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[Essentials]

  • Die Fronten im Nahen Osten haben sich verhärtet, mühsam aufgebautes Vertrauenskapital ist zerstört, und neben der erneuten Isolierung Israels zeichnen sich neue Kräftekonstellationen im nahöstlichen Labyrinth ab.
  • Eine erneute internationale Isolierung Israels könnte der stets latent vorhandenen Stimmung im Land, sich nur auf die eigenen Kräfte verlassen zu können und keine Rücksicht auf die Weltöffentlichkeit nehmen zu müssen, da es ja immer um das Überleben der Nation geht, neuen Auftrieb geben. Dies hätte negative Auswirkungen auf den Friedensprozeß, weil eine Politik der Stärke wieder sicherheitspolitische und geostrategische Gesichtspunkte in den Vordergrund rücken würde.
  • Daß der Friedensprozeß im Nahen Osten gefährdet ist, liegt vor allem an der zwischen Aggressivität und Unsicherheit schwankenden Politik der Regierung Netanyahu. Ein Grund ist aber auch die nicht zu übersehende Schwäche der Friedensbewegung in Israel.
  • Der äußere Frieden ist ohne inneren Frieden kaum zu erreichen. Nicht nur ist eine gefährliche Hinwendung des orthodoxen Judentums zu rechtsnationalen Ideen zu verzeichnen, auch die zunehmende Fragmentierung der israelischen Gesellschaft entlang ethnischer, religiöser und sozialer Linien läßt eine Blockierung des politischen Systems nicht mehr als undenkbar erscheinen.
  • Diese Gespaltenheit der israelischen Gesellschaft wird angesichts der knapper werdenden Güter in Zukunft noch zunehmen, und die Verteilungskämpfe werden sich verschärfen, da die neuesten Wirtschaftsdaten alle nach unten zeigen.
  • Bei der Durchsetzung seiner ökonomischen Ziele muß Regierungschef Netanyahu gegen die Interessen eines Großteils seiner eigenen Klientel handeln, vor allem der Religiösen und der orientalischen Juden.


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Das Wichtigste auf einen Blick

Das Wort Krieg ist wieder salonfähig geworden in Israel. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Ein Krieg mit den Palästinensern, mit Syrien, mit den Arabern gemeinhin, wird nicht mehr ausgeschlossen. Aber auch, nach innen gewendet: Krieg zwischen religiösen und säkularen Juden, Bürgerkrieg also, ist keine undenkbare Kategorie mehr. Nach der längsten Friedensperiode in der fast fünfzigjährigen Geschichte des Staates Israel scheint man sich fast schon wieder in das Unvermeidliche zu schicken.

Die überraschende Wachablösung in der Führung des Staates im Mai 1996 läßt nun auch in Israel die Friedensdividende dahinschmelzen, die es für die arabischen Staaten ohnehin nie gegeben hat. Noch ist offen, ob und wie der Friedensprozeß weitergehen wird, da seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Netanyahu eine Atmosphäre der Unsicherheit vorherrscht und die extreme Rechte gegen die "eigene" Regierung mobil macht. Eines allerdings ist sicher, und die blutigen Ereignisse im September 1996 in den palästinensischen Gebieten haben es deutlich gemacht: Die Fronten haben sich verhärtet, mühsam aufgebautes Vertrauenskapital ist zerstört, und neben der erneuten Isolierung Israels zeichnen sich neue Kräftekonstellationen im nahöstlichen Labyrinth ab. Aber es gibt auch Zeichen der Hoffnung. Die israelische Rechtsregierung ist über ihren eigenen historischen Schatten gesprungen und hat das Oslo-Abkommen mit den Palästinensern grundsätzlich anerkannt; Netanyahu hat die Hand des von ihm noch kurz vor den Wahlen als "Terroristen" apostrophierten Palästinenserführes Arafat gedrückt; die arabischen Staaten haben die Tür zu ihrem israelischen Nachbarn noch nicht endgültig zugeschlagen. Dazu dürfte mit Beginn der zweiten Amtsperiode von Präsident Clinton neuer Schwung in die amerikanischen Vermittlungen kommen, und auch Europa bemüht sich, eine stärkere Rolle zu spielen.

Allerdings zeichnet sich seit geraumer Zeit verstärkt eine Bedrohung des Friedensprozesses aus einer ganz anderen Ecke ab. Der zunehmende Einfluß extrem religiöser Kräfte in Israel, wie er sich im Wahlergebnis vom Mai 1996 manifestierte, könnte langfristig die innenpolitischen Machtverhältnisse gravierend verändern und führt jetzt schon zu heftigen Auseinandersetzungen mit den säkularen Kräften. Ohne inneren Frieden ist aber auch der äußere Frieden kaum machbar. Nicht nur ist eine gefährliche Hinwendung des orthodoxen Judentums zu rechtsnationalen Ideen zu verzeichnen, auch eine Blockierung des politischen Systems in Israel hätte verheerende Auswirkungen auf den Friedensprozeß. Die zunehmende Fragmentierung der israelischen Gesellschaft entlang ethnischer, religiöser und sozialer Linien - auch dies ablesbar am Wahlergebnis - läßt eine solche Blockierung nicht mehr als undenkbar erscheinen. Verschärft wird dieser Trend durch eine offensichtliche Handlungsunfähigkeit der Reform- und Friedenskräfte im Lande, deren stärkste - die Arbeitspartei - durch eine anhaltende Führungskrise gelähmt ist.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 1999

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