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5. Soziale Sicherung

Die Systeme der sozialen Sicherung werden in Japan zwar nicht von Arbeitslosigkeit und deren Folgekosten (Beitragsausfälle, Frühverrentung usw.) belastet, dafür stehen sie aber vor zwei anderen Problemen: Erstens verläuft der demographische Alterungsprozeß in Japan schneller als in allen anderen Industrieländern, und zweitens wird die demographische Alterung überlagert von der „Reifung" der Rentenversicherung. Ein umfassendes System der Rentenversicherung wurde erst in den 70er Jahren eingeführt. In den Genuß der vollen Leistungen kamen nicht die Rentner generell, sondern nur diejenigen, die Beiträge in das System eingezahlt hatten. Das Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern war daher relativ günstig, und die Rentenversicherung konnte Überschüsse aufbauen, die heute bei 130 Billionen Yen liegen. Erst in den kommenden Jahren werden die Generationen in den Ruhestand treten, die über ihre volle Erwerbszeit hinweg Beiträge gezahlt haben und zum Bezug der vollen Leistungen berechtigt sind. Die Überschüsse, die vom Trust Fund Bureau im Rahmen des FILP angelegt sind, werfen aber zu geringe Erträge ab, um das verschlechterte Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern auszugleichen. D.h. die Überschüsse werden schnell abgebaut sein und sich in ein Defizit verwandeln. Kalkulationen der OECD zufolge wird dieses Defizit - vorausgesetzt, die derzeitige Politik ändert sich nicht - im Jahre 2030 bei 300% des Sozialprodukts liegen. Eine Reform ist also notwendig. Dabei will man aber nur in Grenzen auf die Anhebung der Versicherungsbeiträge (zur Zeit 16,5% der Bruttolöhne) zurückgreifen: Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sollen die Grenze von 45% des Sozialprodukts (zur Zeit 37,4%) in Zukunft nicht übersteigen. Der einzige Reformsansatz liegt also in der Kürzung der Leistungen.

Bislang ist nicht zu sehen, wie die Regierung Hashimoto die künftige Entwicklung des Rentensystems zu steuern gedenkt. Eine Anhebung des Rentenalters (zur Zeit 60 Jahre, eine Anhebung auf 65 Jahre ist bereits vorgesehen) auf 70 Jahre sowie Leistungskürzungen für wohlhabende Rentner sind in der Diskussion. Aktiv wurde die Regierung dagegen in zwei anderen Bereichen:

* Im Frühsommer 1997 wurde eine Pflegeversicherung eingeführt, in die alle über 40jährigen einzahlen. Bislang bietet die Pflegeversicherung nur häusliche Pflegeleistungen an. Bis zum Jahre 2001 sollen auch Pflegeheime eingerichtet werden. Erst dann kann der angestrebte Effekt - die Einsparung von Gesundheitskosten durch die Vermeidung von Krankenhauseinweisungen aus sozialen Gründen (social hospizalization) und die Verlegung von Pflegebedürftigen aus teuren Krankenhäuser in billigere Pflegeheime - eintreten. Es ist bislang nicht geklärt, wie der Aufbau der notwendigen Infrastruktur finanziert werden soll.

* Ebenfalls im Frühsommer wurde eine Reform der Krankenversicherung verabschiedet. Damit steigt die Eigenbeteiligung der festangestellten Arbeitnehmer an allen medizinischen Kosten von 10 auf 20% (die Eigenbeteiligung liegt bei den Familienangehörigen weiter bei 30%). Über 70jährige müssen in Zukunft pro Arztbesuch 500 Yen anstatt 1.020 Yen pauschal pro Monat zahlen. Zusätzlich wurde eine Eigenbeteiligung bei Pharmazeutika eingeführt.

Die Reform der Sozialversicherung, die weitgehend aus Leistungskürzungen bestehen wird, ist das politisch am wenigsten problematische Projekt der Regierung Hashimoto. Die Interessen der Versicherten sind nur schwach repräsentiert: Die Gewerkschaften sind zu sehr auf die Betriebe konzentriert, als daß sie den betriebsübergreifenden Interessen der abhängig Beschäftigten wirkungsvoll Geltung verschaffen könnten, und die Sozialdemokratie als potentielle Interessenvertretung der Arbeitnehmer hat abgedankt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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