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8. Internationale Harmonisierung

Druck-Ausgabe: Seite 47

Was nützt es dem Produzenten Multimedia, wenn er zwar mit den urheberrechtlichen Regelungen zufrieden ist, wie sie in Deutschland, in der EU und vielleicht auch in anderen industrialisierten Staaten wie den
U.S.A. und Japan bestehen, wenn der Urheberschutz jedoch auch nur in einigen anderen Ländern ungenügend ist oder gänzlich fehlt und Piraten von diesen „ Urheberrechtsparadiesen " aus verletzende Produkte über digitale Netze ungestört weltweit zum Zugriff anbieten können?

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8.1 Ausländische Lösungsansätze

Die gleichen Fragen, mit denen sich der deutsche Gesetzgeber konfrontiert sieht, stellen sich natürlich auch in allen anderen nationalen Rechtsordnungen. Von einigen wenigen punktuellen Gesetzesänderungen zumeist im Zusammenhang mit Datenbanken oder einzelnen Sonderformen digitaler Werkverwertung abgesehen, ist man augenblicklich jedoch auch im Ausland allenthalben mit nationalen Studien befaßt. [Fn 70: Zu nennen sind hier insbesondere die USA, Japan, Frankreich, Kanada und Australien; vgl. dazu die Nachweise im Literaturverzeichnis.]

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8.2 Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO)

Es ist ein Zeichen für die Dringlichkeit der anstehenden Probleme, daß man sich im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf bereits im Dezember 1996 auf zwei neue internationale Verträge [Fn 71:Texte abrufbar unter http://www.wipo.int.] hat einigen können. Denn normalerweise erwachsen internationale Instrumente erst aus der langdauernden Erfahrung mit unterschiedlichen bzw. im Laufe der Zeit aneinander angeglichenen nationalen Regelungen. Naturgemäß enthielten weder die inhaltlich zuletzt 1967 revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) für die Urheber noch das sog. Rom-Abkommen zum Schutz ausübender Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen von 1960 Regelungen, die speziell auf die Verwertung von Werken und Leistungen in digitaler Form zugeschnitten waren.

Der neue WIPO-Vertrag über das Urheberrecht (WCT)
[Fn 72: WIPO Copyright Treaty.]

  • verpflichtet seine künftigen Mitglieder ein Recht der öffentlichen Mitteilung zu gewähren, das mit den Fällen, in denen „die Mitglieder der Öffentlichkeit von unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten Zugriff nehmen können", ausdrücklich die online Übermittlung geschützter Werke erfaßt;

  • hinsichtlich der Schrankenbestimmungen, deren Reichweite in besonderem Maß umstritten war, bleiben die künftigen Vertragsstaaten des WCT zwar frei, doch dürfen dadurch weder die normale Auswertung geschützter Werke beeinträchtigt noch die berechtigten Interessen der Urheber unzumutbar verletzt werden; [Fn 73: Diese Formulierung ist von der bisherigen Beschränkung des Vervielfältigungsrechts aus Art. 9 Abs. 2 RBÜ übernommen. Eine Zusatzerklärung - die selbst nicht Bestandteil des WCT ist, jedoch die Auffassung der Konferenzteilnehmer wiedergibt - stellt klar, daß sowohl bisherige nationale Schrankenbestimmungen, die der RBÜ nicht widersprechen, beibehalten, als auch neue Schrankenbestimmungen für den digitalen Bereich eingeführt werden können.]

  • im weiteren ordnet der WCT die Einführung eines angemessenen und wirksamen rechtlichen Schutzes gegen Vorrichtungen zur Überwindung technischer Mechanismen an, welche die Rechteinhaber zum Schutz gegen die unautorisierte Vornahme von Handlungen

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    angebracht haben, die ihrer Zustimmung unterliegen;

  • schließlich sind im nationalen Recht wirksame Sanktionen gegen die unbefugte Veränderung von Informationen vorzusehen, die der Identifizierung des Werkes, seines Urhebers, des jeweiligen Rechtsinhabers sowie der Nutzungsbedingungen dienen.

Streitig war auch die Frage der Haftung der beim online Zugänglichmachen geschützter Werke Beteiligten; hier ist klargestellt worden, daß zumindest diejenigen, die lediglich Vorrichtungen zur Übermittlung bereitstellen, im Falle einer rechtswidrigen Übermittlung nicht selbst wegen Verletzung des Übermittlungsrechts haftbar sind.

Der neue WIPO-Vertrag über die Darbietungen und die Tonträger (WPPT) [Fn 74: WIPO Performances and Phonogram Treaty.] enthält entsprechende Vorschriften auch zugunsten der ausübenden Künstler und der Hersteller von Tonträgern. Allerdings wird dort das interaktive öffentliche Zugänglichmachen ausdrücklich von den übrigen Arten der öffentlichen Mitteilung unterschieden. Ein Ausschließlichkeitsrecht besteht für die Genannten also nur hinsichtlich des digitalen online Zugänglichmachens, nach wie vor jedoch nicht für bisherige Formen der öffentlichen Wiedergabe, insbesondere etwa im Wege des traditionellen Rundfunks.

Die Verabschiedung eines internationalen Vertrages zur Gewährung eines eigenständigen sui-generis-Schutzes für Datenbanken nach dem Muster der EU-Richtlinie (vgl. Ziff. 8.3) ist im Rahmen der Diplomatischen Konferenz zwar aufgeschoben worden, doch soll darüber in naher Zukunft verhandelt werden. Schließlich bedürfen die Rechte der Sendeunternehmen - und damit ggf. auch der Anbieter von online Diensten - noch der internationalen Vereinheitlichung.

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8.3 Europäische Union

Bereits 1996 hat die Europäische Union (EU) als ersten Baustein für ein digitales Urheberrecht die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken geschaffen. [Fn 75: Richtlinie 96/9/EG, ABl EG Nr. L 77/20 v. 27.3.1996, S. 20.]
Danach werden Datenbanken zum einen urheberrechtlich im Hinblick auf die Originalität ihrer Auswahl oder Anordnung geschützt; zum anderen ist ein neues Recht sui generis gegen die „unautorisierte Entnahme und/oder Weiterverwertung der ganzen bzw. eines qualitativ oder quantitativ wesentlichen Teils einer Datenbank" geschaffen worden, deren Herstellung eine „wesentliche Investition" erfordert hat. Die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland ist im künftigen In-formations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG; [Fn 76: Der Entwurf ist abrufbar unter http://www.iid.de/rahmen/iukdg.html.] sog. Multimediagesetz) geplant.

Darüber hinaus hat die Kommission in Hinblick auf die Reaktionen zu ihrem Grünbuch „Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" [Fn 77: Vgl. den Nachweis im Literaturverzeichnis.] in einer Mitteilung vom November 1996 ihre Pläne für das weitere gesetzgeberische Vorgehen kundgetan. [Fn 78: Mitteilung „Initiativen zum Grünbuch über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" vom 20.11.1996, Dok. KOM(96) 568 endg.]
Danach soll als nächstes eine Richtlinie vorgeschlagen und verabschiedet werden, mit der das Recht des online Zugänglichmachens, die Schrankenbestimmungen sowie der rechtliche Schutz technischer Zugriffssperren EU-weit harmonisiert bzw. erstmals geregelt werden soll. In einem weiteren Schritt sollen Fragen des anwendbaren Rechts und der Haftung der am Übermittlungsvorgang Beteiligten untersucht und nach Möglichkeit harmonisiert werden.

Daß dies im Detail nicht einfach sein wird, liegt auf der Hand, bedeutet es doch in vielen praxisrelevanten Einzelheiten ein Abschiednehmen von alten nationalen Gewohnheiten. Der Gewinn nicht nur an nationaler, sondern zugleich an europäischer Rechtssicherheit wird dies jedoch mehr als wett machen.

Die Anstrengungen der EU-Kommission, hier möglichst rasch zu einheitlichen Lösungen zu gelangen, sollte die Bundesregierung des-

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halb nach Kräften mit sachdienlichem Rat unterstützen. Das gilt um so mehr, als die EU damit - wie seinerzeit bereits mit ihrer Gesetzgebung zu Computerprogrammen und Datenbanken - ein internationales Vorbild schafft und zugleich die Rolle eines internationalen Schrittmachers beibehält.

Druck-Ausgabe: Seite 50 = Leerseite


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1999

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