SOZIALISTISCHE MITTEILUNGEN

News for German Socialists in England

This News Letter is published for the information of Socialdemo-
crats from Germany who are opposing dictatorship of any kind


Nr. 111/112

Mai/Juni 1948


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SPD zum 1. Mai 1948

Kurt Schumacher zum 1. Mai

Der 1. Mai war und ist der Tag der internationalen Arbeiterbewegung, die an eine Zukunft der Freiheit, des Friedens und des sozialen Aufstiegs glaubt.

In den neunzig Jahren einer zusammenhängenden politischen Entwicklung hat die deutsche Arbeiterbewegung diese Kämpfe bestanden, viele Siege erfochten, viele Niederlagen erlitten, und sie ist von allen Kämpfen der inneren geistigen Streitigkeiten erschüttert und gespalten worden. Sie hat alle Krankheiten überstanden und sich immer wieder zu einem Faktor von entscheidender Bedeutung herausgearbeitet.

Es ist nicht so sehr die Verschiedenartigkeit der Idee, die zur Versteinerung der Spaltung zwischen den Sozialdemokraten und den Kommunisten geführt hat. Es ist die Tatsache, daß die Sozialdemokratie eine deutsche Partei mit übernationalen Zielen und humanitärer Grundhaltung war und sein wird. Ihr steht das andere Faktum gegenüber, daß die Kommunisten weder eine deutsche Partei, noch eine internationale Partei sind. Der Kampf zwischen den Sozialdemokraten und den Kommunisten ist zu mehr als einem politischen Parteienkampf geworden. Es ist ein Kampf, der aus der Gegensätzlichkeit verschieden gewordener und verschieden geformter geistiger Menschentypen und Lebensauffassung entsteht. Hier gibt es keine Möglichkeit des Kompromisses.

Aus eigener Kraft sind sie nur der kleine Haufen der intransigenten, für jede Gestaltung unbrauchbaren Menschen, deren gegenrevolutionäre Funktion deutlich ist. Die Zukunft der internationalen Arbeiterbewegung verlangt, daß gerade in Mittel- und Westeuropa der freiheitliche und demokratische Sozialismus alle arbeitenden Menschen um seine Fahnen schart.

In Berlin ist dieser Prozeß von der Sozialdemokratischen Partei ausgegangen und hat machtvoll in die Gewerkschaften hinübergegriffen. Keine Protektion, kein Terror, kein Wahlschwindel kann ihn aufhalten. Das Interesse der arbeitenden Klasse verlangt den eindeutigen Sieg der Sozialdemokraten über die Kommunisten.

Kurt Schumacher

Maiaufruf des PV

Am 1. Mai dieses Jahres steht das deutsche Volk vor neuen Hoffnungen und ernsten Gefahren. Zum ersten Male seit Kriegsende sehen wir den Versuch, aus der Zerrüttung Europas einen Ausweg zu finden, in greifbare Nähe gerückt. Mit der Annahme des Marshall-Plans durch den amerikanischen Kongreß ist erst der Weg zur Hilfe für die Länder Europas freigeworden, soweit sie sich nicht unter dem Druck einer gegen die Gesundung Europas gerichteten totalitären Politik von dieser Hilfe ausgeschlossen haben. Aber damit ist das Ziel noch nicht erreicht. Harte soziale und politische Kämpfe stehen uns bevor, die unsere letzten

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und besten Kräfte beanspruchen werden. Mit den Sozialisten aller Länder sind wir uns einig darin, daß die amerikanische Hilfe nicht an Bedingungen für die Gestaltung der sozialen und politischen Ordnung in den Ländern, die Beistand erhalten, geknüpft werden darf.

Wir können an diesem 1. Mai mit Stolz bekennen, trotz aller Not und Schwierigkeiten unseren Zielen treugeblieben zu sein. Die deutsche Sozialdemokratie ist wieder in die Gemeinschaft der Sozialistischen Internationale aufgenommen worden. Dadurch wurde der bis heute wichtigste Schritt zu dem Ziel gemacht, unser Volk in die Gemeinschaft friedlicher Völker zu führen.

Wir rufen unsere Mitglieder und Freunde auf, mit neuem Mut und verstärktem Willen der großen Idee des demokratischen Sozialismus zu dienen und an der Festigung unserer Partei zu arbeiten. Von dem sozialdemokratischen Einfluß auf das politische Leben Deutschlands hängt die Erfüllung unserer Hoffnung auf Freiheit und Frieden ab. Nur wenn die Belebung der deutschen Wirtschaft die Lebenshaltung des deutschen Volkes bessert, nur wenn Deutschland in der europäischen Zusammenarbeit als vollwertiger Partner anerkannt wird, nur wenn in unserem Lande die Kräfte den Ausschlag geben, die für eine friedliche Zukunft und für den Aufbau eines freien und geeinten Deutschlands wirken, werden wir uns eine bessere Zukunft erkämpfen können.

Es sind Kräfte am Werk, die eine Gesundung unserer Wirtschaft und unserer Lebensverhältnisse aus Selbstsucht verhindern wollen. In diesem Augenblick, in dem es um die Grundlagen eines neuen Lebens für unser Volk und Land geht, versuchen die Vertreter des großen Besitzes mit allen Mitteln, sich die Vorrechte zu wahren, die sie noch immer genießen, während der größte Teil des Volkes alles verloren hat. Die Nutznießer des heutigen Unglücks waren die Wegbereiter des Dritten Reiches, die Zerstörer der Weimarer Republik und die Herren des Kaiserreiches. Es darf nicht geschehen, daß aus der Katastrophe, in die die verbrecherische Politik der Hitlerdiktatur das deutsche Volk geführt hat, eine Schicht reaktionärer Nutznießer Gewinn für sich zieht und eine Neubelebung der Wirtschaft zur Vermehrung ihrer Vorteile und ihrer Macht benutzt und so kommenden wirtschaftlichen und politischen Krisen den Weg bereitet.

Die größte Gefahr droht heute von denen, die Deutschlands Einheit als Schlagwort mißbrauchen, um das deutsche Volk, wenn es ihren Täuschungsparolen folgt, an die Sklavenkette eines freiheitsfeindlichen fremden Systems zu fremdem Nutzen zu fesseln. Die deutsche Sozialdemokratie, die in der Ostzone Deutschlands unterdrückt wurde, hat das erste Opfer bei der Verteidigung der deutschen Demokratie bringen müssen. Seit drei Jahren hat eine Reihe von schmachvollen und empörenden Ereignissen der ganzen Welt bewiesen, daß im Einflußgebiet des Totalitarismus in keinem Fall Selbständigkeit und Freiheit behauptet werden kann. Wer die Entwürdigung und Entwertung des nationalen Gedankens durch die Betrugsmanöver des Volkskongresses und des Volksbegehrens mitmacht, wird dadurch zu einem Feind des deutschen Volkes. Hier gibt es nur die eine Parole des rücksichtslosen Kampfes. Die Idee der Einheit kann nur durch Zerstörung der Lüge und Offenlegung der Wahrheit verwirklicht werden.

Es ist an diesem 1. Mai unsere größte Hoffnung, daß den Kräften der Knechtung und Zerstörung, die sich einem friedlichen Wiederaufbau Europas widersetzen, Einhalt geboten wird. Das kann nur geschehen durch die entschlossene Zusammenarbeit aller demokratischen und aufbauenden Kräfte der Welt, vor allem des internationalen Sozialismus.

Wir deutschen Sozialdemokraten wollen unserem Volke den Glauben an die Vernunft, den Frieden und die Menschlichkeit geben. Die Welt sollte uns in diesem Ringen unterstützen, gerade um eine sinnvolle Neuordnung Europas zu ermöglichen und die Kämpfer für Frieden und Freiheit zu stärken!

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SPD und Westdeutschland

Im Mittelpunkt der Sitzung des Vorstandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands am 6. Mai in Springe/Deister, "Victor-Adler-Heim"[1], stand die Fixierung der sozialdemokratischen Einstellung zur Frage des von den Besatzungsmächten beabsichtigen neuen staatsrechtlichen Provisoriums für Westdeutschland.

Eine nach eingehender Diskussion einstimmig angenommene Entschließung bestätigt und ergänzt in einigen Punkten die bisherige Linie der Partei in dieser Frage, wie sie zuletzt am 9. April in Hannover durch Vorstandsbeschluß festgelegt wurde.

Ueber die kürzliche Pariser Konferenz der sozialistischen Parteien der sog. Marshallplan-Länder berichtete das Mitglied der deutschen Delegation, Prof. Carl Schmid, Tübingen. Das Kernstück seiner Darlegungen bezog sich auf die Ruhrfrage, in der in Paris keine volle Einigung erzielt werden konnte.

Die wesentliche, noch ungeklärte Frage ist hierbei die, welchen Umfang die vor allem von französischer Seite verlangte Kontrolle im Ruhrgebiet haben soll, d. h. in welchem Maße das deutsche Verfügungsrecht künftig eingeschränkt werden soll. Man will versuchen, diese Frage auf der internationalen Sozialistenkonferenz, die vom 4. bis 7. Juni in Wien stattfindet, zu klären. Der Parteivorstand beschloß, zu dieser Konferenz die Vorstandsmitglieder Erich Ollenhauer, Herta Gotthelf, Prof. Carl Schmid, Fritz Henßler und Ernst Reuter als Delegierte, und Victor Agartz als Gast nach Wien zu entsenden.

Der Staatskommissar zur Bekämpfung der Korruption in Nordrhein-Westfalen, Oberbürgermeister Werner Jacobi, Iserlohn, wird am 1. Oktober d. J. die Leitung des Kommunalpolitischen Zentralbüros beim Parteivorstand der SPD in Hannover übernehmen.

Egon Franke vom Büro des Parteivorstandes berichtete über eine Tagung von Vertretern aller Bezirke der Partei innerhalb der VVN.

Entschließung

"Der Vorstand der SPD nimmt Stellung zu den Diskussionen um Westdeutschland, die in diesen Tagen anläßlich der Londoner Verhandlungen in der ausländischen und deutschen Presse gepflogen werden.

Die Sozialdemokratische Partei hält den baldigen Erlaß eines Besatzungsstatuts durch die Besatzungsmächte als die wichtigste Voraussetzung für eine zweckdienliche Lösung der unmittelbar anstehenden strukturellen und organisatorischen Probleme.

Es bleibt eine entscheidende Forderung und Aufgabe der SPD, die durch die russische Besatzungsmacht und die kommunistische SEP zerstörte Einheit Deutschlands wiederherzustellen. Als einen Schritt auf diesem Wege sieht sie die wirtschaftliche Gesundung der Westzonen und die Einbeziehung Berlins in die wirtschaftliche und politische Neuordnung an. Sie setzt sich für organisatorische Neuregelung ein, für die als unerläßliche Voraussetzungen betrachtet werden:

a) daß die künftige provisorische westdeutsche Organisation von einem parlamentarischen Gremium geschaffen wird, das in unmittelbaren Wahlen zu bilden ist. Den in der Presse veröffentlichten Vorschlag, in indirekten Wahlen durch die Länder eine verfassunggebende deutsche Nationalversammlung zu schaffen, hält der Vorstand der SPD für unannehmbar;

b) daß das aus diesen Wahlen hervorgehende Parlament nicht für sich in Anspruch nimmt, eine deutsche Nationalversammlung zu sein, oder eine gesamtdeutsche Regierung zu wählen. Ein solches Parlament und eine solche Regierung haben sich in Namensgebung und Aufgabenstellung auf das zu

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beschränken, was sie unter den heute gegebenen Umständen nur sein können: ein provisorisches Parlament und eine provisorische Regierung für die westlichen Besatzungszonen.

Der Vorstand der SPD erwartet, daß die deutschen Parteien vor den endgültigen Entscheidungen der Alliierten über die Neuregelung gehört werden."

Nachwahlen in Ausschüssen

In den Ausschuß für Organisationsfragen wurde

Walter Harich[2], Dortmund,

in den Außenpolitischen Ausschuß

Willy Brandt, Berlin,

in den Kommunalpolitischen Ausschuß

Innenminister Viktor Renner[3], Tübingen

in den Wirtschaftspolitischen Ausschuß

Gerhard Neuenkirch, Hamburg,

gewählt.

Kommentar: Ohne Illusionen

Die Sicherung der Einheit Deutschlands erscheint heute als das politische Haupterfordernis der Stunde. Die verschiedensten Rezepte werden empfohlen, ehrliche Besorgnis steht neben agitatorischer Phrase und immer wieder wird die Furcht sichtbar, der Zerfall der Welt in zwei feindliche Hälften werde auf die Dauer auch Deutschland zerreißen.

Zweierlei scheint uns bei solcher Betrachtungsweise nicht in der wahren Bedeutung bekannt zu sein: Einmal muß heute jede Form einer allgemeinen deutschen Vertretungskörperschaft, gleich wie sie zusammengesetzt ist, so stark im Schatten des Gegensatzes der Besatzungsmächte stehen, daß man in ihr nicht eine echte Vertretung sehen kann. Entweder wird sie rein konventionell-repräsentativ und vollkommen ohnmächtig wirken, oder sie wird zu einer Art neuem Nebenkriegsschauplatz im Waffengang der westlichen gegen die östliche Konzeption werden. Weder mit dem einen noch mit dem anderen wäre etwas gewonnen.

Die SPD hat in ihrer Stellungnahme zu der Frage einer gemeinsamen deutschen Vertretung stets vor der Anwendung illusionärer Mittel gewarnt. Gerade deshalb ist sie aber auch besonders berechtigt, im Falle der Planung einer westdeutschen Regierung zur Vorsicht zu mahnen. Auch hier hat es keinen Sinn, so zu tun "als ob", Hilfe von Fiktionen zu erwarten. Richtig ist es, mit gegebenen Größen zu arbeiten, sich auf Greifbares zu beschränken. Damit kommt man dem Endziel, das niemals aus den Augen gelassen werden darf, näher als mit einer Politik im luftleeren Raum einer Wunschvorstellung.

Auf dieser Linie hat die SPD bisher operiert. Sie ist auf der Vorstandssitzung am 6. Mai in Springe bei Hannover bestätigt worden. Die veröffentlichte Entschließung gibt näheren Aufschluß zur konkreten Einstellung in der Frage des beabsichtigten Weststatutes, wobei seit einiger Zeit in den Erörterungen auch die Frage der Schaffung einer Verfassung für Westdeutschland immer häufiger auftaucht. Die SPD geht von der Ueberlegung aus, daß selbst, wenn es zu einer Erweiterung der deutschen Zuständigkeit käme, noch lange kein friedensähnlicher Zustand geschaffen wäre, denn auch dann bliebe als letzte Instanz die Entscheidung der Besatzungsmächte, eine Tatsache, mit der wir für lange Zeit zu rechnen haben. Für eine deutsche Verfassung ist das aber eine denkbar ungeeignete Grundlage - schon das Beispiel der Länderverfassungen in der Amerikanischen Zone mit ihren widerspruchsvollen, im Besatzungsregime zwangsläufig begründeten Unzulänglichkeiten zeigt das deutlich. Eine Art westdeutscher Verfassung würde aber nur ein weiterer Beitrag zur Verhärtung des Begriffs "westdeutsch" im staatspolitischen Sinne sein. Es hat aber auch keinen Sinn, auf eine Art Rumpfparlament oder Rumpfregierung mit freizuhaltenden Plätzen für Vertreter aus dem Osten hinzusteuern, weil damit unvermeidlich wäre, daß der Osten ebenfalls eine gesamtdeutsche Regierung mit dem Anspruch einer zunächst noch unvollständigen gesamtdeutschen Vertretung erhebt. Auch damit wäre man keinen Schritt weitergekommen.

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An alle Freunde der Freiheit

Resolution des PV

Der Kampf um Freiheit und Demokratie in Europa hat durch den kommunistischen Staatsstreich in Prag eine dramatische Zuspitzung erfahren. Mit der gewaltsamen Gleichschaltung der Tschechoslowakei sind alle Völker im Osten und Südosten Europas unter die totale Diktatur der Kommunisten gezwungen worden.

Eines der nächsten Angriffsziele des Kominform ist Deutschland. In der Ostzone wird durch die Besatzungsmacht die völlige Loslösung dieses Teils Deutschlands seit 1945 systematisch vorbereitet. Der vom kommunistischen Volkskongreß eingesetzte Volksrat soll unter der betrügerischen Behauptung, der Einheit des Reiches zu dienen, nach der Art des Lublin-Komitees die ostdeutsche "Volksdemokratie" vorbereiten. Man sagt Volksbegehren und meint Diktatur.

Die Maßnahmen in Berlin[4] sollen die Widerstandskraft der freiheitlich gesinnten Berliner zermürben und die Preisgabe Berlins durch die Westalliierten erzwingen.

In den Westzonen versucht die kommunistische Propaganda, Kriegsfurcht und Defaitismus zu verbreiten, um eine wirtschaftliche Erholung und eine Stärkung der demokratischen Kräfte und Institutionen zu verhindern.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird jeden Versuch, das deutsche Volk unter die Diktatur einer kommunistischen "Volksdemokratie" zu zwingen, auf das schärfste bekämpfen. Sie ist nicht bereit, dem Mißbrauch demokratischer Einrichtungen zum Sturz der Demokratie zuzusehen.

Anspruch auf die demokratischen Freiheiten hat nur, wer die Grundlagen demokratischen Zusammenlebens anerkennt. Diktaturparteien, die in ihren Machtbereichen die demokratischen Freiheiten unterdrücken, verwirken das Recht, sich auf die Demokratie zu berufen.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist sich bewußt, daß starke reaktionäre Kräfte bemüht sind, im Zeichen des notwendigen Kampfes gegen den Kommunismus ihre eigenen, nicht weniger volksfeindlichen Ziele durchzusetzen und dadurch ihre politischen und wirtschaftlichen Machtstellungen zurückzugewinnen oder zu behaupten. Allen Feinden der Demokratie gilt der unerbittliche Kampf der Sozialdemokratie.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist die Partei der Demokratie und des Sozialismus. Ihr Ziel ist und bleibt ein einheitliches, demokratisches Deutschland in Freiheit und Frieden. Sie begrüßt die Aussicht auf wirtschaftliche Hilfe, die durch Annahme des Marshall-Planes gegeben ist. Sie ist überzeugt, daß eine demokratische Selbstverwaltung der Deutschen und eine neue soziale Ordnung auf der Basis einer sozialistisch geführten Wirtschaft die sichersten Garanten für eine demokratische und friedliche Entwicklung des deutschen Volkes sind.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands appelliert an alle Freunde der Freiheit und der Demokratie, den Feinden der Demokratie mit Kraft und Entschlossenheit entgegenzutreten. Das Schicksal der sozialdemokratischen Parteien ist Osteuropa beweist, daß das Paktieren mit den Kommunisten den Untergang der Demokratie bedeutet. Nur der Angriff verbürgt den Sieg.

Wir grüßen die Berliner Sozialdemokraten. Wir grüßen die Sozialdemokratie in der Ostzone. Ob auf dem Vorposten der Freiheit in Berlin, ob im Dunkel der Illegalität in der Ostzone, uns verbindet ein Ziel: ein einheitliches, demokratisches und sozialistisches Deutschland.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschland bekennt sich zu den Beschlüssen der Internationalen Sozialistenkonferenz in London vom März 1948. Gemeinsam mit den Sozialdemokraten aller Länder erstrebt sie den Bund der freien Völker in den Vereinigten Staaten von Europa.

Hannover, den 9. April 1948
Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

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Pariser Sozialistenkonferenz

vom 24. und 25. April 1948

Kundgebung für europäische Föderation

Vertreter der sozialistischen Parteien zahlreicher europäischer Länder haben sich in Paris zu einer Konferenz zusammengefunden, in deren Mittelpunkt Beratungen über die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa stehen werden. An dieser Konferenz für die Einheit Europas nehmen Delegierte Oesterreichs, Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Luxemburgs, Hollands, Norwegens, Spaniens, Schwedens, Palästinas und der Schweiz teil. Hauptaufgabe der Konferenz ist es, zu einer Einigung über irgendeine Form der europäischen Föderation zu kommen und dann eine Koordinierung der Bemühungen sämtlicher sozialistischer Parteien zur Erreichung dieses Zieles zustande zu bringen.

Aus Anlaß der zweitägigen Verhandlungen, die am Sonnabend ihren Anfang nahmen, fand Freitagabend in Paris eine Massenversammlung statt, auf der die leitenden Männer der europäischen sozialistischen Parteien zu Worte kamen. Unter den Rednern befanden sich Léon Blum (Frankreich), Hugh Dalton (Großbritannien), Guiseppe Saragat (Italien), Konrad Knudsen[5] (Norwegen) und van der Goes (Holland). Léon Blum verlangte, die Föderation der freien Nationen Europas müsse allen Nationen der Erde offen bleiben. Van der Goes setzte sich für eine "übernationale Union" ein, die notwendig sei, um den Frieden zu sichern. Als Führer der britischen Delegation forderte Hugh Dalton, man solle mit der Beschwichtigungspolitik gegenüber Rußland Schluß machen. Dalton sagte: "Unser Traum, die Bildung eines europäischen Staatenbundes, wird nur unvollkommen verwirklicht werden, solange die slawischen Staaten Europas sich nicht beteiligen. Die Tür muß immer offenbleiben, damit sie sich unserer neuen Gemeinschaft anschließen können. Wir haben aber gelernt, daß bloße Friedfertigkeit nicht genügt. Wir müssen stark sein. Wenn wir einig und stark sind, werden wir in der Lage sein, mit den Beherrschern Osteuropas wieder ins Gespräch zu kommen."

( "Telegraf", Berlin, 25. April 1948)

Die deutsche Delegation

Die deutsche SPD-Delegation für die am 24. und 25. April in Paris stattfindende Konferenz der sozialistischen Parteien der am Marshallplan beteiligten Länder wird Deutschland am kommenden Donnerstag verlassen. Ihr gehören der zweite SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer, Staatsminister Prof. Dr. Carlo Schmid aus Süd-Württemberg, Fritz Henßler, der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, und Willi Fischer[6], Mitglied des Parteivorstandes, an.

( "DPD", Hamburg, 19. April 1948)

Einigkeit Europas als Ziel

Die Pariser Sozialistenkonferenz erörterte am Sonnabendnachmittag den Vorschlag, eine ständige Organisation zur Bildung eines vereinigten sozialistischen Europas zu errichten. Diese Organisation soll mit der ständigen Marshallplan-Organisation, die vor kurzem in Paris gebildet wurde, zusammenarbeiten. Guy Mollet[7], der den Vorsitz auf der Pariser Sozialistenkonferenz führt, erklärte einem Reuter-Vertreter, die Mehrzahl der Delegierten sei für die Errichtung dieser neuen Organisation. Der französische Delegierte Grumbach legte der Konferenz einen Bericht zur Ruhrfrage vor, in dem er die Internationalisierung der Ruhr fordert. Der Pariser Sozialistenkongreß beschloß die Bildung einer ständigen Organisation zur Vorbereitung eines europäischen Staatenbundes. Die Zentrale dieser Organisation soll ihren Sitz in Paris haben. Der Kongreß beschloß ferner die Errichtung eines sozialistischen Propagandazentrums. Dieses Propagandazentrum soll kein Gegenstück zum Kominform, sondern ein Informationszentrum

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mit folgenden Aufgaben werden: Versorgung der europäischen sozialistischen Parteien mit Unterlagen und Dokumenten über die Fortschritte bei der Schaffung eines föderativen europäischen Zusammenschlusses auf wirtschaftlicher und politischer Grundlage; Unterstützung der Maßnahmen der europäischen sozialistischen Parteien zur Schaffung der vereinigten sozialistischen Staaten von Europa; Prüfung der Möglichkeiten zur Durchführung des Marshallplans und des Brüsseler Paktes[8]. In der Entschließung heißt es, die sozialistischen Parteien hätten die Pflicht, einen Rat für ein freies Europa zu formen.

( "DPD", Hamburg, 24./25. April 1948)

Spanien- und Deutschlandproblem

Der Sozialistenkongreß nahm ferner eine Entschließung an, in der das Franco-Regime verurteilt und die Sozialistische Partei Spaniens aufgefordert wird, die Vorarbeiten für koordinierte Maßnahmen zur Befreiung des spanischen Volkes von der Sklaverei und den letzten Spuren des Faschismus in Europa zu leisten. Die 15 sozialistischen Parteien werden am 4. Juli[9] in Wien wieder zusammentreten. Der frühere britische Schatzkanzler Hugh Dalton bestätigte auf einer Pressekonferenz, daß keine der 15 sozialistischen Parteien auf dem im Mai stattfindenden Haager Europa-Kongreß[10] vertreten sein wird.

Brüsseler Sozialistenkomitee beschlossen

Die Errichtung eines sozialistischen Komitees wurde am Montag von den Delegierten der sozialistischen Parteien Großbritanniens, Frankreichs, Belgiens, Hollands und Luxemburgs in Paris beschlossen. Das Komitee, dessen Sitz Brüssel sein soll, wird eng mit den Regierungen des Brüsseler Fünfmächtepaktes zusammenarbeiten.

( "DPD", Hamburg, 24. bis 26. April 1948)

Schlußbericht

Die zweitägige Sozialistenkonferenz über die europäische Einheit fand am Sonntag in Paris ihren Abschluß. Delegierte aus 14 europäischen Ländern, unter ihnen die Vertreter der deutschen Sozialdemokratie, forderten einstimmig die Bildung der "Vereinigten Staaten von Europa" und beschlossen die Errichtung einer Zentralstelle zur Förderung dieses Zieles.

Wie Teilnehmer der Schlußsitzung berichten, hätten die französischen Sozialisten unter Führung von Léon Blum eine Festlegung auf die wirtschaftliche Einigung gefordert, während deren radikaler Flügel unter Guy Mollet die Unterstützung der vorbehaltlosen politischen Einheit für die nächste Zukunft verlangt habe. Die britische Delegation habe eine genaue Festlegung auf das Ausmaß der Vereinigung abgelehnt.

In der Schlußerklärung heißt es, dass es die Pflicht der sozialistischen Parteien Europas sei, die übernationale Autorität des Konsultativrates in London und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas[11] in Paris zu verstärken.

Zur Deutschlandfrage faßte die Konferenz keine endgültigen Entschlüsse. Dieses Problem wird im kommenden Juni in Wien beraten werden, jedoch soll man sich in Paris für die Bildung eines einheitlichen, aber dezentralisierten demokratischen Deutschlands auf föderativer Grundlage ausgesprochen haben.

( "Hannoversche Presse", Hannover, 27. April 1948)

Deutschlandfrage nur diskutiert

Die deutsche Delegation auf der Konferenz der 15 europäischen sozialistischen Parteien in Paris war nach einem Bericht des Vorsitzenden der SPD, Bezirk Oberrhein, Eichler, vollkommen gleichberechtigt und hatte das gleiche Stimmrecht und die gleiche Freiheit der Rede wie die übrigen Konferenzteilnehmer.

Auf dieser Konferenz wurde, wie Eichler sagte, die Stellung Deutschlands lediglich diskutiert. Pressemeldungen, die über irgendeine Beschlußfassung berichteten, seien falsch. Ueber diese Frage und über die Verwendung des Ruhrgebiets für Europa solle erst auf der Konferenz der sozialistischen Parteien Europas am 4. Juni in Wien ein Beschluß gefaßt werden. An dieser Konferenz werden wiederum deutsche Vertreter teilnehmen.

( "DPD", Hamburg, 27. April 1948)

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Gäste aus Deutschland in England

Die Vereinigung deutscher Sozialdemokraten konnte während der vergangenen Monate wieder eine größere Anzahl Genossen aus Deutschland in ihren Reihen begrüßen.

Anläßlich der Anwesenheit einer Delegation des Deutschen Gewerkschaftsbundes der Britischen Zone in Deutschland wurde eine besondere Veranstaltung einberufen, die sich mit den Entwicklungsproblemen der deutschen Wirtschaft beschäftigte.

Die Delegierten waren Gäste des British Trade Union Congress und erwiderten einen Besuch, den eine britische Delegation im Dezember 1947 abstattete. Die Delegation bestand aus drei Vorsitzenden von bedeutenden Industrieverbänden, dem Kollegen August Schmidt, Bochum, der etwas über die besonderen Bedingungen des Bergbaus in Deutschland berichtete, dem Kollegen Hans Thoma[12], Hamburg, der die Bedeutung und die Schwierigkeiten des deutschen Druck- und Zeitungsgewerbes behandelte und auf die Gefahren hinwies, die aus der geringen Papierzuteilung auch für die gewerkschaftliche Schulungsarbeit erstehen, dem Kollegen Walter Freitag[13], Mülheim (Ruhr), der über den Kampf unserer Genossen um die Sozialisierung der deutschen Stahlindustrie sprach und schließlich dem Kollegen Hans vom Hoff, Düsseldorf, der als Vorstandsmitglied des Bundes einen gedrängten Ueberblick über die Entwicklung der gewerkschaftlichen Organisation in der Britischen Zone gab. Hans Gottfurcht berichtete über die verschiedenen Besuche, Besprechungen und Besichtigungen der Gäste aus Deutschland und würdigte dabei die Verdienste des Kollegen und Sekretärs des Internationalen Departements des TUC, Chartby[14], der in der Versammlung für die britischen Gewerkschaftskollegen herzliche Worte der Begrüßung und Anerkennung für die Arbeit der deutschen Kollegen fand. Der Veranstaltung wohnte als Gast auch der Kollege Willi Richter, Stuttgart, bei, der in Vertretung des erkrankten Kollegen Hans Böckler an einer wichtigen Gewerkschaftstagung in London teilnahm.

Auch die Maifeier der Vereinigung in London wurde von deutschen Gästen, die als Mitglieder von vier verschiedenen Delegationen (Wilton Park-Kursus, Erziehungs-Delegation der German Educational Reconstruction, Lagerredner für deutsche Kriegsgefangene, Wirtschaftsspezialisten) während des Monats Mai in England weilen, besucht. Die Feier wurde am 5. Mai, dem 130. Geburtstag von Karl Marx, dem Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus, abgehalten und hatte einen Vortrag Julius Braunthals über Karl Marx zum Mittelpunkt. Nach einer grundlegenden Analyse der geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung von Karl Marx für die internationale Arbeiterbewegung machte Heinrich Kamnitzer die Anwesenden mit dem Kapitel "In London", aus dem Buche Eduard Bernsteins, "Jahre meines Exils", bekannt[15].

Für die Gäste aus Deutschland sprach der Landtagsabgeordnete Nicolaus von Borstel[16], Stade.

Er dankte im Namen der Genossen aus Deutschland für die Einladungen der deutschen Genossen in England, sprach von dem starken Eindruck, den die Genossen in England gewonnen hätten und von den harten Problemen der politischen Tagesarbeit in Deutschland. Der Versammlungsleiter W. Sander berichtete den zahlreichen Gästen etwas von der Arbeit der Vereinigung deutscher Sozialdemokraten und der Arbeiterwohlfahrt in London, die noch immer geleistet werde, obwohl die Gruppe durch Rückwanderungen und Naturalisationen an Mitgliederzahl zurückgehe.

In einer weiteren Versammlung der Vereinigung sollen die Gäste aus Deutschland aus ihren Arbeitsgebieten in der Heimat berichten und einen kurzen Bericht vom Jahreskongreß der britischen Labour Party entgegennehmen, zahlreiche Einzelbesuche sollen dazu beitragen, unseren Genossen und den sechs Genossinnen aus Deutschland einen Einblick in das Londoner Alltagsleben zu vermitteln.

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Die letzten deutschen Kriegsgefangenen in England

Anfang Mai 1948 befanden sich noch 50000 deutsche Kriegsgefangene in Großbritannien; fast täglich verlassen eintausend der Gefangenen die englischen Lager, so dass damit gerechnet wird, dass die letzten Kriegsgefangenen Ende Juni auf der Heimfahrt sein werden. Es haben sich etwa 20000 Kriegsgefangene freiwillig gemeldet, in England zu bleiben, um zu den gleichen Bedingungen wie englische und andere Arbeiter in der englischen Landwirtschaft zu arbeiten.

In Aegypten befanden sich zur gleichen Zeit etwa 45000 deutsche Kriegsgefangene, von denen gegenwärtig fast 5000 im Monat die Heimreise antreten. Die besonders kritische Lage in Palästina und die Verschiffungsschwierigkeiten tragen jedoch dazu bei, dass erst im September oder Oktober mit der Heimreise der letzten deutschen Kriegsgefangenen gerechnet werden kann. Im englischen Parlament ist bekanntlich immer und immer wieder von den Abgeordneten der britischen Labour Party auf eine beschleunigte Heimsendung der Gefangenen gedrängt worden, und auch jetzt noch wird die Einhaltung des Rückführprogramms mit größter Beschleunigung überwacht.

Naturalisationen in Großbritannien

Das britische Innenministerium hat im House of Commons auf eine Anfrage mitgeteilt, dass im Jahre 1946 3.630 und im Jahre 1947 17.739 Einbürgerungs-Urkunden ausgestellt wurden. Diese neuen britischen Staatsbürger kommen aus folgenden Ländern: Deutschland 1946: 1.521, 1947: 6.850; Oesterreich 1946: 512, 1947: 3.237; Tschechoslowakei 1946: 162, 1947: 1.767 (darunter zahlreiche Sudetendeutsche!); Polen 1946: 60, 1947: 1.330. Ueber die Zahl der während der ersten Monate des Jahres 1948 erfolgten Einbürgerungen ist bisher noch nichts bekanntgeworden, sie wird wohl denen des Jahres 1947 etwa gleichkommen.

London sieht deutsche Bücher und Zeitungen

Der folgende Bericht erschien in der sozialdemokratischen deutschen Presse:

Eine Woche lang werden in einem Ausstellungssaal in der Londoner Oxford Street die Erzeugnisse deutscher Buch- und Zeitungsverlage zur Schau gestellt. Es ist die erste deutsche Ausstellung in London seit dem Kriege und die Eröffnung hatte sich ein sehr zahlreiches und interessiertes Publikum eingefunden. Im Namen der deutschen Verleger richtete der Chefredakteur des Berliner "Telegraf", Arno Scholz, eine Ansprache an die Versammelten, in der er auf die großen Schwierigkeiten hinwies, mit denen die Buch- und Zeitungsherstellung heute in Deutschland zu ringen hat. "Die deutschen Verleger", sagte er weiter, "haben heute eine hohe Verantwortung. Regierungsstellen hat das deutsche Volk noch nicht. Die Journalisten und Verleger sind heute zugleich auch Diplomaten. Deswegen haben sie gern einen Teil ihrer Buchproduktion für das Ausland zur Verfügung gestellt und sind dem Ruf gefolgt, deutsche Verlagserzeugnisse hier auszustellen."

Die Ausstellung bietet einen reichen, wenn auch keineswegs vollständigen Ueberblick über die heute in Deutschland veröffentlichten Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Kataloge deutscher Buchverlage liegen aus und geben dem Besucher einen Einblick in das bisherige Schaffen und die Zukunftspläne der deutschen Bucherzeugung. Viele der ausgestellten Bücher machen auf den englischen Besucher einen fast überraschend gediegenen Eindruck; denn auch in England ist man seit Beginn des Krieges an sparsame Ausstattung und minderwertiges Papier gewöhnt.

Die Ausstellung wirbt nicht nur um größeres Verständnis der englischen Oeffentlichkeit für das geistige Leben in Deutschland. Sie wirbt auch um Käufer. Die Gesellschaft "EPPAC", die die Ausstellung organisiert hat, will den Vertrieb deutscher Verlagserzeugnisse in England einrichten.

Auch eine politische Bedeutung kommt der Ausstellung zu. Denn gerade das Ueberwiegen unpolitischer Literatur und überparteilicher Zeitungen aus den

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Westzonen unterstreicht die Kritik, die Arno Scholz an dem Zögern der westlichen Besatzungsmächte bei der Zulassung politischer Literatur übte. Er sprach auch über die Drohung aus dem Osten und die Gefahr für Berlin, wenn man vor dieser Drohung zurückweicht. Der Labour-Abgeordnete Driberg[17] - der einzige englische Redner des Eröffnungsabends, da Lord Pakenham wegen Krankheit verhindert war - versuchte, eine versöhnlichere Note anzuschlagen, aber die Ausstellung verrät mehr vom geistigen und politischen Ringen in und um Deutschland, als sich durch Reden sagen oder übertönen läßt.

"Ich möchte zunächst meiner Freude Ausdruck geben, dass eine Ausstellung deutscher Bücher, Zeitschriften und Zeitungen in London möglich geworden ist, obwohl die Jahre des Schreckens und des Waffenlärms erst drei Jahre hinter uns liegen. Das hat mich tief beeindruckt und zeugt von der souveränen Haltung des britischen Volkes, das sich in so kurzer Zeit wieder durchgerungen hat zu der Auffassung, dass die Völker miteinander reden müssen, wenn sie sich verstehen lernen wollen. dass die ersten Verbindungsfäden, die zwischen Ihrem und meinem Land geknüpft worden sind, zu einer solchen Ausstellung geführt haben, begrüße ich besonders, denn die Zeitungen, Zeitschriften und Bücher können die besten Mittler zu einem Völkerverstehen und zu einer Völkerverständigung werden. In ihnen spiegelt sich die soziale Struktur des Landes wider, aus dem sie kommen. Sie sind zugleich aber auch ein Spiegelbild der politischen und ökonomischen Auseinandersetzungen und helfen, Verständnis füreinander auszulösen.

Als im Jahre 1945 die Alliierten Deutschland besetzten, mußte das in den letzten Kriegstagen zerstörte Presse- und Buchwesen neu aufgebaut werden. Nachdem zunächst Nachrichtenblätter der Militärregierungen die Aufgabe übernahmen, die Bevölkerung zu informieren, sind nunmehr aus diesen deutsche Zeitungen entwickelt worden, die in der Britischen Zone und im Britischen Sektor Berlins ohne Zensur arbeiten.

Der Wiederaufbau einer demokratischen Presse und einer neuen Buchproduktion war nicht leicht. Die Maschinen, die zur technischen Herstellung benötigt wurden, mußten aus Trümmern geborgen, entrostet, repariert und neu aufgestellt werden. Oft war nur aus drei oder vier Maschinen eine neue zusammenzubauen. Ebenso wurden die Roh- und Hilfsmittel auf allen möglichen Wegen beschafft und Sie sollen wissen, dass die hier ausgestellten Bücher eine unendliche Summe von Fleiß und Improvisation darstellen. Jedes Stück Leinen für einen Buchrücken, jede Drahtklammer, jeder Bogen Papier bereitet heute den Verlegern Sorge.

Trotzdem haben die deutschen Verleger die tiefe Befriedigung, dass ihre Arbeiten von einer aufnahmebereiten Bevölkerung verschlungen werden. Das deutsche Volk hat aus dem eigenen Erlebnis heraus die Ueberzeugung gewonnen, dass die demokratische Staatsform die für jedes Volk einzig mögliche ist.

Leider, das sei in diesem Kreise einmal offen ausgesprochen, haben die britischen Dienststellen lange gezögert, politische Buchliteratur zuzulassen. Es wurden zwar wertvolle belletristische Werke herausgegeben, es fehlten aber politische Bücher, die den Menschen, die sich von der Diktatur abwandten und das Wesen einer Demokratie erfassen wollten, Anhaltspunkte geben konnten. Erfreulicherweise ist dieser Zustand heute geändert. Die Kreise, aus denen sich nämlich vor fünfzehn Jahren die Nazis ihre Stimmen holten - die Frauen und Jugendlichen - beginnen heute nachzudenken, und damit sind sie schon für ein totalitäres System verloren und auf dem Wege, die Demokratie anzuerkennen.

Die deutschen Verleger haben heute eine hohe Verantwortung. Regierungsstellen hat das deutsche Volk noch nicht. Die Journalisten und Verleger sind heute zugleich auch Diplomaten. Deswegen haben sie auch gern einen Teil ihrer Buchproduktion für das Ausland zur Verfügung gestellt und sind dem Ruf gefolgt, deutsche Verlagserzeugnisse hier auszustellen. Sie wollen helfen, die Verbin-

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dungsfäden zwischen den Völkern wieder zu knüpfen und erfüllen im Inland die Aufgabe, das geistige Interregnum der letzten fünfzehn Jahre so schnell wie möglich zu überwinden.

Lassen Sie mich noch einige politische Bemerkungen machen. Deutschland ist es noch immer versagt, eine eigene Regierung zu haben. Berlin, die Hauptstadt dieses Landes, wird zwar von vier Alliierten gemeinsam verwaltet, aber gerade darum prallen dort die Gegensätze besonders hart aufeinander und spitzten sich in den letzten Wochen geradezu dramatisch zu. Die Auseinandersetzung geht dabei nicht um Berlin, sondern sie erfolgt nur in Berlin. Das wissen die Berliner, die sich auch nicht einbilden, der Nabel der Welt zu sein. Andererseits haben sie in den letzten Wochen soviel Aufgeschlossenheit gegenüber allen politischen Fragen gezeigt, eine Härte des Willens, die Freiheit zu erhalten und sich gegen das Vordringen eines totalitären Systems - und nicht anderes ist der Kommunismus - gewehrt, dass diesen Menschen Hilfe nicht versagt werden sollte. Nur dann können sie in diesen Auseinandersetzungen bestehen. Es ist nicht Vermessenheit, wenn ich das sage, sondern die Erkenntnis des gegenwärtigen Zustandes. Die Demokraten haben schon einmal geglaubt, den Machthunger des Hitlersystems durch Nachgeben stillen zu können. Dies hat nichts genutzt; solche Systeme sind nur durch harten Widerstand in ihre Schranken zu weisen. Ein Zurückweichen gegenüber dem Kommunismus bringt nur eine Atempause und würde dessen Begierden nicht befriedigen, sondern nur steigern.

Der Kommunismus will Berlin als Hauptstadt eines östlichen Reiches haben und zugleich als Sprungbrett benutzen, um den Stoß ins Reich zu tragen. Wenn der Kern von Mitteleuropa dann kommunistisch ist, würde der Widerstand gegen das System in weiteren Ländern zerschlagen werden können. Gegenüber einer Armee wäre der Kanal vielleicht noch ein Schutz für England, gegenüber der Infiltrierung kommunistischer Agitatoren, die die Zersetzung ins Land tragen, gibt es solche geographischen Grenzen nicht.

Die Demokratien, das sei offen ausgesprochen, stehen mit dem Rücken an der Wand. Wenn sie den Kommunismus nicht zurückweisen, sondern nachgeben, würden sie einen Stoß nach dem anderen empfangen und schließlich doch ihre Freiheit verteidigen müssen. Das haben die Deutschen und insbesondere die Berliner inzwischen begriffen. Sie wehren sich mit einer harten Unerbittlichkeit gegenüber allen Versuchen der Kommunisten, ein gleiches System der Unterdrückung und des Terrors aufzubauen.

Erfreulicherweise zeigt das Echo der Weltpresse, dass die Erkenntnis wächst: Die politischen und ökonomischen Auseinandersetzungen in Berlin und in Deutschland gehen die ganze Welt an."

Pakenham, Shinwell und Morgan Phillips begrüßen das Komitee
"British Aid for German Workers"

Aus den Begrüßungsschreiben, die anläßlich ihrer ersten öffentlichen Kundgebung an die zur Unterstützung der deutschen Arbeiterwohlfahrt in England gegründete Organisation "British Aid for German Workers" gerichtet wurden, drucken wir nachträglich die wichtigsten Stellen ab.

Der Vorsitzende der Labour Party, Emanuel Shinwell, der Kriegsminister der britischen Regierung, schrieb an den Vorsitzenden des Komitees, Joe Reeves:

"Europa kann das Vorhandensein eines verarmten und zerrissenen Deutschlands auf die Dauer nicht ertragen. Deshalb begrüßt die britische Labour Party jede Bemühung zur wirtschaftlichen Wiederbelebung Deutschlands.

Aber die Wiederbelebung der deutschen Industrie muß, wenn sie Erfolg haben soll, auf demokratische Grundsätze gestützt sein. Das gilt nicht nur für das politische, sondern auch für das wirtschaftliche Gebiet. Kurz gesagt, wir müssen jede Bewegung unterstützen, die sozialistische Grundsätze im industriellen Leben des deutschen Volkes in Anwendung zu bringen sucht. In der Annahme, dass es zu den wichtigsten Zielen Ihrer Vereinigung gehört, auf solchen sozialistischen und demokratischen Bahnen vorzugehen, entbiete ich meine herzliche Unterstützung."

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Lord Pakenham, der britische Minister für Deutschland und Oesterreich, schrieb:

"Ich freue mich sehr zu hören, dass Ihre Vereinigung ihre Tätigkeit erweitert, und wünsche Ihnen viel Glück bei diesem neuen Schritt zur Förderung besseren Verstehens der Möglichkeiten und Probleme, die heute in Deutschland bestehen.

Alle Denkenden werden die sehr reale Notwendigkeit materieller Hilfe anerkennen, und ich kann alle die freiwilligen Organisationen, die auf diesem Gebiete so viel tun, nur loben. Ebenso groß ist die Notwendigkeit eines richtigen Verstehens der gegenseitigen Probleme, und sie sollte uns nicht weniger beschäftigen. Ich begrüße jeden Versuch, der Oeffentlichkeit ein wahres Bild der gegenwärtigen Lage in Deutschland zu geben."

Der Generalsekretär der Labour Party, Morgan Phillips, schrieb:

"Die britische Labour Party sendet der Arbeiterwohlfahrt London anläßlich ihrer ersten öffentlichen Versammlung in London ihre Grüße.

Wir begrüßen die Gründung der Arbeiterwohlfahrt als Geste internationaler sozialistischer Solidarität und als eine Gelegenheit für britische Sozialisten, von dieser Solidarität Beweise in greifbarer Form zu geben. Als Sozialisten wollen wir ein neues, wahrhaft demokratisches und sozialistisches Deutschland aus den Ruinen des Dritten Reiches Hitlers erstehen sehen, das seinen Platz in der europäischen Völkerfamilie einnehmen und seine Rolle bei der Lösung der ungeheuren Schwierigkeiten spielen soll, die uns der Krieg hinterlassen hat. Unsere deutschen Genossen haben beim Wiederaufbau ihres vom Krieg verheerten Landes eine große Rolle zu spielen und auch dabei, sich mit uns an den Plänen zur Gesundung Europas und zur Bewahrung der westlichen Zivilisation zu beteiligen.

Wir wünschen der Arbeiterwohlfahrt viel Erfolg bei der Arbeit praktischer Hilfe, die sie unternommen hat."

Erich Ollenhauer:
Der Weg zu sozialer Neuordnung

Erich Ollenhauer leitete seine Ausführungen mit einer Darstellung der europäischen und internationalen Situation ein. Im Mittelpunkt dieses Teils der Rede Ollenhauers standen die Ereignisse in der Tschechoslowakei, die er als ein Signal für die Größe der Gefahr bezeichnete, in der sich die Demokratie und Freiheit in Europa befinden. Am kommenden Sonntag werde das italienische Volk die Wahl haben, ob es sich unter eine kommunistische Vorherrschaft begeben oder seine Freiheit verteidigen will. Diese Wahl sei eine Sache der Demokratie in Europa; ihr Ausgang wird für die Entwicklung in den nächsten Monaten von weitreichender Bedeutung sein.

Nach einer Würdigung der Bedeutung der Annahme des Marshall-Planes durch das amerikanische Parlament erklärte Ollenhauer:

Der Kontrollrat, die gemeinsame Instanz der Alliierten, die gleichzeitig an Stelle einer deutschen Zentralregierung fungiert, hat praktisch aufgehört zu funktionieren. Die Alliierten und die Deutschen werden damit vor Entscheidungen von größter Tragweite gestellt.

Es geht um die Frage der künftigen politischen und wirtschaftlichen Gestaltung Deutschlands. In dieser Richtung hat die russische Besatzungsmacht eine viel zielbewußtere Arbeit geleistet als die westlichen Mächte. Seit dem Tage der Besatzung hat die russische Politik klar und eindeutig das Ziel verfolgt, in der Ostzone die politischen und wirtschaftlichen Fragen nach ihrer Vorstellung auszubauen.

Es kann kein Zweifel bestehen, dass hinter der Fassade der "Einheits"-Propaganda der erste Schritt zur Bildung einer ostdeutschen Regierung vollzogen wurde. Der "Volksrat" ist nur ein Komitee, das die Funktion einer "Einheits"-Regierung übernehmen soll.

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Die Kommunisten reden von einer Einheit, aber es gibt keinen Zweifel darüber - das haben die internationalen Konferenzen und die Ereignisse in Osteuropa bewiesen -, dass die Kommunisten die Einheit Deutschlands einzig um den Preis der Gleichschaltung ganz Deutschlands auf der Basis einer kommunistischen Diktatur, schamhafterweise "Volksdemokratie" genannt, wollen. Das russische Ziel, das hinter dieser kommunistischen Aktion steht, ist, ganz Deutschland in die Position eines russischen Protektorats zu bringen und den russischen Machteinfluß auszudehnen bis an die deutsche Westgrenze. Gegen diese Aktion ist der Marshall-Plan und die koordinierte Tätigkeit der Alliierten auf der Basis dieses Planes die Antwort.

Der Marshall-Plan muß zum Funktionieren kommen. Er kann nur zum Ziele führen, wenn auch in den Westzonen das Leben wieder in normale Bahnen gelenkt wird. Es ist einfach eine Lebensnotwendigkeit für die Alliierten, jetzt in diesem Punkt Entscheidungen vorzubereiten oder zu treffen.

Auf dieser Basis entstand die Idee, in den drei Westzonen noch in diesem Jahre eine selbständige politische Verwaltung einzuführen und sie auf allgemeinen Wahlen zu begründen.

Dieses gemeinsame Parlament der drei Westzonen soll nach demokratischen Regeln eine Regierung für diesen Teil Deutschlands wählen und kontrollieren. Wenn die Westalliierten diesen Schritt tun sollten, ist er die unvermeidliche Folge der Spaltungspolitik der Russen.

Wir stehen zu den Berlinern; wir stehen zu den Berliner Sozialdemokraten. (Bravorufe) Für uns bleibt Berlin als Hauptstadt Deutschlands. Ein wirtschaftspolitisch geeintes Deutschland wird Berlin als Hauptstadt haben, vor allem aber auch aus dem Grunde, weil diese Stadt durch ihren Freiheitskampf seit 1945 sich diesen Anspruch täglich von neuem erworben hat.

Wir erwarten von den Alliierten der westlichen Demokratien, dass Berlin unter allen Umständen gehalten wird.

Wir erwarten, dass sie alles tun, was in ihrer Macht steht, um das wirtschaftliche Leben und die Ernährung der drei Millionen Berliner sicherzustellen. Berlin ist nicht nur eine eingeschlossene Stadt in der Russischen Zone, es ist heute der Vorposten der europäischen Demokratie, und der Fall von Berlin würde von allen Demokraten in der ganzen Welt als eine Niederlage der Demokratie empfunden werden.

Die Beziehungen zwischen den Besatzungsmächten und den Deutschen erfordern eine klare Abgrenzung. Die Schaffung eines Besatzungsstatuts ist eine unerläßliche Voraussetzung für eine solche politische Konstruktion im Westen Deutschlands.

Die Deutschen müssen die Freiheit der Entscheidung in allen innerpolitischen Fragen erhalten.

Der gegenwärtige Zustand, dass unsere Parlamente und Regierungen in ihren Möglichkeiten immer noch weitgehend eingeengt sind durch die Anordnungen und Zuständigkeiten der Militärregierung, hat dazu geführt, dass heute in Deutschland der Mann auf der Straße nicht mehr weiß, wer eigentlich die Verantwortung für Deutschland hat.

Die Wirtschaftspolitik der Alliierten schwankt jetzt noch zwischen den Vorstellungen eines Morgenthau-Planes und der Idee, dass man die Wirtschaftskraft in hohem Grade in die europäische Wirtschaft eingliedern muß. Wenn man die europäische Wirtschaft bis an die Elbe heran nach einem einheitlichen Plan gestalten will, dann ist die Fortsetzung der Demontagen untragbar.

Wenn wir seit Monaten sehen, mit welcher Rücksichtslosigkeit die CDU in Frankfurt ihre Politik macht, wenn wir sehen, wie jeder Versuch, durch einen Lastenausgleich für eine gerechte Verteilung der vorhandenen Mangelware Sorge zu tragen, auf den entschiedenen Widerstand dieser Gruppe stößt, dann ist es klar, dass es in Deutschland Kreise gibt, die entschlossen sind, die Kosten der Katastrophe nur die anderen tragen zu lassen. Das ist eine merkwürdige nationale und soziale Gesinnung, die darin zum Ausdruck kommt, dass man das Enthortungsgesetz[18] ablehnte.

Jede Währungsreform in Deutschland muß verbunden sein mit einer echten Sachwerterfassung und einem wirklich fühlbaren Lastenausgleich. Jede andere Lösung würde die Lasten einseitig auf die große Masse der Besitzlosen, Lohn- und Gehaltsempfänger, Flüchtlinge und Ausgebombten abladen. Das wird in kurzer Zeit zu den allergrößten sozialen und wirtschaftlichen Erschütterungen führen und muß jede Währungsreform in ihrer positiven Wirkung wieder aufheben.

Unsere Aufgabe ist es, auf den Trümmern des "Dritten Reiches" den Versuch zu machen, nicht "wiederaufzubauen", sondern eine echte wirtschaftliche Neuordnung in Gang zu bringen.

Das Ziel der Antikommunisten - rechts von der SPD - ist die Einführung eines Ständestaates oder einer Ständedemokratie, die Errichtung eines anderen autoritären Staates. Die staatsbündlerischen Ideen der CDU sind nicht weniger gefährlich als der

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zentralistische Totalitätsanspruch der Kommunisten. Wenn wir dazu kämen, dass Deutschland in Länder unter CDU-Führung aufgeteilt wird, die sich vielleicht später in einem losen Staatenbund zusammenfinden, dann würde dies auch das Ende der Demokratie in Deutschland bedeuten. An beiden Fronten hat die Sozialdemokratie ihre demokratische und sozialistische Ueberzeugung mit der gleichen Schärfe zu verteidigen.

Der beste, vernünftigste und fortschrittlichste Plan der Alliierten kann nur die äußere Form schaffen. Den Inhalt des neuen Gebildes müssen die Deutschen selbst bestimmen.

Unsere Stärke ist, dass wir ein positives und konstruktives Programm haben.

Wir wollen wirtschaftliche Sicherheit und soziale Gerechtigkeit für alle. Wir wollen Freiheit und Gleichheit im politischen Leben. Wir wollen die Garantie und die Sicherheit und menschliche Würde jedes einzelnen Bürgers. Wir wollen Frieden. Wir wollen ein neues Deutschland in einem neuen Europa.

Verteidigung der geistigen Freiheit

Das Heidelberger Treffen der sozialistischen Schriftsteller im Mai 1948

Es bestand für die sozialistischen Autoren und Verleger, die in Heidelberg auf der Schloßhöhe tagten, keine Gefahr romantischer Verführungen. Ihre Arbeit galt auch diesmal wieder der Sicherung der unbedingten Unabhängigkeit allen geistigen Schaffens. Sie lehnen es ab, vom Staat oder anderen Stellen Direktiven entgegenzunehmen; sie wehren sich gegen jede Art von totalitärer Herrschaft und Militarismus. Allein die Verpflichtung zur Wahrheit und zur Verantwortung vor dem Gesetz ihres Werkes erkennen sie an.

Das große und unerschöpfliche Thema Freiheit wurde auf dem historischen Boden der klassischen Demokratie von den verschiedensten Seiten aufgegriffen und erörtert. Professor Alfred Weber[19] versuchte den Freiheitsbegriff in Verbindung mit dem Sozialismus zu klären, indem er, an die drei "Sozial-Religionen" der Neuzeit anknüpfend (die amerikanische Erklärung der Menschenrechte von 1776, die der Französischen Revolution und die marxistische Lehre), den demokratischen Sozialismus dem östlichen "Staatssozialismus" gegenüberstellte und auf die schweren Gefahren freiheitsfeindlicher Bürokratisierung bei unterschiedsloser Verstaatlichung hinwies. Aus einer Fülle eigener Erfahrungen schöpfend, vor allem im deutschen Westen, ging Weber auf die sehr vorsichtige Sozialisierungspraxis der Labour-Regierung ein und bekannte sich beim Neuaufbau der Sozial-Unternehmungen, in den auch die Mittelbetriebe einzubeziehen seien, zu größtmöglicher unbürokratischer Lebensnähe. Damit und mit seiner Skepsis gegenüber der Planwirtschaft, die nach Webers Meinung bei der Weltverflochtenheit Deutschlands versagen müsse, entfesselte er eine teilweise sehr heftige Diskussion.

Auch Rudolf Hagelstange[20], der sein Thema "Die Freiheit des Dichters" etwas zu preziös formulierte, wandte sich gegen die Entrechtung des Menschen in den totalitären Staaten. Freiheit ist ihm die Grundfrage der dichterischen Existenz schlechthin und Aufgabe des Dichters, eine Synthese zu geben des Inhalts unserer Zeit. Was er schaffe, dürfe nicht an ein irgendwie geartetes Zweckunternehmen gekettet werden. Auf anderen Wegen zum gleichen Bekenntnis kam auch Guntram Prüfer, der für dieses Jahr gewählte Präsident der Arbeitsgemeinschaft der sozialistischen Schriftsteller: Er wünschte gleichfalls die Kunst und Dichtung aus der Verstrickung des Geltungsbedürfnisses zu befreien, auf dass sie allein dem "ewig Wahren im Menschen", nicht aber einer Sache oder Person oder dem Staat dienten. Ueber "Geist und Freiheit" endlich sprach Professor Hans v. Eckardt[21], ein gebürtiger Balte, der sich vor allem über die psychologischen und historischen Grundlagen des osteuropäischen Sozialismus mit seiner radikalen Intoleranz verbreitete und deutsche Einheit und Freiheit als etwas Untrennbares darstellte. Die Grenzen der Wissenschaft, besonders der Atomforschung, sieht er in der Ethik, und er verband damit die Forderung, dass die Forscher sich selbst befehlen müßten, gewisse Dinge nicht auszuführen.

Aus den geistigen Bereichen in die Praxis des Schriftstellers und Journalisten führte ein Vortrag von Dr. Gleissberg über "Englische Publizistik" mit

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ihren wesentlich anderen Voraussetzungen und Verhältnissen, die hervorragend geeignet sind, unsere historischen Vorstellungen von der - durch die Papierknappheit bedrohten - Pressefreiheit zu erweitern. Der Himmelfahrtstag führte die Tagungsteilnehmer mit ihren Gästen, zu denen u. a. Louise Ebert[22] (die Witwe des ersten Reichspräsidenten) und Julius Deutsch aus Wien zählten, nach Mannheim, wo inmitten von Zerstörung und kräftigem Wiederaufbau Oberbürgermeister Dr. Cahn-Garnier ihnen einen gastlichen Empfang bereitete. Die mehr interne Verlegertagung empfing ihr besonderes Gesicht durch einen großangelegten Vortrag von Herbert Holtzhauser[23] über "Sozialistische Verlagsaufgaben", die er als totale Volksbildungsaufgabe betrachtet wissen wollte, und die Anwesenheit des Lizenzträgers des Berliner "Telegraf", Arno Scholz, der sowohl für die Presse als auch für das Buch den volkstümlichen, allgemeinverständlichen Ton forderte.

Um das Besatzungsstatut

Auf Grund englischer Aeußerungen von maßgebenden Stellen war in der jüngsten Zeit die Frage eines Besatzungsstatuts aus dem Stadium eines einseitigen deutschen Wunsches in das der beiderseitigen Diskussion getreten.

General Clay hat das bisherige amerikanische Schweigen gebrochen und - nach einer UP-Meldung - in seinem und General Robertsons Namen den deutschen Wunsch als "verfrüht" zurückgewiesen, da nach seiner Ansicht seine Erfüllung eine deutsche Unterschrift unter den Friedensvertrag erübrigen würde. Diese Worte fielen wie Reif in der Frühlingsnacht auf den zarten Keim deutscher Hoffnungen. Die Wirkung muß um so enttäuschender sein, als die Begründung in den sachlichen Gegebenheiten keine ausreichende Stütze findet.

Ein Besatzungsstatut ist der Wunsch aller deutschen Parteien, und es ist bezeichnend, dass sich gegen den bestimmtesten Entwurf in dieser Frage, gegen das von der SPD im Dezember 1947 dem Alliierten Kontrollrat eingereichte Besatzungsstatut, bisher keine deutsche Stimme erhoben hat, wohl aber positive Urteile auch aus Kreisen vorliegen, die der SPD sonst nicht sehr nahestehen. Dieses Besatzungsstatut wollte keineswegs einen Friedensvertrag ersetzen, es wollte vielmehr einem Rechtszustand ein Ende setzen, der sich in drei langen Okkupationsjahren auf die Dauer als unhaltbar erwiesen hat. Dieser Zustand besteht, wie es General Robertson im vergangenen Jahre in einem Schreiben an den Bürgermeister von Essen ausdrückte, darin, daß die Macht der Besatzungsbehörden in Deutschland eine Beschränkung nur in dem Willen findet, den die Siegermächte sich selbst auferlegen, oder, wie es vor kurzem Mr. van Wagoner[25], der Militärgouverneur von Bayern, formulierte, dass das (ungeschriebene) Besatzungsrecht über dem Verfassungsrecht der einzelnen Länder stehe - das von den Besatzungsmächten ausdrücklich anerkannt worden ist. In diesen Fragen wollte das Besatzungsstatut eine Klärung herbeiführen, indem es einen für beide Teile verbindlichen juristischen Rahmen über die Rechte und Pflichten der Besatzungsbehörden einerseits und des besetzten Landes andererseits abstecken sollte. Es sollte, mit einem Wort, die Kompetenzen klären. Wesentliche Merkmale des Besatzungsstatuts lassen das erkennen, es ist der Tenor des Entwurfes. Es sollte damit der Vorläufer eines Friedensvertrages sein. Noch mehr aber als die vorhandenen, lassen die fehlenden Bestimmungen des Entwurfes erkennen, dass hier keineswegs der Versuch einer Flucht aus der Verantwortung für einen Friedensvertrag vorlag.

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Die Aussichten auf einen Friedensvertrag schwinden in dem gleichen Maße, wie sich die Beziehungen zwischen den Westmächten und Rußland verschlechtern. Wie sehr dies der Fall ist, wird uns in Berlin täglich demonstriert. Es bliebe noch die Aussicht auf einen Separatfrieden der Westmächte mit den Westgebieten. Diese Eventualität würde die letzten dünnen Fäden endgültig zerreißen, die Ost- und Westdeutschland heute noch miteinander verbinden. Weder Engländer (General Robertson hat es jedenfalls in Düsseldorf vermieden, darauf hinzudeuten) noch Amerikaner noch Russen, am wenigsten aber die Deutschen, denen die Einheit Deutschlands am meisten am Herzen liegt, ziehen heute diese letzte Möglichkeit in Betracht. Man kann uns daher schlecht die Flucht vor einer Verantwortung vorwerfen, die ohnehin nach der heutigen Sachlage in absehbarer Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung hat.

VVN als politische Organisation

Von Fr. H e i n e

Die "Ueberpartei"

Kommunistische Hintermänner der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN) versuchen seit Monaten, diese Organisation zu einer politischen Vereinigung mit politischen Aufgaben zu machen. Die VVN soll eine Partei, eine Ueberpartei werden und die echten Parteien zersetzen.

Nach sozialdemokratischer Auffassung gehört es nicht zu den Aufgaben der VVN, eine politische Organisation neben den politischen Parteien zu sein. Wenn der politische oder gar parteipolitische Charakter der VVN klar festgestellt ist, dann ergibt sich für jeden Sozialdemokraten die Konsequenz, dass er nicht Mitglied zweier politischer Parteien oder Vereinigungen sein kann. Er hat zu wählen zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der anderen Organisation, in diesem Fall der VVN. Daß bei einer solchen Entscheidung sich Sozialdemokraten nur für die Aufrechterhaltung der sozialdemokratischen Mitgliedschaft und gegen das Weiterverbleiben in einer kommunistischen Tarn-Organisation entscheiden können, liegt auf der Hand.

Beweise

Es handelt sich dabei nicht um die Frage, ob dieser oder jener Vorschlag annehmbar ist oder nicht. Es geht hier darum, ob eine Organisation sich Aufgaben einer politischen Partei aneignet, aber gleichzeitig Anspruch darauf erhebt, als "überparteilich" angesehen zu werden.

Auf einer Kundgebung anläßlich der Hauptkonferenz der Ostzonen-VVN in Halle erklärte als Vertreter des kommunistischen Vorsitzenden Geschke[26] der Kommunist Hans Seigewasser[27]:

"Die VVN werde sich zu einer nationalen Widerstandsbewegung gegen die Zerreißung Deutschlands entwickeln. Die Ostzonen-VVN bekenne sich zum Volkskongreß."

( "Tagesspiegel", Berlin, 25. Februar 1948)

Sowohl das Bekenntnis zum kommunistischen Volkskongreß wie die Aufgabenstellung als "nationale Widerstandsbewegung" sind eindeutig politische Aktionen einer parteiähnlichen Organisation.

Wir zitieren aus den politischen bzw. parteipolitischen Aeußerungen der VVN nur einige Beispiele:

Der Landesvorsitzende von Hessen der VVN, Ernst Mayer[28], sagte (lt. Tagesspiegel, 17. Februar 1948) im Anschluß an die Landestagung der Vereinigung:

"Die VVN werde versuchen, mit allen Stellen, deren Ziel die deutsche Einheit sei, Beziehungen anzuknüpfen. Die VVN muß die Kräfte stellen, die

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eines Tages in der Lage seien, die außenpolitische Repräsentation Deutschlands zu übernehmen."

Hier geht die Forderung noch weiter. Zu den Aufgaben einer politischen Partei wird die Forderung erhoben, Deutschland außenpolitisch zu leiten; das heißt also, bestimmte Ansprüche auf höchste staatspolitische Funktionen gestellt.

Auf der Anfang Februar in Stuttgart stattgefundenen Tagungen des Rates der VVN wurden

"zur Ausarbeitung von Plänen für konstruktive Lösungen der gegenwärtigen Lage in Deutschland vier Ausschüsse gebildet: ein Ausschuß für kulturpolitische Erziehungsarbeit, ein Ausschuß zum Studium der Rechtssicherheit und Volksrechtsstellung Deutschlands, ein Ausschuß zum Studium der Wiedergutmachung."

( "DPD", Hamburg, 6. Februar 1948)

Wenn eine Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes es als ihre Aufgabe ansieht, so weitreichende Funktionen zu übernehmen, dann muß sie sich darauf einrichten, die Konsequenzen zu ziehen, die in einer solchen Annektierung politischer Aufgaben liegt.

"Auf der dritten Landeskonferenz der VVN Nordrhein-Westfalen in Herne sprach die kommunistische Landtagsabgeordnete Hanna Melzer[29] zum Marshall-Plan und brachte die Haltung der Kommunistischen Partei zum Marshall-Plan auf dieser VVN-Konferenz zum Ausdruck."

( "DPD", Hamburg, 12. März 1948)

Es vergeht keine der vielen, unzählig vielen Tagungen und Besprechungen der VVN, in der nicht eine politische Rede mit politischen Forderungen gehalten wird, zu denen in fast allen Fällen Kommunisten oder ihre Helfershelfer den Ton angeben. Einer der beiden Vorsitzenden der VVN, Probst Grüber[30], erklärt:

"Wir wissen, dass wir andere Aufgaben haben als die Parteien; wir werden uns nicht um Dinge kümmern, die nicht unsere Aufgabe sind."

( "Tagesspiegel", Berlin, 24. Februar 1948)

Diese Behauptung steht in flagrantem Widerspruch zu den Tatsachen, von denen die oben zitierten Beispiele nur wenige aus einer großen Anzahl ähnlicher Stellungnahmen sind.

Nach dem Eingeständnis der führenden Kommunisten in der VVN hat diese Organisation politische Ziele und Aufgaben. So erklärte der erste Vorsitzende der VVN, der Kommunist Ottomar Geschke, einem Vertreter des "Kuriers" Berlin (17. Juni 1947):

"Es hat sich in allen Zonen das Bedürfnis nach politischer Zusammenfassung ergeben. Diese Zusammenfassung stelle die VVN dar."

Konsequenzen

Es war daher gemeinsame Aufgabe der sozialdemokratischen Organisationsinstanzen und Funktionäre, aus dieser Klarstellung des parteipolitischen Charakters der VVN durch die Kommunisten selbst, die erforderlichen organisatorischen Konsequenzen zu ziehen. Sie konnten nur darin bestehen, dass eine Mitgliedschaft in der politischen Parteiorganisation, die sich fälschlicherweise VVN nennt, für Sozialdemokraten deshalb nicht mehr in Betracht kommen kann. Die parteipolitische Entwicklung der Vereinigung in der letzten Zeit ließ es erforderlich erscheinen, dass diese Konsequenzen gezogen wurden.

Unter dem Eindruck der kommunistischen Durchdringung der Vereinigung sind bereits vorher eine Reihe von sozialdemokratischen Opfern des Faschismus, die bisher Mitglieder der VVN waren, und auch sozialdemokratische Bezirksverbände vor diese Frage gestellt worden und haben sie negativ entschieden. Als erster hat der Landesverband Berlin der SPD den Beschluß gefaßt, sich nicht an der VVN zu beteiligen. Der Bezirk Hannover ist ihm gefolgt. Ein gleicher Beschluß wurde von den Sozialdemokraten in Bremen gefaßt, und vor wenigen Tagen haben sich auch die Sozialdemokraten in Süd-Württemberg in einem eindeutigen Beschluß gegen die Verbindung mit der VVN gewandt. Sie handeln damit in Uebereinstimmung mit einigen anderen sozialistischen Parteien im Ausland, wie zum Beispiel der Sozialistischen Partei Oesterreichs, die in gleicher Weise gegen die kommunistische Tarn-Organisation vorgegangen ist und die Mitgliedschaft in ihr als unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SP Oesterreichs erklärt. Die logische Forderung aus all dem war der Beschluß des Parteivorstandes vom 6. Mai, die Mitgliedschaft in der VVN als unvereinbar mit der in der SPD zu erklären.

Eine reinliche Scheidung zwischen den getarnten und offenen Gleichschaltern und Totalitären auf der einen Seite und den Kämpfern für Freiheit und Sozialismus auf der anderen Seite ist im Gange. Die Opfer des Faschismus, die ihren Blutzoll gegen die Diktaturlüsternen der einen Couleur gebracht haben, müssen in der vordersten Front kämpfen, wenn es sich um die Auseinandersetzungen mit den Diktaturanhängern der anderen Couleur handelt.

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Wahlen und Abgeordnete in Deutschland

1. Zahlenmäßige Zusammenstellung der Landtage




L a n d

SPD

CDU/CSU

DPD*)

DP

KP/SEP

Ztr.

Sonst.

Insges.

Britische Zone

Niedersachsen

64

30

 

13

 

28

8

 

6

 

-

149

Nordrhein-Westf

64

92

 

12

 

-

28

 

20

 

-

216

Schleswig.-Holstein

43

21

 

-

 

-

-

 

-

SSV

6

70

Hamburg

83

16

 

7

 

-

4

 

-

 

-

110


 

254

159

 

32

 

28

40

 

26

 

6

545

Amerikanische Zone

Bayern

54

104

 

9

 

-

-

 

-

WAV

13

180

Hessen

38

28

 

14

 

-

10

 

-

 

-

90

Württemb.-Baden

32

39

 

19

DVP

-

10

 

-

 

-

100

Bremen

46

24

 

2
15

FDP
BDV

3

10

 

-

 

-

100


 

170

195

 

59

 

3

30

 

-

 

13

470

Französische Zone

Baden

13

34

 

9

DP

-

4

 

-

 

-

60

Süd-Württemberg

12

32

 

11

DVP

-

5

 

-

 

-

60

Rheinland-Pfalz

34

48

 

11

DP

-

8

 

-

 

-

101

Saar

17

28

 

3

DP

-

2

 

-

 

-

50


 

76

142

 

34

 

-

19

 

-

 

-

271


Berlin

63

29

 

12

 

-

26

 

-

 

-

130

Russische Zone

Mecklenburg

-

31

 

11

 

-

45

 

-

VdgB

3

90

Sachsen-Anhalt

-

24

 

31

 

-

52

 

-

VdgB

2

109

Brandenburg

-

31

 

20

 

-

44

 

-

VdgB

5

100

Sachsen

-

28

 

30

 

-

59

 

-

VdgB
KdED

2
1

120

Thüringen

-

19

 

28

 

-

50

 

-

VdgB

3

100


 

-

133

 

120

 

-

250

 

-

 

16

519


Insgesamt

563

658

 

257

 

31

365

 

26

 

35

1.935

 

29,1%

34,0%

 

13,3%

1,6%

18,9%

 

1,3%

1,8%

 

*) Der Beschluß zur Gründung der "Demokratischen Partei Deutschlands" wurde im März 1947 gefaßt und vereinigt die LDP, FDP, DVP, BDV und DP.




2. Wahlergebnisse in den Zonen

Britische Zone

N o r d r h e i n - W e s t f. (20.4.47)

 

N i e d e r s a c h s e n (20.4.47)

SPD

1.601.651

32,0%

 

SPD

1.065.857

43,4%

CDU

1.873.680

37,4%

 

CDU

489.239

19,9%

FDP

298.658

6,0%

 

DP

440.463

17,9

KP

701.017

14,0%

 

FDP

216.276

8,8%

Ztr.

489.092

9,8%

 

KP

139.097

5,6%

DRP

24.879

0,5%

 

Ztr.

101.281

4,1%

RVP

13.247

0,3%

 

DRP

7.426

0,3%




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S c h l e s w i g - H o l s t e i n (20.4.47)

 

H a m b u r g (13.10.46)

SPD

462.717

44,5%

 

SPD

1.210.010

43,1%

CDU

359.933

34,5%

 

CDU

749.153

26,7%

FDP

53.299

5,1%

 

KP

291.701

10,4%

KP

49.871

4,8%

 

FDP

509.632

18,2%

Ztr.

1.073

0,1%

 

RSF

20.034

0,7%

SSV

82.684

7,9%

 

Unabh.

13.881

0,5%

DKP

32.136

3,1%

 

RPD

3.769

0,1%

       

DKP

9.625

0,3%

Amerikanische Zone

B a y e r n (1.12.46)

 

W ü r t t e m b g. - B a d e n (24.11.46)

SPD

871.760

28,6%

 

SPD

404.716

31,9%

CSU

1.593.908

52,3%

 

CDU

487.085

38,4%

WAV

225.404

7,4%

 

DVP

247.710

19,5%

KP

185.023

6,1%

 

KP

130.253

10,2%

H e s s e n (1.12.46)

 

B r e m e n (12.10.47)

SPD

686.423

42,9%

 

SPD

91.229

41,7%

CDU

495.667

30,9%

 

CDU

48.116

22,0%

FDP

251.430

15,7%

 

BDV

30.546

14,0%

KP

171.373

10,5%

 

KP

19.189

8,8%

       

FDP

12.095

5,6%

       

DP

8.441

3,6%

       

RSF

2.411

1,1%

       

Unabh.

6.824

3,2%

Französische Zone

R h e i n l a n d - P f a l z (18.5.47)

 

S ü d - W ü r t t e m b e r g (18.5.47)

SPD

398.199

34,6%

 

SPD

78.550

20,8%

CDU

540.319

46,9%

 

CDU

204.927

54,3%

KP

100.453

8,8%

 

KP

27.536

7,2%

LDP

70.270

6,1%

 

DVP

66.985

17,7%

SV

42.031

3,6%

       

S ü d - B a d e n (18.5.47)

 

S a a r (5.10.47)

SPD

95.818

22,3%

 

SPD

147.252

32,8%

CDU

239.285

55,9%

 

CVP[32]

230.187

51,2%

KP

31.701

7,6%

 

DPS

34.268

7,6%

DVP

60.976

14,2%

 

KP

37.911

8,4%

Russische Zone

B r a n d e n b u r g (20.10.46)

 

M e c k l e n b u r g (20.10.46)

SEP

634.787

43,9%

 

SEP

551.594

49,5%

CDU

442.634

30,6%

 

CDU

379.829

34,1%

LDP

298.607

20,6%

 

LDP

138.662

12,5%

VdgB

70.791

4,9%

 

VdgB

43.664

3,9%

S a c h s e n - A n h a l t (20.10.46)

 

S a c h s e n (20.10.46)

SEP

1.068.703

45,2%

 

SEP

1.616.068

49,1%

LDP

696.669

29,8%

 

LDP

813.224

24,7%

CDU

507.765

22,4%

 

CDU

766.859

23,3%

VdgB

57.374

2,6%

 

VdgB

57.356

1,8%

       

Landesf. Ausschuß[33]


18.340


0,5%

       

KdED

19.148

0,6%

T h ü r i n g e n (20.10.46)

 

B e r l i n (20.10.46)

SEP

816.864

49,3%

 

SPD

1.015.626

48,7%

CDU

313.824

19,0%

 

CDU

462.426

22,2%

LDP

471.415

28,4%

 

SEP

412.572

19,8%

VdgB

55.093

3,3%

 

LDP

194.721

9,3%




[Seite im Original:] - 20 -

Enthortungsantrag schafft klare Fronten

I. Stimmen der Parteien

CDU: Notwendig, aber zu spät

Die Frage eines Enthortungsgesetzes wurde von dem CDU-Abgeordneten im Zweizonen-Wirtschaftsrat, Heinrich-Theophil Kaufmann, zwar grundsätzlich bejaht, er erklärte jedoch einem DPD-Korrespondenten, dass sie angesichts der bevorstehenden Währungsreform viel zu spät in Angriff genommen worden sei und praktisch kaum aktiv werden könne. Falls jedoch ein Enthortungsgesetz zustande kommen würde, müßte darauf geachtet werden, dass im Hinblick auf die verschiedenartige politische Struktur der Länder mit mehr oder weniger radikalen Tendenzen diese Frage vom Wirtschaftsrat für das gesamte vereinigte Wirtschaftsgebiet behandelt werde, um eine wirklich gleichmäßige Belastung der Sachwertbesitzer zu erzielen.

( "DPD", Hamburg, 12. März 1948)

CDU/CSU: Ueber Praxis bestehen Meinungsverschiedenheiten

Die CDU/CSU erhebt grundsätzlich keine Bedenken gegen ein Gesetz der Enthortung der gewerblichen Wirtschaft und zur Verhütung zukünftiger Warenhortung, erklärte der Vorsitzende der CDU/CSU-Wirtschaftsfraktion, Dr. Holzapfel.

Die notleidende Bevölkerung, insbesondere die Flüchtlinge, hätten ein Anrecht auf Verteilung der von der deutschen Wirtschaft produzierten Güter. Ebenso wie in der Landwirtschaft gehortete Lebensmittel einer kontrollrechtlichen Verteilung unterliegen, so betonte Dr. Holzapfel, müßten auch in der Wirtschaft die vorhandenen Bestände erfaßt und entsprechend auf den Markt gebracht werden.

Der Grundgedanke des von der SPD-Wirtschaftsfraktion eingebrachten Enthortungsgesetzes werde von der CDU/CSU bejaht. Ueber die in der Praxis zu beschreitenden Wege bestehen aber nach Ansicht Dr. Holzapfels Meinungsverschiedenheiten zwischen CDU und SPD.

( "DPD", Hamburg, 15. März 1948)

FDP: Wir lehnen Enthortungsgesetz ab!

Die Freie Demokratie Partei lehnt das von der SPD im Wirtschaftsrat vorgelegte Enthortungsgesetz ab, weil es ihrer Meinung nach nichts weiter als eine Fortsetzung und Verstärkung der Planwirtschaft ist, gibt die Zonenleitung der FDP für die Britische Zone in Hamburg bekannt. Sie tritt im Gegenteil dafür ein, dass das gesamte Bewirtschaftungssystem grundlegend geändert wird. Allein die Tatsache eines ausgeübten Zwanges rufe Widerstand hervor.

( "DPD", Hamburg, 20. März 1948)

SPD: Ablehnung verstößt gegen gesunde Rechtsauffassung

Die Ablehnung der Enthortungsgesetzentwürfe durch den Direktor für Wirtschaft, Dr. Erhard[34], verstößt nach Ansicht des Staatskommissars gegen Korruption und Mißwirtschaft in Nordrhein-Westfalen, Jakobi, gegen die gesunde Rechtsauffassung. Jakobi berichtete auf einer SPD-Versammlung in Leverkusen, dass die von ihm und der SPD eingebrachten Entwürfe auf Widerstand in erstaunlich weiten Kreisen des Wirtschaftsrates stießen. Dieses Verhalten könne nur als Zeichen privatkapitalistischer Einstellung angesehen werden.

Man versuche, so sagte der Staatskommissar, den Besitzenden allein gegen eine Währungsreform zu schützen, und bedenke nicht, dass auch der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft für das heutige schlechte Geld auf den Markt bringen müsse. Die Arbeitnehmer hätten einen moralischen und rechtlichen Anspruch auf Soforterfassung.

( "DPD", Hamburg, 18. März 1948)

II. Kommentare

Sinn des Gesetzes ist klar

Hier heißt es Farbe bekennen, wenn man nicht zu den ausgesprochenen Hortungsverbrechern gezählt werden will, die ihre Vorräte einmauern und dergleichen Scherze mehr damit treiben. Der Erfolg der neuen Maßnahmen müßte

[Seite im Original:] - 21 -

sein, dass möglicherweise vor der Währungsreform noch Ware auf den Markt gelangt - auf gut deutsch: Unsere sogenannte Wirtschaft befürchtet, dass sie etwas abgeben müßte, ohne als Sachwertbesitzer der Geldreform ein Schnippchen schlagen zu können.

Nun also tritt Herr Dr. Erhard, der frischgebackene Wirtschaftsdirektor, vor die Oeffentlichkeit und hat den Mut, rundweg zu erklären, dass er eine Reduzierung der Lagerbestände durch das neue Gesetz noch vor der Geldreform für ein riskantes Experiment halte, das den Erfolg der Reform gefährden könnte. Grund: weil hernach nicht mehr genug Ware vorhanden sei, um das neue Geld wertsicher zu machen.

( "SPD-Nachrichtenblatt"[35], Nr. 6, München)

Schildknappen des Besitzbürgertums

Aber auch die Begründung mit der Geldreform, die Dr. Erhard seiner Erklärung gibt, verrät etwas: nämlich die himmelschreiende Naivität dieses professoralen Volkswirtschaftlers. Wer glaubt denn sonst noch, dass die Warenhorter nach der Geldreform mit den Waren herausrücken, solange ihnen die Reform auch nur einen Pfennig läßt, um ihre Steuern aus der finanziellen Substanz zu decken? Nachdem sie bisher durch die bürgerliche Wirtschaftspolitik in der Hortung ausdrücklich unterstützt worden sind, werden sie nach der Reform nicht so schnell umlernen wollen. Wenn jedoch die Reform hinsichtlich der Sachwerte wirklich so nachhaltig ist, dass die Warenbestände sozusagen freiwillig in die Schaufenster rücken, dann ist sie es erst recht auf dem Geldsektor, d. h. dass dann niemand kaufen kann, was angeboten wird.

Herrn Dr. Erhard berührt es, dass mit dem sozialdemokratischen Gesetzantrag sozusagen die Speisekammer seiner hortenden Schützlinge angegriffen werden soll. Uns aber berührt es, daß in Deutschland - nicht zuletzt durch die politische Gleichgültigkeit der Massen - schon wieder Leute regieren dürfen, die wie Dr. Erhard sich zu Schildknappen kurzsichtiger Besitzbürgerpolitik machen.

( "SPD-Nachrichtenblatt", Nr. 6, München)

Hortung ist keine Reserve

In geruhsamer dahinfließenden Zeiten mochte es gute Gründe geben, Goethescher Weisheit gemäß als Quelle des Besitzes die Verkettung von "Verdienst und Glück" anzuerkennen. Die Dämonen unserer Generation haben gnadenlos kaum anderes als Glück oder Unglück zugelassen. Das sprach auch Herr Dr. Pünder[36] bei seiner Antrittsrede als Vorsitzender des Verwaltungsrates in der letzten Vollversammlung des Wirtschaftsrates aus: Wer noch auf seinem Besitz thront, hat Glück gehabt.

In dieser Situation verdient der Initiativentwurf der SPD-Fraktion im Wirtschaftsrat für ein Enthortungsgesetz die allergrößte Beachtung.

Statt der einmütigen Bekundung des Enthortungswillens wurde der Zwangswirtschaft Urfehde angesagt, obgleich kein einziger der Gesetzesinitiatoren in Zwangsmaßnahmen etwas anderes sieht als die bitternötigste Antwort an diejenigen Warenbesitzer, die sich nicht bereit zeigen, freiwillig ihre überhöhten Bestände gegen das gleiche Geld zu verkaufen, das ihre Arbeiter und Angestellten als Ertrag ihrer Arbeit in Empfang nehmen müssen.

Statt schärfster Kritik an den Hortern gab es aufreizend spitzfindige Bemerkungen des Abg. Blücher, Veröffentlichungen über nicht gemeldete Bestände (z. B. 50.000 Paar Schuhe bei zehn Firmen!) würden im Volk gefährliche Illusionen erwecken! Der Mehrheitsbeschluß des Plenums, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Wirtschaft zur vordringlichen Bearbeitung zu übersenden, so dass die nächste Vollversammlung Mitte April in die zweite Lesung eintreten kann, vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die Meinungsverschiedenheiten der Parteien erst in diesem Ausschuß ausgetragen werden. Dabei wird die These des neuen Direktors der Verwaltung für Wirtschaft, Dr. Erhard, güterwirtschaftliche Mindestreserven seien zum Gelingen der Währungsreform unentbehrlich, eine gewichtige Rolle spielen. Er wird Mühe haben, den ob solcher unerwarteten Verteidigung beruhigten Warenhortern klarzumachen, dass keineswegs jeder Warenbestand eine solche "Mindestreserve" ist.

( "Volkswille"[37], Stuttgart, 3. April 1948)

[Seite im Original:] - 22 -

Von der Tätigkeit
der Landesgruppe Schweden der SPD

Im allgemeinen hat die schwere Situation, die für Deutschland infolge der Uneinigkeit der Siegermächte entstanden ist, auch gewisse Rückwirkungen auf das Arbeitsinteresse der in Schweden lebenden deutschen Sozialdemokraten gehabt. Leider hat diese psychische Situation durch den Besuch des Parteivorsitzenden nicht die erhoffte Aenderung erfahren. Es ist zu hoffen, dass aber in Zukunft der Kontakt mit dem Parteivorstand, der zur Zeit im wesentlichen durch Materialsendungen aufrecht erhalten wird, gestärkt wird. Das hängt nicht zuletzt davon ab, welche Aufgaben im Hinblick auf Deutschland uns zugedacht werden. (Möglicherweise gibt die geplante Teilnahme des Genossen Ollenhauer am schwedischen Parteitag dazu eine Gelegenheit und in diesem Sinne ging ein Schreiben an ihn ab.)

In einer Versammlung der Ortsgruppe Oerebro, die unter Leitung des Genossen Piehl am 10. März stattfand, referierte Otto Friedländer über die Tätigkeit des Landesvorstandes und über die Situation der Deutschen in Schweden. Nach Abschaffung eines Teils der nazistischen Elemente ist ein großer Teil der verbliebenen deutschen Kolonie, der seit vielen Jahren in Schweden lebt, dazu übergegangen, die schwedische Staatsbürgerschaft zu erwerben. Außer einer geselligen Vereinigung, der "Deutschen Gesellschaft", die sich hauptsächlich aus großbürgerlichen Kreisen zusammensetzt, dem rechtsorientierten "Hjälpkommitté för Tysklands barn"[38] unter Leitung der Gräfin Hamilton[39] und der hiesigen deutschen Gemeinde, in der auf Initiative des Herrn Pastor Meschke[40] gelegentlich Diskussionsabende stattfinden, an denen auch unsere Genossen sich beteiligen und den Kontakt mit Besuchern aus vorzugsweise religiös orientierten Kreisen herzustellen vermögen, existiert keine allgemeine Zusammenfassung der Deutschen im nichtsozialdemokratischen Lager, abgesehen von der "Deutschen Vereinigung 1945", die Aussprachabende [!] für einen Kreis von Deutschen und Schweden veranstaltet. Der Beginn einer neuen deutschen Kolonie ist noch nicht sichtbar und wird wohl auch noch geraume Zeit auf sich warten lassen, da weder eine allgemeine Grundlage für gemeinsame Auffassungen, noch für gemeinsame Aufgaben bisher vorhanden ist. Die deutschen Sozialdemokraten bedauern dies um so mehr, als gerade sie im Rahmen der Hilfstätigkeit, wie sie vom Demokratischen Hilfskomitee[41] und der Arbeiterwohlfahrt[42] ausgeübt wird, ihre Verbundenheit mit dem Lande zum Ausdruck bringen. Auch die verschiedenen Besucher, die von uns hier begrüßt werden konnten, haben den Kontakt mit dem Lande immer wieder aufs neue hergestellt. Aus dem Hilfsfonds konnten auch in den letzten Wochen wieder kleine Zuschüsse an Parteigenossen aus Deutschland gegeben werden. - Da die Zahl der Rückkehrer aus Schweden unter den heutigen Okkupationsverhältnissen begrenzt geblieben ist und sogar verschiedene Genossen wieder die Rückreise nach Schweden angetreten haben, weil die Trennung von den Familien auf die Dauer für sie nicht tragbar erschien und auch die Eingliederung der Emigranten in das deutsche Lager auf zunehmende Schwierigkeiten zu stoßen scheint, die teils materieller, teils psychologischer Natur sind, so muß damit gerechnet werden, dass der Stamm von annähernd 200 Sozialdemokraten und einer mindestens ebenso großen Anzahl links orientierter demokratischer Flüchtlinge weiterhin in Schweden bleiben wird, bis die Situation eine Klärung erfahren hat. Die Aufgabe der hier Verbliebenen ist es, es untereinander den menschlichen Kontakt zu pflegen, materielle und geistige Hilfstätigkeit nach drüben zu üben und darüber hinaus durch Diskussionen, schriftstellerische Arbeiten, Forschungen usw. an einer Weiterbildung der Selbstverständigung zu arbeiten, die auch den Genossen im Reich zugute kommen kann, welche nicht immer über dieselben Hilfsquellen und dieselbe Unabhängigkeit der Meinungsäußerungen verfügen, wie sie hier draußen bestehen. Nicht nur durch größere Publikationen, Sendungen von Schulungsmaterial und ähnliche Maßnahmen, wie sie bereits getroffen wurden, sondern auch durch eine überlegte und inhaltsreiche Formulierung der Briefe an Freunde und Genossen im Reiche kann man eine Kleinarbeit leisten, die auf die Dauer von Nutzen zu sein vermag. Wünschenswert wäre es, dass auch von Deutschland leichter und mehr Material zugänglich wäre, das hier dis-

[Seite im Original:] - 23 -

kutiert und durch eigene Erfahrungen ergänzt und beantwortet werden könnte. Wir müssen uns hier draußen als eine bescheidene, aber nützliche Bastion der deutschen Sozialdemokratie betrachten, deren Aufgabe zwischen Ost und West um so bedeutsamer sein kann, je weniger von anderer Seite für eine Klärung der Geister gegenüber nationalistischen Ressentiments, klassenmäßiger Abschnürung und dem Mißbrauch religiöser und politischer Glaubensgemeinschaften geschieht. Die erste Forderung ist also Zusammenhalt, die zweite ist Hilfe und die dritte ist Kontakt mit Deutschland, zum Ziel, der deutschen Not entgegenzuwirken und für die Zukunft einen geistigen Ankerplatz in Schweden zu schaffen.

Auf einer Tagung der Stockholmer Sozialdemokraten, die unter Vorsitz des Genossen Thiele stattfand, sprach an Stelle des verhinderten Genossen Fritz Rück[43] ebenfalls der Landesvorsitzende. Es wurde der hundertjährigen Existenz des Kommunistischen Manifestes gedacht, die Entstehung des Manifestes aus den Zeitverhältnissen wurde in einer kurzen historischen Uebersicht beleuchtet, die veränderten Voraussetzungen der Gegenwart, die zur Revision der damaligen Vorstellungen zwingen, wurden dargelegt. Es wurde darauf hingewiesen, dass nicht nur das Kommunistische Manifest in diesem Jahre seine hundert-jährige Existenz begehen kann, sondern dass auch Eduard Bernsteins[44] Revisionismus, der mit seiner 1898 erschienenen Schrift: "Die Voraussetzungen des Sozialismus" eingeleitet wurde, heute bereits ein halbes Jahrhundert besteht[45]. Die Revision der Vorstellungen vom alles bedingenden Klassenkampf, von der fortschreitenden Verelendung des Proletariats, von dem restlosen Konzentrationsprozeß der Großunternehmungen und vieles andere, vor allem auch der pseudoreligiöse Gehalt der am Hegelschen Schema orientierten Zukunftsverheißung, kann heute nicht mehr geistiges Allgemeingut der Sozialdemokratie sein. Die Erfahrungen im Reiche der sowjetrussischen Staatswirtschaft, ihr Totalitarismus, ihr Bürokratismus und ihre rücksichtslose Parteidiktatur auf allen Gebieten des Lebens haben obendrein, zusammen mit der Entwicklung der allgemeinen politischen Lage, die Sozialdemokratie zu einer Neubesinnung gegenüber manchen überalterten Gedankengängen veranlaßt. Diese Neubesinnung legt ihr einen Weg im Geiste jenes realen Humanismus nahe, der im Frühwerk von Karl Marx und im Spätwerk von Friedrich Engels bereits betreten wurde. Das große Problem unserer Gegenwart ist es, ein Maximum an sozialer Sicherheit mit einem Maximum an persönlicher Freiheit zu vereinen. Dafür gibt das Kommunistische Manifest nach 100 Jahren nicht die zureichende Antwort, das bedeutet aber nicht, dass man seine historische Bedeutung, vor allem auch seine Bedeutung für jene marxistischen Gedankengänge, die in das allgemein wissenschaftliche Denken eingeflossen sind, verkennen darf.

In einer Veranstaltung, die Mitte April stattfand, sprach der Genosse Paß[46] über die Entwicklung vom Morgenthauplan zum Marshallplan. Er stellte diese Entwicklung unter allgemeine politisch-ökonomische Perspektiven und eine kurze aber rege Diskussion schloß sich seinem historisch gründlichen Referat an.

[Seite: - 24 - ]












Issued by the London Representative of the German Social Democratic Party,
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Editorische Anmerkungen


1 - Benannt nach dem österreichischen sozialistischen Parteiführer Victor Adler (1852 - 1918), dem Vater Friedrich Adlers (s. d.) und Begründer des Austromarxismus.

2 - Walter Harich (1903 - 1949), vor 1933 SPD-Funktionär und technischer Leiter des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold im Kreis Iserlohn-Lüdenscheid, 1933 vorübergehend in Haft. Nach 1945 Organisationssekretär des SPD-Bezirks Westliches Westfalen.

3 - Viktor Renner (1899 - 1969), ab 1927 Rechtsanwalt, dann Amts- und Landgerichtsrat, in der Weimarer Republik SPD-Mitglied. 1945-1946 Oberbürgermeister von Tübingen, 1947 ff. zuerst als Staatssekretär, dann als Minister (Inneres) in der Regierung von Süd-Württemberg-Hohenzollern, 1947-1964 SPD-MdL Süd-Württemberg-Hohenzollern bzw. Baden-Württemberg, 1952-1953 Justizminister von BW, 1956-1960 Innenminister von BW.

4 - "Die Maßnahmen in Berlin" = Beginn der Blockade Westberlins durch die Sowjets; die sowjetischen Maßnahmen (Verkehrsbehinderungen, Beschneiden der Zufahrtsmöglichkeiten etc.) richteten sich zu dieser Zeit auch gegen die Westalliierten.

5 - Konrad Knudsen (1890 - 1959), Maler, dann Redakteur an verschiedenen sozialistischen Zeitungen (u. a. 1917-1920 in Chicago), Mitglied der Norwegischen Arbeiterpartei (NAP), 1937-1957 Parlamentsabgeordneter, Gastgeber Leo Trotzkis während dessen norwegischer Exilzeit.

6 - Willy Fischer (1904 - 1951), kaufmännischer Angestellter, bis 1930 Mitglied der KPD, dann nach Ausschluss Eintritt in die SPD (Herbst 1930), 1934 wegen Verdachts auf "Vorbereitung zum Hochverrat" 7 Monate Haft, 1940-1945 Kriegsteilnehmer. 1946-1949 SPD-MdL Bayern, 1948 ff. Vorsitzender des SPD-Bezirks Franken, von 1949 bis 1951 MdB.

7 - Guy Mollet (1905 - 1975), Lehrer, seit 1923 in der SFIO und der CGT organisiert, als Soldat 1940 - 1941 in deutscher Gefangenschaft, ab 1942 in Frankreich im Widerstand. 1944 ff. Oberbürgermeister von Arras, 1946 ff. Parlamentsabgeordneter, 1946-1969 Generalsekretär der SFIO, 1946/1947 Staatsminister, 1950-1951 Minister für Angelegenheiten des Europarates, 1956-1957 franz. Ministerpräsident.

8 - Brüsseler Pakt von 1948 = gegenseitiger Beistandspakt (Westunion) zwischen Frankreich, Großbritannien und den Benelux-Staaten, aus dem später die Westeuropäische Union hervorging.

9 - Gemeint ist der 4. Juni.

10 - Der Haager "Kongress von Europa" (Mai 1948) war von 4 zentralen europäischen Organisationen einberufen worden. Am Kongress selbst nahmen ca. 750 Delegierte aus mehr als 30 Ländern teil; die Regierungen waren amtlich nicht vertreten. Ziel: das Vereinte Europa. Vorbedingung: Anerkennung der Charta der Menschenrechte.

11 - = Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit bzw. Organization for European Economic Cooperation (OEEC), die seit April 1948 bestand und in der auch die drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands und Österreich vertreten waren.

12 - "Hans Thoma": Wahrscheinlich ist der angegebene Vorname falsch. Eher: Max Thoma (1890 - 1957), Buchdrucker und Schriftsetzer, seit 1910 Mitglied von Gewerkschaft und SPD. In der Weimarer Republik u. a. SPD-Parteisekretär und Redakteur von Parteizeitungen, gehörte nach Kriegsende zu den Wiederbegründern einer Freien Gewerkschaft (ab 1945 Vorsitzender der IG Druck und Papier in Hamburg und Gau Nordmark), 1946-1949 und 1951-1953 SPD- Mitglied der Hamburger Bürgerschaft.

13 - Walter Freitag (1889 - 1958), Werkzeugdreher, Mitglied des DMV seit 1907, der SPD seit 1908, 1920-1931 DMV-Bezirksleiter in Hagen, 1932 SPD-MdL Preußen, 1933 und 1934 in Haft, danach unter Polizeiaufsicht. 1946-1949 SPD-MdL NRW, 1950-1952 Vorsitzender der IG Metall, 1949-1953 SPD-MdB, 1952-1956 Vorsitzender des DGB.

14 - "Chartby": Albert E. Carthy. Siehe SM_94, Dez._1946, Anm._17.

15 - Eduard Bernstein: Aus den Jahren meines Exils: Erinnerungen eines Sozialisten (T. 1), Berlin 1918 (3. und 4. Auflage).

16 - Nicolaus von Borstel (1885 - 1963), Tischler, seit 1910 Mitglied der SPD, ab 1919 Geschäftsführer des Konsumvereins Stade, 1919-1933 Mitglied des Hannoverschen Provinziallandtages, 1929-1933 besoldeter Senator und 2. Bürgermeister in Peine, während der NS-Zeit mehrfach in Haft - zuletzt im Februar 1945. Nach Kriegsende Landrat in Stade und SPD-MdL Niedersachsen (1946-1959).

17 - Tom Driberg (1905 - 1976), Journalist und Schriftsteller, 1928-1943 Redakteur beim "Daily Express", später Kriegskorrespondent (II. Weltkrieg und Koreakrieg), 1942-1945 als Unabhängiger Abgeordneter des Unterhauses (MP), April 1945 Mitglied der parlamentarischen Kommission, die das KZ Buchenwald untersuchte, 1945 Beitritt zur Labour Party, einer der Exponenten des linken Parteiflügels, 1949-1972 Mitglied des National Executive Committee der Labour Party, 1957-1958 Chairman, 1945-1955 und 1959-1974 Labour-MP, Ernennung zum Lord.

18 - Ein im Wirtschaftsrat eingebrachtes Gesetz zur Bekämpfung der Warenhortung. Gehortete Warenbestände sollten erfasst und verteilt und künftige Warenhortungen verhindert werden.

19 - Alfred Weber (1868 - 1958), Nationalökonom, Soziologe und Autor (umfangreiches Schriftwerk), Prof. (anfänglich Universität Prag, ab 1907 an der Universität Heidelberg), 1919 an der Gründung der DDP beteiligt, 1933 aus politischen Gründen emeritiert. Nach dem Krieg Mitglied der SPD und des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung.

20 - Rudolf Hagelstange (1912 - 1984), ab 1935 journalistische Tätigkeit, 1940-1945 Wehrdienst, danach freier Schriftsteller (Gedichte, Erzählungen, Hörspiele).

21 - Hans von Eckardt (1890 - 1957), Volkswirt, Soziologe und Zeitungswissenschaftler, 1927-1933 (Entlassung) und 1946 ff. Prof. an der Heidelberger Universität.

22 - Louise Ebert, geb. Rump (1873 - 1955), Tabakarbeiterin, 1893 Heirat mit Friedrich Ebert in Bremen.

23 - Nicht "Holzhauer", nicht "Holtzhauser", sondern: Herbert Holtzhauer (1906 - 1987), Verlagsbuchhändler und Betriebswirt, 1928-1929 für 6 Monate Redaktionsvolontär beim "Vorwärts" in Berlin, 1929-1933 Schwenninger Lokalredakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung "Volksstimme", März - August 1933 im KZ Heuberg inhaftiert, 1935-1936 sieben Monate Gefängnis wegen illegaler Tätigkeit, Februar 1939 Anklage wegen Hochverrats, aber Freispruch. 1945 ff. Verlagsinhaber (Neckarverlag), 1946-1964 SPD-MdL Württemberg-Hohenzollern bzw. Baden-Württemberg.
Vgl. SM 87, Juni 1946, Anm. 3.

24 - Paul Binder (1902 - 1981), Bankkaufmann, Dr. rer. pol., Wirtschaftsprüfer, 1946-1952 und 1953-1960 CDU-MdL Württemberg-Hohenzollern bzw. Baden-Württemberg, 1947 Staatssekretär der Finanzen in Württemberg-Hohenzollern, 1948-1949 CDU-Mitglied des Parlamentarischen Rates.

25 - Murray van Wagoner (1898 - 1986), Ingenieur für Straßen- und Brückenbau, Mitglied der Republikanischen Partei, 1941-1942 Governor des US-Staates Michigan, 1947-1949 OMGUS-Direktor für Bayern.

26 - Ottomar Geschke (1882 - 1957), Schlosser, 1910 Mitglied der SPD, 1917 der USPD und 1919 der KPD, führende Funktionen in der Zentrale der KPD, 1921-1924 MdL Preußen, 1924-1932 MdR, 1933-1940 in versch. KZ's, 1944 bis Kriegsende erneut in einem KZ. 1945 einer der Wiederbegründer der KPD, 1947 Vorsitzender der damals gegründeten VVN (Ost), 1950-1954 SED-Mitglied der Volkskammer.

27 - Hans Seigewasser (1905 - 1979), Bankangestellter, 1921 Mitglied der USPD, 1922 der SPD, 1931 der SAP, 1932 der KPD, nach der NS-Machtübernahme illegale Tätigkeit für die KPD, 1934-1945 im Zuchthaus bzw. im KZ inhaftiert (wegen "Vorbereitung zum Hochverrat"). 1946-1950 Mitarbeiter des Parteivorstandes bzw. ZK der SED, 1950 ff. Mitglied der Volkskammer, 1960 bis zu seinem Tod Staatssekretär für Kirchenfragen in der DDR.

28 - Zu Ernst Mayer konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

29 - Johanna Melzer (1904 - 1960), Kontoristin, ab 1923 pol. Tätigkeit in der KPD, Juli - Dezember 1933 im KZ, August 1934-1945 Zuchthaus. Ab 1945 Frauensekretärin bei der NRW-Landesleitung der KPD, 1946-1949 KPD-MdL NRW.

30 - Heinrich Grüber (1891 - 1975), ev. Theologe, ab 1937 Leiter einer von ihm gegr. Hilfsstelle für Rassenverfolgte evangelischen Glaubens, 1940-1943 KZ Sachsenhausen und Dachau. Nach Kriegsende Propst in Berlin (Ost), 1949-1958 Bevollmächtigter der EKD bei der DDR-Regierung.

31 - 1946 als Demokratische Vereinigung des Saarlandes zugelassen, 1947 in Demokratische Partei des Saarlandes umbenannt (später: Demokratische Partei Saar: DPS) - eine Partei zuerst liberalen, dann nationalkonservativen Zuschnitts, die sich gegen die Trennung des Saarlandes von Deutschland einsetzte.

32 - Die Christliche Volkspartei des Saarlandes (CVP) war im Januar 1946 gegründet worden. Entsprechend ihrer frankophilen Politik trat sie für eine Autonomie des Saarlandes ein - vergleichbar mit der Politik der Sozialdemokratischen Partei des Saarlandes (SPS), die sich im Juni 1947 - auch auf Geheiß der französischen Besatzungsmacht - von ihrer Mutterpartei, der SPD, getrennt hatte.

33 - = Landesfrauenausschuss. Vgl. antifaschistische Frauenausschüsse und DFD in der SBZ.

34 - Ludwig Erhard (1897 - 1977), Wirtschaftswissenschaftler, ab 1928 in der Forschung tätig. 1945-1946 bayerischer Minister für Handel und Gewerbe, ab März 1948 Direktor für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, 1949-1976 CDU-MdB, 1949-1963 Bundeswirtschaftsminister, 1963-1966 Bundeskanzler.

35 - Nach SPD-Jahrbuch 1948/1949 (S. 96) lautet der Name dieser periodischen Veröffentlichung: "Nachrichtenblatt für die bayrischen Gemeinderäte, Stadträte und Kreistagsmitglieder" (München).

36 - Hermann Pünder (1888 - 1976), Jurist, 1922 ff. Mitglied des Zentrums, 1926-1932 Staatssekretär in der Reichskanzlei, 1944 verhaftet und nach einem Hochverratsprozess bis 1945 in KZ's inhaftiert. 1945 Mitbegründer der CDU, 1945-1948 Oberbürgermeister von Köln, 1948-1949 Vorsitzender des Verwaltungsrats (Oberdirektor) des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, 1949-1957 CDU-MdB.

37 - Für Stuttgart ließ sich kein "Volkswille" nachweisen. Die dort erschienene "Volksstimme" war eine KPD-Zeitung, der dieser Kommentar wohl kaum entnommen sein dürfte.

38 - Hjälpkommitté för Tysklands barn = Hilfskomitee für Deutschlands Kinder.

39 - Lili Gräfin Hamilton, geb. Schard (1893 - 1963), ab Winter 1944 Leiterin eines von ihr aufgebauten Hilfswerks für deutsche Kinder.

40 - Kurt Meschke (1901 - 1971), Theologe, 1930-1933 Studenten- und Sozialpfarrer in Danzig, danach Landpfarrer im Odergebiet, Februar 1939 legale Ausreise nach Schweden, dort 1939-1966 Lehrer und Erzieher, Vorstandsmitglied des im Juni 1945 gegr. Hilfskomitees für deutsche und staatenlose Opfer der Konzentrationslager, seelsorgerischer Betreuer deutscher Flüchtlinge in Schweden.

41 - Das Hilfskomitee für Opfer der Konzentrationslager (vgl. Anm. 40) nannte sich ab 1946 Demokratisches Hilfskomitee für Deutschland (Demokratiska hjälpkommittén för Tyskland); diese Emigrantenorganisation sammelte mit beträchtlicher schwedischer Unterstützung Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente etc., um sie nach Deutschland zu schicken.

42 - Ab 1946 bestand in Schweden ein Landesausschuss der Arbeiterwohlfahrt, der Lebensmittelpaketsendungen für Deutschland organisierte.

43 - Fritz Rück (1895 - 1959), Schriftsetzer, später als Journalist, Redakteur und Schriftsteller tätig, 1913 SPD-Mitglied, 1917 zur USPD, 1919 zur KPD, 1929 wieder in der SPD, 1931 zur SAP (1932 ausgeschlossen), 1933 in die Schweiz emigriert, 1937 nach Schweden. 1950 Rückkehr in seine Geburtsstadt Stuttgart, dort Chefredakteur des Zentralorgans und geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes der IG Druck und Papier, wieder SPD-Mitglied.

44 - Eduard Bernstein (1850 - 1932), Bankangestellter, dann Journalist und Schriftsteller (sozialistischer Theoretiker), seit 1871 Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, 1881-1890 im Exil (Zürich, später London) Herausgeber und Chefredakteur des illegalen Parteiorgans "Der Sozialdemokrat", Mitarbeiter von "Die Neue Zeit" und den "Sozialistischen Monatsheften", 1902-1907, 1912-1918, 1920-1928 SPD-MdR, 1917-1919 USPD-Mitglied.

45 - Vgl. Eduard Bernstein: Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie, Stuttgart 1899. Das Buch enthält Artikel Bernsteins, die vor 1899 in der "Neuen Zeit" erschienen waren.

46 - Rudolf Pass (1905 - 1988), kaufmännischer Angestellter, 1925 Eintritt in die SPD, zugleich Mitglied des Zentralverbandes der Angestellten und des Reichsbanners, kleinere Funktionen in Gewerkschaft und Partei, 1934-1935 Exil in Frankreich, 1935-1938 in den Niederlanden, 1938-1948 in Schweden, 1939 ausgebürgert, Tätigkeit in der Emigration als Arbeiter, Angestellter und freier Journalist, in Schweden Mitglied der Internationalen Gruppe demokratischer Sozialisten (der sog. Kleinen Internationale). 1948-1970 wirtschaftspolitischer Referent beim PV der SPD in Hannover, dann Bonn.




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