung umweltverträglicher Eigenschaften von Produkten wie Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, sinkender Energieeinsatz oder umweltverträgliche Entsorgung.

Diese (sicherlich nicht vollständige) Aufzählung zeigt, daß die Grenzen zwischen einer Effizienz-, Suffizienz- oder Konsistenzstrategie fließend sind und einander bedingen.

3. Eine Gewinnerstrategie für Wirtschaft, Beschäftigung und Umwelt

Wenn durch politische Rahmensetzungen eine Integrierte Ressourcenplanung mit der Internalisierung der ökologischen (Folge-)Kosten verbunden würde, könnte ein wirksamer Wettbewerb, zum Beispiel zwischen den unterschiedlichen Formen der Bereitstellung von Energiedienstleistungen, stattfinden. In marktförmigen Entwicklungsverfahren würden Einsparungen und Effizienzsteigerung als gleichberechtigte Alternativen zum Bau neuer Erzeugerkapazitäten berücksichtigt. Die Vorteile für die Vermeidungsstrategie wären um so größer, je mehr es dann zur beschleunigten Erschließung effizienter Wandlungs- und Einspartechniken kommt. Die Möglichkeiten sind beträchtlich, denn das nachgewiesene Einsparpotential liegt in der Bundesrepublik zwischen 40 bis 45 Prozent. Hieran zeigt sich auch, wie groß der Investitionsstau auf diesem Zukunftsmarkt ist.

Neue ökonomische Kalküle und Steuerungsmechanismen sind für die erfolgreiche Verbindung von Wirtschafts- und Umweltpolitik entscheidend. Die Ausgangsbedingungen sind zwar in den einzelnen Branchen unterschiedlich, aber in den meisten Sektoren lohnt sich ein absolut sinkender Energie-, Material-, Flächen- und Umweltverbrauch sowohl für Anbieter als auch für Verbraucher mehr, als das Festhalten an heutigen Investitionskalkülen. Die Vorteile würden um so größer, je mehr es zu einer schrittweisen Internalisierung externer Kosten kommt.

Der gezielte Schrumpfungs- und gleichzeitige Expansionsprozeß ist zumindest für eine längere Sicht weitaus vorteilhafter, weil die heutige Praxis des Einsatzes von Energie und Ressourcen vom volkswirtschaftlichen Minimalkostenpunkt deutlich entfernt liegt. Die Effizienzsteigerung ist auch für die öffentliche Hand ökonomisch günstig, da die Beschäftigungseffekte die Steuereinnahmen erhöhen und zur Finanzierung der Sozialleistungen beitragen. Eine derartige Strategie hat also einen hohen Selbstfinanzierungseffekt.

Öko-Produktivität und weitgehende Schließung von Stoffkreisläufen führen nicht nur zu einer quantitativen Verringerung und höherwertigen Zusammensetzung der Stoffströme, sondern auch zur Entwicklung eines produktionsorientierten Dienstleistungssektors, insbesondere in den Bereichen Planung und Handwerk. Dabei entstehen Arbeitsplätze, die in der Regel hohe Kreativität, umfassende Kenntnisse und qualifizierte Fertigkeiten verlangen. Das belegt die Fraunhofer-Untersuchung "Dienstleistung 2000 Plus", in der die "Umsetzung öko-effizienter Dienstleistungen als strategischer Wettbewerbs-

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faktor" herausgestellt wird. Für die Branchen IuK-Techniken, Handel, Chemie, Stahl, Kfz-Handwerk und Bauen werden große Marktchancen, Wettbewerbsvorteile und Beschäftigungsmöglichkeiten ermittelt.

Produktionsorientierte Dienstleistungen stärken die regionale Wirtschaftstätigkeit und haben für die Zukunft des industriellen Sektors eine große Bedeutung. Sie erfordern spezifische Fähigkeiten für den Einsatz von Einspar- und Solartechniken, neue Werkstoffe und Reparaturkompetenz. Die Beschäftigung wird schon deshalb steigen, weil in diesen Sektoren der Kapitalaufwand im Durchschnitt pro Arbeitsplatz niedriger liegt als in traditionellen Industriesektoren und die Verringerung der Energie- und Rohstoffimporte zu einer höheren nationalen Wertschöpfung und zu neuen Nachfrageimpulsen führt. Die Chancen werden in der Zukunft auch international zunehmen, je mehr gemäß den Vorgaben von Rio die "Vermeidungsmärkte" erschlossen werden.

4. Arbeitsplätze durch ökologische Modernisierung

Neue Arbeitsplätze durch energiesparende Maßnahmen kommen aufgrund unterschiedlicher Wirkungszusammenhänge zustande. Von Bedeutung sind

  • Preis- und Kosteneffekte, die durch Realisierung einzelwirtschaftlich rentabler (Kostensenkung) oder teurer Potentiale (Mehrkosten) hervorgerufen werden;
  • Nachfrageeffekte, die aus der zusätzlichen Nachfrage nach Energieeffizienztechniken und deren Vorleistungen abzüglich der vermiedenen Nachfrage nach Energie (einschließlich deren Vorleistungen) resultieren;
  • technologische Wettbewerbseffekte, die durch eine mit dem Einsatz effizienter Energietechniken einhergehende Modernisierung des Produktionsapparates, eine verstärkte Förderung von Innovationen und durch Verbesserungen der technologischen Wettbewerbsposition bei Technologien der rationellen Energieanwender (first mover advantage) entstehen können.

Das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) hat in einer Auswertung der direkten und indirekten Nachfrageeffekte von Energieeinsparungen einen Arbeitsplatzeffekt von rund 400.000 Arbeitsplätzen zwischen 1973 und 1990 errechnet, der dem in diesem Zeitraum vermiedenen Energieverbrauch zuzurechnen ist. Grob geschätzt kommt es pro eingesparte Petajoule Energie zu einem Effekt von 100 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Ausschlaggebend hierfür waren insbesondere die Substitution von Energieimporten durch inländisch produzierte Waren und Dienstleistungen, eine größere Arbeitsintensität bei Energiedienstleistungen sowie durch zusätzliche Nachfrage entstandene Arbeitsplätze, die sich aus der Senkung der Energiekostenbelastung ergeben.

Bei umfangreichen Programmen der Energieeinsparung, wie sie z. B. nach den Vorgaben des Klimaschutzes erforderlich sind, müssen zusätzlich zu den Nachfrageeffekten auch Kosteneffekte berücksichtigt werden. Nach entsprechenden Untersuchungen des ISI und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnte

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ein an einer Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen um 25 Prozent ausgerichtetes mittelfristiges Klimaschutzprogramm zwischen 200.000 und 400.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Bei diesen Schätzungen ist zu beachten, daß sie einen Teil der positiv wirkenden technischen Wettbewerbseffekte nicht beinhalten, da diese empirisch nur schwer zu erfassen sind. Gleichzeitig ist arbeitsmarktpolitisch von besonderer Bedeutung, daß die Arbeitsplatzeffekte von Energiesparmaßnahmen schon kurzfristig wirksam werden.

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V. „Werkstatt Produkte der Zukunft"



1. Nutzen optimieren - Natur schonen

Beispielhaft werden verschiedene Felder analysiert, um die Zusammenhänge und die Perspektiven für konkrete Produktentwicklungen aufzeigen. Das folgende Kriterienraster, das dem Lebenszyklus eines Produktes folgt, zeigt exemplarisch, was dabei zu beachten ist:

Herstellungsphase:

  • Material- / Energieeinsatz
  • Abfallintensität
  • Ausschußrate
  • Ergiebigkeit
  • Werkstoffvielfalt
  • Transportintensität
  • Verpackungsintensität
  • Flächenbedarf
  • Schadstoffgehalt
  • Grad der Arbeitsteilung
  • Qualifikationsanforderungen

Durchsetzungsphase:

  • Wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen
  • betriebliche oder branchenmäßige Verpflichtungen und Absprachen
  • Nachfrageerwartungen
  • sektorspezifische Hemmnisse
  • Konkurrenzsituation
  • Einführungshilfen
  • Information und Vermarktung
  • Preisgestaltung

Gebrauchs- / Verbrauchsphase:

  • Materialeinsatz
  • Energieeinsatz
  • Größe und Gewicht
  • Flächenbedarf
  • Reinigungsaufwand
  • Selbststeuerungs- und Optimierungsbedarf
  • Multifunktionalität
  • Mehrfachnutzung
  • gemeinsam nutzen
  • Abfallintensität
  • Schadstoffgehalt
  • Reparaturfreundlichkeit
  • Langlebigkeit
  • Gestaltung
  • Oberflächenbeschaffenheit
  • Korrosionsbeständigkeit
  • Instandhaltung
  • Zerlegbarkeit
  • Zuverlässigkeit, Robustheit, Verschleißfähigkeit
  • modularer Aufbau
  • Anpassungsmöglichkeiten an technischen Fortschritt
  • Kombinationsmöglichkeiten
  • Wertschätzung

Rückführphase:

  • Materialzusammensetzung
  • Zerlegbarkeit / Trennbarkeit
  • Reinigungsaufwand
  • Sortenreinheit

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  • Materialkennzeichnung
  • Wieder- / Weiterverwendbarkeit
  • Wieder- / Weiterverwertbarkeit

Entsorgungsphase:

  • Kompostierbarkeit / Vergärbarkeit
  • Verbrennungseigenschaften
  • Deponiefähigkeit


2. Akteurskooperation für ökologische Produkte

In den letzten Jahren haben Unternehmen und Handel damit begonnen, in einem begrenzten Umfang ökologische Aspekte bei der Produktentwicklung und Produkteinführung zu berücksichtigen. Die wichtigste Anforderung an die Produktgestaltung ist dann die Betrachtung und Bewertung der gesamten Prozeßkette des Produktlebens (Rohstoffbeschaffung, Produktion, Transport, Gebrauch, Verwertung und Entsorgung). Als Analyse- und Planungsinstrumente wurden dafür Ökobilanzen und Produktlinienanalysen entwickelt. Die Durchführung bereitet jedoch vielen Unternehmen, vor allem kleinen und mittleren Betrtieben, aufgrund der Kosten und bereitzustellenden Personalkapazitäten Schwierigkeiten. Dabei ist der Vorteil unbestritten; Effizienzsteigerungen machen sich in der Regel in wenigen Jahren bezahlt. In der Praxis auftretende Schwierigkeiten wie etwa fehlende Grundmodule oder unzureichende Informationen über die Methodik treffen für alle Unternehmen zu.

Außerdem gibt es eine weitere Schwierigkeit: Einzelne Produktionsunternehmen können nur die "eigene" Produktionsstufe beeinflussen bzw. ökologisch optimieren. Die Einflußmöglichkeiten auf die anderen Stufen der Produktlinien sind beschränkt, solange es nicht zur Kooperation mit den dortigen "Akteuren" kommt. Das Öko-Institut Freiburg hat an Praxisbeispielen nachgewiesen, daß die ökologische Optimierung von Produkten vielfach durch mangelnde Kooperation zwischen den Beteiligten behindert wurde oder nicht realisiert werden konnte.

Umgekehrt zeigte sich, daß eine Ökologisierung erst durch Akteurskooperationen möglich wird. Das Öko-Institut hat dies an den Produktbeispielen Gebrauchsgüter (Kühlschränke, Fernseher, Computer, Textilien), Verbrauchsgüter (Waschmittel), komplementäre Produkte (Energiesparlampen, Leuchten) und Recyclingprodukte (Kühlschutzmittel, Video-Casetten) aufgezeigt.

Es gibt heute auf regionaler und internationaler Ebene bereits erfolgreiche Programme zur gezielten Förderung von Akteurskooperationen. Vorrang haben Markteinführungsprogramme für ökologisch und ökonomisch vorteilhafte Produkte, die insbesondere aufgrund vorhandener Informationsdefizite bislang nicht oder wenig gekauft wurden. Hierzu zählen z. B. stromverbrauchsarme Haushaltsgeräte.

Beim amerikanischen Programm "Design for the Environment" wurden auch Produkt- und Verfahrensentwicklung initiiert, beim schwedischen EPS-System wurde der Industrie im wesentlichen eine Ökobilanz-Datenbank zur Verfügung gestellt. Wegen unzureichender Marktdurchsetzung ökologischer Programme wurde in den USA 1991 von der US-Umweltbehörde EPA ein Programm zur Einführung von Energiesparlampen (Green Lights) begonnen. Ziel dieses Programms ist es, Innovationsbarrieren

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durch gezielte Hilfestellungen zu überwinden. Zielgruppe des Programms waren in erster Linie Großunternehmen. Die bestehenden Hindernisse wurden konkret angegangen (Beratung, Telefon-Hotline, Marktübersicht, Finanzierungshilfen, Standardvorschläge für Klauseln bei Verträgen). 30 bis 60 % der Investitionssumme wurden bereits innerhalb eines Jahres aufgrund verringerter Energiekosten wieder eingebracht. Inzwischen wurde die Initiative auf Computer (Green-Star) und Raumklimatisierung (Green Building) ausgeweitet.

Mit dem Programm Design for the Environment soll ein Kommunikationsprozeß zwischen Herstellern und Nutzern in Gang gesetzt werden, um in konkreten Anwendungsfeldern ökologisch optimale und zugleich ökonomisch vorteilhafte Lösungen zu finden. Die Zielgruppe sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen aus den Bereichen Wäschereien, Reinigungen und Druckereien.

Ausgangspunkt für das schwedische EPS-Programm ist die Erkenntnis, daß ökologische Optimierung im Produktbereich einer gemeinsamen Anstrengung der beteiligten Akteure bedarf. Der Einsatz der produktlinienübergreifenden Ökobilanzen war dafür die Grundvoraussetzung. Zur Erstellung von Ökobilanzen wurde ein computergestütztes Set von Ökobilanz-Grundmodulen bereitgestellt, das mit einem Bewertungssystem verknüpft ist. Das Projekt wurde vom schwedischen Industrieverband initiiert.

Auch in der Bundesrepublik gibt es bereits eine Reihe von Einführungsprogrammen für energiesparende Technologien, die vorrangig von Stadtwerken oder kleineren Energieversorgungsunternehmen durchgeführt werden. In der Regel wird hierbei der Kauf von energieschonenden Haushaltsgeräten direkt bezuschußt. Das erfolgreichste Programm einer Integrierten Ressourcenplanung (LCP-Programm) ist "Helles NRW", wo 1,4 Millionen Energiesparlampen zur Senkung des Stromverbrauchs bereitgestellt wurden.

Ein erfolgreiches Beispiel im gewerblichen Bereich (Gastronomie) wurde von den Stadtwerken Rottweil durchgeführt. 95 Prozent aller Kunden nahmen das Angebot wahr, insgesamt 82 Prozent aller Gastronomiebetriebe im Versorgungsgebiet rüsteten ihre Beleuchtung ganz oder zum größten Teil auf Energiesparlampen um. Dieses Konzept wurde auf die Bereiche Friseur-, Bäckerei- und Metzgereibetriebe ausgeweitet.

Dafür müssen wirtschaftliche Akteure in Produktion, Handel und in den Branchenverbänden, staatliche bzw. administrative Akteure, Verbraucher sowie Umweltverbände, Verbraucherorganisationen und Gewerkschaften zusammenkommen. Auf allgemeiner Ebene lassen sich die Anforderungen an Akteurskooperationen wie folgt beschreiben:

  • Begleitung von Ökobilanzen;
  • Zielformulierungen und Schwerpunktsetzungen;
  • Stoffstromanalysen: medien- und produktlinienübergreifende Bilanzierung der Stoffströme und Produkte bzw. Analyse von Status quo, Trends, Reduktionspotentialen und Entwicklungsoptionen;
  • Stoffstrom- und Produktbewertung im Vergleich zu den aufgestellten Entwicklungs- und Umweltzielen;

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  • Erfolgskontrolle und Kommunikation zwischen den Akteuren.

Die Untersuchung des Öko-Instituts Freiburg zeigt, daß Akteurskooperationen offensichtlich dann besonders attraktiv sind, wenn für alle Beteiligten eine Gewinnersituation ("Win-Win"-Konstellation) entsteht. Das heißt, wenn alle Beteiligten von der Kooperation profitieren können. Deshalb bietet sich die Effizienzstrategie als erste Stufe an. Akteurskooperationen sollten schwerpunktmäßig für bereits untersuchte Produkte und Verfahren, die sich bislang auf dem Markt nur unzureichend durchsetzen konnten, gebildet werden. Dazu zählen insbesondere die Solartechnik und moderne Einspartechnologien.

3. Beispielhafte Arbeitsfelder

Es gibt zahlreiche Beispiele für den Erfolg ökologischer Produkte und die Umstellung der Produktion. So hat B.A.U.M. (Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewußtes Management) ein Firmenhandbuch herausgegeben, das eine gute Übersicht über das Leistungsangebot, den Nutzen des ökologischen Managements und die Möglichkeiten ökologischer Produkte gibt. Dieser Bereich ist in den letzten Jahren stark gewachsen, auch wenn die Durchsetzung ökologischer Produkte nach wie vor schwierig ist.

Insgesamt geht es darum, beispielhaft zu konkretisieren, wie Produkte der Zukunft und Systemlösungen aussehen können und welche politischen und organisatorischen Weichenstellungen notwendig sind, um zu einer Ökologisierung von Volkswirtschaft, Branchen, Unternehmen und Produkten zu kommen.

a) Energie: aufzuzeigen sind der Stand und die Perspektiven für eine ökologische Energiestrategie: solarthermische Kraftwerke, Windenergie, Photovoltaik, Brennstoffzelle und Biomassenverwendung. Auch sind die Erfahrungen aus der Schweiz auszuwerten, wo ein "Megalino-Handy" entwickelt und über Coop vertrieben wird. Hierbei handelt es sich um einen steckfertigen Solarbaustein für den Netzanschluß, der beliebig erweitert werden kann.

Außerdem müssen die fiskalischen und ordnungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Ökonomie des Vermeidens im Bereich Energiedienstleistungen ermittelt und konkretisiert werden. Für die "Einsparkraftwerke" sind auch die Potentiale für Nachfrage, Wertschöpfung und Beschäftigung abzuschätzen.

b) Ökologische Formen des Bauens: Auch im Bereich Bauen und Wohnen ist sowohl im Bestand als auch beim Neubau eine Hinwendung zu ökologischen Zielen dringend erforderlich. Beispielsweise hat die Schweiz eine Studie "Nachhaltigkeit des Bauens" vorgelegt, die zahlreiche Empfehlungen gibt und Belege für die ökonomische, arbeitsmarktpolitische und ökologische Attraktivität liefert. Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Schutz des Menschen und der Umwelt" fordert einen Kurswechsel hin zum Bestandsschutz und zur Ausrichtung auf ökologische Bauweisen. Hier gibt es ebenfalls zahlreiche Vorschläge. Zu den interessanten Innovationen zählen auch das mit einem Innovationspreis ausgezeichnete Solar-Stahl-Gebäude oder neue Bauformen in Holz oder Lehm.

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c) Zukunft des Autos/Verkehrssektor: Für den Bereich Verkehr werden Vorschläge benötigt, die eine stärkere ökologische Ausrichtung von Mobilität ermöglichen. Sie gehen von der Idee der Mobilitätsdienstleistungen mit höherer Effizienz im Einsatz des Verkehrsmittels aus, was nicht nur zu einer verringerten Resourcenbelastung führt, sondern auch für Volkswirtschaft und Beschäftigung vorteilhaft ist. Daneben ist eine Ökobilanz „Auto" mit Empfehlungen für neue Konzepte und Standards zu erstellen.

d) Ökologische Informationstransfers: Ein Schwerpunkt der Werkstatt werden Produkte der Zukunft auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechniken sein. Hierbei wird der Stand der ökologisch relevanten Diskussion im Bereich von Hardware und Software aufgezeigt sowie Empfehlungen für Infrastruktur, Anwendung und Informatisierung gegeben werden.

e) Öko-Kaufhaus: Es gibt bereits zahlreiche ökologisch orientierte Verbraucher- und Produktaktivitäten im Bereich des Einzelhandels, wo die Anbieter auf unmittelbare Käuferinteressen besonders eingehen.


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