SOZIALISTISCHE MITTEILUNGEN News for German Socialists in England | |
This News Letter is published for the information of Socialdemo-
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Nr. 109/110 |
März/April 1948 |
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Erich Ollenhauer über die politische Lage
In einer Versammlung der Vereinigung der deutschen Sozialdemokraten in Großbritannien, die am 19. März in London stattfand, sprach der 2. Vorsitzende der SPD, Erich Ollenhauer. Er verzichtete darauf, einen Bericht über die allgemeine Situation in Deutschland zu geben, um sich desto klarer mit den politischen Problemen auseinanderzusetzen. Der Zustand der alliierten Militärregierung in Deutschland, so erklärte er, wird weder von deutscher noch von alliierter Seite als befriedigend empfunden. Die Frage der deutschen Mitarbeit tritt immer mehr in den Vordergrund; dabei spielt natürlich die Frage der SPD, der stärksten deutschen Partei, eine erhebliche Rolle. Es fehlt nicht an Kritikern, die behaupten, die SPD weigere sich, an Einrichtungen, die über den Länderrahmen hinausgehen, mitzuarbeiten; sie beantworte die Frage nicht, welche Bedingungen sie für ihre Mitarbeit stelle, und sie lasse sich von "engem Parteiinteresse" leiten. Diese Kritik bezeichnete Ollenhauer als unberechtigt. Die wirkliche Lage sieht so aus, daß weder die politische noch die wirtschaftliche Einheit Deutschlands hergestellt ist, und dafür sind nicht die Deutschen verantwortlich, sondern die Gegensätze zwischen den ehemaligen Alliierten des Krieges. An der Frage der wirtschaftlichen und politischen Einheit scheiterte die Londoner Konferenz. Zwar existiert in den Westzonen Deutschlands eine gewisse Selbstverwaltung in Gemeinden und Ländern, aber Deutschland ist noch kein freier Staat. Der Alliierte Kontrollrat in Berlin regiert ohne Mitbestimmung der Deutschen. Und die Uneinigkeit im Kontrollrat bedeutet die Lahmlegung wichtiger Gebiete des deutschen Lebens, wofür die Verschleppung der Währungsreform ein deutliches Beispiel ist. Keine Länderregierung hat das Recht, ein vom Landtag beschlossenes Gesetz ohne Zustimmung des betreffenden Militärgouverneurs durchzuführen. Auch die neue Frankfurter "Charter" hat an dem alten Zustand prinzipiell nichts geändert. Sie hat allerdings die Mitgliederzahl und die Funktionen des Wirtschaftsrats erweitert und auch dafür gesorgt, daß sich jetzt die Länderregierungen den Maßnahmen des Wirtschaftsrates fügen müssen, daß also Bizonenrecht Landesrecht bricht. Aber auch die Beschlüsse des Wirtschaftsrats bedürfen der Zustimmung der Militärregierung.
Ollenhauer erklärte, es sei ein völlig falscher Schluß, wenn man annehme, daß die SPD, wenn sie im Frankfurter Wirtschaftsrat nicht an der Verwaltung mitarbeiten will, sich damit grundsätzlich distanzieren wolle. Die SPD will die Zusammenarbeit mit den Besatzungsmächten nicht einstellen. An ihrer Haltung zu den Besatzungsmächten hat sich nichts geändert. Gewiß ist die Haltung gegenüber den verschiedenen Besatzungsmächten nicht einheitlich, und ein gewisser Kleinkrieg zwischen deutscher und alliierter Verwaltung ist fast unvermeidlich. Aber nur in einer Zone ist keine Zusammenarbeit möglich: in der Ostzone. Das ist aber nicht die Schuld der SPD.
Ueber den Wirtschaftsrat sagte Ollenhauer, er sei nicht unser Ideal. Unser Ideal ist die gesamtdeutsche Einheit. Aber mitarbeiten will die SPD. Ihre Reorganisationsvorschläge zielten darauf hin, den Wirtschaftsrat so wirksam wie möglich zu machen. Die SPD steht grundsätzlich dem Wirtschaftsrat positiv
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gegenüber; sie bejaht den Gedanken des Zentralismus und den Gedanken der Marshall-Hilfe. Aber die Erweiterung des Wirtschaftsrats[1] hat nichts an seiner parteipolitischen Zusammensetzung geändert. Die SPD sieht sich dort einer von der CDU geführten kompakten bürgerlichen Mehrheit gegenüber, und es ist nie vorgekommen, daß der "linke Flügel" der CDU in entscheidenden Fragen mit der SPD gegangen ist. Die Frankfurter "Direktoren" treten immer für die Interessen der Unternehmer und Sachwertbesitzer ein, und der Wirtschaftsdirektor Dr. Müller[2] hat bei seiner Amerikareise ausdrücklich erklärt, die Marshall-Hilfe solle den deutschen Unternehmern direkt gegeben werden. Daraus erklärt es sich, daß der SPD-Vorstand auf seiner Kasseler Tagung[3] mit allen gegen 3 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) beschloß, in Frankfurt keine Koalitionspolitik zu machen. Aber das bedeutet nicht, daß die SPD generell in die Opposition gegangen ist. Der Kasseler Beschluß ermöglicht es den sozialdemokratischen Ministern in den Länderregierungen, von Fall zu Fall über die Weiterführung der Koalitionspolitik zu entscheiden.
Ollenhauer erklärte dann, die Entwicklung der nächsten Zeit werde mehr noch durch internationale Spannungen als durch die Ernährungs- und Wirtschaftskrise in Deutschland bestimmt werden. Die Gleichschaltung in der Tschechoslowakei[4] hat die Gefahr deutlich gezeigt, die Westeuropa droht, und der Marshall-Plan und die engere Zusammenarbeit der westlichen Demokratien sind Gegenaktionen gegen die Gleichschaltung im Osten. Deutschland ist auf keiner der beiden Seiten Partner, aber es wird auf beiden Seiten in Rechnung gestellt. Unter diesen Umständen gibt es heute in Deutschland keine nur innenpolitische Frage. Am krassesten zeigt sich das in der Politik der SEP und KP. Sie sind Instrumente der russischen Außenpolitik. Sie treiben eine schwarzweißrote Einheitspropaganda, wollen "Volkskongresse" und "Volksdemokratie" etablieren, um Deutschland in die Einflußsphäre der Sowjetunion eingliedern zu können. Der von ihnen propagierte "Volksrat", der das deutsche Volk vertreten soll, würde dasselbe sein wie das Lublin-Komitee[5] es seinerzeit in Polen war. Aber das polnische Beispiel hat gezeigt, wohin die Entwicklung gegangen ist. Der SPD-Vorstand hat beschlossen, daß die Teilnahme an Volkskongressen mit der Mitgliedschaft in der SPD unvereinbar ist, und dieser Beschluß ist nirgends auf Widerspruch im Kreise der SPD-Anhänger gestoßen.
Ollenhauer wies auf die neue nationalistische Gefahr in Deutschland hin und auf die Notwendigkeit, die Demokratie zu verteidigen. Antidemokratisch ist nicht nur die kleine Schicht, die aktiv für die kommunistische Konzeption eintritt; auch Opportunisten aus dem Bürgertum leisten ihr Vorschub. Mit Recht hat Dr. Schumacher gesagt, daß die Demokratie in Deutschland kaum weiter reiche als der Einfluß der SPD, die heute wieder einmal in der Front zur Verteidigung der Demokratie steht.
Ueber die Marshall-Hilfe sagte Ollenhauer, sie erfolge auf Grund nüchterner Erwägungen: Europa kann nur demokratisch sein, wenn es wirtschaftlich gesundet. Wenn die Wahl lautet, ob sich Deutschland einseitig der russischen Herrschaft unterwerfen und die elementaren Rechte der Demokratie preisgeben soll oder ob es sich für die westliche Freiheit entscheiden soll, dann steht die SPD kompromißlos und eindeutig auf der Seite des Westens.
Zur innenpolitischen Situation in Deutschland bemerkte Ollenhauer, daß man die reaktionäre Gefahr nicht unterschätzen dürfe. Die Bayernpartei liefere ein krasses Beispiel für wilden Föderalismus. Der Vorschlag Adenauers, Rheinland-Westfalen mit der Pfalz zu vereinen, ziele auf einen schwarzen Block mit 15 Millionen Einwohnern, der womöglich mit Bayern und Oesterreich gemeinschaftliche Sache machen soll.
Wenn die Währungsreform erst einmal kommt, werden die sozialen Spannungen in Deutschland erst wirklich zum Vorschein kommen. Das könnte nationalistischen Tendenzen einen bedenklichen Auftrieb geben. Die SPD ist sich dieses Problems voll bewußt. Sie tritt für die Notwendigkeit sozialer Umgestal-
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tung ein, um die Wirkungen des Schocks aufzufangen. Sie fordert Sozialisierung der Schlüsselindustrien, Bodenreform und Lastenausgleich. Als 1945 das Hitlerregime zusammenbrach, ist die fällige Revolution ausgeblieben. Aber die Konsequenzen aus dem Zusammenbruch müssen noch gezogen werden, und die Deutschen müssen den Willen dazu aufbringen. Hier liegt eine historische Aufgabe der deutschen Arbeiterbewegung.
Der Kampf der SPD ist ein Teil des westeuropäischen Kampfes. Fällt Westdeutschland, gewinnt die totalitäre Diktatur eine wichtige Durchbruchsschlacht. Deutschland kann nur als Demokratie leben. Und die Existenz der deutschen Demokratie hängt von der Lebenskraft der westlichen Demokratien ab, die Deutschland als Partner werden akzeptieren müssen. Die Kriegspsychose, die heute nicht nur in Deutschland herrscht, ist gefährlich, weil sie als Mittel zur Unterminierung des Glaubens und Willens dienen kann, wie es in Frankreich 1939 und 1940 geschah. Es gilt, die Demokratie und ihren Verteidigungswillen zu festigen. Die gegenwärtige Lage bietet ein großes Risiko, aber auch eine große Chance: den Aufbau eines neuen Europa als politische und wirtschaftliche Einheit auf demokratischer und sozialer Grundlage. An diesem Aufbau mitzuwirken, ist Wille und Ziel der deutschen Sozialdemokratie.
Am 17. und 18. Februar tagte in Kassel der Parteivorstand, am 18. und 19. Februar der Parteiausschuß der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Nachstehend Kommuniques dieser Sitzungen sowie kurzer Kommentar.
Am 17./18. Februar 1948 tagte in Kassel der Parteivorstand der SPD. Zur Beratung stand ein umfangreiches Programm grundsätzlich-politischer und praktisch-organisatorischer Fragen. Die wichtigste war die Festlegung von Richtlinien für die Haltung der erweiterten SPD-Fraktion im Wirtschaftsrat, zu der der stellvertretende Vorsitzende Erich Ollenhauer einen umfassenden Situationsbericht gab. Die SPD bejaht die Stärkung der Position des Wirtschaftsrates gegenüber den Ländern und seiner Exekutivvollmachten, sie ist einverstanden mit der Erweiterung seines Aufgabenbereiches, insbesondere auf dem Gebiet der Finanzarbeit.
Die SPD befindet sich seit der Gründung des Wirtschaftsrates in Opposition, da in allen entscheidenden Fragen eine bürgerliche Mehrheit gegen die fortschrittlichen Forderungen der SPD wirksam ist. Alle Gründe für die bisherige Haltung der SPD bestehen nach wie vor fort, es gibt keine Basis für eine gemeinsame Politik mit der CDU. Der Parteivorstand bestätigte und ergänzte Vorschläge des geschäftsführenden Vorstandes auf Bildung eines Wirtschaftspolitischen und eines Agrarpolitischen Ausschusses.
Der Wirtschaftspolitische Ausschuß der Partei setzt sich danach wie folgt zusammen:
Dr. Victor Agartz (Köln), Otto Bach[6] (Berlin), Bruno Diekmann[7] (Kiel), August Halbfell (Düsseldorf), Gustav Klingelhöfer (Berlin), Dr. Harald Koch[8] (Wiesbaden), Dr. Gerhard Kreyßig (München), Mainzer[9] (Hamburg), Johannes Petrick[10] (Düsseldorf), Erich Potthoff[11] (Köln), Heinz Potthoff[12] (Düsseldorf), Dr. Hermann Veit (Stuttgart), A. Wabnegg[13] (Nürnberg), Dr. Gerhard Weisser (Hamburg), Dr. Viktor Wrede[14] (Hamburg).
Der Agrarpolitische Ausschuß wird von folgenden Mitgliedern gebildet werden:
Hubert Biernat[15] (Unna), Dr. Hugo Buhl[16] (Hannover), Prof. Dr. Gülich[17] (Kiel), Karl Langebeck[18] (Kiel), Hans Podeyn[19] (Frankfurt), Georg Raloff[20] (Hamburg), Dr. Rehfeld[21] (Göttingen), Dr. Martin Schmidt[22] (Parensen), Max Walter[23] (Lauf).
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Außerdem beschloß der PV die Einrichtung eines Wirtschaftspolitischen Referates beim PV.
In der Frage des Weiterbestandes des Zonenbeirates für die Britische Zone kam die Auffassung zum Ausdruck, daß die Aufgaben des Zonenbeirates durch die Frankfurter Beschlüsse zur Neufassung der Wirtschaftsverwaltung zwar beschränkt, aber doch nicht gänzlich hinfällig geworden sei, zumal eine ganze Reihe von Aufgaben nach wie vor nur im Zonenrahmen erledigt werden können.
Der PV befaßt sich weiter mit den Angriffen, die von kommunistischer Seite gegen das Mitglied des geschäftsführenden Parteivorstandes, Herbert Kriedemann, gerichtet worden sind[24]. Nach einem ausführlichen Bericht Adolf Schönfelders über die Untersuchung der Angelegenheit durch die Kontrollkommission der Partei stellte der PV sein einstimmiges Vertrauen für Herbert Kriedemann fest, mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß sich die gegen Kriedemann erhobenen Angriffe als unbegründet erwiesen hätten.
Zu der am 21. und 22. März in London stattfindenden Konferenz sozialistischer Parteien der sogenannten Marshallplan-Länder, zu der die englische Labour Party eingeladen hat, wird die SPD drei Delegierte entsenden, und zwar den 1. Vorsitzenden, Dr. Kurt Schumacher, den stellvertretenden Vorsitzenden, Erich Ollenhauer und einen wirtschaftspolitischen Sachverständigen. Als ständiger Vertreter der SPD in der Organisationskommission der internationalen Arbeitsgemeinschaft der sozialistischen Parteien wurde E. Ollenhauer, zu seinem Stellvertreter Fritz Heine gewählt.
Auch zu dem für den 17. und 18. April festgesetzten außerordentlichen Parteitag der Schweizer Sozialdemokratie liegt eine Einladung an die SPD vor, die nach Beschluß des Parteivorstandes einstimmig angenommen wurde. Zu Delegierten der SPD wurden Erich Ollenhauer und Professor Dr. C. Schmid bestimmt.
Schließlich wurde durch Parteivorstandsbeschluß vorgeschlagen, den nächsten Parteitag der SPD im September dieses Jahres in Düsseldorf stattfinden zu lassen.
Nach einem ausführlichen Referat des 1. Vorsitzenden der SPD, Dr. Kurt Schumacher, über die politische Situation und insbesondere darüber, wie sich in ihr die SPD am besten bewähren könne sowie nach einer anschließenden, sehr lebhaften und gründlichen Diskussion billigte am Mittwochnachmittag der Parteiausschuß die von Dr. Schumacher entwickelten Richtlinien mit einer sehr starken Mehrheit. Es wurde klargestellt, daß es sich bei der Festlegung dieser grundsätzlichen Haltung nicht um die Forderung nach einer Opposition unter allen Umständen, sondern unter den gegebenen Verhältnissen handele. Der Parteivorstand legte dem Parteiausschuß die am Vortage gefaßten praktisch-organisatorischen Beschlüsse vor und erbat und erhielt die Zustimmung dazu. In einem Schlußwort faßte Dr. Kurt Schumacher noch einmal die wesentlichen politischen Ergebnisse der Kasseler Tagung zusammen, wobei er als maßgebend für die Haltung der Partei die Forderung aufstellte: "Wir können auf jede in- und ausländische Belobigung verzichten, die wir uns jetzt erst ganz erobern müssen."
Mit überwältigender Mehrheit erklärte sich am Mittwochnachmittag der Parteiausschuß mit den Richtlinien einverstanden, die zuvor Dr. Kurt Schumacher über die von der SPD einzunehmende Haltung in gründlicher Darstellung entwickelt hatte. Es war eine ziffernmäßig sehr starke Versammlung, die sich in der Kasseler Stadthalle zusammengefunden hatte: Der Parteivorstand, der Parteiausschuß, die Mitglieder der erweiterten SPD-Fraktion im Wirtschaftsrat und sozialdemokratische Ministerpräsidenten, so daß tatsächlich die gesamte Leitung der SPD zugegen war.
Dem erwähnten Beschluß des Parteiausschusses war außer der Rede Dr. Schumachers eine lebhafte und ausgedehnte Diskussion vorangegangen, in der
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alle wesentlichen Gesichtspunkte freimütig erörtert wurden, die für und gegen die Politik vorgebracht werden können, wie sie in der Verlautbarung über die PV-Sitzung des Vortages fixiert worden waren. In seinem Schlußwort bezeichnete Schumacher die Frage als entscheidend: Wie können wir der Sozialdemokratie im Volksbewußtsein die Position der deutschen Linken sichern? Für die politische Entwicklung in Frankfurt sei nicht allein die ziffernmäßige Fraktionsstärke entscheidend, sondern vor allem die klassenpolitische Stärke. Diese spreche im Augenblick ganz eindeutig zugunsten der Sachwertbesitzer. Schumacher nannte in diesem Zusammenhang die CDU die Partei des schlechten Gewissens und des billigen Lippentrostes. "Laßt", so rief Schumacher, "für die Formung Eures Gesamtbildes nicht Eure Funktion oder Position als Länderminister, Fraktionsführer, Gewerkschaftler oder sonst irgend etwas bestimmend sein, sondern erlebt die Dinge als Sozialdemokraten!" Die Partei stehe vor der Frage, ihren Weg so zu gehen, daß sie nicht nur auf eine gewisse sozialpolitische Abfindung angewiesen bleibe, sondern daß sie das Podium für die Aenderung der sozialökonomischen Struktur gewinne. Der Prozeß der Entpolitisierung, dessen Symptome man heute auf verschiedenen Gebieten beobachten könne, sei ein Prozeß der Entdemokratisierung, und [der] Lastträger dieser Entwicklung würde die SPD sein. Schumacher erklärte zum Schluß: "Wir wünschen die Partei in eine Rolle zu bringen, in der sie kämpfen muß. Wir können auf jede in- und ausländische Belobigung verzichten, aber wir können nicht auf die Zustimmung der arbeitenden Masse verzichten."
Berichte erstatteten u.a. Fritz Henßler über die Situation in den Gewerkschaften, im Nachtrag zu der interzonalen Dresdner Tagung[25]. Professor C. Schmid über die Situation in der Französischen Zone, sowie Otto Suhr[26] über die Lage in Berlin, und zwar besonders im Hinblick auf den bevorstehenden Gewerkschaftswahlkampf.
(Eigenberichte)
Londoner Sozialisten-Konferenz
Erich Ollenhauer, der 2. Vorsitzende der SPD, gab im Nordwestdeutschen Rundfunk am 25. März 1948 einen Bericht über die Internationale Sozialisten-Konferenz, die am 21. und 22. März 1948 in Selsdon bei London stattfand. Wir veröffentlichen dieses Bericht im Wortlaut.
Unter den Beschlüssen der Organisationskommission der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der sozialistischen Parteien ist in der Oeffentlichkeit vor allem die Trennung von den osteuropäischen Parteien beachtet worden, die sich in den letzten Monaten mit den Kommunisten vereinigt haben oder, besser gesagt, zwangsvereinigt wurden.
Für die weitere Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit der sozialistischen Parteien war aber die Beschlußfassung über die Tagesordnung der nächsten internationalen Konferenz mindestens ebenso wichtig. Diese Konferenz wird Anfang Juni in Wien stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen zwei Hauptthemen, die die praktische politische Arbeit der sozialistischen Parteien aller Länder unmittelbar berühren. Die Konferenz wird sich mit dem Problem der sozialistischen Planung beschäftigen. Die Parteien sind aufgefordert worden, den Konferenzteilnehmern alles Material vorzulegen, das die Delegierten über den Stand der Diskussion oder der praktischen Politik auf dem Gebiet der sozialistischen Planung informiert. Die Konferenz wird dann die Aufgabe haben, einheitliche Vorstellungen aller sozialistischen Parteien in dieser Frage zu erarbeiten.
Das zweite Thema heißt: "Die Situation des demokratischen Sozialismus in Europa und in der Welt". Hier werden die Delegierten die Aufgabe haben, den Standpunkt des freiheitlichen und demokratischen Sozialismus gegenüber allen Tendenzen, die die Freiheit und die Demokratie in der Welt bedrohen, klar zu formulieren. Die sozialistischen Parteien sind gewillt, gegenüber den
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neuen Bedrohungen der Demokratie ein konstruktives und positives Programm des demokratischen Sozialismus zu entwickeln.
Die zweite Konferenz, die von der britischen Arbeiterpartei und der französischen Sozialistischen Partei einberufen war, beschäftigte sich ausschließlich mit den Problemen, die sich aus der Marshall-Hilfe für den Aufbau der europäischen Wirtschaft ergeben. Die Konferenz hat in einer ausführlichen Entschließung den Standpunkt der sozialistischen Parteien formuliert. Diese Entschließung wurde einstimmig angenommen. Es führt zu weit, alle Gesichtspunkte des Beschlusses hier zu erläutern. Unterstrichen sei nur, daß diese absolute Einmütigkeit auch bestand in der Frage der Nichtintervention der Vereinigten Staaten in bezug auf die Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder. Das heißt, daß die sozialistischen Parteien sich einig sind, daß Sozialisierungsmaßnahmen, die von den beteiligten Völkern für notwendig erachtet werden, nicht verhindert werden dürfen.
In der Diskussion spielte die Frage des Auf- und Ausbaues der europäischen Organisation zur Durchführung des Marshall-Planes eine wichtige Rolle. In dem Beschluß wird festgestellt, daß die sozialistischen Parteien in dieser europäischen Organisation nicht nur ein Exekutiv-Organ für die Durchführung des Marshall-Planes sehen. Sie soll der Ansatz zu einer engeren, ständigen Zusammenarbeit der europäischen Völker sein, der zeitlich und sachlich über die durch den Marshall-Plan bedingte Zusammenarbeit hinausgehen soll.
Mit dieser Entschließung war auch die Frage der Vereinigten Staaten von Europa zur Diskussion gestellt. Sie wurde nicht abschließend behandelt. Sie steht im Mittelpunkt einer neuen internationalen Konferenz, die am 25. April in Paris stattfinden soll. Ihre Aufgabe wird es sein, die praktischen Mittel und Wege zu besprechen, die die sozialistischen Parteien einschlagen müssen, um dem Ziel einer europäischen Einheit durch gemeinsame Anstrengungen näherzukommen.
Es ist schon in den Berichten über den Verlauf der Konferenzen darauf hingewiesen worden, daß die deutschen Sozialisten vollberechtigte Teilnehmer beider Konferenzen waren und alle Möglichkeiten hatten, um ihren Standpunkt zu vertreten. Es hat auch in dieser Konferenz über sachliche Fragen sachliche Meinungsverschiedenheiten gegeben, wie das in jeder auf demokratischer Grundlage aufgebauten Organisation selbstverständlich ist. Aber diese sachlichen Meinungsverschiedenheiten ergaben sich nicht aus Spannungen zwischen den Sozialisten aus den alliierten Staaten auf der einen und den Deutschen auf der anderen Seite, sondern aus den Problemen, die in der Sache selbst liegen. Auch das ist ein bemerkenswerter Fortschritt, und es kann daher mit Fug und Recht gesagt werden, daß die Londoner Konferenzen ein ermutigender Anfang für eine solide und fruchtbare Zusammenarbeit der demokratischen Sozialisation aller europäischen Länder gewesen ist.
Londoner Kundgebung für die deutsche Arbeiterwohlfahrt
Die zweite öffentliche Veranstaltung des Komitees "British Aid for German Workers", das seine tatkräftige Werbung für die deutsche Arbeiterwohlfahrt im Dezember mit einer Weihnachtsmesse in der Londoner "Vega" begonnen hatte, war eine Versammlung am 23. März in großen Saale des Friends House in London, an der etwa 500 Personen teilnahmen.
Der Vorsitzende des Komitees, der Labour-Abgeordnete Joe Reeves, konnte zahlreiche Begrüßungsschreiben verlesen, darunter Schreiben des Generalsekretärs der Labour Party, Morgan Philips, des britischen Ministers für Deutschland und Oesterreich, Lord Pakenham, und der Arbeiterwohlfahrt in New York.
Nach den einleitenden Worten des Vorsitzenden ergriff der ehemalige Generalsekretär der Labour Party, Jim Middleton, das Wort zu einer Ansprache,
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in der er an seine langjährigen Verbindungen mit deutschen Sozialisten erinnerte und ein Bekenntnis zu jenem internationalen Geiste der Sozialisten ablegte, der auch der Kriegspsychose nicht erlegen ist und dessen Weiterleben notwendig ist für eine bessere Zukunft. Middleton berichtete über seine Eindrücke von dem Besuch, den er Deutschland vor einigen Monaten abstattete und betonte, daß auch in Deutschland die Flamme des internationalen Geistes nicht erloschen ist.
Luftmarschall Champion de Crespigny[27], der frühere britische Gouverneur von Schleswig-Holstein, erwähnte in seiner Ansprache besonders das Flüchtlingsproblem, wobei er bemerkte, daß seine Erfahrungen mit der Flüchtlingsnot in Schleswig-Holstein zu den erschütterndsten Eindrücken seines Lebens gehören. Er appellierte an die Hilfsbereitschaft des englischen Publikums und wies darauf hin, daß nicht nur die Kinder in Deutschland, sondern gerade auch die Jugendlichen von 18 bis 25 Jahren, die besonders gefährdet sind, zu der Gruppe der Hilfsbedürftigsten gehören.
Nach ihm sprach Victor Gollancz. Er begann mit einer Betrachtung der politischen Entwicklung, die dazu geführt hat, das Problem Deutschland in neuem Lichte zu sehen. Die Politik der bedingungslosen Kapitulation sei endgültig erledigt. Der Marshallplan und der europäische Wiederaufbau könnten nur wirksam werden, wenn das westliche Deutschland als vollberechtigter und unentbehrlicher Teilnehmer am Wiederaufbau eines einigen Europa anerkannt werde.
Gollancz appellierte an die Versammlung, eine sofortige Geldsammlung für die deutsche Arbeiterwohlfahrt zu veranstalten. Die Sammlung erbrachte 150 Pfund.
An Stelle des erkrankten Vorsitzenden der SPD, Dr. Kurt Schumacher[28], hielt der gleichfalls zur Marshallplankonferenz der europäischen Sozialisten in London weilende 2. Vorsitzende der SPD, Erich Ollenhauer, die im Programm vorgesehene deutsche Ansprache an die Versammlung. Er dankte für die bewiesene Hilfsbereitschaft. Er betonte, daß private Hilfsaktionen zwar nicht in der Lage seien, die Not in Deutschland zu überwinden, daß aber die so geleistete Hilfe durch ihre moralische Wirkung besonderen Wert und Einfluß habe. Ollenhauer erinnerte an einen Ausspruch Kurt Schumachers, daß moralische Kalorien für Deutschland vielleicht noch wichtiger seien als Ernährungskalorien. Heute hätten die totalitären Kräfte die Krise des Kalten Krieges herbeigeführt. Durch systematische Verbreitung von Gerüchten über einen bevorstehenden neuen Weltkrieg suche man die Widerstandskraft der Verteidiger der Demokratie zu unterminieren. Dagegen, erklärte Ollenhauer, könne nur die positive und aufbauende Aktion des Westens helfen und in dieser Situation komme einer Hilfsaktion, wie sie das Komitee "British Aid for German Workers" durchführe, besondere Bedeutung zu.
Alle Ansprachen, besonders auch die von dem Labour-Abgeordneten Ashley Bramall ins Englische übersetzte Ansprache Ollenhauers, wurden von der Versammlung mit anhaltendem Beifall aufgenommen.
Zusammensetzung des Wirtschaftsrates
Die Zusammensetzung des jetzigen Wirtschaftsrates, der sich in seinem Mehrheitsverhältnis nicht von seinem Vorgänger unterscheidet, gibt der SPD keine Möglichkeit, ihre bisherige Oppositionsstellung aufzugeben. Dr. Victor Agartz, der Direktor des Verwaltungsamtes für Wirtschaft in Minden und Vertreter Nordrhein-Westfalens war, ist aus dem Wirtschaftsrat ausgeschieden; ein Vertreter bisher nicht gewählt.
1. Zahlenmäßige Zusammensetzung nach Zonen: | |
Britische Zone: |
58 Abgeordnete |
Amerikanische Zone: |
46 Abgeordnete |
Insgesamt: |
104 Abgeordnete |
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2. Zahlenmäßige Zusammensetzung nach Zonen und Parteien: | ||||||
Partei |
Britische Zone |
Amerikanische Zone |
Insgesamt | |||
SPD |
24 |
16 |
40 |
|||
CDU/DP[29] |
24 |
20 |
44 |
|||
FDP/LDP |
2 |
4 |
6 |
|||
Ztr. |
4 |
- |
4 |
|||
DVP |
- |
2 |
2 |
|||
WAV |
- |
2 |
2 |
|||
KP |
4 |
2 |
6 |
|||
Insgesamt |
58 |
46 |
104 |
3. Zahlenmäßige Zusammensetzung nach Ländern und Parteien: |
|||||||||
Britische Zone |
SPD |
CDU/DP |
KP |
FDP/LDP |
Ztr. |
Insgesamt | |||
Nordrhein-Westfalen |
10 |
12 |
4 |
2 |
4 |
32 |
|||
Niedersachsen |
8 |
8 |
- |
- |
- |
16 |
|||
Schleswig-Holstein |
4 |
2 |
- |
- |
- |
6 |
|||
Hamburg |
2 |
2 |
- |
- |
- |
4 |
|||
Insgesamt: |
24 |
24 |
4 |
2 |
4 |
58 |
Amerikanische Zone |
SPD |
CDU |
KP |
FDP/LDP |
DVP |
WAV |
Insgesamt | |||
Bayern |
6 |
12 |
[CSU] |
2 |
2 |
- |
2 |
24 |
||
Hessen |
4 |
4 |
- |
2 |
- |
- |
10 |
|||
Württemberg- Baden |
4 |
4 |
- |
- |
2 |
- |
10 |
|||
Bremen |
2 |
- |
- |
- |
- |
- |
2 |
|||
Insgesamt |
16 |
20 |
2 |
4 |
2 |
2 |
46 |
4. Namentliche Zusammensetzung, getrennt nach Parteien und Ländern:
H a m b u r g : SPD: Gustav Dahrendorf, Dr. Adam Remmele. CDU: Max Ketels[30], Hugo Scharenberg[31].
SPD: Johannes Cramer[32], Franz Hewusch[33], Wilhelm Kiesel[34], Lisa Korspeter, Herbert Kriedemann, Bruno Leddin[35], Willi Lücker[36], Dr. Joachim Schöne[37]. CDU: Dr. Wolfgang Bode/DP[38], Wilhelm Brese[39], Dr. Carl von Campe/DP[40], Christian Kuhlemann/DP[41], Dr. Hans Mühlenfeld/DP[42], Wilhelm Naegel[43], Dr. Paul Otto[44], Anton Storch[45].
SPD: Dr. Georg Berger[46], Bochum; Dr. Paul Bleis[47], Minden; Robert Daum[48], Wuppertal; Willi Eichler, Köln; Irmgard Enderle[49]; Franz Heinen[50], Bonn; Heinrich Hemsath[51], Münster; Hermann Herberts[52], Düsseldorf; Walter Hölkeskamp[53], Herne. CDU: Theodor Blank[54]; Albrecht Gehring[55]; Bernhard Günther[56]; Dr. Günther Henle[57]; Dr. Andreas Hermes; Dr. Friedrich Holzapfel[58]; Maria Niggemeyer[59], Dr. Rudolf Pferdmenges[60], Peter Schlack[61], Heinrich Strunk[62], Bernhard Winkelheide[63], Christian Wolf[64]. FDP: Franz Blücher[65], Dr. Fritz Oellers[66]. Z[en]tr[um]: Dr. Arno Burghatz[67], Josef Jacobs[68], Dr. Carl Spiecker[69], Dr. Friedrich Stricker[70]. KP: Ludwig Becker[71], Kurt Müller[72], Heinrich Niebes[73], Max Reimann[74]. |
S c h l e s w i g - H o l s t e i n: SPD: Anni Krahnstöver, Karl Schulze[75], Otto Voß[76], Dr. Robert Wohlers[77]. CDU: Dr. Hanno Schmidt[78], Detlev Struve[79]. B a y e r n : SPD: Valentin Baur, Anton Köhler[80], Dr. Gerd Kreyssig, Georg Reuter[81], Fritz Rupprecht[82], Walter Seuffert[83]. CSU: Dr. Fritz Dengler[84], Franz-M. Elzen[85], Fritz Floerl[86], Hugo Karpf[87], Wilhelm Kurhessen[88], Tusnelda Lang-Brumann[89], Alfons Loibl[90], Hans Schütz[91], Dr. Otto Seeling[92], Franz Josef Strauß[93], Dr. Otto Weinkampf[94], Dr. Max Zwicknagel[95]. FDP: Dr. E. Bungartz[96], Dr. Hans Wellhausen[97]. WAV: Erich Kuehne[98], Karl Quilling[99]. KP: Dr. Alfred Kroth[100], Fritz Sperling[101]. B r e m e n : SPD: Gerd von Heukelum, Heinz Meyer[102]. H e s s e n : SPD: Erich Altwein[103], Dr. Adolf Arndt[104], Willi Richter[105], Wilhelm Strahringer[106]. CDU: Heinrich Hohl[107], Peter Horn[108], Dr. Erich Köhler, Walter Siara[109]. LDP: August M. Euler[110], Heinrich Faßbender[111]. W ü r t t e m b e r g - B a d e n : SPD: Dr. Fritz Cahn-Garnier, Dr. Karl Heimerich[112], Dr. Karl Mommer, Erwin Schoettle. CDU: Dr. Georges Bauer[113], Josef Braun[114], Dr. A. Haffner[115], Theodor Kaufmann[116]. |
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Hamburger Wahl mit Hindernissen
Ueber die Konflikte bei der Wahl zum Wirtschaftsrat unterrichtet der nachfolgende Beitrag:
Die Wahl hat zwar durch die Bürgerschaft zu erfolgen, doch ist die Bürgerschaft nicht frei in der Auswahl, sondern an einen von der Militärregierung für die ganze Zone festgelegten Schlüssel gebunden. Danach waren zwei Vertreter, und zwar ein SPD- und ein CDU-Mann, zu wählen. Den örtlichen Stärkeverhältnissen der Parteien hätte es entsprochen, wenn von insgesamt vier Vertretern die SPD zwei und die CDU und die FDP je einen Vertreter erhalten hätten, so daß jetzt statt eines CDU-Mannes ein FDP-Mann hätte gewählt werden können. Einer dahin zielenden Forderung der FDP konnte jedoch nicht entsprochen werden, da die Verpflichtung bestand, außer einem SPD-Vertreter einen der CDU zu wählen.
Um den CDU-Vertreter gab es einen mehrstündigen Abstimmungs-, Geschäftsordnungs- und Paragraphenkampf, bei dem es sich darum drehte, ob die Bürgerschaft genötigt werden kann, einen Mann zu wählen, der ihr aus gewichtigen allgemeinen Gründen als nicht akzeptabel erscheint: nämlich den von der CDU vorgeschlagenen Rechtsanwalt, Zeitungslizenzträger, Senator a. D. und ehemaligen Treuhänder Dr. Bucerius[119]. Es war der CDU nahegelegt worden, einen anderen Vorschlag zu unterbreiten. Leider versagte die CDU sich einer solchen, in der parlamentarischen Geschichte nicht seltenen Anregung und beharrte starr auf ihrem Vorschlag. Die Folge war, daß aus der geheimen Wahl neben dem sozialdemokratischen Vertreter Dr. Adam Remmele, der 86 von 90 Stimmen erhielt, der Bankdirektor Scharnberg (CDU) mit 67 Stimmen als gewählt hervorging, während auf Dr. Bucerius nur 15 Stimmen entfielen.
Zunächst sah man allerlei verdutzte Gesichter in den Reihen der CDU. Zur Klärung der Situation wurde schließlich durch ausdrücklichen Beschluß der Bürgerschaft einstimmig festgestellt, daß die vorgenommene Wahl gültig sei! daß nach den vorangegangenen Diskussionen nun auch die CDU zustimmte, erweckte einige Heiterkeit. Sie wurde auch nicht dadurch gedämpft, daß in einer neuerlichen Bemerkung eines CDU-Redners zwar die Gültigkeit der Wahl bejaht wurde, aber die auf Herrn Scharnberg abgegebenen Stimmen als ungültige Stimmen bezeichnet wurden, woraus man folgerte, es sei also Dr. Bucerius mit seinen 15 Stimmen gewählt ... Für soviel Juristerei fehlte dem Hause das Verständnis, und so konnte Präsident Schönfelder nach fast dreistündigen Bemühungen des Hauses feststellen, daß er nun gemäß Beschluß der Bürgerschaft als weitere Vertreter Hamburgs im Wirtschaftsrat die Herrn Dr. Remmele (SPD) und Scharnberg (CDU) telegraphisch dem Präsidenten Köhler in Frankfurt melden könne.[120]
(Hamburger Echo, Hamburg, 13. Februar 1948)
Die Sozialdemokratie und der neue Wirtschaftsrat
Die nachfolgenden Gesichtspunkte bilden die Leitgedanken, die dem Referat des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD, Erich Ollenhauer, in seiner Rede vor dem Vorstand der SPD am 26. Januar in Kassel zugrunde lagen. Wir geben sie wieder, da sich verschiedentlich Unkenntnis über die Motive der SPD gezeigt hat.
Ist es richtig, in der Opposition zu bleiben?
Die Sozialdemokratische Partei steht seit Bildung des Wirtschaftsrates in der Opposition. In verschiedenen Kreisen sind Zweifel geäußert worden, ob diese Politik der Opposition durchgesetzt werden soll.
Die Gründe, die für eine Aufgabe der Opposition und ein Zusammenwirken mit anderen Fraktionen genannt werden, sind im wesentlichen:
1. Durch die Oppositionsstellung erfolgt die Ausschaltung der SPD beim Aufbau der Frankfurter Verwaltung. Eine reine CDU-Verwaltung werde geschaffen.
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2. Durch die ausschließliche CDU-Besetzung in der Frankfurter Verwaltung würden die sozialdemokratischen Wirtschaftsminister in den Ländern gezwungen, die CDU-Politik auszuführen, und mit dieser Politik belastet.
3. Bei den Entscheidungen im Frankfurter Wirtschaftsrat handle es sich im wesentlichen um eine Notgesetzgebung, bei der die dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung zur Debatte ständen, und deren Notwendigkeiten wir uns, wie die Praxis zeigt, doch nicht entziehen können. Es werde bei dieser Notgesetzgebung keine klare Scheidung zwischen Mehrheit und Opposition sichtbar.
Dagegen ist zu sagen, daß in allen entscheidenden Fragen eine bürgerliche Mehrheit gegen die SPD vorhanden ist. Eine Tatsache, die sich nicht hinwegdiskutieren läßt und die auch bei der Notstandsgesetzgebung in fast jedem Einzelfall sichtbar wird.
Es kann nicht geleugnet werden, daß für die Wirtschaftsminister in den Ländern durch die zentralen Anweisungen der CDU-Verwaltung Schwierigkeiten entstanden sind und auch in Zukunft entstehen werden. Derartige Schwierigkeiten hat es auch früher unter anderen Verhältnissen gegeben.
Der wesentliche Punkt, an dem keine ernsthafte Diskussion vorbeikommt, ist, daß es die Besatzungsmächte sind, die die Arbeitsmöglichkeiten der Länderregierungen in letzter Instanz beschränken, und nicht eine Opposition oder Regierungspolitik der SPD in Frankfurt.[121]
Opposition im Wirtschaftsrat heißt außerdem nicht die Anerkennung einer sozialistenfreien Verwaltung.
Gründe für Beibehaltung der Opposition
Alle Gründe für die Beibehaltung der Opposition in Frankfurt, die bei Schaffung des Wirtschaftsrats vorlagen, bestehen nach wie vor. Die wichtigsten sind:
1. Frankfurt ist nur ein Behelfsmittel der wirtschaftlichen Vereinigung der Doppelzone. Der Wirtschaftsrat soll auch nach unserem Willen kein Ersatzreichstag sein. Die Funktionen, die wir im Wirtschaftsrat zu erfüllen haben, sind damit nur Teilfunktionen der Partei, für die wir nicht eine auf das gesamte Deutschland gerichtete Politik opfern können, wenn wir nicht Deutschland und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands schädigen wollen.
2. Daraus folgert die Frage: Hätten wir bisher bei den nun einmal gegebenen Mehrheitsverhältnissen eine erfolgreiche sozialistische Politik durchsetzen können? Die Antwort lautet: Nein! Die bürgerliche Mehrheit hat noch "besser" (gegen das Volk) funktioniert, als wir befürchten mußten. Das ist nicht die Folge unserer Opposition, sondern die Folge der allgemeinen Verschärfung der Situation.
Diese Verschärfung, die von uns nicht gewollt ist, sondern uns aufgezwungen wurde, ist auf allen Gebieten sichtbar.
W i r t s c h a f t l i c h äußert sie sich in einer Verschärfung der sozialen Gegensätze in der hartnäckigen Behauptung der Besitz-Positionen, für die der Kampf der bürgerlichen Parteien gegen eine gerechte Bodenreform und eine gerechte Flüchtlingsgesetzgebung nur zwei der wichtigsten Beispiele sind.
S t a a t s p o l i t i s c h sehen wir die Verschärfung in der Herausstellung eines egoistischen Föderalismus, für den die bayrischen Föderalisten das stärkste und unerfreulichste Beispiel bieten.
N a t i o n a l zeigt sich die Verschärfung der Gegensätze im Kampf um die Demokratie. Die Demokratie wird nicht nur von kommunistischer
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Seite unterhöhlt, auch die Rechtsparteien schädigen durch Propagierung der Standesstaatsideen und ähnliches die demokratische Entwicklung.
I n t e r n a t i o n a l macht sich die Verschärfung in der dramatischen Zuspitzung der Situation besonders bemerkbar.
Die CDU setzt sich in allen Fragen eindeutig für den reaktionären Lösungen ein. Das wird besonders deutlich bei der Forderung nach einem föderalistischen Deutschland und nach den Besatzungs-Sicherungsplänen an der Ruhr.
Welche Gesichtspunkte immer man für sich oder im Zusammenhang betrachtet: Keiner gibt eine Basis für eine gemeinsame nationale Politik mit der CDU ab.
Der Einwand, daß die CDU ja keine einheitliche reaktionäre Masse sei, kann die vorgebrachten Argumente nicht entkräften. Es steht fest, daß bisher der rechte Flügel der CDU die Politik der CDU gemacht hat.
Freiheit des Handelns muß gewahrt bleiben
Wir kennen die Spannungen, die in der CDU vorhanden sind. Diese Spannungen sind eine echte Chance für eine sozialistische, fortschrittliche Lösung.
Aber diese Spannungen können nur unter der einen Voraussetzung zur Entladung kommen - die im Interesse des deutschen Volkes liegt -, daß wir unsere unabhängige Position beibehalten und unsere sozialistische Politik vertreten.
Niemand weiß, ob es in Deutschland gelingen wird, die Chance zu benutzen, die in dem Streben nach Sozialismus bei den christlichen Arbeitern und vielen Intellektuellen liegt. Die Entscheidung, ob diese Chance ausgenutzt werden kann, liegt nicht nur bei den Deutschen. Wir als Deutsche sind heute abhängig von mächtigeren Faktoren.
Aber eines ist sicher. Wir dürfen diese Chance der Schaffung einer sozialistischen freiheitlichen Mehrheit im deutschen Volke nicht selbst aufgeben. Wenn wir unter den heutigen Bedingungen in Frankfurt in eine Koalition mit der CDU gehen würden, würden wir diese Chance für Deutschland und die Partei im Prinzip aufgeben.
Unserer Politik wird noch ein anderer Einwand entgegengebracht, besonders von ausländischen Kräften: daß wir angeblich immer nur "nein" sagen. Darauf antworten wir der CDU, daß wir nicht dazu da sind, ihre für Deutschland und besonders die besitzlosen Deutschen schädliche Politik zu decken, und daß wir nicht dazu bereit sind, durch unser "Ja" ihre inneren Schwierigkeiten, die an Auflösung grenzen, auf uns übertragen zu lassen. Gegenüber Einwänden dieser Art antworten wir: Die materielle und die nationale Not schafft große Belastung für die einzelnen und die Mehrheit der proletarisierten Massen. Diese Not ist nicht mit taktischen Mitteln zu lösen. Sie muß grundsätzlich und strategisch angegriffen werden. Es gibt nur die eine demokratische und sozialistische Lösung. An ihr müssen wir bis zum Endsieg festhalten.
Wir haben uns bis jetzt die Freiheit des Handelns bewahrt. Wir müssen Sorge tragen, jetzt nicht in einen Stellungskrieg in Frankfurt hineinmanövriert zu werden. Wir müssen in der Lage sein, den Zeitpunkt und den Ort unseres sozialistischen Vorstoßes selbst zu bestimmen.
Vielleicht haben wir bald allgemein Wahlen im Westen Deutschlands. Wir müssen in diesen Wahlkampf mit unseren sozialistischen Forderungen gehen, weil sie für Deutschland zugleich die einzigen echten nationalen Forderungen sind.
Wir ziehen die Schlußfolgerung, daß wir an unserer Oppositionshaltung in Frankfurt unter den heute gegebenen Umständen festhalten sollten. Das heißt nicht, daß wir abseits stehen. Es heißt, daß wir aktiv Opposition betreiben
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müssen. In der Praxis bedeutet das, daß wir nicht bereit sind, gemeinsam mit der bürgerlichen Reaktion ein verantwortliches Amt in der Verwaltung zu übernehmen, daß wir aber im Interesse des Volkes bereit sind, im Wirtschaftsrat eine aktive sozialistische Politik zu treiben. Eine Oppositionspolitik, die immer nur die Vorbereitung auf die sozialistische Verwaltung und Regierung von morgen ist.
(Eigenbericht)
Sozialistische Marshall-Plan-Konferenz
Während sich die Kommunisten, unter Führung der "Kominform" und in Anlehnung an ihre alte "Verelendungstheorie", anschicken, den Marshall-Plan und den Wiederaufbau Europas zu stören und Europa für die SU durch Inszenierung von Streiks, Sabotage u. a. sturmreif zu schlagen, haben sich die sozialistischen Parteien Europas zur konstruktiven Mitarbeit entschlossen.
Deutschland und Oesterreich beteiligt
Die Labour Party wird die sozialistischen Parteien der am Marshall-Plan beteiligten Länder einschließlich Deutschlands und Oesterreichs zu einer Konferenz einladen. Gemäß den Wünschen der Labour Party beschloß der Ausschuß der Internationalen Sozialistenkonferenz, nicht selber die Initiative zur Einberufung dieser Konferenz zu ergreifen, da dies zu einem Konflikt mit den osteuropäischen Parteien führen würde, deren Einstellung zum Marshall-Plan von derjenigen der Mehrheit der sozialistischen Parteien abweicht.
( "Arbeiter-Zeitung"[122], Wien, 11. Januar 1948)
Der Vorstand der Labour Party und der Generalrat des Gewerkschaftskongresses debattierten gestern in ihrer monatlichen Sitzung die von ihnen zum nächsten Monat einberufene internationale Konferenz bezüglich des Europa-Hilfsprogramms. Beide Vorstände werden die geheime Abhaltung ihrer Konferenz empfehlen.
( "Times", London, 26. Februar 1948)
Obwohl sie formell kein Teil des Verfahrens des Internationalen Komitees vorstellt, wird die Welt diese Entscheidung als eine herausfordernde Art auslegen, der Kominform und allen ihren Mitläufern den Fehdehandschuh hinzuwerfen. Sie bedeutet, daß die Sozialdemokratie entschlossen ist, sich als eine positive und zusammenhängende politische Macht fühlbar zu machen, die frei ist von den Hemmungen und Aktionskontrollen, die hervorgerufen werden bei dem Versuch, sich widersprechende politische Meinungen und Ziele zu versöhnen. Theoretisch bleibt die ruhige Oberfläche des internationalen Sozialismus glatt und unberührt, aber tatsächlich wird die europäische Sozialdemokratie aufgefordert, sich klar zu entscheiden, wie weit sie gewillt ist, sich an der Beseitigung der wirtschaftlichen Zerstörungen Europas zu beteiligen bzw. was sie hierfür zu tun bereit ist.
( "Manchester Guardian", Manchester, 12. Januar 1948)
Schon jetzt hat die Labour Party Hand in Hand mit der französischen Partei die Führung in der Einladung aller der sozialistischen Parteien übernommen, die dafür in Betracht kommen, die europäische Zusammenarbeit in dieser Frage innerhalb der Organisation des Marshall-Planes zu besprechen. Solch eine praktische Initiative zur Erreichung eines aufbaufähigen Uebereinkommens, gegründet auf wirklichen und sofortigen Entscheidungen, bewirkt tausendmal mehr als utopische Pläne für ein vereinigtes Europa, das zu einem falschen Ziele unter Mißachtung und Verkennung der politischen und wirtschaftlichen Wandlung Europas, die seit dem ersten Weltkrieg eingetreten ist, startet.
( "Forward"[123], Glasgow, 7. Februar 1948)
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Die neue Weltrolle des Sozialismus
Der Ort wird London sein. Die Zeit der 21. März. Das Ergebnis wird eine Konferenz der sozialistischen Führer aller jener Länder sein, die von dem Marshall-Plan Nutzen ziehen. Das Ergebnis? Keiner kann genau sagen, welches das Ergebnis sein wird. Aber sie könnte eine Entdeckung sein, mit tiefen Komplikationen für die westliche Zivilisation.
Diese Entdeckung dürfte zwei weitverbreitete Mißverständnisse über die Beziehungen des Sozialismus zum Kapitalismus und Kommunismus zerschlagen. Diese Mißverständnisse werden auf der einen Seite von Leuten gehegt, welche den Sozialismus ablehnen, und auf der anderen Seite von Leuten, welche den Sozialismus begrüßen.
Das erste und einfachste Mißverständnis ist das, daß der Sozialismus, wie er in England, Frankreich und anderen westeuropäischen Nationen projektiert ist, daßelbe ist wie der Kommunismus oder doch mindestens direkt dorthin führt. Die andere, etwas verwickelte Annahme ist die, daß der Sozialismus eine Brücke bilden kann zwischen dem Kapitalismus und dem Kommunismus, die es ermöglicht, beide Systeme zusammenzubringen, um voneinander zu lernen.
Das sozialistische Treffen in London findet gerade deshalb statt, weil Sozialismus und Kommunismus nicht dasselbe sind, sondern gerade entgegengesetzte Kräfte bilden. Es findet auch deshalb statt, weil alle Anstrengungen, die gemacht worden sind, die Kluft zwischen den kapitalistischen Ländern und dem kommunistischen Rußland - einschließlich einer Einladung an Rußland und seine Satelliten, am Marshall-Plan teilzunehmen - gescheitert sind. Der westliche Sozialismus hat sich innerhalb des Rahmens demokratischer Regierungen entwickelt. Der Kommunismus hat nur das eine eiserne Regiment durch das andere ersetzt.
Der heutige Sozialismus in England ist denselben politischen Kontrollen unterworfen, welche diese Nation durch Jahrhunderte hindurch zur Demokratie geleitet haben. Er fordert diese Kontrollen auch nicht heraus, obgleich er innerhalb ihrer Grenzen seinen Einfluß so weit wie möglich auszudehnen versucht. er ist jedoch nicht gekommen, weil politische oder soziale Probleme es erforderlich machen, sondern oft deshalb, weil wirtschaftliche Probleme, die keine andere Lösung zu haben scheinen, wie z. B. im britischen Bergbau, es erforderlich machten.
In Frankreich sind heute die Sozialisten die Hauptstütze der Vierten Republik. Sie halten ihre Bastionen einerseits gegen den Gaullismus und andererseits gegen den Kommunismus.
Es ist leicht, sich zu erinnern, daß einige der einflußreichsten Amerikaner sich entweder im offenen Rampenlicht offen gegen eine Anleihe an England aussprachen oder hinter den Kulissen gegen eine solche Anleihe propagierten, weil eine solche Anleihe den Sozialismus unterstützen würde. Einige Einwendungen gegen den Marshall-Plan stehen heute auf derselben Ebene. Die europäischen Sozialisten werden sich wahrscheinlich als die zuverlässigsten Verbündeten der USA gegen den Kommunismus entpuppen.
Die Ereignisse seit dem historischen 5. Juni, an dem der Staatssekretär Marshall[124] in der Harvard-Universität über einen Selbsthilfeplan für Europa sprach, haben diese Meinung bestätigt. Kürzliche Reden des englischen Premiers Attlee und anderer britischer Führer haben sie noch unterstrichen. Gestern oder vor zwei Tagen ist sie sorgfältigst in Form einer 17bändigen Analyse der Außenpolitik für den Kongreß ausgearbeitet worden und durch das Staatsdepartment überreicht worden. Die Londoner Sozialistenkonferenz dürfte in der Lage sein, diesen Punkt widerspruchslos aufzuklären. Wenn sie es kann, dann wird sie der westlichen Gesellschaft in dem kritischen Moment ihrer Geschichte einen sehr notwendigen Bestandteil der Einheit einflößen.
( "The Christian Science Monitor"[125], Boston, 16. Januar 1948)
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Eine internationale Kundgebung
Dr. Kurt Schumacher, der Ende März anläßlich der Zusammenkunft der Sozialisten der Marshall-Plan-Länder in London weilt, wird am 23. März auf der ersten öffentlichen Kundgebung des englischen Zweiges der Arbeiterwohlfahrt (British Aid for German Workers) sprechen. Als weitere Sprecher dieser im Hause der Quäker vorgesehenen Großkundgebung sind der britische Verleger Victor Gollancz, der französische Sozialist Grumbach und andere bekannte Sozialisten vorgesehen.
( "DPD", Hamburg, 23. Februar 1948)
Kampf um den Weltgewerkschaftsbund
In London tagten, unter Beteiligung der Vertreter der westdeutschen Gewerkschaften, die Gewerkschaftsvertreter aller am Marshall-Plan beteiligten Länder. Der FDGB für Berlin und die Ostzone hat, getreu seinem russischen Auftrag, die Konferenz zu sabotieren versucht und hat sich somit erneut gegen einen Wiederaufbau Europas und zugleich gegen den gewerkschaftlichen Einfluß auf die westdeutsche Entwicklung gestemmt. Die Verschiedenheit der deutschen Einstellung ist nur ein Abklatsch der Situation im WGB, die am Marshall-Plan ihren Prüfstein gefunden hat.
Es sind jetzt seit dem Februar 1945 ziemlich genau drei Jahre vergangen, seit durch die Initiative des damaligen Generalsekretärs des Britischen Gewerkschaftsbundes (TUC), des nunmehrigen Lord Citrine, jene internationale, oder treffender gesagt interalliierte Gewerkschaftskonferenz der Vereinten Nationen nach London einberufen wurde, die zum unrühmlichen Ende einer geschichtlichen Epoche internationaler Gewerkschaftsarbeit werden sollte. Nach London kamen nicht in erster Linie die Vertreter echter, wirklicher Gewerkschaftsorganisationen (sie waren in einer hoffnungslosen Minderheit!), sondern vor allem die Delegierten sogenannter antifaschistischer Organisationen der Arbeiterklasse. Es genügte, die von Tito gesandten jungen jugoslawischen "Gewerkschaftskollegen" in Uniform mit sporenklirrenden Reitstiefeln in den Kongreßräumen zu sehen, um zu wissen, daß die Russen mit ihrer 22-Millionen-Organisation zu dieser Konferenz "politische" Truppen gemustert und als "Gewerkschaftler" firmiert hatten, die in ihrem Leben noch nie etwas von Gewerkschaften gehört hatten.
Von der sachlichen Arbeit zur "Strategie"
Auf dem letzten Internationalen Gewerkschaftskongreß vor Kriegsausbruch, 1939 in Zürich, hatte der IGB noch fast einstimmig abgelehnt, die russischen Gewerkschaften aufzunehmen, weil sie keine unabhängige, freie, sondern eine staatliche Zwangsorganisation darstellen, die den faschistischen Korporationen Mussolinis und der Deutschen Arbeitsfront Hitlers gleichzusetzen war. Der Krieg führte - keineswegs zwangsläufig! - zu einer Gewerkschaftsstrategie, die mit der Preisgabe von Prinzipien bezahlt wurde, die sich notwendigermaßen als lähmend für jede wirkliche Gewerkschaftsarbeit erweisen mußten.
Es folgte im September 1945 in Paris eine zweite Konferenz, die mit der sang- und klanglosen Liquidierung und der Gründung des Weltgewerkschaftsbundes (WGB) endete.
Der amerikanische Gewerkschaftsbund (AFL) war die einzige konsequente Organisation der Welt, die dem WGB nicht beitrat. Da der WGB ein politisches Instrument falsch verstandener Gewerkschafts-"Demokratie" von Anfang an war, blieb er notwendigerweise unfähig, gewerkschaftliche Entscheidungen zu treffen. Die Sitzungen des WGB glichen haarscharf genau den ergebnislosen Sitzungen der Außenminister der "Großen Vier".
( "Süddeutsche Zeitung"[126], München, 31. Januar 1948)
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Wirtschaftliche Gesundung oder politische Macht
Hinter all diesen jedoch steht ein Problem: Die sowjetischen Gewerkschaften und ihre Regierungsstellen fürchten die Rückwirkung der europäischen wirtschaftlichen Erholung auf die Macht der Kommunisten. CIO[127] und TUC dagegen glauben, daß der europäische Wiederaufbau notwendig ist für das freie Leben, für das sie arbeiten und dem sie sich verschrieben haben. Mit seiner Kriegserklärung an das europäische Hilfsprogramm bedroht der Kreml die Existenz jener Gewerkschaften, die das ERP unterstützen. Diejenigen Freien Gewerkschaften wiederum, die sich für die Europahilfe ausgesprochen haben, sind sich der Tatsache wohl bewußt, daß der Erfolg dieses Planes viel dazu beitragen würde, den Kommunisten den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
Genau wie auf anderen Gebieten, ist bei den Gewerkschaften ein Kampf zwischen den Gruppen im Gange, die das Chaos als Vorstufe zum Kommunismus herbeiführen [wollen], und jenen, die sich für Ordnung und wirtschaftlichen Wiederaufbau als Bedingung für ein Conditio sine qua non eines friedlichen sozialen Fortschritts entschieden haben. Dies war besonders im vergangenen Winter in Frankreich ersichtlich, wo die Kommunisten erfolglose Streiks ausriefen, um die französische Wirtschaft in Unordnung zu bringen.
Das Ergebnis war, daß die französische Arbeiterbewegung sich in die kommunistische CGT und in die freie "Force Ouvrière" aufspaltet. Die gleiche Situation ergab sich kürzlich in Belgien und Holland, wo die Freien Gewerkschaften die von den Kommunisten inspirierten Streiks als gegen die Arbeiter gerichtet ablehnten. Ihre Antwort bestand darin, daß sie diese von den führenden Posten in der Gewerkschaftsbewegung entfernten. In Italien spitzt sich der gleiche Konflikt zu. Auch der amerikanische CIO und der britische TUC mit ihrer klaren demokratischen Mehrheit sind durch diese Divergenzen nicht unberührt geblieben und haben begonnen, ihre Reihen von Kommunisten zu befreien.
( "Die Neue Zeitung"[128], München, 4. März 1948)
Der Marshall-Plan ist zum Prüfstein für die internationale Orientierung der Arbeiterbewegung in der ganzen Welt geworden. Jedes Schwanken, ja sogar jedes Abwarten in dieser Frage, spielt denjenigen in die Hände, die durch die Untergrabung und Sabotage des Marshall-Plans die Voraussetzungen für die Einführung der totalitären "Demokratie neuen Stils" nach rumänischem und polnischem Muster in den westeuropäischen Ländern schaffen möchten.
Diese neue Lage bedeutet den völligen Zusammenbruch der Illusionen derjenigen demokratischen Gewerkschaftler, die glaubten, durch Zusammenarbeit im Rahmen des WGB die Vertreter des Sowjettotalitarismus "zähmen" zu können oder sich wenigstens gegen ihre Angriffe zu schützen. Angesichts der Schaffung der Kominform würde eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nichts anderes bedeuten, als daß die demokratischen Gewerkschaftler die kommunistische Politik im WGB zu decken und zu billigen haben, während die Kominform gleichzeitig die Möglichkeiten, die ihr die Zusammenarbeit innerhalb des WGB bietet, dazu ausnützt, um diese selben demokratischen Elemente in der Gewerkschaftsbewegung zu zersplittern und zu vernichten.
( "Internationale Freigewerkschaftliche Nachrichten"[129], New York, Dezember 1947)
Zwischen einer Reihe westeuropäischer und amerikanischer Gewerkschaftsverbände finden zur Zeit Verhandlungen statt, die auf die Schaffung einer von kommunistischen Einflüssen freien internationalen Gewerkschaftsorganisation abzielen. Die Anregung dazu ging von den belgischen Gewerkschaftsverbänden aus. Ihren stärksten Rückhalt wird die neue Gewerkschaftsinternationale in den
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Vereinigten Staaten finden in der über 8 Millionen Mitglieder umfassenden American Federation of Labor (AFL) und dem Congress of Industrial Organizations (CIO). Die beiden amerikanischen Gewerkschaftszentralen mit ihren 15 Millionen Mitgliedern werden sich voraussichtlich in der neuen Gewerkschaftsinternationale zusammenschließen.
( "Die Freiheit", Mainz, 16. Januar 1948)
Die Zeiten des Isolationismus sind vorbei. Nicht nur kann unter den gegenwärtigen Umständen ein amerikanischer Isolationismus gar nicht in Frage kommen. Auch eine englische oder französische Politik, die darauf abzielte, sich aus dem gegenwärtigen weltenweiten Konflikt zwischen Demokratie und Totalitarismus herauszuhalten, wäre ebenso selbstmörderisch. Dem Zusammenwirken der demokratischen Kräfte der Welt können gewiß nicht die besonderen Auffassungen Amerikas, Englands, Frankreichs oder irgendeines anderen einzelnen Landes - sei es auch noch so wichtig - zugrunde gelegt werden. Die gemeinsamen Prinzipien und gemeinsamen Interessen der Demokratie aller Länder sind die einzige sichere Grundlage eines solchen Zusammenwirkens. Der internationale Wiederaufbau, der Triumph der Demokratie und der dauerhafte Friede können nicht durch Sonderaktionen einzelner Länder, sondern nur durch eine gemeinsam ausgearbeitete und gemeinschaftlich durchgeführte Politik erreicht werden.
( "Internationale Freigewerkschaftliche Nachrichten", New York, Dezember 1947)
Die offizielle Auflösung des Weltgewerkschaftsbundes wird in amerikanischen diplomatischen und Gewerkschaftskreisen für Oktober erwartet, wie aus einer Meldung des Washingtoner Korrespondenten der "New York Times" hervorgeht. Man hält es für wahrscheinlich, daß die Gewerkschaftsbünde von Großbritannien, Amerika und einigen anderen Ländern die Beitragszahlungen an den Weltgewerkschaftsbund einstellen werden.
Eine erhebliche Mehrheit der britischen Gewerkschaftsmitglieder wird nach Auffassung der "New York Times" hinter ihrer Gewerkschaftsführung stehen, wenn die Engländer oder Amerikaner den Bruch mit dem Weltgewerkschaftsbund vollziehen.
( "DPD", Hamburg, 10. Februar 1948)
Gewerkschaftskonferenz zum Marshall-Plan
Auf Einladung der britischen, belgischen, holländischen und luxemburgischen Gewerkschaften fand am 9. und 10. März 1948 in London eine Gewerkschaftskonferenz der am Europahilfsplan beteiligten Länder statt. In ihr waren insgesamt 56 Delegierte von 28 Organisationen aus 17 Ländern vertreten. Unter ihnen als Beauftragte der drei Westzonen die Kollegen Hans Böckler (britische Zone), Willi Richter (US-Zone), und Adolf Ludwig[130] (franz. Zone).
( "Der Bund"[131], Hannover, 27. März 1948)
Die Konferenz wurde von der derzeitigen Präsidentin des englischen Gewerkschaftsbundes, Miss Florence Hancock[132], die einstimmig zur Vorsitzenden der Konferenz gewählt wurde, mit der Feststellung eröffnet, daß diese nur beratenden Charakter habe und keine bindenden Beschlüsse fassen könne.
Als Diskussionsgrundlage fanden die Konferenzteilnehmer eine Reihe sorgsam vorbereiteter Dokumente vor, deren Besprechung den ganzen ersten Konferenztag in Anspruch nahm. Alle Redner sprachen sich befürwortend für den Marshall-Plan aus und legten dar, daß ihre Länder sich außerstande sähen, die vom Krieg aufgeworfenen wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Probleme ohne fremde Hilfe zu lösen. Desgleichen bedauerten fast alle Redner, daß die mit dem Marshall-Plan verbundenen Fragen nicht innerhalb des Weltgewerkschaftsbundes diskutiert werden konnten, wobei aber die meisten zum Ausdruck brachten, daß die heutige Scheidung der Welt in zwei Blöcke von den Gewerkschaften nicht als vollendete
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Tatsache hingenommen werden dürfe und daß die amerikanische Hilfe weiter allen Ländern offen stehen müsse, die sich an ihr zu beteiligen wünschen.
( "Das Volk"[133])
Die Delegierten der internationalen Gewerkschaftskonferenz in London müssen zu zwei wichtigen Entschließungen Stellung nehmen, die von zwei Ausschüssen vorbereitet wurden.
Die eine Entschließung befaßt sich mit der Bildung eines ständigen internationalen Verbindungsausschusses der Gewerkschaften. Die zweite Entschließung ist eine grundsätzliche Stellungnahme der Gewerkschaftsorganisationen zum Marshall-Plan und seiner Durchführung. Sie teilt sich in drei Punkte:
1. Drei amerikanische Gewerkschaftsorganisationen, die CIO, die AFL und die Vereinigte Bergarbeitergewerkschaft[134] übernehmen die Garantie dafür, daß der Marshall-Plan in ausreichendem Umfang zur Durchführung gelangt. Sie versprechen gleichzeitig, die Rolle des "amerikanischen Wachhundes" für ihre europäischen Kameraden zu übernehmen und dafür zu sorgen, daß an die amerikanische Hilfeleistung keine politischen Bedingungen geknüpft werden.
2. Die internationalen Gewerkschaftsorganisationen fordern, daß sie sowohl auf internationaler Ebene wie in ihren Heimatländern an der Durchführung des Marshall-Planes beteiligt werden.
3. Der wirtschaftliche Wiederaufbau Westeuropas und die amerikanischen Hilfeleistungen dürfen nach Auffassung der Gewerkschaften die Teilung Europas in eine östliche und eine westliche Hälfte unter keinen Umständen vertiefen.
( "DPD", Hamburg, 10. März 1948)
"Die Konferenz hat die Grundprinzipien der gegenwärtigen amerikanischen Vorschläge untersucht und sich dabei überzeugt, daß mit dem amerikanischen Hilfsangebot keinerlei unannehmbare Bedingungen verknüpft sind und insbesondere keinerlei Einmischung in die inneren Angelegenheiten irgendeines am Plan beteiligten Landes vorgesehen ist", so lautet ein anderer wichtiger Punkt der Erklärung.
Entscheidender aber als diese programmatischen Feststellungen dürfte es sein, daß die Konferenz organisatorische Maßnahmen traf, um eine ständige, enge Verbindung zwischen der organisierten Arbeiterschaft der am Wiederaufbauplan beteiligten Länder und mit den mit der Plandurchführung betrauten nationalen und übernationalen Organisationen sicherzustellen. Die organisatorische Maßnahme besteht in der Schaffung des zehnköpfigen "Ständigen gewerkschaftlichen Beratungsausschusses für den europäischen Hilfsplan".
Der Beratungsausschuß stellt zweifellos ein neues internationales Gewerkschaftsorgan von höchster Bedeutung dar. Das geht schon aus seiner Zusammensetzung und den dabei angewandten Gruppierungen hervor. Die beiden großen Gewerkschaftszentralen der Vereinigten Staaten haben je einen Sitz im Ausschuß, Großbritannien und Irland und die skandinavischen Länder sowie die Benelux-Staaten haben demgegenüber jeweils nur einen Sitz.
Dem "Gewerkschaftlichen Hilfsplan-Ausschuß", dessen Sekretariat sich in London befindet, wurde die wichtige Aufgabe gestellt, die Gewerkschaftsbewegungen sämtlicher am Hilfsplan beteiligten Länder laufend über die Entwicklung zu unterrichten. Er ist auch berechtigt, jederzeit eine neue internationale Konferenz einzuberufen und deren Zusammensetzung zu bestimmen.
Unter seinem aktiven Vorsitzenden, dem holländischen Gewerkschaftler Kupers[135] dürfte der neue Ausschuß sich den ihm gestellten Aufgaben gewachsen erweisen.
( "Frankfurter Rundschau", Frankfurt, 20. März 1948)
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Deutsche Gewerkschaften wieder international gleichberechtigt
Dr. Hans Böckler, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der Britischen Zone, ist auf der Internationalen Gewerkschaftskonferenz zur Förderung des Marshall-Plans, die heute nach zweitägigen Beratungen in London erfolgreich ihren Abschluß fand, in einen "Beratenden Gewerkschaftsausschuß für das europäische Wiederaufbauprogramm" gewählt worden.
Die volle Anerkennung der deutschen Gewerkschaften als gleichberechtigte Kräfte von den großen westlichen Gewerkschaftsverbänden war eines der wichtigsten praktischen und moralischen Ergebnisse der Konferenz. Deutsch wurde neben Englisch und Französisch wiederum als gleichberechtigte Verhandlungssprache auf internationalen Gewerkschaftszusammenkünften anerkannt.
Bedeutung der internationalen Verbindung
"Es war das erstemal", so erklärte Dr. Böckler, "daß deutsche Gewerkschafter seit Kriegsschluß an einer solchen Konferenz teilgenommen haben."
Angesichts der Wichtigkeit des Marshall-Plans für die künftige Prosperität Westeuropas und Deutschlands gab Dr. Böckler seiner besonderen Genugtuung darüber Ausdruck, daß die Mitgliedschaft Deutschlands in dem Ausschuß die Gelegenheit bieten wird, als gleichberechtigter Partner bei der Lösung wirtschaftlicher Fragen mitzuarbeiten.
Willi Richter und Adolf Ludwig gaben der Meinung Ausdruck, daß die Haltung der beiden großen amerikanischen Gewerkschaftsverbände, der "American Federation of Labor" und des "Congress of Industrial Organisations", die beide zum ersten Mal als engste Mitarbeiter, statt als Rivalen, an einer internationalen Gewerkschaftskonferenz teilnahmen, für die Zukunft der deutschen Grundindustrien von großer Bedeutung sein kann.
( "Die Welt", Hamburg, 11. März 1948)
Die sachliche Diskussion, an der sich die Vertreter aller Länder beteiligten, ergab völlige Uebereinstimmung in bezug auf die Notwendigkeit und Nützlichkeit der Hilfsleistungen, und ebenso wurde die unbedingte Notwendigkeit einer Einschaltung der Gewerkschaften bei der Durchführung des Planes erkannt.
( "Der Bund", Hannover, 27. März 1948)
Volksabstimmung über Rheinstaat?
Das Ziel der CDU dürfte klar sein. Man will einen Staat mit absoluter katholischer Mehrheit schaffen, der unter Berufung auf die Wahrung "christlicher Belange" einen schützenden Wall gegen alle Sozialisierungsbestrebungen der Sozialdemokraten bildet. Da man weiß, daß die Sozialdemokratie dieses Ziel längst durchschaut hat, lanciert man jetzt seit einigen Tagen die Idee einer "rheinischen Volksbefragung". Besonders aus dem nördlichen Teil des Landes Rheinland-Pfalz erhalten wir Informationen, die diese Vermutung bestätigen.
( "Die Freiheit", März, 12. März 1948)
Auch damals glaubten in den Rheinlanden verschiedene Leute, man müsse Vorschläge machen, um eine Neugliederung Deutschlands herbeizuführen. Die republikanisch-demokratische Reichsgewalt war manchen Herren recht unangenehm. Es waren Kreise in Köln, die (nach der Londoner 'Times' vom 11. Januar 1919) in der "Kölnischen Volkszeitung" Pläne einer Unabhängigkeit des Rheinlandes zu erörtern begannen. Die "Kölnische Volkszeitung" hat damals die Aufteilung Deutschlands empfohlen, und zwar verlangte sie eine Rheinisch-Westfälische Republik, umfassend die Rheinprovinz, Westfalen, Hessen-Nassau, das
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Großherzogtum Hessen und die Rheinpfalz. Die "Frankfurter Zeitung" hat seinerzeit gemeint, diese Republik würde eine vorwiegend katholische Republik sein. Eine solche westliche Republik würde tatsächlich die Vorherrschaft über Deutschland ausüben, denn der Westen habe Kohlen und Erze. Durch eine Rheinisch-Westfälische Republik und durch eine Donau-Republik einschließlich Deutsch-Oesterreichs würden alle Vorbedingungen gegeben, daß das römisch-katholische Zentrum Deutschland vollständig beherrschen könne. Die "Frankfurter Zeitung" hat damals gegen diese Politik als kurzsichtig, selbstsüchtig und als reine Parteipolitik protestiert.
( "Rhein-Echo", Düsseldorf, 16. März 1948)
Ein bezeichnender Interessentenkreis
Der Vorschlag Dr. Adenauers, ist das Ergebnis von zahlreichen Verhandlungen, die in den vergangenen Wochen zwischen führenden Persönlichkeiten der CDU in Rheinland-Pfalz und Rheinland-Westfalen stattgefunden haben. An diesen Verhandlungen, die größtenteils im Kloster Maria-Laach abgehalten wurden, nahmen verschiedentlich auch französische Offiziere und Mitglieder des elsässischen Klerus teil. Die letzte dieser Sitzungen fand am Samstag, dem 28. Februar, statt.
Auf dieser Sitzung wurde vor allem darüber beraten, wie man die Wachsamkeit der Sozialdemokraten in Rheinland-Pfalz einschläfern könne. Das Ergebnis dieser Beratungen war die Festlegung auf einen Artikel, den der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Dr. Altmeier[136], im "Rheinischen Merkur" veröffentlichen sollte. Dieser Artikel liegt jetzt vor und besagt, daß die rhein-pfälzische CDU im Prinzip gegen den Vorschlag Adenauers nicht einzuwenden habe, daß sie jedoch den Zeitpunkt für eine solche Zusammenlegung noch nicht für gekommen halte. Gegebenenfalls können entscheidende Beschlüsse von den jetzigen Landtagen gefaßt oder durch Volksabstimmungen herbeigeführt werden.
Zunächst herrscht über die großen Gesichtspunkte, nach denen die Länderbildung erfolgen soll, erhebliche Meinungsverschiedenheit. Die einen führen wirtschaftliche oder verkehrsgeographische, die anderen kulturelle oder stammesmäßige, die dritten geschichtliche Gesichtspunkte ins Feld, die alle ihre gewisse Berechtigung haben, jedoch zu recht verschiedenen Ergebnissen führen. Angesichts dieser mangelnden Einheitlichkeit der Auffassungen sowie angesichts der sonstigen aktuellen politischen und wirtschaftlichen Aufgaben erscheint es fraglich, ob jetzt schon der Zeitpunkt gekommen ist, das Problem der territorialen Neugliederung Deutschlands in Angriff zu nehmen. Der vordringlichste Wunsch des Volkes in West- und Süddeutschland ist zunächst einmal auf die Bildung der Trizone gerichtet.
Nächst der Beseitigung der Zonengrenzen dürfte die Frage der Schaffung einer deutschen Bundesverfassung von besonderer Wichtigkeit sein. In dieser künftigen deutschen Bundesverfassung muß das föderalistische Prinzip fest verankert werden, indem durch eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern die Existenz selbständiger deutscher Länder überhaupt garantiert und den Ländern maßgebender Einfluß auf die Bildung des politischen Gesamtwillens des Bundes eingeräumt wird. Es wird zur gegebenen Zeit die Aufgabe des rheinischen Volkes zwischen Basel und Emmerich sein, die staatsrechtliche Formung seines politischen und kulturellen Lebensraumes vorzunehmen, die seinen föderalistischen Traditionen, seinen Wünschen und Bedürfnissen entspricht.
( "Rheinischer Merkur"[137], Koblenz, 13. März 1948)
Es ist ohne Zweifel das Bemühen der CDU von Rheinland-Pfalz, mögliche Oppositionsbestrebungen gegen die katholischen Rheinstaat-Pläne zu neutralisieren. Man konstruiert zu diesem Zweck einen angeblichen Widerspruch zwischen Adenauer und Altmeier, der bei genauerer Betrachtung jedoch gar kein Widerspruch ist.
(Eigenbericht)
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Von anderer Seite erfahren wir, daß die Kreise um den "Rheinischen Merkur" in Holland, Luxemburg, aber auch in Frankreich für die Idee einer Volksbefragung über die Bildung eines katholischen Rheinstaates Stimmung machen.
( "Die Freiheit", Mainz, 12. März 1948)
Eine Gefährdung der deutschen Zukunft
Wir sind davon überzeugt, daß Dr. Adenauer genau weiß, daß die Heranholung der fünf französisch besetzten Regierungsbezirke ihre Konsequenzen für das jetzige Land Nordrhein-Westfalen haben würde. Die Folgen müßten den französischen Wünschen nach einem besonderen Status für die Rheinlande und einer Internationalisierung der Ruhr mit entsprechend großem französischen Einfluß von größtem Nutzen sein. Daß diese Wünsche nur auf Kosten und zu Lasten des deutschen Volkes befriedigt werden können, weiß Dr. Adenauer. Aber die Herrschaft der CDU ist ihm wichtiger als alles andere. Die Sozialdemokratische Partei wird dementsprechend diesen Kampf gegen eine politische Vorstellungswelt aufnehmen, deren Verwirklichung die entscheidende Gefährdung der deutschen Zukunft sein müßte.
( "Das freie Wort"[138], Düsseldorf, März 1948)
Opposition in der Sozialistischen Einheitspartei
In Kreisen früherer Sozialdemokraten, die 1946 zur SEP gingen und heute zum Teil leitende Stellen in der Berliner Kommunalverwaltung und den Bezirksorganisationen der SEP innehaben, macht sich seit längerer Zeit eine wachsende Unzufriedenheit mit dem totalitären Kurs der Parteileitung bemerkbar.
Diese Unzufriedenheit, die sich bisher nur in einer passiven Haltung innerhalb der Parteiarbeit bemerkbar machte, hat ihren Höhepunkt erreicht. Wie wir aus der SEP erfahren, stehen weitgehende Veränderungen innerhalb der Berliner Organisation kurz bevor.
Die Unzufriedenheit mit der Politik der SEP-Parteileitung ließe sich jetzt nicht mehr mit irgendwelchen Erklärungen oder Zugeständnissen beseitigen, so wird uns erklärt. Man habe erkannt, daß der Weg der SEP nicht zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung führe, sondern vielmehr geeignet sei, den Gedanken des Sozialismus zu diskreditieren.
Der Totalitätsanspruch der SEP, ihre undemokratischen Methoden sowie ihre stete Mißachtung der elementarsten Menschenrechte seien nicht etwa eine zeitbedingte Erscheinung, sondern liegen vielmehr im Wesen der SEP begründet.
( "Der Abend"[139], Berlin, 16. Februar 1948)
Aus Halle wird bekannt, daß in der Bevölkerung der Ostzonenländer das Gerücht über Verschiebung der Wahlen kursiert. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Meldung, daß die mit der kommunalen Verwaltung betrauten SEP-Funktionäre in ihrer Mehrheit keineswegs gegen die Wahlen wären. Sie wünschten daher, die ihnen unangenehm gewordene Verantwortung mindestens dem Scheine nach auf bürgerliche Schultern abzuwälzen. Die höheren, mit der
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Bevölkerung nicht unmittelbar verbundenen Schichten der SEP-Hierarchie dagegen wollen in jedem Fall verhindern, daß die SEP eine öffentliche Niederlage erleidet. So habe Walter Ulbricht, der stellvertretende Vorsitzende der SEP, bereits kürzlich geäußert, Gemeindewahlen kämen zunächst nicht in Frage.
( "Die Neue Zeitung", München, 22. Februar 1948)
Das Parteiabzeichen wird nicht gewünscht
SEP-Mitglied Kramm[140] schreibt der Monatsschrift "Neuer Weg"[141] (herausgegeben vom Parteivorstand der SEP) von einer schweren Sorge, die in früheren Jahren schon viele gehabt haben dürften:
"Haben bereits alle Genossen und Genossinnen ein Abzeichen? Oder genieren sich unsere Genossen, durch das Tragen des Abzeichens zu bekunden, daß sie der SEP angehören? Es gibt leider auch solche 'Genossen', die mit Erlangung des Mitgliedsbuches und womöglich eines Pöstchens ihr Ziel erreicht glauben und nun unser Abzeichen - wenn sie es überhaupt besitzen - in der Westentasche tragen. Leider sieht man auf den Verwaltungsbüros und den Behördendienststellen nur selten Genossen, die sich auch an ihrem Arbeitsplatz zu unserer Partei öffentlich bekennen. An sie möchte ich die Frage stellen: 'Geniert Ihr euch? Oder verrichtet Ihr Eure Arbeit nicht so, daß sie der Partei zur Ehre gereicht?' Deshalb heraus mit dem Parteiabzeichen, zeigt auch nach außen, daß Ihr Mitglieder der SEP seid ..."
( "Der Tagesspiegel", Berlin, 18. Januar 1948)
Der zweite Vorsitzende der Betriebsgruppe der SEP in den Wittenauer Heilstätten, Finke[142], ist auf Grund der in der letzten Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung gestarteten Verleumdungen der SEP über die Zustände in den Wittenauer Heilstätten aus der SEP ausgeschieden.
( "Der Sozialdemokrat", Berlin, 6. März 1948)
Erich Finke[143], bis vor kurzem Leiter der SEP-Parteischule in Lehnitz (Mark Brandenburg) und Mitglied der Kommunistischen Partei seit 1923, hat, wie der Berliner 'Abend' meldet, seinen Austritt aus der SEP erklärt. Diesem Bericht zufolge sind ferner der Kreisrevisor der SEP Berlin-Mitte, Josef Mathio[144], und der SEP-Unterbezirksleiter des gleichen Kreises, Emil Großler[145], sowie einige weitere SEP-Funktionäre, aus der SEP ausgetreten.
( "Die Welt", Hamburg, 21.2.1948)
Nachdem bereits im August 1947 im Kreise Leipzig 300 Mitglieder aus der SEP ausgeschieden waren, traten im September wiederum 200 Mitglieder aus. Die Ausgeschiedenen standen im Alter von 25-40 Jahren. Die Mitgliederstatistik muß monatlich der russischen Militärkommandantur vorgelegt werden.
(Eigenbericht)
Die Mitgliederversammlung der SEP in Leipzig werden durchschnittlich nur noch von 12 bis 15 Prozent der Mitgliedschaft besucht. Lediglich Funktionäre und einige "linientreue" KP-Leute erscheinen regelmäßig. Jugendliche Mitglieder kommen nur noch vereinzelt, auch das Interesse der Frauen läßt auffallend nach. - In Rudolstadt ist der Besuch von SEP-Versammlungen ausgesprochen schlecht. Nur die ehemaligen Mitglieder der NSDAP sind als ständige Gäste anzutreffen.
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Mitte Januar brachte die "Abendpost"[146], Weimar, Nachrichten über die Nachwahlen im Kreise Stadtroda. Es war aber nur das Ergebnis der Wahl bekanntgegeben und nicht die Vergleichszahlen der letzten Wahl herbeigezogen.
Jetziger Stand |
Früherer Stand |
|
SEP |
25 Sitze |
90 Sitze |
LDP |
15 Sitze |
25 Sitze |
CDU |
110 Sitze |
35 Sitze |
(Eigenbericht)
Eine drastische Wahlniederlage mußte, nach einer Meldung der "Hessischen Nachrichten"[147], die SEP in einem thüringischen Dorf bei einer Nachwahl am 25. Januar hinnehmen. In der Gemeinde Gernewitz, Kr. Roda, erhielten von 180 abgegebenen Stimmen die Listenverbindung der SEP-Bauernhilfe[148] 14, die SDP 55, die CDU 104 Stimmen. Sieben Stimmen waren ungültig. Bei den letzten Wahlen im Jahr vorher hatte die SEP 58, die Bauernhilfe 30, die LDP 91, die CDU 31 Stimmen erhalten. Das Emporschnellen der CDU von der schwächsten zur stärksten Partei und die Niederlage der SEP sind charakteristisch für die politische Entwicklung in der Ostzone.
( "Der Westen"[149], Koblenz, 10. Februar 1948)
Niedersachsens Kampf um die Bodenreform
Das Kabinett Kopf[150] ist über die Bodenreform gefallen. Der Ministerpräsident hat seinen Auftrag an die Militärregierung zurückgegeben und ist mit der Neubildung des Kabinetts beauftragt worden. Das Gesetz selbst wird im April zur dritten Lesung kommen, und die neue Regierungskoalition wird im wesentlichen ein Ergebnis der Bereitwilligkeit der Parteien sein, in der Frage der Bodenreform Konzessionen zu machen.
Die Bodenreform in den Ländern[151]
Ein Vergleich des bisherigen Ergebnisses mit dem in Schleswig-Holstein, aber auch mit dem gegenwärtigen Stand in Nordrhein-Westfalen läßt nur den einen Schluß zu, daß Niedersachsen mit seiner Bodenreformgesetzgebung am wenigsten zupackt und die bestehenden Agrarverhältnisse am stärksten zu konservieren versucht.
Durchschnittlicher Einheitswert je ha 1300,- RM, Bodenwert 800,- RM.
Es beträgt die Landabgabe in ha landwirtschaftlicher Nutzfläche:
Bei einer Flächen- |
in Hessen |
in Schleswig- |
in Nordrhein-Westfalen |
Niedersachsen |
|||||||||||
Verord- |
Land- |
zu- |
Verord- |
Land- |
zu- | ||||||||||
115 |
23 |
15 |
- |
13 |
13 |
- |
- |
- |
|||||||
130 |
32 |
30 |
- |
16 |
16 |
- |
- |
- |
|||||||
150 |
43 |
50 |
- |
20 |
20 |
- |
- |
- |
|||||||
180 |
60 |
80 |
- |
26 |
26 |
- |
2 |
2 |
|||||||
200 |
72 |
100 |
- |
30 |
30 |
- |
6 |
6 |
|||||||
250 |
102 |
150 |
- |
45 |
45 |
- |
17 |
17 |
|||||||
300 |
132 |
200 |
50 |
45 |
95 |
50 |
17 |
67 |
|||||||
400 |
194 |
300 |
100 |
45 |
195 |
150 |
17 |
167 |
( "Hannoversche Presse", Hannover, 26. Februar 1948)
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Die Einzelberatung des Bodenreformgesetzes zeigte in der Abstimmung die geschlossene Front aller bürgerlichen Parteien gegen die Verbesserungsvorschläge der Linken. So verlief auch die geforderte Herabsetzung der 150-ha-Grenze auf 100 ha der Ablehnung durch den bürgerlichen Block. Das Stärkeverhältnis im Landtag war 73 bürgerliche gegen 66 Stimmen der Linken. Die Verpachtung des enteigneten Großgrundbesitzes an den bisherigen Besitzer in einem 99jährigen Erbpachtverhältnis wurde auch gegen die SPD-Stimmen angenommen. Lediglich der § 19, nach dem der Stichtag der Enteignung der 4. September 1947 sein sollte, brachte eine Durchbrechung der bürgerlichen Phalanx. Mit den Stimmen der Flüchtlingsvertreter der CDU wurde der SPD-Antrag angenommen, als Stichtag den 8. Mai 1945 zu verwenden, um eine Umgehung der Bodenreform zu verhindern. Als kleines Intermezzo kann noch berichtet werden, daß selbst die Parkanlagen durch die Stimmenmehrheit des Bürgerblocks der Enteignung entzogen wurden.
Der Ministerpräsident schlägt folgende Fassung vor:
"Land- und fortwirtschaftliches Grundeigentum natürlicher und juristischer Personen des öffentlichen und privaten Rechts, soweit es eine Fläche von 100 Hektar übersteigt oder soweit der Anteil des Grund und Bodens am Einheitswert die Grenze von 130000 RM überschreitet, ist mit der land- und fortwirtschaftlich benutzten oder benutzbaren Fläche für Zwecke dieses Gesetzes in Anspruch zu nehmen.
Der Grundeigentümer ist berechtigt, zwischen der Landabgabe nach der Hektargröße oder nach dem Einheitswert-Anteil zu wählen."
Nach der Geschäftsordnung gelangte der Antrag der CDU, NLP, FDP und des Zentrums zur Beratung, nach dem nur "im Falle eines besonders dringenden Notstandes durch Beschluß des Staatsministeriums landwirtschaftliches Grundeigentum natürlicher und juristischer Personen des öffentlichen und privaten Rechts über 100 Hektar, soweit der Anteil des Grund und Bodens am Einheitswert die Grenze von 130000 RM übersteigt, mit der landwirtschaftlich genutzten oder nutzbaren Fläche in Anspruch genommen werden kann." Im Hammelsprung wurde der Abänderungsantrag der bürgerlichen Parteien mit 72 gegen 69 Stimmen angenommen.
( "Hannoversche Presse", Hannover, 15. Februar 1948)
Bis hierher hatte die SPD nachgegeben; nun erklärte sie, nicht einen Schritt mehr zurückzugehen. Aber auch die Rechte blieb dabei, mit der gestaffelten Enteignung zwischen 100 und 150 ha ihr Aeußerstes am Entgegenkommen getan zu haben; sie wollte auch nicht auf die "Kann"-Klausel verzichten. So komprimierten sich Arbeit und Erregung von drei Tagen und einer Nacht schließlich in einer Kampfabstimmung, die mit 72 gegen 69 Stimmen der SPD das Nachsehen gab.
Zäh und verbissen hat sich die Rechte an den Boden geklammert, ebenso hartnäckig hat die Linke versucht, Stück für Stück des Bodens dem Besitzer zu entziehen und der Allgemeinheit zuzuführen. Wieviel erbitterter als in anderen Ländern der Kampf war, wird daraus ersichtlich, daß im katholisch-konservativen Bayern die 100-ha-Grenze mühelos durchging, während sie in Niedersachsen, wo die Sozialdemokraten vierzig Prozent der Wähler hinter sich haben, am Widerstand der Rechten scheiterte. Zum Teil mag die Direktive der Militärregierung mit 150 ha der Rechten des Rückgrat gesteift haben, zum anderen ist zu berücksichtigen, daß die Bodenreform in Nieder-
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sachsen viel später angepackt wurde als in Bayern. In der Zwischenzeit haben die widerstrebenden Elemente durch die innen- und außenpolitische Entwicklung festeren Boden unter den Füßen gewonnen.
( "Tagesspiegel", Berlin, 27. Februar 1948)
Nach den jetzt zusammengestellten Unterlagen fallen unter die Bodenreform bei 150 ha oder 200.000 RM Einheitswert - das ist die vom Bürgerblock geforderte Grenze - in ganz Niedersachsen 130 Großgrundbesitzer. Bei einer Festlegung der 100-Hektar-Grenze, gekoppelt mit einem Einheitswert von 130.000 RM, haben 288 Großgrundbesitzer in ganz Niedersachsen Land abzutreten. Um diese 288 Großgrundbesitzer geht also der "Klassenkampf von oben" zur Verteidigung des Großgrundbesitzes, und um 158 Großgrundbesitzer - diese Zahl ergibt sich aus der Differenz zwischen den beiden Hektargrenzen - ist die Regierungskrise in Niedersachsen entstanden. Deutlicher kann die Interessenpolitik aller bürgerlichen Fraktionen nicht gekennzeichnet werden. Ebenso klar tritt auch das mangelnde soziale Verantwortungsbewußtsein gegenüber den Bauern und den Vertriebenen zutage
( "Hannoversche Presse", Hannover, 20. März 1948)
Die dritte Lesung des Gesetzes wurde knapp vor Mitternacht auf Anfang März vertagt. Die dazwischenliegende Zeit wird vermutlich ausgenutzt werden, um die beiden gegnerischen Standpunkte einander näherzubringen. Die Aussichten sind deshalb nicht schlecht, weil innerhalb der CDU beträchtliche Spannungen bestehen, die sich aus dem Dilemma dieser Partei ergeben, auf dem Lande für die Flüchtlinge, im Landtag für die besitzerhaltenden Parteien zu votieren. Im Fraktionszimmer der CDU ging es häufig stürmisch zu, und es gelang nur mit Mühe, ihren Flüchtlingsvertretern den Fraktionszwang plausibel zu machen.
Issued by the London Representative of the German Social Democratic Party, 33, Fernside Avenue, London N.W. 7 Telephone: MILL Hill 3915
Editorische Anmerkungen 1 - Gemeint ist das "Frankfurter Statut" der Militärgouverneure der Bizone betr. die Neuordnung der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, das am 9.2.1948 in Kraft getreten war. 2 - Auf welchen Dr. Müller sich E. Ollenhauer hier bezieht, konnte nicht festgestellt werden. Direktor der Verwaltung für Wirtschaft war von Juli 1947 bis Ende Januar 1948 Dr. Semler (s. d.), von Februar - März 1948 war Dr. Walter Strauß mit der Wahrnehmung der Geschäfte des "Wirtschaftsdirektors" beauftragt. 3 - Am 18.2.1948 hatte in Kassel eine gemeinsame Sitzung von Parteivorstand, Parteiausschuss und Wirtschaftsratsfraktion stattgefunden. Die Abstimmung hatten Parteivorstand und Parteiausschuss vorgenommen.
4 - Seit dem 25.2.1948 gab es in der CSR eine "volksdemokratische Einheitsregierung", die fast völlig von den Kommunisten beherrscht wurde. 5 - Das [kommunistische] Polnische Komitee der Nationalen Befreiung (oder: Lubliner Komitee) - 1944 auf Drängen der SU und gegen die polnische Exilregierung (London) zustande gekommen - hatte von Lublin aus die Regierungsgewalt in den von der Roten Armee befreiten polnischen Gebieten übernehmen können und damit die kommunistische Machtübernahme in Polen vorbereitet. 6 - Otto Bach (1899 - 1981), SPD-Mitglied, in der Weimarer Republik stellvertr. Leiter des Zweigamtes Berlin des Internationalen Arbeitsamtes Genf, 1933-1940 im Sekretariat des IAA in Genf, 1941-1944 bei der Deutschen Handelskammer in Paris. 1946-1950 SPD-Stadtverordneter in Berlin, 1949-1951 außenpolitischer Redakteur des "Telegraf", 1950-1954 und 1958-1967 MdA Berlin (1961-1967 Präsident des Abgeordnetenhauses), 1951-1953 Senator für Sozialwesen, 1954-1957 Wirtschaftsdirektor des Senders Freies Berlin, Mitglied des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung und führende Funktion in der Europa-Union, Dozententätigkeit an der Hochschule für Politik bzw. am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. 7 - Bruno Diekmann (1897 - 1982), Elektrotechniker, seit 1919 SPD-Mitglied, 1933 und 1944 einige Zeit inhaftiert bzw. im KZ. Nach 1945 beim Wiederaufbau von SPD und Gewerkschaftsbewegung tätig, 1946-1953 MdL Schleswig-Holstein, 1947-1948 Minister für Wirtschaft und Verkehr, 1948-1949 Landwirtschaftsminister, 1949-1950 schleswig-holsteinischer Ministerpräsident, 1953-1969 SPD-MdB. 8 - Harald Koch (1907 - 1992), Jurist, Steuersachverständiger und Wirtschaftsprüfer, seit 1946 SPD-Mitglied, 1947-1949 Minister für Wirtschaft und Verkehr in Hessen, 1949-1953 SPD-MdB, 1953 ff. Arbeitsdirektor beim Dortmunder Montankonzern Hoesch AG, 1968-1972 stellvertr. Vorsitzender des dortigen Aufsichtsrates. 9 - "Mainzer": Heinrich Meins (1907 - 1982), Rechtsanwalt, in der Nachkriegszeit SPD-Mitglied und führende Position bei der Deutschen Konsumgenossenschaft. 10 - Johannes Petrick, lt. SPD-Jahrbuch 1948/1949 Diplomvolkswirt und Ministerialdirektor; weitere biographische Angaben konnten nicht ermittelt werden. 11 - Erich Potthoff (geb. 1914), Diplomkaufmann, Dr. rer. pol., seit 1946 Mitglied der SPD, 1946-1949 und 1952-1956 in der Leitung des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Gewerkschaften (WWI), 1946-1947 SPD-MdL NRW, 1947-1948 Mitglied des Frankfurter Wirtschaftsrates, 1963 Honorarprofessor in Köln. 12 - Heinz Potthoff (1904 - 1974), Metallarbeiter, als Werkstudent Studium der Wirtschaftswissenschaften (1936 Dr. rer. pol. in Zürich), Mitglied der SPD und des DMV seit 1921, 1928-1932 Lokalredakteur bei der sozialdemokratischen "Volkswacht" in Bielefeld. 1946-1950 Ministerialdirektor im NRW-Wirtschaftsministerium, 1953-1962 einer der beiden deutschen Vertreter (und als Vertrauensmann des DGB) in der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. 13 - Alfred Wabnegg (geb. 1898), Versicherungsfachmann, Kriegsteilnehmer, aktiv beim Wiederaufbau der Stadt Nürnberg, 1958 Generaldirektor einer Privatkrankenkasse, nach 1959 aus Nürnberg fortgezogen. 14 - Viktor Wrede (1906 - 1950), promovierter Wirtschaftswissenschaftler, 1933-1945 Reichswirtschaftsministerium, 1946 Zentralamt für Wirtschaft in der Brit. Zone, 1948-1950 Mitglied des Direktoriums der Bank Deutscher Länder (Frankfurt a. M.), Freitod. 15 - Hubert Biernat (1907 - 1967), ursprünglich im Bergbau, dann als Kaufmann beschäftigt, Mitglied der Gewerkschaften und der SPD, vor 1933 auch sozialdemokratischer Redakteur (in Hamm i. Westf.), 1933-1934 Exil in Belgien und den Niederlanden, 1934 wieder in Deutschland und Widerstandstätigkeit. Nach 1945 SPD-Unterbezirkssekretär, 1946-1950 und 1961-1964 Landrat des Kreises Unna (Westf.), 1946-1950 und 1958-1967 SPD-MdL NRW, 1956-1958 NRW-Innenminister. 16 - Hugo Buhl (1897 - 1975), Diplom-Landwirt und promovierter Landwirt, damals wohnhaft in Bockenem (Harz). 17 - Wilhelm Gülich (1895 - 1960), Nationalökonom, Geograph und Jurist, in seiner Jugend führend in der Wandervogelbewegung, 1924 ff. Direktor der Bibliothek des Instituts für Weltwirtschaft der Universität Kiel. Seit 1945 Mitglied der SPD, 1946-1948 Landrat in Schleswig-Holstein, 1949 bis zu seinem Tod SPD-MdB. 18 - Karl Langebeck (1884 - 1967), Land-, später Werftarbeiter, vor dem I. Weltkrieg SPD- und Gewerkschaftsmitglied (DMV) geworden, 1925-1929 Kreisleiter (Kiel) im Deutschen Landarbeiterverband, 1929-1933 Parteisekretär beim Kieler SPD-Bezirksvorstand, 1944 KZ Neuengamme. Nach Kriegsende erneut SPD-Parteisekretär in Kiel, 1946-1951 Referent im schleswig-holsteinischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 19 - Hans Podeyn (1894 - 1965), Volksschullehrer, später kaufmännischer Angestellter, als Sozialdemokrat 1924-1933 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, 1928-1933 SPD-Fraktionsvorsitzender, während der NS-Zeit aus dem Staatsdienst entlassen und 1933 u. 1936 kurzfristig verhaftet. Nach der SED-Gründung 1946 von der Ostzone in den Westen Deutschlands übergesiedelt, 1946-1949 Abteilungsleiter und Ministerialdirektor in der Verwaltung Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Britische Zone und Bizone), nach der Gründung der Bundesrepublik im diplomatischen Dienst, u. a. 1954-1959 deutscher Botschafter in Pakistan. 20 - Georg Raloff ( 1902 - 1965), Kaufmann, später Prokurist, SPD-Mitglied seit 1919, 1933 kurzfristig verhaftet und dann unter Polizeiaufsicht gestellt. 1946-1965 SPD-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. 21 - "Dr. Rehfeld": Lt. SPD-Jahrbuch 1947 "Dr. Karl Rehfeld". In Zeitungsmeldungen vom August 1948 ist von einem früheren Vorsitzenden der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft in der britischen Zone namens Rehfeld (geb. 1891 in Westpreußen) die Rede, der seinen Doktortitel zu Unrecht geführt habe. Es dürfte sich um den in den SM erwähnten Rehfeld gehandelt haben. 22 - R. Martin Schmidt (Niedersachsen, Gellersen) (geb. 1914), Diplomlandwirt (Dr. agr.), seit 1946 Mitglied der SPD, zeitweise landwirtschaftlicher Berater des Frankfurter Wirtschaftsrates, 1949-1987 SPD-MdB, seit Ende der 50er Jahre der wichtigste Agrarwirtschaftsexperte seiner Fraktion. 23 - Zu Max Walter konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. 24 - Seit 1946 war H. Kriedemann von kommunistischer Seite wegen seiner Beziehungen zur Gestapo (keine Scheintätigkeit, so wurde behauptet) und wegen angeblichen Verrats von Gegnern des NS-Regimes angegriffen worden. 1949 im Rahmen eines Beleidigungsprozesses rehabilitiert.
25 - Die 7. Interzonale Tagung der deutschen Gewerkschaften hatte Anfang Februar 1948 in Dresden stattgefunden. Die französische Militärregierung hatte den Delegierten aus der Französischen Zone untersagt, an der Dresdner Tagung teilzunehmen. Dort wurde die Errichtung eines Zentralrats für eine künftige gesamtdeutsche Gewerkschaftsbewegung beschlossen. 26 - Otto Suhr (1894 - 1957), Nationalökonom, in der Weimarer Republik in der SPD und in der Gewerkschaft organisiert, 1922-1925 Arbeitersekretär in Kassel, 1925-1933 Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung des AfA (Berlin), in der NS-Zeit nach 2 Jahren Arbeitslosigkeit Tätigkeit als freier Volkswirt. Nach 1945 Gegner einer Vereinigung von SPD und KPD, 1946-1950 Stadtverordnetenvorsteher von Berlin, 1948-1949 SPD-Mitglied des Parlamentarischen Rates, 1949-1951 MdB, 1951-1955 Präsident des Westberliner Abgeordnetenhauses, 1955 bis zu seinem Tod Regierender Bürgermeister von (West)Berlin. 27 - Hugh Vivian Champion de Crespigny (1897 - 1969), brit. Berufsmilitär (Luftwaffe), bei den Parlamentswahlen von 1945 Wahlkreiskandidat der Labour Party, 1946-1947 Regional Commissioner für Schleswig-Holstein, Vice-Marshall. 28 - Am 23.3.1948 wurde K. Schumacher in ein Londoner Krankenhaus gebracht; nach seinem Rückflug (7.4.) musste er erneut mehrere Monate in einem Hannoveraner Krankenhaus verbringen. Im September d. J. wurde dem einarmigen Invaliden des I. Weltkriegs ein Bein amputiert. Fast ein Jahr lang konnte Kurt Schumacher nur vom Krankenlager aus in die Politik einwirken. 29 - Die Deutsche Partei (DP) bildete im neuen Wirtschaftsrat (ab Februar 1948) zusammen mit der CDU/CSU eine Fraktionsgemeinschaft. 30 - Max Detlef Ketels (1889 - 1968), Fabrikant, 1946 CDU-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und Senator, 1947-1949 Mitglied des Frankfurter Wirtschaftsrates. 31 - "Scharenberg": Hugo Scharnberg (1893 - 1979), Bankdirektor, 1946 zuerst parteiloses, dann CDU-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, Februar/März 1948 Mitglied des Wirtschaftsrats (Mandatsaufgabe aufgrund eines Beschlusses des Wahlprüfungsausschusses des WR), MdB 1949-1961.
32 - Johannes Cramer (1905 - 1987), Angestellter, seit Anfang der 20er Jahre SPD-Mitglied, 1924-1931 Redakteur bei einer sozialdemokratischen Zeitung in Emden, 1931-1933 Chefredakteur beim "Volksblatt" in Saalfeld/Saale, Partei- und Gewerkschaftsfunktionen, 1933 vorübergehend inhaftiert. Ab Juli 1946 (seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft) Betriebsprüfer beim Hauptarbeitsamt in Emden, dann Leiter des Kreiswirtschaftsamts in Norden, ab 1947 Lizenzträger (später auch Verlagsleiter und Chefredakteur der "Nordwestdeutschen Rundschau" (später "Wilhelmshavener Presse"), 1948-1949 MdWR, 1949-1953 und 1957-1972 SPD-MdB. 33 - Franz Hewusch (geb. 1912), Arbeiter und Techniker, nach Kriegsende Eintritt in die SPD, 1946-1966 Mitglied des Stadtrats und Kreistags von Meppen, 1947-1949 MdWR. 34 - Wilhelm Kiesel (1893 - 1956), Reichsbahner und Fernmeldetechniker, 1910 Eintritt in SPD und Gewerkschaft, in der Weimarer Republik Tätigkeit bei der Reichsbahn und beim Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands, 1929-1933 Landesarbeitsrichter in Magdeburg, während der NS-Zeit Arbeit u. a. im Volkswagenwerk. 1947-1949 sozialdemokratisches MdWR, 1948 ff. Abteilungsleiter beim Hauptvorstand der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED), 1953 ff. Mitglied des geschäftsführenden GdED-Vorstandes. 35 - Bruno Leddin (1898 - 1951), aus dem I. Weltkrieg als Schwerkriegsbeschädigter zurückgekehrt, nach 1918 Behördenangestellter, ab 1925 Funktionär des Deutschen Landarbeiterverbandes, 1920-1933 SPD-Stadtverordneter in Stolp (Pommern), 1933 einige Monate inhaftiert, nach seiner Entlassung Aufenthaltsverbot für Pommern, später kaufmännischer Angestellter in Hannover, illegale politische Tätigkeit. 1946-1947 SPD-MdL Niedersachsen, 1948-1949 MdWR, 1949 bis zu seinem Tod MdB, 1950 Mitglied des PV der SPD. 36 - Willi Lücker (1892 - 1965), Bankangestellter, ab 1923 bei der Niedersächsischen Landesbank in Hannover, SPD- und Gewerkschaftsmitglied. Ab 1945 u. a. leitender Angestellter, dann Bankrat bei der Niedersächsischen Landesbank, 1947-1949 MdWR. 37 - Joachim Schöne (1906 - 1967), Bankangestellter, Diplomkaufmann (Dr. rer. pol ) und Diplomhandelslehrer, 1932 SPD-Mitglied und Gewerkschaftstätigkeit, 1939 eingezogen und 1942 als Verwundeter in Afrika in brit. Kriegsgefangenschaft geraten, Lehrtätigkeit in Gefangenenlagern in Kanada und GB, Mitarbeit bei Rundfunksendungen für Deutschland. 1946 wirtschaftspolitischer Sachbearbeiter bei der Allgemeinen Gewerkschaft Niedersachsen (DGB-Vorläuferorganisation), ab 1947 Leiter der Außenstelle Hannover der Treuhandverwaltung im Auftrag der North German Iron and Steel Control, 1948-1949 MdWR, 1949-1957 SPD-MdB. 38 - Wolfgang Bode (1887 - 1964), Jurist (Rechtsanwalt und Syndikus, später Direktor der Ilseder Hütte AG in Peine), 1942-1944 im Gefängnis und im KZ. 1947 MdL Niedersachsen für die DP, 1947 - Februar 1949 (Mandatsniederlegung) MdWR. 39 - Wilhelm Brese (1896 - 1994), Lehrer, später Landwirt, einige Jahre in der Weimarer Republik Mitglied der DNVP. 1945 CDU-Mitglied, Bürgermeister von Marwede bei Celle, 1948-1949 MdWR, 1949-1969 CDU-MdB. 40 - Carl von Campe (1894 - 1977), Berufsdiplomat, 1921-1940 auf versch. Auslandsposten, dann Inlandstätigkeit für das AA Berlin. 1948-1949 MdWR, 1949-1951 DP-MdB, 1952 -1959 Tätigkeit für das AA Bonn (Botschafter). 41 - Christian Kuhlemann (1891 - 1964), Diplom-Ingenieur, Fabrikdirektor, 1947-1949 MdWR, 1949-1953 DP-MdB. 42 - Hans Mühlenfeld (1901 - 1969), Jurist und Geschäftsführer, 1948-1949 MdWR, 1949-1953 DP-MdB, 1953 ff. Botschafter der BRD u. a. in Niederlanden, 1963-1965 niedersächsischer Kultusminister. 43 - Wilhelm Naegel (1904 - 1956), Diplomkaufmann und Diplomhandelslehrer, Geschäftsführer im Einzelhandel, 1947-1949 MdWR, 1949 bis zu seinem Tod CDU-MdB. 44 - Paul Otto (1903 - 1979), Bankkaufmann und Jurist, ab 1933 in der Industrie tätig, 1947-1948 CDU-MdL Niedersachsen, 1948-1949 MdWR. 45 - Anton Storch (1892 - 1975), Tischler, 1920-1933 Gewerkschaftsangestellter (Zentralverband Christlicher Holzarbeiter), 1946-1948 Tätigkeit beim DGB (Brit. Zone), 1947-1949 MdWR, 1949-1965 CDU-MdB, 1949-1957 Bundesarbeitsminister. 46 - Georg Berger (1897 - 1967), Jurist und Volkswirt, 1922 ff. beratender Volkswirt beim Verband der Bergarbeiter Deutschlands (Bochum), Mitglied des Exekutivkomitees der Bergarbeiter-Internationale, Sozialdemokrat, nach 1933 u. a. freiberuflich tätig. 1946 wieder beim Industrieverband Bergbau (der Vorläuferorganisation der IG Bergbau und Energie), 1947-1949 MdWR, nach 1949 selbständiger Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. 47 - Paul Bleiß (1904 - 1996), Bankangestellter und nach Studium als Werkstudent Diplomkaufmann (1937 Dr. rer. pol.), in der NS-Zeit Betriebsprüfer (im Oberkommando der Wehrmacht) und dann Fabrikdirektor. Seit 1945 SPD-Mitglied, 1947 Abteilungsleiter in der Verwaltung für Wirtschaft der Bizone (in Minden), 1948-1949 MdWR, 1949-1965 SPD-MdB, 1963-1970 Arbeitsdirektor der Salzgitter AG. 48 - Robert Daum (1889 - 1962), Transportarbeiter, seit 1907 Mitglied der SPD und des Transportarbeiterverbandes, Kriegsteilnehmer 1914-1918, danach hauptberuflicher Gewerkschaftsfunktionär, April 1932 - Juli 1932 SPD-MdR, 1933 und 1944 zeitweise inhaftiert, in der NS-Zeit Arbeit als Versicherungsvertreter, Grundstücksmakler und Metallarbeiter. 1945-1962 sozialdemokratischer Stadtverordneter in Wuppertal, 1946-1951 Oberbürgermeister von Wuppertal, 1946-1947 MdL NRW, 1948-1949 MdWR, 1953-1957 SPD-MdB. 49 - Irmgard Enderle, geb. Rasch (1895 - 1985), Lehrerin, 1918 zur USPD, 1919 zur KPD, 1925-1929 Redakteurin bei KPD-Zeitungen in Halle und Berlin, 1929 wegen "Rechtsabweichungen" aus der KPD ausgeschlossen, 1932 Heirat mit August Enderle (siehe SM_65/66, 3._Sept._1944, Anm._44) und Beitritt zur SAP, 1933 vorübergehend festgenommen und unter Polizeiaufsicht, im selben Jahr Emigration in die Niederlande, 1934 nach Belgien ausgewiesen, im selben Jahr von dort nach Schweden, um eine SAP-Auslandsstelle aufzubauen, journalistische Tätigkeit und Arbeit als Deutschlehrerin, verliert 1941 zugleich mit ihrem Mann die deutsche Staatsangehörigkeit infolge Ausbürgerung, nach Vereinigung von SAP und Sopade ist sie in Schweden. 1944 SPD-Mitglied. Juni 1945 Rückkehr nach Deutschland, Mitbegründerin und Redakteurin des "Weser-Kurier" in Bremen, 1947-1951 Redakteurin an DGB-Zeitungen in Köln ("Der Bund", "Welt der Arbeit"), 1946-1947 SPD-Mitglied der Bremer Bürgerschaft, 1948-1949 MdWR, 1951 ff. freie Journalistin, 1950-1955 im Vorstand der IG Druck und Papier. 50 - Franz Heinen (1887 - 1963), Kaufmann, ab 1918 selbständiger Großhandelskaufmann in Bonn, dort 1919-1929 SPD-Stadtverordneter, während der Zeit des NS-Regimes viermal vorübergehend festgenommen. 1946-1951 SPD-Stadtverordneter in Bonn, 1946-1947 und 1950-1954 MdL NRW, 1948-1949 MdWR. 51 - Heinrich Hemsath (1902 - 1978), Maschinenschlosser, seit 1919 Mitglied der SAJ und SPD, seit 1920 des Deutschen Metallarbeiterverbandes, 1929-1933 SPD-Stadtverordneter in Münster i. W., 1933 MdL Preußen, 1933 /1934 mehrmals Verhaftungen und Verhöre, ab 1934 Tätigkeit als Schlosser in Münster. 1945-1956 1. Beigeordneter und Sozialdezernent der Stadt Münster, 1948-1949 MdWR, 1950-1959 SPD-MdL NRW, 1956-1958 Arbeits- und Sozialminister von NRW, 1959-1969 Sozialminister von Hessen. 52 - Hermann Herberts (geb. 1900), Industriekaufmann, seit 1917 SPD-Mitglied, in der Weimarer Republik Tätigkeit als Verlagskaufmann und Zeitungsgeschäftsführer, 1929-1933 Redakteur bei der sozialdemokratischen "Leipziger Volkszeitung", während des Dritten Reichs eigene Werkzeugfabrik. 1946-1951 Redakteur am sozialdemokratischen "Rhein-Echo", 1947-1949 MdWR, 1952-1969 Stadtverordneter in Wuppertal, 1956-1961 und 1964-1969 Oberbürgermeister von Wuppertal, 1964-1969 SPD-MdB. 53 - Walter Hölkeskamp (1912 - 1981), kaufmännischer Angestellter, vor 1933 SPD-Mitglied, in der NS-Zeit anfänglich Arbeit als Bergmann, später als Abteilungsleiter in der Großindustrie. 1946 SPD-Stadtverordneter in Herne, 1948-1949 MdWR, ab 1955 in Aufsichtsräten, Direktorien und Vorständen von Firmen der Eisen- und Stahlindustrie des Ruhrgebiets. 54 - Theodor Blank (1905 - 1972), Arbeiter, 1930-1933 Sekretär des Zentralverbandes Christlicher Fabrik- und Transportarbeiter, 1936 Abitur und Studium, 1939-1945 Kriegsteilnehmer. 1945-1950 bei der Gewerkschaft (u. a. IG Bergbau), 1946 CDU-MdL NRW, 1947-1949 MdWR, 1949-1972 CDU-MdB, 1950-1955 Sicherheitsbeauftragter des Bundeskanzlers ("Dienststelle Blank"), 1955/1956 Bundesverteidigungsminister, 1957-1965 Bundesarbeitsminister. 55 - Albrecht Gehring (1898 - 1985), Diplomlandwirt, 1928 Übernahme des elterlichen Hofes. 1947-1948 CDU-MdL NRW, 1948-1949 MdWR, 1957-1965 CDU-MdB. 56 - Bernhard Günther (1906 - 1981), Elektromeister, Präsident der Handwerkskammer Köln, vor 1933 Funktionen beim Katholischen Gesellenverein und beim Windthorstbund. 1945-1948 CDU-Stadtverordneter in Köln, 1948 1949 MdWR, 1949-1965 CDU-MdB. 57 - "Günther Henle": Günter Henle (1899 - 1979), Jurist und Volkswirt, 1921-1933 im Diplomatischen Dienst, Vorstandsmitglied Klöckner AG. 1947-1949 MdWR, 1949-1953 CDU-MdB. 58 - Friedrich Holzapfel (1900 - 1969), Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, in der Weimarer Republik Mitglied der DNVP, 1926-1937 als Fabrikant Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Bielefeld, 1937 zeitweilig Schutzhaft. 1945 Oberbürgermeister von Herford, 1946 CDU-MdL NRW, 1947-1949 MdWR, 1949 - Januar 1953 CDU-MdB, danach bis 1958 Gesandter bzw. Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz. 59 - Maria Niggemeyer (1888 - 1968), Hausfrau und Lehrerin, vor 1930 Zentrumspolitikerin. 1945 Mitbegründerin der CDU, 1948-1949 MdWR, 1949-1961 CDU-MdB. 60 - "Rudolf Pferdmenges": Robert Pferdmenges (1880 - 1962), Bankier, 1931/1932 Finanzberater des Reichskanzlers Heinrich Brüning (Zentrum), Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte, 1944 vorübergehend inhaftiert. 1947-1949 MdWR, 1950-1962 CDU-MdB. 61 - Peter Schlack (1875 - 1957), Schreiner, später leitende Tätigkeit beim Reichsverband deutscher Konsumvereine, Zentrumspolitiker, 1919-1933 MdN bzw. MdR, September/Oktober 1944 inhaftiert. 1947-1949 CDU-MdWR. 62 - Heinrich Strunk (1883 - 1952), in der Weimarer Republik Mitglied des Zentrums, ab 1945 CDU, 1946-1947 MdL NRW, 1948-1949 MdWR. 63 - Bernhard Winkelheide (1908 - 1988), Maschinenschlosser, ab 1929 Jugendsekretär der Katholischen Werkjugend in der Diözese Münster i. W., nach 1933 Tätigkeit als Buchvertreter für den Herder-Verlag, 1940-1946 Wehrdienst und sowjetische Gefangenschaft. Danach Diözesan-Arbeitersekretär der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB), 1948-1949 MdWR, 1949-1972 CDU-MdB. 64 - "Christian Wolf": Christoph Heinrich Wolf (1892 - 1962), Kaufmann und Fabrikant (Remscheid), 1948-1949 MdWR. 65 - Franz Blücher (1896 - 1959), 1938-1945 Prokurist und Direktor bei Banken, nach Kriegsende Mitbegründer der FDP, 1946-1947 MdL und Finanzminister von NRW, 1948-1949 MdWR, 1949-1954 Bundesvorsitzender der FDP, 1949-1958 MdB, 1956 Parteiwechsel zur Freien Volkspartei (FVP), die später mit der Deutschen Partei (DP) fusionierte, 1949-1957 Vizekanzler und Bundesminister. 66 - Fritz Oellers (1903 - 1977), Rechtsanwalt, 1945 Eintritt in die LDP (Halle, SBZ), 1948-1949 MdWR, 1949-1951 FDP-MdB, 1951-1956 BRD-Botschafter in Brasilien, 1956-1959 in der Türkei. 67 - "Arno Burghatz": Arnold Burghartz (1886 - 1963), Rechtsanwalt und Landwirt, 1947-1949 MdWR, im Februar 1949 Austritt aus der Zentrumspartei und Anschluss an die CDU. 68 - "Josef Jacobs": Joseph Jakob (1896 - 1953), KAB-Sekretär, 1948-1949 MdWR, im März 1949 Austritt aus der Zentrumsfraktion und Anschluss an die CDU. 69 - Carl Spiecker (1888 - 1953), 1912-1916 Redakteur der "Zentrums-Parlamentskorrespondenz", Kriegsteilnehmer, 1923-1925 Leiter der Presseabteilung der Reichsregierung, 1930-1931 Sonderbeauftragter des Reichsinnenministers für die Bekämpfung des Nationalsozialismus, im Reichsbanner-Vorstand, 1933 nach Frankreich emigriert, dort journalistische Tätigkeit und Anschluss an die Volksfrontbewegung, nach deren Scheitern 1937/1938 Mitinitiator der Deutschen Freiheitspartei (DFP), 1939 ausgebürgert, 1940 Flucht nach GB, dort Mitarbeit an Rundfunksendungen für Deutschland, ab 1941 Exil in Kanada. 1945 Rückkehr nach Deutschland, Lizenzträger der "Rhein-Ruhr-Zeitung" (Essen) und führend an der Wiedergründung der Deutschen Zentrums-Partei beteiligt, 1947 MdL NRW, Juni/September 1947 und Februar/April 1948 MdWR, 1948-1949 Vorsitzender des Zentrums, 1949 Parteiaustritt und Übertritt zur CDU, Minister in NRW. 70 - Friedrich Stricker (1897 - 1949), Journalist, 1924-1933 Stadtverordneter (Zentrum) in Münster i. W., 1933-1939 als Reisender und Verkäufer tätig, 1939-1945 Soldat und englische Gefangenschaft. 1946-1947 Verkehrsminister von NRW, 1947-1949 MdWR. 71 - Ludwig Becker (1893 - 1973), Bauarbeiter, bis 1921 SPD-, dann KPD-Mitglied, 1933 KZ-Haft, nach seiner Entlassung illegale politische Arbeit, November 1935 Emigration in die Niederlande, dort ebenfalls illegale Betätigung als KPD-Funktionär, von der Gestapo gesucht. 1945 Rückkehr nach Deutschland, am Wiederaufbau der KPD beteiligt 1947 MdL NRW, 1947-1948 MdWR, später Verlagsleiter. 72 - Kurt Müller (1903 - 1990), Werkzeugmacher, vor 1933 Mitglied und Funktionär des KJVD und der KPD, Redakteur der KJVD-Zeitschrift "Junge Garde" 1926/1927, 1927/1928 Mitarbeiter der Kommunistischen Jugendinternationale (KJI) in Moskau, 1928-1931 in Deutschland (u. a. Vorsitzender des KJVD), 1931-1932 KJI-Sekretär in Moskau, 1933-1934 Arbeit in einem Autowerk in Gorki, 1934 illegale Widerstandstätigkeit und KP-Arbeit in Deutschland, verhaftet und im Dezember 1934 zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt, 1940-1945 KZ Sachsenhausen. Nach 1945 Landesvorsitzender der KPD Niedersachsen, 1946-1948 MdL Niedersachsen, 1948-1949 MdWR (für NRW), 1948-1950 stellvertr. Vorsitzender der KPD der Westzonen bzw. der Bundesrepublik Deutschland, 1949 KPD-MdB, 1950 in Ostberlin verhaftet (als Angeklagter für einen nicht zustande gekommenen Schauprozess vorgesehen), seiner Parteiämter enthoben und aus der KPD ausgeschlossen, 1950-1953 in Untersuchungshaft, dann ohne Gerichtsverhandlung Urteil eines sowjetischen Sondertribunals über 25 Jahre Gefängnis, 1953 bis zu seiner Entlassung in die Bundesrepublik 1955 in einem sowjetischen Gefängnis, seit 1957 Mitglied der SPD, 1960-1985 Abteilungsleiter im Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stifung. 73 - Heinrich Niebes (1890 - 1966), 1948-1949 MdWR, 1952-1953 KPD MdB. 74 - Max Reimann (1898 - 1977), Werftarbeiter, später Tätigkeit als Bergmann im Ruhrgebiet, seit 1919 KPD-Mitglied, ab der zweiten Hälfte der 20er Jahre Funktionen in der RGO und KPD, 1933 in der Illegalität, 1934 emigriert, 1935 in die Sowjet-Union, 1939 bei Grenzübertritt in Mährisch-Ostrau verhaftet, 1940 zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt, nach Haft in Dortmund 1942-1945 KZ Sachsenhausen. 1947 KPD-MdL NRW, 1947-1949 MdWR, 1948-1949 Mitglied des Parlamentarischen Rates, ab 1948 Vorsitzender der KPD der Westzonen bzw. der Bundesrepublik, 1949-1953 MdB, 1954 wegen drohender Verhaftung in die DDR, dort ab 1957 1. Sekretär des ZK der (1956 in der Bundesrepublik verbotenen) KPD, 1969 Rückkehr in die Bundesrepublik und Präsidiumsmitglied der DKP. 75 - Karl Schulze (1900 - 1975), Glaser, ab 1926 eigenständiges Geschäft. Ab 1945 am Wiederaufbau der sozialdemokratischen Parteiorganisation beteiligt, 1946-1955 SPD-Mitglied der Lübecker Stadtvertretung (Bürgerschaft), 1948-1949 MdWR, 1948-1954 Senator (= Dezernent) der Hansestadt Lübeck (ab 1951 Leiter der Sozialverwaltung). 76 - Otto Voß (1902 - 1979), Maschinenschlosser, 1926-1928 Besuch der Staatlichen Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung (Düsseldorf), SPD- und DMV-Mitglied, 1930 - 1933 in der Volkswirtschaftlichen Abteilung des DMV-Vorstandes (Berlin) tätig, 1933-1945 Arbeit als Maschinenschlosser in Kiel. 1947-1949 MdWR, 1950-1955 und 1960-1966 hauptamtlicher Stadtrat in Kiel (verantwortlich für das Dezernat Wirtschaftsförderung), 1966-1967 bei der Versorgung und Verkehr Kiel GmbH (Vorsitzender des Vorstands und 1. Geschäftsführer). 77 - Robert Wohlers (1889 - 1973), Jurist, 1919-1921 Leiter des Wohlfahrtsamtes und besoldeter Stadtrat in Fürstenwalde (Spree), 1921-1933 Amtshauptmann (Landrat) der Kreise Boitzenburg/Elbe und Hagenow/Mecklenburg, 1924-1933 SPD-MdL Mecklenburg, 1933 ff. privatwirtschaftliche Tätigkeit in Hamburg. 1946-1950 Oberkreisdirektor des Kreises Süderdithmarschen in Meldorf, 1947-1949 MdWR. 78 - Hanno Schmidt (1893 - 1972), Jurist und Journalist, 1946-1960 Chefredakteur des "Flensburger Tageblatts", März - Oktober 1948 MdWR, 1954-1958 CDU-MdL Schleswig-Holstein. 79 - Detlef Struve (1903 - 1987), seit 1928 selbständiger Bauer, 1941-1945 Teilnahme am II. Weltkrieg. 1946-1950 Landrat des Kreises Rendsburg, 1947-1949 MdWR, 1949-1972 CDU-MdB. 80 - Anton Köhler (1888 - 1969), 1907-1914 Lehrer an versch. Schulen in Böhmen (Sudetenland), nach Teilnahme am I. Weltkrieg Landwirt, Funktionen im Bund der Landwirte (einer im Prager Parlament vertretenen bürgerlichen deutschen und staatsloyalen "Landvolkpartei"), 1938 verhaftet und bis 1942 in den KZs Dachau und Buchenwald, anschließend Arbeit u. a. als Bankangestellter. 1945 kurzfristig Bürgermeister von Radowesitz/Böhmen, Oktober 1945 - Juni 1947 Schulrat in Greiz/Thüringen, von dort nach Bayern, SPD-Mitglied, 1948-1949 MdWR, 1950-1953 für eine Versicherung tätig. 81 - Georg Reuter (1902 - 1969), Schlosser und Metallarbeiter, nach 1918 Mitglied der SAJ, der SPD und des Reichsbanners, ab 1923 hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionen (u. a. beim Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter im Ruhrgebiet und im Rheinland und Lehrtätigkeit an der Bundesschule der Freien Gewerkschaften in Bernau bei Berlin), 1933 mehrfach verhaftet, während der NS-Zeit Arbeit als Versicherungsangestellter, 1943-1945 Soldat. 1946 Generalsekretär der Bayerischen Gewerkschaften, 1947-1949 MdWR, 1949-1959 stellvertr. Vorsitzender des DGB. 82 - Fritz Rupprecht (1897 - 1990), kaufmännischer Angestellter, 1916-1918 Militärdienst, ab 1918 Mitglied der SPD und des Zentralverbandes der Angestellten, 1931-1945 Vertriebsleiter einer Nürnberger Firma. 1945-1949 Kreisbeauftragter für das Flüchtlingswesen für den Stadt- und Landkreis Fürth, 1948-1949 MdWR, 1956-1960 und 1966-1972 SPD-Stadtverordneter in Fürth, 1958-1966 MdL Bayern. 83 - Walter Seuffert (1907 - 1989), Rechtsanwalt, 1940 unter dem Vorwurf des Hochverrats zeitweise inhaftiert, 1941-1945 Wehrmacht. Seit 1947 SPD-Mitglied, 1948-1949 MdWR, 1949-1967 SPD-MdB, 1967-1975 Vorsitzender des Zweiten Senats und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. 84 - Fritz Dengler (geb. 1901), Notar, 1948 - 1949 MdWR. 85 - Franz Michael Elsen (1906 - 1980), Landwirt, vor 1933 in der Jugendorganisation der Bayerischen Volkspartei (BVP), 1934-1937 bei der Bayerischen Staatsbank, 1943-1945 Wehrdienst. Nach Kriegsende Staatsbankdirektor, 1948-1949 MdWR, 1950-1966 CSU-MdL Bayern. 86 - "Floerl": Fritz Flörl (1883 - 1953), Malermeister, Obermeister der Malerinnung München, MdWR 1947 - 1949. 87 - Hugo Karpf (1895 - 1994), Schneider, 1922-1933 Sekretär des Verbandes Christlicher Arbeitnehmer des Bekleidungsgewerbes, 1932 und 1933 BVP-MdR, während der NS-Zeit zunächst Hilfsarbeiter, dann Zuschneider in einer Kleiderfabrik, 1939-1945 Wehrmacht. 1945 Mitbegründer der CSU in Aschaffenburg, 1946 MdL Bayern und gewerkschaftliche Funktionen, 1947-1949 MdWR, 1949-1957 CSU-MdB. 88 - "Wilhelm Kurhessen": So im Heft der SM, einen solchen gab es jedoch unter den Mitgliedern des Frankfurter Wirtschaftsrats nicht. Aus dem Zusammenhang mit der Nennung von CSU-Mitgliedern wird aber deutlich, daß u. U. wegen Verdrehung der Vornamen ein Hörfehler vorliegt. Gemeint ist wohl der aus Coburg (damals Amerik. Besatzungzone) stammende Kurt Wilhelm Fromm (1888 - 1953), Landwirt, 1920-1924 MdL Bayern, 1924-1930 DNVP-MDR, 1933 wochenlang inhaftiert, 1939-1944 Wehrmacht. 1947-1949 CSU-MdWR. 89 - Thusnelda Lang-Brumann (1880 - 1953), Lehrerin, 1920-1933 BVP-MdR. Nach 1945 Schulrektorin und 1947-1949 CSU MdWR. 90 - Alfons Loibl (1882 - 1969), Guts- und Brauereibesitzer, 1947 - Januar 1949 (Mandatsniederlegung) CSU MdWR. 91 - Hans Schütz (1901 - 1982), Schreiner, ab 1920 Gewerkschaftsfunktionär im Sudetenland, 1935 Abgeordneter der Deutschen Christlichsozialen Volkspartei im Prager Parlament, ab 1938 als Angestellter tätig (München), 1941 Kriegsdienst. 1948-1949 MdWR, 1949-1963 CSU-MdB. 92 - Otto Seeling (1891 - 1955), Landwirt, Jurist, Volkswirtschaftler, Generaldirektor, 1947 - Juni 1948 (Mandatsniederlegung) MdWR. 93 - Franz Josef Strauß (1915 - 1988), nach Studium (Geschichte, Sprachen u. a.) und Staatsexamen 1939-1945 Wehrmacht, 1945-1949 Landrat, 1948-1949 MdWR, 1949-1978 CSU-MdB, bis 1969 versch. Ministerfunktionen (u. a. 1966-1969 Bundesfinanzminister), 1978 ff. bayerischer Ministerpräsident, CSU-Vorsitzender. 94 - "Weinkampf": Otto Weinkamm (1902 - 1968), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, 1930-1933 u. 1945-1952 Stadtrat in Augsburg, 1947-1949 MdWR, 1952-1954 bayerischer Justizminister, 1953-1957 CSU-MdL Bayern, 1957-1965 CSU-MdB. 95 - "Zwicknagel": Max Zwicknagl (1900 - 1969), Guts- und Brauereibesitzer, vor 1933 Mitglied der Bayerischen Volkspartei, 1946-1948 CSU-MdL Bayern, 1948-1949 MdWR. 96 - Everhard Bungartz (1900 - 1984), Physiker und Fabrikant, 1947-1949 MdWR, 1950-1954 FDP-MdL Bayern. 97 - Hans Wellhausen (1894 - 1964), Jurist, Regierungsrat (beim Bremer Senat in den 20er Jahren) und Fabrikdirektor, 1948-1949 MdWR, 1949-1957 MdB (bis 1956 FDP, dann CDU/CSU-Fraktion). 98 - Erich Kuehne (geb. 1911), zeitweise im Vorstand der Wiederaufbau-Vereinigung (WAV), MdWR 1948-1949. 99 - Karl Quilling (geb. 1896), Fabrikant, MdWR 1947-1949. 100 - Alfred Kroth (geb. 1912), Jurist und Volkswirt, MdWR 1948-1949. 101 - Fritz Sperling (1911 - 1958), Buchhalter, vor 1933 KJVD-Funktionär, 1933 vor drohendem Zugriff der Gestapo Flucht in die Niederlande, später in die Schweiz emigriert, von dort aus mehrfach illegale Aufenthalte (Widerstandsarbeit) in Deutschland, während des Krieges in der Schweiz wegen kommunistischer Betätigung im Zuchthaus und interniert. 1946 Landesvorsitzender der KPD Bayern, MdWR 1948-1949, 1950 in die DDR beordert und Opfer einer Parteisäuberung. 1951 von der Stasi verhaftet, 1957 zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt (u. a. wegen angeblicher Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Geheimdienst), 1956 begnadigt. 102 - Heinz Meyer (1897 - 1959), kaufmännischer Angestellter, 1921-1927 Selbststudium, 1928-1929 Student der Akademie der Arbeit (Frankfurt a. M.), ab 1929 stellvertr. Syndikus bei der Angestelltenkammer Bremen, ab 1924 Mitglied der SPD (vorher DDP), vor 1933 Mitglied der Bremer Bürgerschaft, 1934 Schutzhaft, 1935-1936 Zuchthaushaft, 1937-1945 Tätigkeit als kaufm. Angestellter. Ab 1945 Geschäftsführer der Bremischen Bau- und Siedlungsgesellschaft GmbH, Funktion in der DAG, 1947-1949 MdWR, 1949-1953 SPD-MdB. 103 - Erich Altwein (1906 - 1990), kaufm. und Bankangestellter, ab 1924 SPD-Mitglied, u. a. Tätigkeit bei IG Farben und Degussa, 1948-1949 MdWR. 104 - Adolf Arndt (1904 - 1974), Jurist und Rechtspolitiker, 1932 Landrichter, 1933 entlassen, dann Rechtsanwalt (u. a. Verteidigung von NS-Regime-Gegnern), 1944 kurzfristig in Haft. 1945 Oberstaatsanwalt in Marburg, dann Ministerialrat im hessischen Justizministerium, 1946 Eintritt in die SPD, 1948-1949 MdWR, 1949-1965 SPD-MdB (Bundestagszeit 1963/1964 wegen seiner Berufung zum Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst unterbrochen), 1949-1961 Mitglied des PV der SPD. 105 - Willi Richter (1894 - 1972), Feinmechaniker, 1913 Eintritt in den DMV, nach Kriegsdienst und Verwundung 1918 Mechaniker bei der Stadt Frankfurt a. M., Eintritt in die SPD und in den Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter, 1923 ff. Studium an der Frankfurter Akademie der Arbeit, 1926 ff. hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär, während der NS-Zeit mehrfach kurzfristig verhaftet, ab 1941 illegale Gewerkschaftsarbeit. Seit 1946 Vorsitzender des Freien Gewerkschaftsbundes Hessen (einer Vorläuferorganisation des DGB), 1947-1949 MdWR, 1949-1957 SPD-MdB, ab 1949 Mitglied des DGB-Vorstandes, 1956-1962 Vorsitzender des DGB. 106 - Wilhelm Strahringer (1898 - 1982), Diplomingenieur (u. a. Konstrukteur für Setzmaschinen), aktiv im österreichischen Arbeitersport und Mitglied der SPÖ, seit 1931 deutscher Staatsbürger und Mitglied der SPD, 1922-1945 bei einer deutschen Firma tätig. Ab 1945 Leiter der Hessischen Elektrizitäts-AG in Darmstadt, 1946-1968 sozialdem. Stadtverordneter in Darmstadt, 1948-1949 MdWR, 1952 Honorarprof. TH Darmstadt. 107 - Heinrich Hohl (1900 - 1968), 1930-1933 Mitglied der Christlich-Nationalen Bauern- und Landvolkpartei, 1936-1946 als Landwirt tätig. 1946 Eintritt in die CDU und Bürgermeister von Erksdorf bei Marburg/Lahn, 1948-1949 MdWR, 1949-1953 CDU-MdB. 108 - Peter Horn (1891 - 1967), kaufmännischer Angestellter, vor 1933 Mitglied des Zentrums. Ab 1945 CDU-Mitglied, Landesgeschäftsführer (Hessen) der Barmer Ersatzkasse, 1947-1949 MdWR, 1950-1965 CDU-MdB. 109 - Walter Siara (1899 - 1959), kaufmännischer Angestellter, 1948-1949 MdWR. 110 - August M. Euler (1908 - 1966), Rechtsanwalt, 1945-1946 kommissarischer Landrat in Hersfeld, 1946-1947 MdL Hessen, 1947-1949 MdWR, 1949-1958 MdB (bis 1956 FDP, später andere Parteien). 111 - Heinrich Faßbender (1899 - 1971), bis 1931 als Landwirt, dann als Kaufmann tätig, seit 1921 Mitglied der Deutschen Volkspartei (DVP). Nach 1945 FDP-Mitglied, 1948-1949 MdWR, 1949-1957 MdB (bis 1955 FDP, dann Deutsche Partei u. a.). 112 - "Karl Heimerich": Hermann Heimerich (1885 - 1963), Rechtsanwalt, 1911 Eintritt in die SPD, 1919 Magistratsrat und hauptamtlicher Stadtrat in Nürnberg, 1925 Bürgermeister von Kiel, 1928-1933 Oberbürgermeister von Mannheim, während der NS-Zeit Tätigkeit als Wirtschafts- und Steuerberater. Nach 1945 wieder Tätigkeit als Rechtsanwalt und Steuerberater, 1948-1949 MdWR, 1949-1955 sozialdem. Oberbürgermeister von Mannheim. 113 - "Georges Bauer": Georg Baur (1895 - 1975), im I. Weltkrieg schwer verwundet, Dipl. Landwirt, 1920 beamteter Dozent an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim, 1940 aus politischen Gründen ausgeschieden, danach Leitung einer Domäne. 1946 Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre, Eintritt in die CDU, 1948-1949 MdWR, 1949-1953 CDU-MdB. 114 - Josef Braun (1889 - 1955), 1946 Vizepräsident (CDU) der Vorläufigen Volksvertretung Württemberg-Baden, Mannheimer Oberbürgermeister a. D., 1948-1949 MdWR. 115 - Alex Haffner (1883 - 1969), Jurist und Volkswirt, Fabrikdirektor, 1947 - November 1948 (Mandatsniederlegung) MdWR. 116 - "Theodor Kaufmann": Theophil Kaufmann (1888 - 1961), freier Schriftsteller, nach dem I. Weltkrieg Wirtschafts- und Sozialpolitiker in Berufsverbänden, Mitglied der DDP bzw. der Deutschen Staatspartei, 1923-1927 Mitglied der Bremer Bürgerschaft, 1928-1933 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. 1946-1948 Bürgermeister von Ettlingen/Baden, 1948-1949 MdWR, 1948-1949 CDU-Mitglied des Parlament. Rates, 1952-1954 Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Basel. 117 - Alfred Krämer (1880 - 1953), Wirtschaftsprüfer, 1947-1949 MdWR. 118 - Emil Schwamberger (1882 - 1955), Jurist, 1919-1933 Oberbürgermeister von Ulm, 1948-1949 MdWR. 119 - Gerd Bucerius (1906 - 1995), Jurist (Richter und Rechtsanwalt), Publizist und Verleger (seit 1946 von "Die Zeit"), 1946 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und Senator (Baubehörde), CDU-Mitglied, April 1948-1949 MdWR, 1949-1962 CDU-MdB, 1962 Austritt aus der CDU. 120 - Die Wahl Hugo Scharnbergs wurde dann doch für ungültig erklärt; G. Bucerius konnte einen Sitz im Wirtschaftsrat einnehmen. 121 - Maßnahmen der Besatzungsmacht, die beispielsweise die Überführung der Ruhrindustrie in öffentlichen Besitz verhindern sollten. 122 - Die "Arbeiter-Zeitung" (Wien), das zentrale Organ der österreichischen Sozialdemokraten, erschien seit August 1945 wieder als Tageszeitung und setzte die Tradition der Vorkriegs-AZ (1889-1934) fort. 123 - In: The Warwick Guide to British Labour Periodicals 1790 - 1970. A Check List, Arranged and compiled by Royden Harrison, Gillian B. Woolven, Robert Duncan, von 1977 wird für 1948 und für Glasgow kein "Forward" erwähnt. 124 - = Secretary of State Department, entspr. Außenminister. 125 - "The Christian Science Monitor", eine amerikanische Tageszeitung mit internationaler Verbreitung, erscheint seit 1908. 126 - Siehe SM 95, Jan. 1947, Anm. 1. 127 - CIO = Congress of Industrial Organizations (gegründet 1938 ), schloss sich 1955 mit der 1886 gegründeten American Federation of Labor zu der gewerkschaftlichen Dachorganisation AFL-CIO zusammen. 128 - "Die Neue Zeitung" (versch. Verlagsorte im Lauf der Zeit) erschien von Oktober 1945 bis Januar 1955 (Einstellung), zuerst 2x, dann 6x wöchentlich. Sie wurde anfangs von der US-Militärregierung als "die amerikanische Zeitung in Deutschland" (Untertitel) herausgegeben. 129 - Die deutschsprachigen "Internationalen Freigewerkschaftlichen Nachrichten" wurden von der AFL-CIO-Abteilung für Internationale Angelegenheiten herausgegeben und erschienen unter diesem Titel von 1946 bis 1958. 130 - Adolf Ludwig (1892 - 1962), siehe weitere Angaben SM 73/74, April/Mai 1945, Anm. 23. 131 - "Der Bund" erschien als "Gewerkschaftsblatt der britischen Zone" (Untertitel) von 1947-1949 in Köln. 132 - Florence Hancock (1893 - 1974), Fabrikarbeiterin, bekannte sich zu den Zielen der Suffragetten, um 1915 Mitglied der ILP, seit 1917 hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionärin, 1935-1958 Mitglied des General Council des TUC, 1947-1948 TUC-Präsidentin ("chairman"). 133 - "Das Volk" erschien unter diesem Namen als sozialdemokratische Tageszeitung in Olten (CH) von 1920-1970. 1970 wurde das Blatt umbenannt in "Solothurner A[rbeiter] Z[eitung], die 1993 ihr Erscheinen einstellte. 134 - Vereinigte Bergarbeitergewerkschaft = United Mine Workers of America (UMW). 135 - Evert Kupers (1885 - 1965), Schneider, 1929-1949 Vorsitzender des NVV (Nederlands Verbond van Vakverenigingen), also des 1906 gegr. Niederländischen Gewerkschaftsbundes, 1929-1948 sozialdemokratisches Parlamentsmitglied (II. Kammer). 136 - Peter Altmeier (1899 - 1977), kaufmännische Tätigkeit, 1929-1933 Zentrums-Stadtverordneter in Koblenz, nach Kriegsende Mitbegründer der CDU in Rheinland-Pfalz und ihr Landesvorsitzender bis 1966, 1946-1947 Regierungspräsident in Montabaur, 1947-1969 CDU-MdL und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. 137 - Der der CDU nahestehende "Rheinische Merkur" wurde seit dem 15. März 1946 in Koblenz herausgegeben, anfangs als Tageszeitung, ab Januar 1947 als Wochenblatt. 138 - Unter dem Titel "Das freie Wort" konnte in Verbindung mit Düsseldorf und der gen. Zeit keine Zeitung bzw. Zeitschrift nachgewiesen werden. 139 - "Der Abend" (Untertitel: "Eine Zeitung für Berlin") erschien ab Oktober 1946 bis zur Einstellung im Januar 1981 in Westberlin. Richtung: nicht parteigebunden. 140 - Zu Kramm konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. 141 - "Neuer Weg" erschien monatlich als "Organ des Zentralkomitees der SED für Fragen des Parteilebens" (so der spätere Untertitel) von 1946-1989 (Erscheinen eingestellt). 142 - Zu Finke konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. 143 - Zu Erich Finke konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. Siehe auch Anm. 142. 144 - Zu Josef Mathio konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. 145 - Zu Emil Großler konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden. 146 - Die in der thüringischen Landeshauptstadt Weimar (bis 1948) hrsg. "Abendpost" erschien 6x wöchentlich; sie war offiziell keine Parteizeitung. 147 - Die "Hessischen Nachrichten" erschienen seit 1946 in Kassel; nach eigenen Angaben: unabhängig, nicht parteigebunden. 148 - Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Die VdgB, 1946 während der Bodenreform gegr., hatte u. a. die Aufgaben, durch Verteilung von Betriebsmitteln die landwirtschaftliche Produktion zu steigern und die Entwicklung von Genossenschaften zu fördern. Trat auch als politische Gruppierung auf. 149 - "Der Westen" erschien als erste CDU-Parteizeitung in der Französischen Zone von 1947-1949. 150 - Hinrich Kopf (1893 - 1961), Jurist, in der Weimarer Republik Regierungs- bzw. Landrat, 1933 wegen SPD-Mitgliedschaft (seit 1919) entlassen. 1945 Oberpräsident der Provinz Hannover, 1946 ff. SPD-MdL Niedersachsen, 1946-1955 niedersächsischer Ministerpräsident, 1957-1959 nieders. Innenminister, 1959-1961 erneut Ministerpräsident. 151 - Verordnung der Britischen Militärregierung von 1947, die das Bodeneigentum auf eine bestimmte Flächengröße begrenzte. Die (oft nicht verwirklichte) Bodenreformgesetzgebung in den versch. Ländern war hinsichtlich der verlangten Landabgabe durchaus rigider. |